Gibt es „guten“ und „schlechten“ Menschenhandel?

Die Ampel-Regierung will Leihmutterschaft „in bestimmten Fällen“ legalisieren. Das Ganze ist Schaumschlägerei. Am Ende wird immer noch ein Kind wie eine Sache produziert, um es einem anderen Menschen gegen Geld auszuhändigen.

Wie nennt man das noch mal, wenn ein Mensch den Besitzer wechselt, wenn man glaubt, man habe das Recht, über den Familienstand, den Wohnort und den Preis dieses Menschen zu verhandeln? Richtig, das Wort, nach dem Sie suchen, ist Menschenhandel. Die Ampel-Regierung hat nun ihren Expertenkreis zur Reproduktionsmedizin arbeiten lassen und die Ergebnisse vorgestellt. Man will nicht nur Abtreibung und Eizellspende, sondern auch Leihmutterschaft „in bestimmten Fällen“ legalisieren

Wenn „Schutz der Leihmutter und das Kindeswohl hinreichend gewährleistet werden“. 
Wenn „Eltern und Leihmutter sich zum Beispiel durch ein familiäres Verhältnis kennen“.
Wenn sie „eine Vereinbarung treffen, dass eine Beziehung zwischen beiden Parteien noch über die Geburt hinaus bestehe“. Wenn eine „Leihmutter eine 'angemessene Aufwandsentschädigung' erhalte“. 

Ein recht inflationär verwendetes und unkontrollierbares „Wenn“ auf vielen Ebenen, das zudem Grundsätzliches und Unmögliches kombiniert und die Frage aufwirft, wie der Staat seine vielen „Wenns“ dann auch tatsächlich durchsetzen will und ob es dadurch wirklich besser wird? Zeit für ein paar harte Fakten, die sich weder durch Gesetze noch durch hübsche Verträge lösen lassen: 

Es gibt keine gefährlichere und ungefährlichere Variante für die Leihmutter. Sie ist immer gleich gefährdet, weil ihr Gesundheitsrisiko bei der künstlich erzwungenen Schwangerschaft extrem hoch ist, egal wie man es nun dreht und wendet. Man kann sie gesundheitlich nicht schützen, man kann sie nur gefährden.

Das Kind ist immer gefährdet, durch die Risikoschwangerschaft, die leider standardisiert vorkommenden Gesundheitsrisiken und Spätfolgen jeder künstlichen Befruchtung, durch die vielen Frühgeburten und psychisch durch das Trennungstrauma, das man ihm direkt nach der Geburt verpasst, indem man ihm die Mutter nimmt.

Zwangsbeziehung zum Kind

Wie genau will man in der Politik also das „Kindeswohl“ sicherstellen und welche Faktoren genau unterscheiden eigentlich eine „gute“ von einer „bösen“ Leihmutterschaft? Ist es besser für das Kindeswohl, wenn es weiß, welche Mutter es nicht haben wollte? Oder ist es besser für das Kind, nie zu wissen, von wem es abstammt? Der Satz, „Hauptsache, das Kind wird geliebt“ ist nur eine egoistische Phrase von Erwachsenen. Und nein, es macht es nicht besser, wenn sich Leihmutter und Besteller kennen oder gar verwandt sind, denn die Gesundheitsrisiken bleiben, siehe oben.

Dazu haben wir absolut keine Ahnung, was es psychologisch für das Kind heißt, wenn seine Mutter gleichzeitig auch die eigene Oma oder die eigene Schwester ist. Aber klar, Kinder finden solche Familienpuzzles sicher sehr spannend. 

Was soll zudem diese „Vereinbarung über eine weitergehende Beziehung“ sein, die als Vorbedingung eine Leihmutterschaft ins gute Licht rücken soll? Lassen sich Beziehungen inzwischen gesetzlich erzwingen und festhalten? Dann klappt das bestimmt analog zur Zwangsehe auch mit der Zwangsbeziehung zum Kind. Auch schlechte Beziehungen sind übrigens weitergehende Beziehungen, oder will man gar gute Beziehungen gesetzlich verordnen? Emotionale Scheidung vom Kind verboten! 

Faktisch ist dieser Vorschlag ein Nullum, lässt sich doch eine Beziehung zwischen Kindern und Erwachsenen nicht vertraglich herbeireden. Regeln kann man einen Vertrag, man kann es sauber aufschreiben, was das bedeutet, und ob sich alle Parteien nach zwei Wochen noch sehen können, weiß niemand. Wir können faktisch nicht einmal bei biologisch verwandten Scheidungskindern erzwingen, dass sich ihre Eltern nach einer Scheidung um ihre Kinder kümmern. Jetzt will man Besteller, Leihmütter und Kinder aber gesetzlich zu einem emotionalen Beziehungsgeflecht verdonnern und damit die seltsame Familienkonstellation „heilen“?

Am Ende wird immer noch ein Kind wie eine Sache produziert

Bleibt dann natürlich noch das liebe Geld. Altruistisch soll es also sein, die Frau soll ihre körperliche und seelische Ausbeutung bitte unbedingt gutheißen, damit sich alle anderen etwas besser fühlen, aber sie soll gleichzeitig auch „angemessen“ entlohnt werden. (Damit fühlen sich die Besteller sogar noch besser!) 

In England hat man damit sehr viel Erfahrung. Dort darf die altruistisch arbeitende Leihmutter mit bis zu 25.000 absolut altruistischen Pfund entschädigt werden. Bitte sagen Sie jetzt nicht, das sei ein Honorar oder ein Kaufpreis für das Kind, es geht hier nur um Hingabe für Kinderlose und ein paar Aufwendungen, die man eben so hatte, es ist schließlich alles teurer geworden. 

Die „Wenns“ dieser Vorschläge sind Schaumschlägerei. Am Ende wird immer noch ein Kind wie eine Sache produziert, um es einem anderen Menschen gegen Geld auszuhändigen, und man regelt sogar noch vertraglich die Besitzansprüche an dem Kind schon vor der Zeugung. Kinder sind keine Sachen. Damit wäre eigentlich alles gesagt. Erbärmlich, dass wir das im 21. Jahrhundert noch einmal diskutieren müssen.

Mehr zum Thema lesen Sie in Birgit Kelles aktuellem Buch: „Ich kauf mir ein Kind. Das unwürdige Geschäft mit der Leihmutterschaft“ von Birgit Kelle, FBV, München 2024, 251 Seiten. Hier bestellbar.

 

Birgit Kelle, geb. 1975 in Siebenbürgen, Rumänien, ist freie Journalistin und Bestsellerautorin (unter anderem „Gendergaga“„Muttertier“ und „Noch Normal?“). Dieser Beitrag erschien zuerst auf ihrem Substack-Profil.

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Foto: Kerstin Pukall

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B. Ollo / 11.04.2024

Sicherlich ein schwieriges Thema. Aber das ist mir im Artikel etwas zu durchmischt. Auf der einen Seite gibt es die Bedenken, die grundsätzlicher Natur sind, bis hin zu moralischer Natur, auf der anderen Seite die, die biologischer und medizinischer Natur sind. Die gleichen Bedenken grundsätzlicher Natur müssten genauso auch für Samenspenden gelten und müssten auch gelten, wenn biologische Väter ihre Vaterschaft nicht anerkennen (wollen), aus welchem guten oder schlechten Grund auch immer. Aber hier müsste gelten: Wenn aus diesen Gründen eine Eizellspende beispielsweise nicht in Ordnung ist, dann ist es eine Samenspende auch nicht. Das betrifft dann auch verheiratete Paare mit unfruchtbarem Mann. Bei den biologischen und medizinischen Bedenken geht die Grundsatzdiskussion dort los, wo es darum geht, in wie weit ein jede Frau die Entscheidungsgewalt über ihre eigene Schwangerschaft und ihren Körper hat. Wo fängt die an und hört die auf. Auch was die Beteiligung anderer betrifft. Darf sich eine Frau von irgendwem schwängern lassen, nur um Schwanger zu werden? Sollte das strafbar sein? Es tangiert die selben Rechte des (unfreiwilligen) “Spenders” und des Kindes genauso. Es geht hier ja nicht um eine moralische Einordnung, sondern eine juristische. Ein schwieriges Thema, zu dem man unterschiedliche Meinungen haben kann, aus ganz unterschiedlichen Gründen, wie moralischen, juristischen, medizinischen, religiösen Gründen. Weil man so unterschiedliche Sichtweisen und Prioritäten haben kann, bin ich der Meinung, dass die juristische Seite dem auch teilweise Rechnung tragen muss.

P. Wedder / 11.04.2024

“...Wenn „Schutz der Leihmutter und das Kindeswohl hinreichend gewährleistet werden“...” Wie genau ist die Definition von der hinreichenden Gewährleistung des Kindeswohls? “...Wenn „Eltern und Leihmutter sich zum Beispiel durch ein familiäres Verhältnis kennen“...” Wo genau fängt das familiäre Verhältnis an und was ist mit “zum Beispiel” gemeint, welche anderen Varianten gibt es noch? “...Wenn sie „eine Vereinbarung treffen, dass eine Beziehung zwischen beiden Parteien noch über die Geburt hinaus bestehe“....” Eine geschäftliche Beziehung ist ja schließlich auch eine Beziehung und wie lange muss diese dann bestehen bleiben? “...Wenn eine „Leihmutter eine ‚angemessene Aufwandsentschädigung‘ erhalte“...” Was genau ist denn eine angemessene Aufwandsentschädigung? Wird auch irgendwo in den Ausführungen an die Kinder gedacht? Und wenn das Kind mit einer Behinderung geboren wird? Oder das unerwünschte Geschlecht hat (naja, kann ja von den Eltern nun anders entschieden werden)? Oder die “falsche” Haar- oder Augenfarbe? Oder sich das “Bestellerpaar” kurz vor der Geburt umentscheidet? etc. Kinder scheinen kaum eine Lobby zu haben.

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