Eigentlich war ich bislang stets davon ausgegangen, daß LehrerInnen in Deutschland nach allem, was im “Dritten Reich” passiert ist, Achtung und Respekt vor jüdischen MitbürgerInnen haben, insbesondere dann, wenn es sich um tote Juden der Nazizeit handelt, an die man sich mit Vorliebe gern anläßlich der Befreiung von Auschwitz am 27. Januar sowie anläßlich der Reichskristallnacht am 9. November erinnert, um einer Widerkehr des “Dritten Reiches” in einem Akt des “nachgeholten Widerstandes” ein für allemal einen Riegel vorzuschieben.
Weit gefehlt, mußte ich jetzt leider mit Ernüchterung feststellen, als ich das “Hamburger Abendblatt” vom 23.06.2009 las. http://www.abendblatt.de/hamburg/kommunales/article1062946/Arisiertes-Eigentum-...
Demnach weigert sich die Hamburger Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) nach wie vor standhaft, eine Immobilie in der Rothenbaumchaussee 19 zurückzugeben, die 1935 unter den Nazis arisiert wurde und nach dem Krieg vom Nationalsozialistischen Lehrerbund (NSLB) an die GEW überging.
Bislang hatte die GEW Teile des Gebäudes an die Uni Hamburg weitervermietet, die so eine elegante Lösung für ihre chronische Raumknappheit fand. Doch jetzt möchte der Vorsitzende der Jüdischen Gemeinde Hamburg, Ruben Herzberg, in besagtem Haus ein jüdisches Museum einrichten und sabotiert damit die Verhandlungen zwischen Uni Hamburg und GEW über eine eventuelle weitere Vermietung von Unterrichtsräumen.
Alle Versuche einer GEW-internen Oppositionsgruppe, sich von dem arisierten Gebäude zu trennen, sind bislang fehlgeschlagen. Stattdessen verteidigten sog. “linke” Delegierte der Landesvertreterversammlung der GEW Hamburg vom 28.11.2008 die Arisierungspolitik des “Dritten Reiches”.
Der Delegierte Jörg Berlin behauptete, es gäbe “Vermutungen, aber keine Beweise”, daß der Kauf ein “Schnäppchen” gewesen sei. Zuvor hatte Berlin mehrfach kundgetan, daß es sich um “reiche jüdische Vorbesitzer” gehandelt habe, die im Jahre 1934/35 angeblich “nicht unter großem Verfolgungsdruck” gestanden hätten.
Bezugnehmend auf eine der VorbesitzerInnen sagte Berlin:
“Bei Todesangst hätte sie jederzeit fliehen können, da sie wirtschaftlich unabhängig von ihrem Vermögen in Hamburg” gewesen sei.
Im Fall einer anderen VorbesitzerIn behauptete Berlin, der erzielte Kaufpreis habe nur zwei bis vier Prozent des Gesamtvermögens betragen. Insgesamt, so Berlin, handele es sich um eine “irreführende, auf unwahren und unbewiesenen Behauptungen beruhende Kampagne”. Ein anderer Delegierter der LVV der GEW Hamburg vom 28.11.2008, Kay Beiderwieden, Mitglied der Partei “Die Linke”, behauptete in Bezug auf die VorbesitzerInnen der Villa, diese seien eigentlich gar keine Juden, sondern tatsächlich “Atheisten und Protestanten” gewesen.
Was lernen wir daraus?
In den Augen der großen Mehrheit der GEW Hamburg, insbesondere des Landesvorstandes, hat es im “Dritten Reich” offenbar keine Arisierung jüdischen
Vermögens, zumindest in Bezug auf die Immobilie in der Rothenbaumchaussee 19, gegeben. Stattdessen muß es sich wohl um eine Art “Fair Trade” zwischen dem NSLB und “reichen Hamburger Juden” gehandelt haben, die, glaubt man den Äußerungen maßgeblicher Mitglieder des GEW- Landesvorstandes, in den Jahren 1934/35 nicht unter “Verfolgungsdruck” standen. Und was man erst einmal besitzt, das gibt man schließlich nicht so einfach wieder her. Schließlich reicht es nicht, sich seit Mitte der 30er Jahre und später in der Nachfolge des NSLB beim Juden zu bereichern. Nein, man muß auch mehr als siebzig Jahre nach dem “fairen Handel” zwischen NSLB und “reichen Hamburger Juden” noch Kapital für die Zukunft schlagen, indem man ein ursprünglich arisiertes Gebäude an bedürftige Hamburger StudentInnen weitervermietet.
Allerdings scheint die Sache manchen innerhalb der GEW Hamburg zunehmend peinlich und unangenehm zu werden. Doch statt ernsthaft über eine Trennung von der unkoscheren Immobilie nachzudenken, begibt man sich erst einmal in einen Dialog auf gleicher Augenhöhe mit der Hamburger Uni: “Wir werden jetzt das Gespräch mit der Universität suchen und dann weitersehen,” so der Geschäftsführer der GEW Hamburg Dirk Mescher.
Auf den Gedanken, mit dem Vorsitzenden der Jüdischen Gemeinde Hamburg, Ruben Herzberg, zu reden, kommt Mescher dagegen offenbar nicht. Schließlich sind Juden bisweilen äußerst nachtragend, und außerdem werden Deutsche wie Dirk Mescher und seine Freunde vom GEW-Landesvorstand den Juden Auschwitz nie verzeihen!