Die Pseudoprobleme die Sie zu Recht anprangern haben m. E. eine schwerwiegende Ursache: Die vermeintliche Allmacht der Wissenschaft und die Hybris des Menschen. Religiösität und Glaube sowie Transzendenz spielen kaum noch eine Rolle, eine der fragwürdigen Folgen der Aufklärung. Der Mensch als Maß aller Dinge und z. Z. das Computer(un)wesen, der technisch erzeugte Übermensch. Nur: Eine Antwort auf die Kantschen Fragen wird auch der nicht haben können. Womöglich sind wir so gestrickt, dass wir gewisse Fragen niemals beantworten können. Und vielleicht ist das gut so. Vielleicht führt uns das zurück auf einen Weg, auf dem der Respekt vor der Schöpfung (wieder) eine herausragende Rolle spielen wird. Selbstverständlich soll uns die Wissenschaft aber dazu dienen, das Leben zu erleichtern und Krankheiten zurück zu drängen. Und die Philosophie möge uns vor Irrwegen bewahren. Danke für den wichtigen Beitrag!
Der Verfasser kennt offensichtlich nicht das Jahrhundertwerk von Douglas R. Hofstadter “Gödel, Escher, Bach”, 1985, in dem grundlegende Überlegungen dargestellt sind, wie Bedeutung und Wissen durch algorithmische Prozesse entstehen. Und er kennt nicht die Einschätzung eines derzeit noch lebenden, hervorragenden Professors für theoretische Physik Michio Kaku in seinem Buch “Die Physik der Zukunft” Rowohlt Verlag, 6. Auflage 2015.
Ich denke, die neue Megamaschine existiert längst, wenngleich fern von Allwissen oder Allmacht. Sehen Sie, wenn Sie in einer fremden Gegend auf einen unbeschrankten Bahnübergang zu fahren, dann erzeugt das in Ihrem überaus komplexen Gehirn ganz simple Automatismen, Sie treten auf die Bremse und schauen vorsichtig hin und her, ob eventuell ein Zug kommt. Das passiert völlig unabhängig davon, ob die Strecke von Zügen frequentiert wird oder nicht. Es ist alleine die Gestalt und Anordnung toten Materials, das in Ihrem studierten Kopf dieses Verhalten anstößt. Und das auch noch, wenn in einer vielstündigen Reise fernab aller zivilisatorischer Zentren der zwanzigste derartige Übergang bevorsteht. Es ist ihrem neuronalen Komplex nicht möglich, in freier Willensbildung nach zwei, drei Überquerungen vorherzusehen, ob man die Vorsicht beim nächsten Mal beiseite lassen könnte. - Ist wirklich “zunächst klar, dass Maschinen den Menschen in seinen willensgebundenen Kernleistungen nicht ablösen werden”? Die heute existierende Komplexität des biologischen Lebens ist durch planloses Experimentieren auf dem riesigen Labortisch der Natur entstanden. Und auf diesem Globus gibt es Labore, die weder von ethischen, ideellen noch finanziellen Grenzen eingehegt, noch von einem Forschungsplan geleitet, noch von politischen Autoritäten kontrolliert werden. Es gibt auch Labore, in denen Computer Versuche kontrollieren, und welche, wo diese Computer ihrerseits von Computern kontrolliert werden. Es gibt auch virtuelle Versuche sowie Mischungen von virtuellen und psychologischen Experimenten. Es gibt Versuche, wo Simulation, Manipulation und Messung fast ununterscheidbar in einander übergehen. In meinen Augen gibt es bis zum heutigen Tage noch keinen einzigen Fall, wo sich ein Entwickler verweigert hätte, eine Maschine oder Software in eine Richtung zu verbessern oder zu ergänzen, die deren Möglichkeiten erweitert. Insbesondere überall dort, wo Konkurrenz eine Rolle spielt und das marktgetreue Wirtschaften als oberstes Gebot gilt. Sehen Sie, das ergibt sogar einen völlig neues Argument für die Planwirtschaft, ob uns das jetzt beschämt oder nicht. Günter Mittag wäre begeistert.
Mein Applaus. Ich bekenne mich zwar sehr wohl als an SciFi interessierten Menschen und liebe auch diverse Filme, die mehr oder minder dieses Thema auswalzen. Aber es bleibt Fiktion. Darum schätze ich das SciFi Genre weniger für ihre prognostische Kraft, sondern als Projektionsfläche ganz anderer Themenstellungen. Wir beobachten einen gesellschaftlichen Trend unter dem Stichwort: ‘Alles ist machbar, Herr Nachbar!’ - Aber dahinter verbirgt sich ein gerüttelt Maß an Unkenntnis der realistisch einzuschätzenden Möglichkeiten und ein grenzenloser Optimismus, der sich eben von der realen Welt entfernt. Die reale Welt hat tatsächlich sehr konkrete Probleme, die auch in naher Zukunft immer drastischer unser Leben beeinflussen, und für deren Lösung keine Perspektive in Sicht ist. Das sind die künftigen Wirtschaftszusammenbrüche durch das unvermeidliche Scheitern des Euro, ebenso wie die Belastungen einer Fehlsteuerung, die die Wirtschaft durch imaginäre Gefahren wie der menschengemachten Klimakatastrophe. Vielleicht spüren die Menschen mehr, als das sie es analysieren, dass sie zunehmend ohnmächtig diesen Entwicklungen gegenüber stehen. Die Antwort sind dann einfache Metaphern, wie die eben des anthropogenen Klimawandels oder der feindlichen Maschinenintelligenz.
Wenn der Unterschied zwischen Maschine und Mensch der (freie) Wille ist, bricht die Argumentation leider zusammen. Denn dass es diesen gibt, erscheint logisch und bestätigt durch die Hirnforschung praktisch widerlegt. Letztlich ist der Willen nur das Ergebnis von Hirnprozessen, die sich nicht prinzipiell von maschinellen unterscheiden. Dazu gibt es schöne Artikel etc., z.B. von Wolf Singer und ein prima Kapitel in “Religion im Faktencheck” vom Tectum Verlag.
Ich stimme Ihnen größtenteils zu, nur eins möchte ich anmerken: Alle großen Irrtümer der Menschheitsgeschichte begannen mit “Es ist undenkbar, ...”
Lieber Herr Dr. Landgrebe, das was Sie geschrieben haben kann ich nur Unterstreichen und hätte dazu einen bescheiden Lösungsvorschlag zu machen: an alle gegenwärtigen und zukünftigen Themen oder Problem-Themen einfach mit gesundem Menschenverstand begegnen. Meine Erfahrung ist, das hilft immer. Gruß Dietmar Schmidt
Das ist eine klare Absage an populäre Cyber-Dystopien. Es tut gut, die Gedanken dazu von einem theoretischen Praktiker zu lesen. Was den hochgerechneten Verlust von Arbeitskräften in den nächsten 20 Jahren angeht, würde man gern nähere Einzelheiten erfahren. Sind dann die sinkenden Geburtenzahlen nicht in Wirklichkeit ein demographischer Segen? Brauchen wir überhaupt noch eine steigende Zahl von Fachkräften? Müssen wir unsere Exportproduktion nicht zurückfahren?
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