Henryk M. Broder / 25.11.2021 / 10:00 / Foto: Acgut.com / 61 / Seite ausdrucken

Gesund sterben

Der Verein „Sterbehilfe“ hat seinen Sitz in Zürich, unterhält aber auch in Hamburg ein Büro, von wo aus lebensmüde und sterbewillige Menschen betreut werden. 2009 in einem Dorf am Ende der Welt – genauer Oststeinbek in Schleswig-Holstein – gegründet, hat der Verein nach eigenen Angaben bis November letzten Jahres „über 2000 Mitglieder in schwierigen Lebensphasen beraten und über 300 Mitglieder beim Suizid begleitet“.

Ich habe dazu keine elaborierte Meinung, denke aber, wenn man schon keine Möglichkeit hat, darüber zu entscheiden, ob und wann man geboren werden möchte, ist der Wunsch, den Moment des Abschieds zu bestimmen, legitim und nachvollziehbar. Das ist auch die Ansicht des obersten deutschen Gerichts in Karlsruhe, das Anfang 2020 das „Selbstbestimmungsrecht am Lebensende“ zu einem Grundrecht erklärt und damit Beihilfe zum Selbstmord legalisiert hat.

Aber so einfach, wie es sich anhört, ist die Sache nicht.

Corona kompliziert nicht nur das Leben, sondern auch das selbstbestimmte Sterben. Zur Betreuung der „sterbewilligen Mitglieder“ des Vereins braucht es vor allem „menschliche Nähe“. Die aber ist „Voraussetzung und Nährboden“ der Corona-Virusübertragung. Deswegen hat der Verein am 19. November beschlossen, Sterbehilfe nur noch „für Geimpfte und Genesene“ zu leisten, d.h. nach der 2G-Regel zu verfahren. Der Sterbewillige muss „pumperlg’sund“ sein, wenn er aus dem Leben scheiden möchte. Das aber, fürchte ich, sind die wenigsten, die um Sterbehilfe bitten.

Ich bitte, es nicht als Pietätlosigkeit zu verstehen, wenn ich sage, dass der ganze Vorgang auch eine komische Komponente hat. Da will jemand aus dem Leben scheiden und darf es nicht, weil er positiv getestet wurde. Ausgerechnet ein tödliches Virus verhindert ein gewolltes Ableben. Wird Zeit, dass sich der Verein umbenennt – in „Lebenshilfe e.V.“

Zuerst erschienen in der Weltwoche daily.

 

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Johannes Schuster / 25.11.2021

Jesus, Maria und Josef !: Was ist das hier für ein Irrenhaus: Wir brauchen Raumfahrt und dringend einen anderen bewohnbaren Planeten. Selten so gelacht, das ist komisch?, das ist der schlimmste Comic aller Zeiten. Danke Henryk Broder für den Lachanfall den mir der Artikel bescherte.

Silvia Orlandi / 25.11.2021

Maske tragen und Organspendeausweis bereitlegen — schöner sterben mit und an Corona. Mein neues Start Up Unternehmen:“ Kiffen und fröhlich weiterleben.“

E Ekat / 25.11.2021

Es gibt ja Stimmen, welche die Pandemie sowie die Impfkampgne als globale Sterbehilfe deuten.

Martin Schmitt / 25.11.2021

Sprachlosigkeit. Einfach nur noch Sprachlosigkeit, und ich bin verzweifelt anhand dessen was hier abläuft - als Ungeimpfter erlebe ich derzeit von vielen Menschen (Geimpften) im Umfeld die Verachtung, ja eigentlich schon blinden Hass, mir (und allen Ungeimpften) gegenüber. Es gibt Gott sei Dank auch noch ein paar Geimpfte in meinem Umfeld die noch normal sind und überhaupt kein Problem mit den bösen Impfunwilligen haben - ohne diese Menschen wäre ich völlig am Boden, die jetzigen Corona-Bestimmungen machen mir eh schon zu schaffen (bin Vollzeit berufstätig und auf öffentl. Verkehrsmittel angewiesen sowie finanziell nicht gerade gut gepolstert). Diese Menschen, von denen ich gedacht habe über eine gewisse Intelligenz zu verfügen, babbeln den sinnbefreiten Unsinn aus der Tagesschau/heute Journal einfach 1:1 nach ohne irgendwie mal darüber nachzudenken (heute so und morgen so, und gestern war es so…) - ALLES IST GUT was von Seiten der Politik / Medien kommt, alles muß so stimmen - Menschen die sonst immer kritisch waren anhand der medialen Berichterstattung über Klima, Energiewende, Flüchtlinge etc. - plötzlich beim Thema Corona ist alles genauso wie es die Tagesschau sagt oder der Bankkaufmann und Karl “die Fliege” Lauterbach? DANKE auch an Menschen wie Sie Herr Broder und anderen Journalisten, die geimpft - aber nicht dem Hass verfallen sind.

Rolf Mainz / 25.11.2021

“Und ist es auch Wahnsinn, so hat es doch Methode.”

Archi W Bechlenberg / 25.11.2021

Was hätte da der Kreisler draus machen können!

Andreas Berlin / 25.11.2021

Sehr geehrter Herr Broder, Hintergrund der 2G-Regel ist sicherlich, dass die Mitarbeiter und Begleiter der Sterbewilligen nicht schon vor Ihren Kunden an Corona dahinscheiden sollen (und denen sozusagen etwas husten). Das wäre praktisch die Umkehrung des Geschäftsmodells des Vereins. Es ist auch ganz und gar nicht pietätlos von Ihnen, darauf hinzuweisen. Vielmehr empfinde ich es als hilfreich und heilsam, wenn Corona seine komischen Seiten nicht verliert. Sie sollten den Beitrag allerdings unbedingt auch in England veröffentlichen, denn deren Humor ist bekanntlich rabenschwarz geprägt und der Unterhaltungswert Ihres Beitrags würde sicherlich eine (noch!) vielfach höhere Begeisterung auslösen. Die gönne ich Ihnen!

Ulla Schneider / 25.11.2021

Satire pur im echten Leben, Herr Broder. Eine Quelle für Spaßvögel und ähnliches “Getier”. Nicht mal erfinden braucht man solches. Da wird einem die Arbeit auch noch abgenommen.  - Der letzte Atemzug muß keimfrei sein. Sehr schade, daß mein Bruder nicht mehr unter den Lebenden wandelt. Ein malender Satiriker allerorten unterwegs und brilliant vom Fach.

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