Vera Lengsfeld / 22.12.2019 / 11:12 / Foto: Sebastian Rittau / 112 / Seite ausdrucken

Gestern Abend am Breitscheidplatz

Am Samstagabend besuchte ich eine Aufführung des Weihnachtsoratoriums von Johann Sebastian Bach in der Berliner Kaiser-Wilhelm-Gedächtniskirche. Es war das traditionelle Konzert des Bachchors unter Leitung des wunderbaren Achim Zimmermann.

Auf dem Weg zur Vorstellung verweilte ich kurz an der Stelle, an der von den Berlinern und ihren Gästen immer noch der Opfer des Anschlags auf den hiesigen Weihnachtsmarkt vor drei Jahren gedacht wird. Schon diese kleine Andacht war ein Symbol dafür, dass nichts mehr ist, wie es mal war. Unsere Gesellschaft hat sich drastisch geändert, und im Gegensatz zu einer notorischen grünen Politikerin kann ich mich nicht darüber freuen. 

Ich dachte an Anabel Schunkes Artikel („Drei Jahre Breitscheidplatz – Empathie gibt es nicht im Appstore"), wie mies die Opfer des Anschlags von der Politik vernachlässigt werden, daran, dass es der Senat nicht für nötig gehalten hat, die Betroffenen zur diesjährigen Gedenkfeier einzuladen, an den Untersuchungsausschuss, der herausgefunden hat, dass die Merkel-Regierung alles unterließ, was den Anschlag hätte verhindern können. 

Die Amris können sich immer noch frei bewegen, täglich kommen neue, zum Teil direkt von den Schlachtfeldern Syriens, und wenn sie bei Straftaten erwischt werden, sorgt eine Kuschel-Justiz dafür, dass die Konsequenzen gering sind. Aktuell läuft in unseren Kinos ein Film, „Der letzte Bulle“, in dem die arabischen Clans verherrlicht werden und die Polizei verunglimpft wird. Die Frage ist nicht, ob der nächste Anschlag kommt, sondern nur, wann. 

Ich zündete eine Kerze an und ging weiter zum Konzert. Die Kirche war bis auf den letzten Platz besetzt. Nur ganz am Rand hatte man einige zusätzliche Stühle für Leute wie mich, die auf den letzten Drücker kommen, aufgestellt.

Polizisten mit der Waffe im Arm 

Von Beginn an, den ersten Tönen von „Jauchzet, frohlocket“, vergaß ich die Welt. Die Musik führte das Publikum in himmlische Sphären. Unter den Arien und Chören befinden sich Kostbarkeiten ersten Ranges, wie die Arie „Schließe mein Herze“ oder „Frohe Hirten eilt… sucht Anmut zu gewinnen“, oder der Chor „Brich an, du schönes Morgenlicht“. „Edleres hat Bach in dieser Form nie geschaffen“, steht im Programmheft. Dem habe ich nichts hinzuzufügen. Wer Bach hört, weiß, was die Stärke unserer Kultur ausmacht.

Beim Schlusschor „Tod, Teufel, Sünd und Hölle sind ganz und gar geschwächt“ fühlte ich mich gestärkt und getröstet. Nach Verklingen der Musik verharrte das Publikum in ergriffenem Schweigen, ehe der Beifallssturm losbrach.

Als wir die Kirche verließen, lud der Weihnachtsmarkt zum Schlendern ein. Er war immer noch gut besucht, aber Glühwein konnte man schon ohne längeres Anstehen bekommen. Wir waren gerade dabei, uns für einen Stand zu entscheiden, als Polizisten mit der Waffe im Arm begannen, den Markt zu räumen. Sie machten das sehr professionell und unter Verzicht auf Lautsprecherdurchsagen. Das verhinderte eine Panik, denn etliche, vor allem junge Leute um uns herum, waren sofort äußerst erregt, ängstlich und begannen zu drängeln. Auf allen Gesichtern sah ich die Furcht vor einem Terroranschlag. 

Die Räumung verlief zügig, keiner widersetzte sich. Mein Hochgefühl war vollständig verflogen, und ich spürte, wie sich mein Magen verkrampfte. Das Unbehagen wurde verstärkt, als schwarzbehelmte Motorradfahrer mit viel zu hoher Geschwindigkeit vorbei preschten, gefolgt von einem Sportwagen mit Tarnbemalung und laut heulendem Motor.

Die Leichtigkeit unseres Seins ist uns genommen

Wir tun jeden Tag so, als ob unser Leben ganz normal weiterginge. Aber unsere Art zu leben, ist bereits zerstört. Die Leichtigkeit unseres Seins ist uns genommen, unsere Sorglosigkeit dahin. Wir können reden, lachen, genießen, Musik hören, mit unseren Kindern spielen, aber nichts mehr davon können wir unbeschwert tun. Betonpoller, Sicherheitsdienste bei Veranstaltungen, die Unsicherheit des öffentlichen Raums sind mittlerweile unser Alltag. Bald wird man vergessen haben, das es einmal eine Zeit gab, in der sich auch Frauen und Kinder angstfrei bewegen konnten. 

Unsere tägliche Mediendusche sagt uns, dass wir im sichersten Deutschland leben, das wir je hatten, wenn auch Terror und Tötungsdelikte etwas häufiger geworden sind. Weil es sicher ist wie nie, bewegen sich die Politiker, die uns das eingebrockt haben, nur noch mit Personenschutz und in gepanzerten Dienstlimousinen. Demnächst wird sogar ein Sicherheitsgraben um den Bundestag gezogen. 

Ich kann diese Leute nicht mehr ertragen. Ich möchte sie am liebsten, wie im Gedicht die schlesischen Weber, verfluchen.

Sie lesen gern Achgut.com?
Zeigen Sie Ihre Wertschätzung!

via Paypal via Direktüberweisung
Leserpost

netiquette:

Rachel Rubinstein / 22.12.2019

Sehr geehrter Leo Hohensee, ich vermag Ihre Zuschrift nicht recht zu interpretieren. Meinen Sie Sätze wie den folgenden ironisch? “Sie sind stolz, freundlich und gut gelaunt, selbst sehr jung. Diese machen auf mich nicht den Eindruck als würden sie eine Gefährdung im Dunkeln oder an einsamen Stellen darstellen.” Ich unterstelle jetzt mal ein “Ja”, aber dennoch zur Klarstellung: Da ist nicht nur Stolz , da sind auch Verachtung und Hochmut, die ich ebenfalls sehr deutlich spüre wenn mir solche Gestalten begegnen. Sie verachten uns “Ungläubige”, die wir auch noch dumm genug sind, unseren eigenen Untergang zu finanzieren. Und sie sind hochmütig, weil sie wissen, dass sie in einer, spätestens zwei Generationen hier das Sagen haben werden. Und die lieben kleinen Kinder sind in zehn Jahren Totschläger wie der 17-jährige aus Augsburg. Warum? Weil ihr Umfeld sie dazu macht.

J.G.R. Benthien / 22.12.2019

Die grösste Verbrecherin aller Zeiten (Merkel) hat genau dies seit 2015 ohne demokratische oder parlamentarische Legitimation gewollt und keiner ist auf die Strasse gegangen. Also bitte nicht meckern…

Margit Broetz / 22.12.2019

Und ganz ehrlich: bei aller berechtigten Kritik an schlimmen Zuständen! Veilleicht war die DDR 1.0 in mancher Hinsicht doch das bessere Detuschland? Jedenfalls in dieser Hinsicht, man mußte sich nicht rechtfertigen, Deutsche(r) zu sein, und man war nicht in Gefahr, nur weil man Deutsche ist! Doppeldenk, Flüsterwitz und Stasi gibt es ja heute wieder, letzteres in Form links-grüner, bessermenschlicher Blockwarte und der Neo-Stasi NSA.

Peer Munk / 22.12.2019

@Leo Hohensee: Ich lebe nicht vor den Toren einer Großstadt, sondern mitten in Berlin Wedding. Ich sehe regelmäßig Frauen mit Kopftuch und Kindern, diese Frauen strahlen mich aber nicht an, höchstens die Kinder. Ich sehe auch regelmäßig junge Mädchen mit Kopftuch, auch diese strahlen mich nicht an. Es bedrückt mich, diese Kinder zu sehen - ihnen wird die Kindheit gestohlen. Ich habe selbst Töchter und finde die Vorstellung, sie müssten sich seit ihrer Kindheit verhüllen, grauenhaft. Ich schaffe es nicht, wie Sie einfach auszublenden, dass das Kopftuch ein Instrument ist, um Frauen zu unterdrücken.

HaJo wolf / 22.12.2019

Bach, Mozart, Händel, Beethoven, aber auch die zahllosen anderen Komponisten, die Dichter, die Erfinder - das ist unsere deutsche Geschichte, unser deutsches kulturelles Erbe. Das setzen Merkel und die linksgrüne Gutmenschenriege dem Riskio der vernichtung aus. Wissentlich. Vorsätzlich. Kriminell.

Alexander Mazurek / 22.12.2019

Vergessen wir nicht, wem wir das zu verdanken haben …

Erika Kaiser / 22.12.2019

Ich weiss, Hass ist kein guter Ratgeber und ich hasse auch nicht, aber…...ich hoffe dass die Politiker,  die dieses Desaster zu verantworten haben, eines Tages vor ein “ordentliches” Gericht gestellt werden und ihre gerechte Strafe erhalten werden. Ein ehemals so schönes Land ganz bewusst nach und nach zu zerstören, das darf nicht ungestraft bleiben. Diese Regierung ist nach 1945 das Schlimmste was Deutschland passieren konnte.

Werner Arning / 22.12.2019

Viele Länder beneiden uns um unsere Weihnachtsmarkt-Kultur. Und es ist tatsächlich eine herrliche Tradition. Wir besitzen ein reiches Kulturerbe und sind uns dessen häufig nicht bewusst. Dieses Erbe gilt es zu schützen. Wir unterscheiden uns in vielerlei Hinsicht von anderen Nationen. Und das ist nicht schlecht sondern schön. Denn es gibt sehr viel Erhaltenswertes, Schützenswertes. Deshalb sollten wir unsere Kultur pflegen und sie nicht schlechtreden. Natürlich mögen wir auch Eigenheiten besitzen, um die uns niemand beneidet. Aber selbst diese können mitunter liebenswert sein. So wie man über kleine Schwächen eines Freundes hinwegsieht. Sie machen uns unterscheidbar und geben uns etwas Eigenes. Ja, Deutsches. Typisch Deutsch. Das ist kein Schimpfwort, sondern dieses Deutschsein wird in der Welt geschätzt und nicht mehr gefürchtet. Deutsche Linke und Grüne mögen sich (immer noch) für ihr Deutschsein schämen und es „auszumerzen“ wünschen, doch dieses Ansinnen versteht niemand „aus der Welt“, außer den Linken und Grünen selber. Bach gehört zu uns und die Weihnachtsmärkte gehören zu uns. Macht uns weder das Eine noch das Andere kaputt.

Weitere anzeigen Leserbrief schreiben:

Leserbrief schreiben

Leserbriefe können nur am Erscheinungstag des Artikel eingereicht werden. Die Zahl der veröffentlichten Leserzuschriften ist auf 50 pro Artikel begrenzt. An Wochenenden kann es zu Verzögerungen beim Erscheinen von Leserbriefen kommen. Wir bitten um Ihr Verständnis.

Verwandte Themen
Vera Lengsfeld / 11.03.2024 / 16:00 / 20

Wie rettet man eine Demokratie?

Warum lässt die schweigende Mehrheit zu, dass unter dem Schlachtruf, die Demokratie und das Grundgesetz zu verteidigen, beides ausgehöhlt wird? Was man ganz einfach tun…/ mehr

Vera Lengsfeld / 10.03.2024 / 16:00 / 9

Eine Schulung im Denken

Denken ist ein Menschenrecht, aber wer beherrscht die Kunst des Denkens? Warum ist Propaganda so wirksam und für viele Menschen so schwer zu durchschauen? Volker…/ mehr

Vera Lengsfeld / 06.02.2024 / 12:00 / 38

Wie man Desinformation umstrickt – und noch schlimmer macht

Wenn man gewisse „Qualitätsmedien" der Fehlberichterstattung und Manipulation überführt, werden die inkriminierten Texte oft heimlich, still und leise umgeschrieben. Hier ein aktuelles Beispiel.  Auf diesem Blog…/ mehr

Vera Lengsfeld / 04.02.2024 / 15:00 / 20

Die Propaganda-Matrix

Die öffentlich-rechtlichen Medien und die etablierten Medien leiden unter Zuschauer- und Leserschwund, besitzen aber immer noch die Definitionsmacht. Das erleben wir gerade wieder mit einer Propaganda-Welle. …/ mehr

Vera Lengsfeld / 02.02.2024 / 06:05 / 125

Wie man eine Desinformation strickt

Am 30. Januar erschien bei „praxistipps.focus.de“ ein Stück mit dem Titel: „Werteunion Mitglied werden: Was bedeutet das?“ Hier geht es darum: Was davon kann man davon…/ mehr

Vera Lengsfeld / 06.01.2024 / 06:25 / 73

Tod eines Bundesanwalts

Als ich noch in der DDR eingemauert war, hielt ich die Bundesrepublik für einen Rechtsstaat und bewunderte ihren entschlossenen Umgang mit den RAF-Terroristen. Bis herauskam,…/ mehr

Vera Lengsfeld / 29.12.2023 / 13:00 / 17

FDP #AmpelAus – Abstimmung läuft noch drei Tage

Die momentane FDP-Führung hatte offenbar die grandiose Idee, die Mitgliederbefragung unter dem Radar über die Feiertage versanden zu lassen. Das Online-Votum in der FDP-Mitgliedschaft läuft…/ mehr

Vera Lengsfeld / 28.12.2023 / 10:00 / 124

Wolfgang Schäuble – Tod einer tragischen Figur

Wolfgang Schäuble, die große tragische Figur der deutschen Nachkriegspolitik und gleichzeitig ein Symbol für das Scheitern der Parteipolitik, wie sie sich in Deutschland entwickelt hat…/ mehr

Unsere Liste der Guten

Ob als Klimaleugner, Klugscheißer oder Betonköpfe tituliert, die Autoren der Achse des Guten lassen sich nicht darin beirren, mit unabhängigem Denken dem Mainstream der Angepassten etwas entgegenzusetzen. Wer macht mit? Hier
Autoren

Unerhört!

Warum senken so viele Menschen die Stimme, wenn sie ihre Meinung sagen? Wo darf in unserer bunten Republik noch bunt gedacht werden? Hier
Achgut.com