Thilo Schneider / 12.04.2020 / 11:00 / Foto: Timo Raab / 67 / Seite ausdrucken

Gestatten, die Deutschen!

Sie sind als Regierung auf der Suche nach einem neuen Volk? Sie sind ein völlig fachfremder Regierungschef mit dem Charisma einer Schrankwand, unfähig, auch nur einfachste Sätze herauszubringen, wollen aber trotzdem regieren? Ihre Minister haben wenig bis gar keine Ahnung von der Materie ihres Ministeramts und sind austauschbarer als die Klötzchen einer einfarbigen Kiste mit 8ter Legosteinen? Jedes halbwegs intelligente Volk würde Sie bestenfalls aus dem Land prügeln? Dann probieren Sie es doch mal mit den Deutschen.

Die Deutschen, müssen Sie wissen, sind ziemlich pflegeleicht. Eigentlich möchten sie nur in Ruhe vor sich hinarbeiten und sind in der Regel ihrem Arbeitgeber mehr verpflichtet als ihrem Ehepartner. Der Deutsche gilt als gemeinhin zuverlässig, pünktlich, fleißig und strebsam. Natürlich gibt es auch unter den Deutschen – nennen wir sie „arbeitsunverständige“ – Elemente, die lieber von der Leistung Anderer leben. Allerdings finden sich diese in der Regel bei linksextremen Parteien, Sie können sie ignorieren, so lange Sie denen am 1. Mai ein paar Sachbeschädigungen und Plünderungen durchgehen lassen. Ferner sollten Sie dieser Klientel ganzjährig ein paar hässliche Betonwände zur Verfügung stellen, auf die sie etwas malen oder sprayen können. Dann sind diese Leute beschäftigt und gehen Ihnen nicht auf den Volkssender.

Mit den Deutschen können Sie ziemlich viel machen: Steuererhöhungen und Sozialabgabenschrauben, bis die Schwarte kracht, gerne auch indirekte Enteignungen durch eine undurchsichtige Fiskal- und Finanzpolitik. Die Deutschen werden es Ihnen nachsehen, sofern Sie eine einigermaßen hirnrissige Begründung liefern, warum jene Maßnahmen die Welt oder, besser, die Galaxie oder gleich das komplette Universum retten werden. Er rettet gerne, der Deutsche. Auch ungefragt und ungebeten. „Rettung“ finden die Deutschen immer gut.

Geben Sie dem Deutschen nicht zu viele Freiheiten

Die Deutschen sind derart einfach und simpel, dass Sie bei Bedarf und nach Laune mehrere Kriege hintereinander anzetteln können und Sie können sicher sein, dass Ihr Militär diese auch gewinnt. Zumindest eine Zeit lang und sofern Sie es nicht übertreiben und sich mit der kompletten Welt anlegen. Dann verlieren die Deutschen zwar, sind Ihnen aber nicht lange böse. Wichtig ist eben nur die Begründung. Sogar ein brutaler Genozid an einem Teil der Bevölkerung ist mit und unter dem Applaus der Deutschen möglich, wenn Sie Ihnen erklären, dass Ihre grausamen und menschenverachtenden Maßnahmen dem höheren Ziel dienen, die Deutschen oder, besser, die Welt zu retten. Sie müssen nur wissen, wie Sie das anpacken:

Während beispielsweise Amerikaner mutig und unternehmungslustig neue Ziele und Herausforderungen angehen oder Israelis mit dem Mut der Verzweiflung agieren, ist die Haupttriebfeder des Deutschen die Angst. Der Deutsche hat praktischerweise vor allem Angst: Atomkraft, Ausländern, dem Klima, der Umwelt, Altersarmut, Erkrankungen, Diskriminierung und sogar anderen Deutschen. Machen Sie dem Deutschen einen Vorschlag, vor was er sich fürchten soll und er wird Ihnen freudig folgen, wenn Sie ihm sagen, dass Sie zur Beseitigung seines Problems nur die Steuern erhöhen müssen.

Dankbar wird er Ihnen dann sein Herz und seinen Geldbeutel öffnen, und schon fließt das Geld in Ihre Staatskasse. Das geht tatsächlich so weit, dass Sie dem Deutschen befehlen können, dass sie nur noch Gemüse essen, weil Fleisch irgendwie „krank macht“ oder „moralisch verwerflich“ ist. Sie werden es Ihnen glauben. Sie können dem Deutschen, einfach aus Spaß, befehlen, zu Hause zu bleiben und gar nichts zu machen. Der Deutsche ist dabei, wenn nur das dazu passende Problem groß und beängstigend genug ist.

Wenn es sein muss, bis in den eigenen Untergang

Geben Sie dem Deutschen nicht zu viele Freiheiten. Er weiß damit wirklich nichts anzufangen. Denken Sie daran: Er ist weder Amerikaner noch Israeli. Und erst recht kein Franzose. Sagen Sie ihm, was er tun soll, und er wird es tun. Und zwar in höchster Vollendung und Perfektion und so gut, dass ihn andere kopieren werden, was regelmäßig dann zur Farce wird. Nur Flughäfen dürfen Sie ihn nicht bauen lassen. Das kann er nicht, der Deutsche. Weil er vor einem fertigen Flughafen mehr Angst als vor einer Baustelle hat. Da kann ja so viel passieren …

Damit wären wir auch bei dem eigentlichen Problem und dem Geschick, das Sie gegenüber dem Deutschen aufbringen müssen: Sie müssen seine Ängste gegeneinander abwägen. Er wird Ihnen keinen Bahnhof bauen, wenn er Angst hat, dadurch dem Schwarzen Schwanzlurch seinen Lebensraum zu nehmen (auch so ein deutsches Ding: der Begriff „Lebensraum“). Wenn Sie ihm aber in Aussicht stellen, dass er auf dem Bahnhof dann Fremde begrüßen kann, die er vorher gerettet hat, dann wird der Deutsche ranklotzen und den Bahnhof sogar mit Tribünen bauen, damit möglichst alle Platz zum sich selber beklatschen haben. Den Schwarzen Schwanzlurch siedelt er bis dahin irgendwo anders an. Beispielsweise in Polen, das der Deutsche immer noch mehr als unerschlossenes Sumpfland, denn als Industriestaat wahrnimmt.

Auf einen Nenner gebracht: Machen Sie dem Deutschen Angst, und geben Sie ihm ein Problem, das er lösen kann und das sich ihn moralisch besser und dem Rest der Welt überlegen fühlen lässt. Sie bekommen ein derart dankbares Volk, dass es Ihnen dann bis an Ihr und sein Lebensende folgt. Wenn es sein muss, bis in den eigenen Untergang. Und wenn es einer vermeintlich oder tatsächlich edlen, guten und rettenden Sache dient, dann ist er sogar bereit, auszusterben, der Deutsche. Da kennt er nichts und niemanden mehr. Weder Freund noch Feind.  

Viel Erfolg und denken Sie dran: Nicht übertreiben! Sorgen Sie für ausreichenden Datenschutz!

(Weitere Volksabstimmungen des Autors auch unter www.politticker.de)

Foto: Timo Raab

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Lutz Serwuschok / 12.04.2020

Leider zu wahr. Aber vielleicht habe ich Herrn Schneider doch auf dem falschen Fuß erwischt. Was bedeutet die Redewendung “bis die Schwarte kracht”? Es hat nichts mit der knusprigen Fettschicht der gegrillten Schweinshaxe - wann gibt es die mal wieder? - zu tun, oder wenig. Die krachende Schwarte ist der Zeitpunkt, an dem man, oder vielmehr mann, den Bergbaustollen räumen sollte. Es handelt sich also um den, neben der Abstützung des Ganges, Ausbau eines Bergwerks. Die seitlichen Schwarten, üblicherweise minderwertiges Holz, welches nicht für Bretter taugt, die den Gang vor Bruch schützen… Wenn die Schwarte kracht, ist es Zeit zu gehen bzw. zu gehen. MfG

Daniel Kirchner / 12.04.2020

Der Holocaust befreite die Welt von den bösen Juden und diente der Rettung der Welt. Beim Virus ist es aber die Angst um den eigenen Hintern, die ihn motiviert, die Weltrettung tritt zurück. Kämpfen die Franzosen auch um jede Rolle Klopapier?

Dr. Stiehler / 12.04.2020

Wunderbar traurig, aber wahr. Wünsche Ihnen und Ihrer Familie eine frohe, besinnliche Freizeit und weiterhin scharfsinnige Beobachtungsgabe und -Ergebnisse.

Hartmut Laun / 12.04.2020

Guten Tag Herr Schneider, Sie sind doch selber ein Deutscher und warum schreiben sie dann DIE DEUTSCHEN? Alle Deutsche? Dann zählen Sie zu den von ihnen oben genannten “DIE DEUTSCHEN” mit dazu.

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