Richard Wagner / 01.11.2010 / 09:22 / 0 / Seite ausdrucken

Geschäftsgrundlage NRW

Ja, so ist es. Röttgen, Muttis Umweltminister, unlängst noch als Laufzeiten-Verrechner unterwegs, wird CDU-Vorsitzender in NRW. Röttgen braucht NRW beim Ausbau seiner Macht in Berlin. Denn, wer wüsste es nicht, NRW ist in Berlin ein Machtfaktor: Es ist das größte Bundesland. Zumindest demographisch betrachtet.

Röttgen also, der beim Laufzeiten-Verrechnen unserer Atommeiler keine allzu gute Figur gemacht hat, kann mit NRW im Status-Gepäck, seine Position in der Regierung und im politischen Berlin insgesamt stärken. NRW ist für ihn so etwas wie eine notwendige Anschaffung. Der Mann ist clever, und das sieht man ihm auch an. Es sind nicht wenige, die ihn für wortgewandt halten. Das mag zutreffen, aber wohin führt’s?

NRW ist zwar das größte Bundesland, aber die CDU ist dort gerade in der Opposition. Das macht, was die Außenwirkung des Phänomens angeht, politisch offenbar gar nichts. Denn NRW stellt den größten Landesverband der Partei. Das verschafft, geschickt gehandhabt, zunächst einmal parteiintern einen nicht zu unterschätzenden Einfluss. Die aktuelle, von der Sozialdemokratie angeführte Regierung in NRW gilt sicherlich nicht als besonders potent, aber darum geht es nicht. Es geht nicht darum, was die Regierung in NRW vermag oder nicht, und es geht auch nicht darum, wer die Regierungsgeschäfte dort gerade betreibt. Genauer, wer von den beiden großen Parteien. Egal, ob es eine starke oder eine schwache Regierung ist, die Regierung von NRW fällt für die jeweilige Partei in der Bundespolitik statistisch ins Gewicht.

Röttgen wird’s in NRW nicht richten, aber das erwartet auch keiner von ihm. Von Röttgen erwartet man im Grunde nicht viel. Nicht mehr, als man von den anderen Wortgewandten im politischen Raum erwartet. Man blickt aber auch nicht ganz uninteressiert auf seine Laufbahn. Man hat in gewisser Weise ein sportliches Interesse daran, zu sehen, wie weit es dieser Rasierschaum-Minister in unserer Welt der Politik bringen wird. Wenn man sich nicht von Montag bis Freitag ärgern will, ist, so wie das politische Geschäft in Deutschland zurzeit läuft, wohl immer noch am besten, man beschränkt sich auf das Sportliche an der Angelegenheit.

Früher konnte man sich wenigstens noch ein bisschen über die politischen Figuren unterhalten. Das war einmal.

Heute wirken die Volksvertreter nicht einmal mehr originell genug, um der Karikatur zu dienen. Darin macht auch Röttgen, mit oder ohne NRW, keine Ausnahme.

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