Erik Lommatzsch, Gastautor / 04.12.2020 / 14:00 / 30 / Seite ausdrucken

Gesäubertes Gedenken

Das Böse kann nur böse, das ist ein Naturgesetz. Widerlich, menschenverachtend (ein so schönes Wort!) ist es, verachtenswert. Rigoros muss es bekämpft werden. Ein besonders hinterhältiger Trick: Wenn das Böse dem Guten zustimmt, mit ihm einer Meinung ist. Niemals kann das aufrichtig sein. Da ist Wachsamkeit gefragt. Und vor allem Haltung!

Der Erfurter Landtag ist bekanntlich im Februar dieses Jahres haarscharf an einer solchen Falle vorbeigeschlittert. Da hatte ein Kandidat die Stimmen der falschen Partei – die Rede ist natürlich von der AfD – erhalten. Zum Glück gab es Hinweise einer Südafrika-Dienstreisenden, die in einer prägnanten Kurzfassung („… dass dieser Vorgang unverzeihlich ist und deshalb auch das Ergebnis wieder rückgängig gemacht werden muss“) dazu aufforderte, Demokratie, Wählerwille und -auftrag zu suspendieren. Es ist eben ein Kreuz, wenn man die Leute wählen lässt. Dann machen so viele so viel falsch. Großflächig und ganz ohne „Entsetzen“ (ein in letzter Zeit auffällig viel gebrauchtes Wort, insbesondere bezüglich der „Querdenker“, aber wir wollen nicht abschweifen) folgte man großflächig den Anregungen und der Wahlverlierer (der schon viel geweint hatte) konnte sich doch noch auf den – kurzzeitig von einem unwürdigen Hintern gewärmten – Landesvater-Sessel setzen.

Nein, die Stimmen der Falschen sind ein Problem und nach diesem Modellfall (Hat da grad jemand Sündenfall gesagt? Da erkennt man doch schon an der altbackenen Wortwahl, woher es kommt!) wird weiter verfahren. Die Beispiele aus der Politik  sind inzwischen Legion. Aktuell: Ob die CDU in Sachsen-Anhalt mit guten Gründen gegen die Erhöhung des „Rundfunkbeitrages“ ist, ist das eine. Das andere ist, dass die hinterhältige AfD ebenfalls dagegen ist. Das ist ein ernsthaftes Problem. Da muss man in der CDU erwägen, die Zähne zusammenzubeißen und gegen seine eigene Position stimmen.

Linkspartei-Abgeordnete in der Stadt Forst in der Lausitz haben das nicht verinnerlicht, das ist ebenfalls aktuell. Der Fraktionsvorsitzende der Linken war bereits im Mai schuldig geworden (gemeinsamer Auftritt unter anderen mit der AfD bei einer Pressekonferenz und wohl sogar noch eine gemeinsame Sitzung). Konsequenterweise folgte der Parteiausschluss. Nun haben erneut zwei Linke in Forst nicht falsch, aber mit den Falschen gestimmt, was viel schlimmer ist. Abermals dräut der Entzug von Parteibüchern. Worum ging und geht es eigentlich? Um einen Jugendclub. Man könnte versucht sein, derartige Dinge als kommunal einzustufen und… nein, niemals mit den Falschen! Keinen Fußbreit den… wir kennen das.

Symbolisches Säubern am 1. Advent

Politik macht Schule und kommt – das ist nicht sonderlich neu – in der Gesellschaft an. (Oder „bei den Menschen“ – auch eine in letzter Zeit sehr beliebte Formulierung.) Völlig klar ist, dass Kränze und Gebinde, die von der AfD niedergelegt werden, an Orten, die auch Andere für kranzablegenswert befinden, nichts verloren haben. Wo kommen wir denn bitte hin, wenn jeder einfach so gedenken darf? Und das auch noch mittels beschriftetem Gebinde öffentlich zum Ausdruck bringt? Im Anschluss an die offizielle Veranstaltung auf dem Dresdner Nordfriedhof anlässlich des diesjährigen Volkstrauertages wurden von verschiedenen Parteien Kränze niedergelegt. An einem der darauffolgenden Tage waren die Schleifen an denjenigen der AfD – mutmaßlich von Zauberhand – entfernt. Wer das für schäbig hält und schon bei einem derartigen Vorgang einen moralischen Abgrund sieht, ist noch nicht in der neuen Zeit angekommen.

Und die hat noch viel mehr zu bieten. Zum Beispiel in der Stadt Speyer. Dort wurde, wie speyer-Info.de stolz berichtet, am 1. Advent geputzt. Säuberungsbeflissene „des Bündnisses ‚Aufstehen gegen Rassismus‘ sowie verschiedener Speyerer Initiativen reinigten am Sonntag symbolisch die Gedenkstätte der ehemaligen jüdischen Synagoge. Der Anlass war, dass die AfD dort zwei Kränze niedergelegt hatte. Mit dieser Aktion sei die Gedenkstätte vorübergehend entwürdigt und ihres Sinnes beraubt worden“, heiße es in einer Medienerklärung. Dieser zufolge diente die Kranzniederlegung „einzig der Provokation“. Gesprochen habe dabei „ein Vertreter des Häufleins ‚Juden in der AfD‘“. Dem sei dann auch „nichts anderes eingefallen, als von der angeblich zunehmenden Bedrohung durch Migration zu sprechen.“ Hätte der Redner der „winzigen Gruppierung“ (die scheint wirklich sehr unbedeutend zu sein, sonst müsste man nicht ständig auf die nicht vorhandene Größe hinweisen) vorher mal lieber die Putzkräfte gefragt, die wissen nämlich genau, wer für antisemitische Vorfälle im Deutschland unserer Tage verantwortlich zeichnet. Oder auch, dass – nicht näher bezeichnete – jüdische Verbände meinen, die wenigsten Mitglieder der „Juden in der AfD“ seien „wirklich Juden“.

Natürlich hätten „Aufstehen gegen Rassismus“ und „verschiedene Speyerer Initiativen“ lieber von der AfD und dem „Häuflein“ an der Gedenkstätte angebrachte Hakenkreuze entfernt. Nicht nur, dass es die nicht gab, jetzt wurden sie auch noch durch die Kränze irritiert. Wieder so ein Verstoß gegen ein schönes, festgefügtes Weltbild. Gut, dass der hinterlassene Dreck entfernt wurde, da kann die Speyerer Oberbürgermeisterin Stefanie Seiler (SPD) ruhig schlafen. Und nur ganz Vorgestrige würden auf die Idee kommen, dass in ihrer Stadt mit der „Reinigung“ die Verfolgung und Vernichtung der Juden in der Zeit der NS-Herrschaft auf eine Weise politisch instrumentalisiert wurden, die an Perfidie nur schwer zu überbieten sein dürfte.

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Leserpost

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Hans-Peter Dollhopf / 04.12.2020

Die unsägliche kleine rote 0 hat sich am Vorabend der korrupten Biden-Herrschaft nun soeben für einen erweiterten Nukleardeal der USA und der EU mit dem Iran starkgemacht. Hätten ein Demenzkranker und ein Zwerg wirklich das Schicksal von Israel zu bestimmen?

Dr. med. Jesko Matthes / 04.12.2020

Dich betrügt der Staatsmann, der Pfaffe, der Lehrer der Sitten, / Und dies Kleeblatt, wie tief betest du, Pöbel, es an. / Leider läßt sich noch kaum was Rechtes denken und sagen, / Das nicht grimmig den Staat, Götter und Sitten verletzt. (Goethe, Venezianische Epigramme, 1790)

Gudrun Meyer / 04.12.2020

Feierliche, moraltriefende Festlegungen, welche Gruppe an Gedenkveranstaltungen teilnehmen oder Kränze ablegen darf, sind nicht neu, und in München gab es eine viel schlimmere Szene, nachdem die örtliche Pegida-Gruppe am 27. Januar (2019 oder schon 2018) einen Kranz vor dem Denkmal niedergelegt hatte. Jusos und Antifanten trampelten darauf herum, und weil sie nun mal satirisch hochbegabt sind, spielten sie Fußball mit dem Kranz. Vielleicht können Sie sich vorstellen (ich kann es, obwohl meine “arische” Familie mit relativ geringen Blessuren durch die NS-Zeit kam), wie sich die jüdische Pegidistin fühlte, die den Kranz niedergelegt und dabei ihrer 87 im Holocaust ermordeten Verwandten gedachte hatte. - Nein, natürlich warf niemand den Satirikern einen Mangel an Geschichtsbewusstsein oder auch nur an erträglichen Manieren vor.

E. Albert / 04.12.2020

Also ich sehe hier nur eine Gruppe, die sich permanent “NAZI-Methoden” bedient - nämlich die, die ständig etwas von “Haltung zeigen” u.ä. faseln und versichern “aus der Geschichte gelernt zu haben”! (Alleine dieses Gezeter - einfach nur takt- und geschmacklos!)

Burkhard Mundt / 04.12.2020

In Deutschland wird per Kanzlerinnenbefehl eine demokratisch korrekte Wahl kaputtgemacht, aber den Polen und Ungarn fehlende Rechtsstaatlichkeit vorgeworfen: Das ist das arrogante Deutschland. Und genau genommen hat Deutschland den Anspruch auf die EU-Coronahilfe damit verwirkt. Denn eine demokratisch korrekte Wahl rückgängig zu machen, ist genausowenig rechtsstaatlich wie eine Wahlfälschung. Die Blockparteien verteidigen ihre Pfründe mit kratzen und beißen. Sachliche Argumente haben sie nicht. Nazi -Verleumdung müsste als Holocaust -Verharmlosung strafbar sein.

B. Ollo / 04.12.2020

Die Typen auf dem Foto sehen jedenfalls nicht so aus, als hätten sie jemals zuvor einen Putzlappen in der Hand gehabt. Die sehen auch weder sauber noch “ganz sauber” aus. Dem Anlass “Gedenken” entsprechend sind sie auch nicht gekleidet. Zum Gedenken sind sie ja sowieso nicht dort, sondern zum Demonstrieren. Vermutlich demonstrieren sie dort sonst auch gegen Israel. So sehen die jedenfalls aus. Immerhin zeigen sie klar und deutlich, wem der ehemalige Platz der Synagoge gehört, wer dort entscheidet, wer dort hinkommt, wer in Deutschland das Sagen hat. Judenplätze sind in Deutschland Eigentum der Antifa und Linken.  Das haben Juden gefälligst im besten Deutschland aller Zeiten zu respektieren. Zumindest da, wo Deutschland noch in deutscher Hand ist. Ob die sich das auch in “Problemvierteln” im Ruhrpott oder Berlin trauen würden, demonstrativ Gedenksteine für Juden zu reinigen, große Töne gegen Antisemitismus zu spucken, lassen wir mal offen. Wahrscheinlich würde man sich dort auf allgemeinere Floskeln, wie gegen Menschenfeindlichkeit maximal verständigen können. Das könnte bei der dort Einheimischen Bevölkerung sonst zu Irritationen führen. Aber das wären ja Plätze, die nicht in deutscher Hand sind, wodurch sie auch kein Hoheitsgebiet von Antifa und Linken mehr sind.

Roland Müller / 04.12.2020

Mit ähnlichen Methoden, wie von “Aufstehen gegen Rassismus”, haben die Nazis in Speyer die Verschleppung der jüdischen Mitbürger nach Gurs vorbereitet und zu rechtfertigen versucht. Schämt euch, ihr heuchlerischen Aufsteher.

Gerhard Schmidt / 04.12.2020

Wer bestimmt denn mittlerweile,  wer “wirklich Jude” ist? H. Göring steht für diese Aufgabe ja nicht mehr zur Verfügung…

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