Susanne Baumstark / 21.03.2020 / 06:20 / Foto: Kirk / 17 / Seite ausdrucken

Gerichtsprozesse aussetzen?

Zwei Strafrechtler wollen vom Bundesverfassungsgericht eine „grundsätzliche Aussage“ zur Aussetzung von Gerichtsprozessen in Corona-Zeiten herbeiführen. „Es geht um die Ansteckungsgefahr und die Übertragungsgefahr für jeden Prozessbeteiligten“, berichtet Legale Tribune Online. Bisher handhaben das die Gerichte unterschiedlich. Über den Eilantrag der Juristen werde „in allerkürzester Zeit“ entschieden.

„Das Bundesjustizministerium arbeitet bereits an einer Regelung, die es Gerichten gestattet, laufende Strafprozesse länger als bisher erlaubt zu unterbrechen … Der Deutsche Anwaltverein warnt allerdings vor ‚hektischen Veränderungen in der Strafprozessordnung‘. Es müsse sichergestellt sein, dass eine solche Sonderregelung auf die aktuelle Situation begrenzt bleibe.“ 

Weitere relevante Meldungen: Vor ein paar Tagen hieß es noch:

„Selbstverständlich steht es in der richterlichen Unabhängigkeit eines jeden Richters, einen jetzt angesetzten Gerichtstermin noch durchzuführen ... Ob die Justizverwaltung das dem Richter durch die Schließung des Gerichtsgebäudes faktisch untersagen kann, ist eine der offenen Rechtsfragen, die bisher nicht geklärt sind. Einen Stillstand der Rechtspflege im Sinn von § 245 Zivilprozessordnung haben wir zur Zeit sicherlich nicht ...“

Der Deutsche Richterbund diskutiert bereits eine Gesetzesänderung. Ein Münchner Rechtsanwalt hat überdies einen Richter des Landgerichtes wegen versuchter Körperverletzung angezeigt, weil er trotz der aktuellen Corona-Pandemie auf einer Verhandlung bestand. Außerdem: In Berlin wird der Haftantritt für Menschen ausgesetzt, die wegen nicht gezahlter Geldstrafen hinter Gitter müssten. Es gelte ein Aufschub von vier Monaten. Verkehrssünder dürften profitieren: „Weil Verkehrsordnungswidrigkeiten nach drei Monaten verjähren, könnten ... demnächst viele Verkehrsvergehen ungeahndet bleiben, weil die Prozesse nicht rechtzeitig terminiert werden." Und hier stehen die Maßnahmen zur Aufrechterhaltung der Funktionsfähigkeit des Bundesverfassungsgerichts.

Dieser Beitrag erschien zuerst auf Susanne Baumstarks Blog Luftwurzel.

Sie lesen gern Achgut.com?
Zeigen Sie Ihre Wertschätzung!

via Paypal via Direktüberweisung
Leserpost

netiquette:

giesemann gerhard / 21.03.2020

Da kömmt Corona für mich zu spät, hätte meine 140 Tage Haft vom 16. August bis Anfang Januar ‘20 bereits abgesessen gehabt - so habe ich dummerweise schon nach zwei Wochen gezahlt.  Mein Verbrechen: Kritik an Kinderehen beim Moslem. Kostenpunkt: 20.000,00 Euro. Erst gestern bin ich mit dem Urteil bei einem Strafverteidiger gewesen zwecks Beratung zum weiteren Vorgehen. Der hat das gelesen, bloß den Kopf geschüttelt und gemeint: So ein falsches Urteil habe er lange nicht gesehen, ich dürfe doch tatsächlich eine solche Kritik üben! Und zwar straffrei. Wer hätte das gedacht. Er wird mir ein Rechtsgutachten erstellen, von einem Weitergehen des Rechtsweges zum OLG München hat er mir abgeraten, weil er die Richter kennt. Als er sah, wer das Urteil gefällt hat (Dr. Bonkamp) vom AG München, hat er gemeint: DA sind Sie auf den richtigen getroffen - der Kerl ist bekannt. Rechtsbeugung ist schwer zu machen, wegen der Krähen, die überall hocken, klar. Hat mir eine Oberstaatsanwältin von der Generalstaatsanwaltschaft München auch schon geschrieben, die machen nix. Für mich gilt: Das ist politisch zu sehen, wird denen noch auf die Füsse fallen, auch wenn ich juristisch wenig machen kann gegen das seit längerem rechtskräftige Urteil. Das geht auch allesamt an den Deutschen Richterbund, an die Bundesgeneralstaatsanwaltschaft, das Institut für Zeitgeschichte in München und die Parteien im Münchner Stadtrat, den Petitionsausschuss des Bayrischen Landtags und viele andere mehr - einige Mühe und jede Menge Kopien, aber was tut man nicht alles für ein Land, bei dem man sich schon fragt: Sind die es wert? Die Antwort ist natürlich: Einige schon - und wenn es bloß meine Kinder sind.

Rainer Niersberger / 21.03.2020

Das scheint mir “passend” zur Rückkehr der tribalistisch/archaischen Zustände in diesem Land auf dem Weg nach unten zu sein. Wenn schon geplündert wird, sollten die Taeter nicht nur möglichst wenig gehindert, sondern auch nicht dafuer bestraft werden. Sie wissen es ja auch nicht anders. Der Hinweis auf die Dauer der Anarchie bzw. deren Aufhebung ist vor der aktuellen Verfassung von Staat und Gesellschaft angebracht. Berlin liefert aktuell dafuer sogar Anschauungsmateriel. Ob Intellekt und Charakter der Verantwortlichen dafuer ausreichen, sich die Folgen fuer den “normalen” Bürger vorzustellen, erscheint zweifelhaft. Der geistbefreite Aktionismus wiederholt sich und erzeugt ständig neue Blüten. Aber die Aussetzung der Rechtsanwendung, nicht natürlich fuer Biodeutsche, fuegt sich in die zunehmende Aussetzung der Grundrechte und die Schaffung von Rechten der Exekutive. Was davon wann auch immer korrigiert wird und was dann als desastroeses Ergebnis zu behandeln waere, wird in Anbetracht der sehr speziellen Politakteure und des Jubelns den Medien interessant. An die mutmaßliche Laufzeit des Virus und seines Wirkens sei erinnert. Manche sprechen von bis zu 2 Jahren. Erste Probleme zeigen sich bereits nach 1 Woche. Hoffentlich erfolgt die Zuteilung des irgendwann vorhandenen Impstoffes in den Anfängen halbwegs zivilisatorisch/rational und nicht a la linksgruen oder Afghanistan. Alte weiße Männer und AfD - Wähler kommen zuletzt dran.

Gottfried Meier / 21.03.2020

Man sollte für eine gewisse Zeit die Verjährungsfristen verlängern, um den Druck von den Gerichten zu nehmen.

beat schaller / 21.03.2020

Es ist nur noch Wirr und ich hätte nie geglaubt, dass diese offiziellen Verantwortungsträger,  dermassen ignorant, gefährlich und diktatorisch agieren dürfen. dass sie von nichts eine Ahnung haben und davon dafür sehr viel, das wusste ich, dass es aber so weit gehen kann? Ich warte darauf, wo die nächste Schwachstelle bricht um zum Faustrecht zu kommen. b.schaller

Dov Nesher / 21.03.2020

Das wäre doch mal eine Gelegenheit Verhandlungen online durchzuführen. Der Delinquent bekommt eine Webcam in die Zelle. Anwälte, Richter, ggf. Schöffen arbeiten im Home-Office. Zeugenaussagen werden aufgezeichnet . Das würde auch für die Nachcoronazeit besstimmt einige praktische Erkenntnisse liefern, wie man Zeit und Konsten sparen kann….

Wilfried Cremer / 21.03.2020

Die „Demokratie“-Abgabe-Verweigerung verjährt wahrscheinlich nie. Davor steht die real existierende Zwangspropaganda-Diktatur und dahinter gepamperte Steinewerfer.

Heiko Stadler / 21.03.2020

Ich werde in Zukunft keinen Zwangsbeitrag für die Staatspropaganda mehr überweisen und bin mal gespannt, ob dann die Justiz ihren Corona-Urlaub für diesen besonderen “Härtefall” unterbricht.

Weitere anzeigen Leserbrief schreiben:

Leserbrief schreiben

Leserbriefe können nur am Erscheinungstag des Artikel eingereicht werden. Die Zahl der veröffentlichten Leserzuschriften ist auf 50 pro Artikel begrenzt. An Wochenenden kann es zu Verzögerungen beim Erscheinen von Leserbriefen kommen. Wir bitten um Ihr Verständnis.

Verwandte Themen
Susanne Baumstark / 11.07.2020 / 16:00 / 6

Die Maskerade der Tagesschau

Zur Rede der Bundeskanzlerin im EU-Parlament am 8. Juli anlässlich des Beginns der deutschen EU-Ratspräsidentschaft hat die Tagesschau wieder einen derart schmierigen Hofbericht abgeliefert, dass die hinterlassene Schleimspur sogar…/ mehr

Susanne Baumstark / 29.06.2020 / 06:00 / 82

„Helfer sind tabu”? Die gemanagte Missachtung

Das war schon ein ungewohnt gepfefferter Kommentar von Thomas Berbner in den Tagesthemen am 22. Juni: „Schon vor Stuttgart haben mir Beamte immer wieder berichtet, bei jungen Einwanderern verbreitet…/ mehr

Susanne Baumstark / 25.06.2020 / 10:00 / 14

Yanis Varoufakis und die „Progressive Internationale“

Weitgehend unbemerkt hat sich die post-kapitalistische „Progressive Internationale“ (P.I.) gegründet. „Wir organisieren, mobilisieren und vereinen progressive Kräfte aus der ganzen Welt“, tönt es dort. Themen…/ mehr

Susanne Baumstark / 15.06.2020 / 14:45 / 10

Die Krise als Studium

In akademischen Netzwerken wird der englischsprachige Master-Studiengang „International Organisations and Crisis Management“ beworben. Er startet im Wintersemester 2020/21 in Jena „Das passende Studium zur Corona-Krise“, meint…/ mehr

Susanne Baumstark / 30.05.2020 / 12:00 / 14

Corona-Arbeitsplatzvernichtung: Von Not und Zynismus

Aus psychologischer Sicht nehmen die Folgen des Lockdowns inzwischen dramatische Ausmaße an. Wie aus einer Anhörung des Tourismusauschusses im Bundestag am Mittwoch hervorgeht, habe man „bereits Suizide…/ mehr

Susanne Baumstark / 23.05.2020 / 10:30 / 14

Mein Briefwechsel mit der Antidiskriminierungsstelle

Meine E-Mail an die Anti-Diskriminierungsstelle: Sehr geehrter Herr Franke,  ich bin seit längerem einigermaßen entsetzt über die regelrechte Stigmatisierungswut, die insbesondere von den etablierten Medien…/ mehr

Susanne Baumstark / 18.05.2020 / 11:30 / 9

Fortschreitend obskur: Die Finanzierung der Parteienstiftungen

Endlich mal eine gute Idee: Der Kandidat für den CDU-Vorsitz, Friedrich Merz, will wegen der Corona-Krise die Ausgaben des Staates überdenken. "Wir sollten nach der…/ mehr

Susanne Baumstark / 06.05.2020 / 11:00 / 12

Corona-App höchst problematisch

Das „Forum InformatikerInnen für Frieden und gesellschaftliche Verantwortung“ hat eine Datenschutz-Folgenabschätzung (DSFA) für die geplante Corona-App veröffentlicht. „Wir haben es angesichts der geplanten Corona-Tracing-Systeme mit…/ mehr

Unsere Liste der Guten

Ob als Klimaleugner, Klugscheißer oder Betonköpfe tituliert, die Autoren der Achse des Guten lassen sich nicht darin beirren, mit unabhängigem Denken dem Mainstream der Angepassten etwas entgegenzusetzen. Wer macht mit? Hier
Autoren

Unerhört!

Warum senken so viele Menschen die Stimme, wenn sie ihre Meinung sagen? Wo darf in unserer bunten Republik noch bunt gedacht werden? Hier
Achgut.com