Henryk M. Broder / 01.01.2018 / 10:00 / Foto: Pixabay / 30 / Seite ausdrucken

Gerechtigkeit für den mutmaßlichen Täter!

Man kann es mit der Unschuldsvermutung auch zu weit treiben.

Bringt ein 15jähriger seine gleichaltrige Ex-Freundin mit Hilfe eines Küchenmessers um, reden alle von einem „mutmaßlichen Täter“. Was im Prinzip richtig ist, weil ein Verdächtiger so lange als unschuldig zu gelten hat, bis er von einem ordentlichen Gericht in einem fairen Verfahren verurteilt wurde. Aber eben nur im Prinzip.

„Unschuldig“ im Sinne des Gesetzes bedeutet nicht, dass der „mutmaßliche Täter“ die Tat, die ihm vorgeworfen wird, nicht begangen hat. Es kann auch bedeuten, dass der Täter „schuldunfähig“ ist, weil er im Zustand der Unzurechnungsfähigkeit gehandelt hat. Das festzustellen ist Aufgabe des Gerichts. Ebenso, ob es sich um einen Mord im Sinne des Paragrafen 211 StGB oder „nur“ um einen Totschlag handelt, der in der Regel milder bestraft wird.

Wenn allerdings „der Tod eines 15jährigen Mädchens in der Pfalz“ gemeldet wird, so als wäre das Mädchen beim Klettern abgestürzt oder beim Schwimmen ertrunken, obwohl der Täter am Tatort direkt neben der Tatwaffe festgenommen wurde, dann bekommt der Zusatz „mutmaßlicher“ einen frivolen Klang.

War derjenige, dem die Tat zur Last gelegt wird, wirklich der Täter? Kann es nicht jemand anders gewesen sein? Wurde ihm die Tatwaffe womöglich untergeschoben, um ihn zu belasten? Man kennt das ja aus dem „Tatort“.

Im „mutmaßlich“ schwingt immer etwas Entlastendes mit, ebenso wie in dem Begriff „Beziehungstat“. Aber: Etwa drei Viertel aller Tötungsdelikte passieren im erweiterten familiären Umfeld, sind „Beziehungstaten“. Die Wahrscheinlichkeit, vom eigenen Mann, Freund, Vater, Verlobten umgebracht zu werden, ist viel höher als die Gefahr, ein zufälliges Treffen mit einem Wildfremden nicht zu überleben.

Ein „mutmaßlicher“ Täter, dem eine „Beziehungstat“ zur Last gelegt wird, kann auf Verständnis hoffen. Und während am Tatort Blumen niedergelegt und Kerzen angezündet werden, sich also die übliche wohlfeile und folgenlose „Betroffenheit“ ausbreitet, feilt schon irgendwo ein Sozialpädagoge an einem Gutachten, in dem von einer „posttraumatischen Belastungsstörung“ und einer „narzisstischen Kränkung“ die Rede ist, die der „mutmaßliche Täter“ erlitten und nicht verarbeitet hat.

Mit der Kultur des Landes, aus dem er „geflohen“ ist, kann die Tat nichts zu tun haben, denn dort ist „das Frauenbild von Wertschätzung geprägt“. Politisch ist für eine solche Tat sowieso niemand verantwortlich, schon gar nicht diejenigen, die „Wir bekommen Menschen geschenkt!“ gejubelt haben, ohne zu bedenken, welche Gefahren in Geschenken enthalten sein können. Bleiben also nur die Eltern des Opfers übrig. Sie hätten ihrer Tochter den Umgang mit dem jungen Mann beizeiten verbieten müssen! Auch wenn das extrem unsensibel und politisch nicht korrekt gewesen wäre.

Fehlt nur, dass man die Anklage, die irgendwann gegen den „mutmaßlichen“ Täter erhoben wird, ein wenig erweitert und die Eltern der „mutmaßlichen“ Beihilfe zu einem Tötungsdelikt mit anklagt.

Für’s erste aber gilt noch die Unschuldsvermutung, sowohl für den „mutmaßlichen“ Täter wie für die Eltern des Opfers. Das sind wir unserer Rechtskultur schuldig.

Foto: Pixabay

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Karla Kuhn / 01.01.2018

“Mit der Kultur des Landes, aus dem er „geflohen“ ist, kann die Tat nichts zu tun haben, denn dort ist „das Frauenbild von Wertschätzung geprägt“. Politisch ist für eine solche Tat sowieso niemand verantwortlich, schon gar nicht diejenigen, die „Wir bekommen Menschen geschenkt!“ gejubelt haben, ohne zu bedenken, welche Gefahren in Geschenken enthalten sein können. Bleiben also nur die Eltern des Opfers übrig. Sie hätten ihrer Tochter den Umgang mit dem jungen Mann beizeiten verbieten müssen! Auch wenn das extrem unsensibel und politisch nicht korrekt gewesen wäre.” Meine Meinung: Die Eltern hätten diesen Mann gar nicht erst aufnehmen dürfen, schon aus Rücksicht auf ihre 15jährige Tochter.

Marc Blenk / 01.01.2018

Lieber Herr Broder, gestern hielt Frau Dreyer (Ministerpräsidentin von Rheinland Pfalz) eine Jahresendzeitrede, in der sie erklärte, dass keine Situation des Nahen Ostens (sie wissen ja, dieses böse Israel) hiesigen Antisemitismus rechtfertigen würde. Und dass keine Probleme, die durch Migration und Flucht entstanden wären, Hass gegen Muslime rechtfertigen würde. Quizfrage: Was fehlte da? Davon ab, dass in Deutschland keine Moschee paramilitärisch geschützt werden muss, aber quasi jede Synagoge, hat diese Frau kein Wort übrig für die Gewalt, denen tagtäglich Deutsche ausgeliefert sind, welche von Leuten ausgeht, die wie auch immer muslimisch glauben, ob sie schon länger hier leben oder vermehrt 2015 hier eingereist sind.  Wir haben es um Hass von Muslimen gegen Deutsche zu tun. Um Inländerfeindlichkeit großen Stils.  Dazu der verstärkende Effekt, wenn man auch Jude ist. Als Jude hat man schließlich das Privileg auch ohne deutschen Pass diskriminiert und bedrängt zu werden. Verwirrend das ganze. Soziologisch könnte man jetzt noch untersuchen, ob es sich ganz generell um Hass gegen jeden handelt, der irgendwie westlich und nicht muslimisch ist, oder welche Äußerlichkeiten als Voraussetzungen noch zusätzlich diesem Hass beflügeln. Agnostiker mit Struwwelhaaren oder glatzköpfiger Hindu, Jezide mit Hasenscharte oder was auch immer. Damit mag sich rumschlagen wer will. Die meisten Opfer sind jedenfalls Deutsche. Zurück zu Frau Dreyer. Da diese Dame diesen offensichtlichen antideutschen Rassismus nicht mal erwähnt, auf einen durch Gewalt kaum in Erscheinung tretenden ‘Rassismus’ der Deutschen gegen Muslime aber meint hinweisen und vor diesem warnen zu müssen (vor dem Mord an einer 15 - Jährigen Deutschen) stelle ich die Frage in den Raum, ob es sich bei dieser Verdrängung nicht selbst um offenen Rassismus, nämlich den gegen das eigene Volk handelt, um Autorassismus? Für mich ist diese Dame jedenfalls eine Kandidatin in ihrer Reihe der bedeutenden Denker und Denkerinnen des 21. Jahrhunderts. Ich finde eine Nominierung hätte sie sich verdient.  Ihnen und allen Machern sowie Lesern der Achse wünsche ich ein gutes und gesundes 2018. 

Elmar Schürscheid / 01.01.2018

Sehr gut Herr Broder, bei dieser Form der Rechtsbeugung klappt mir nur noch die Kinnlade runter.

Nele Werrmann / 01.01.2018

Mutmaße mal, das muß so aus der Epoche stammen, als der Täterschutz vorrangig dem Opferschutz wurde und der “Verdächtigte”, dank Presse-, Funk- und Fernsehneusprech sprachlich zum “Mutmaßlichen” mutierte.

Thorsten Helbing / 01.01.2018

Plädoyer an die Presse: Nennen Sie bei Tatverdächtigen Ross und Reiter soweit bekannt,bzw eine genaue Täterbeschreibung. Und dabei ist es völlig unerheblich ob es sich um einen weißen,roten,dem 3. Geschlecht oder sonstiger Minderheit in diesem Lande angehöriger Gruppe (Ethnie) handelt. Nur so lassen sich Spekulationen und wirklich unangenehme Gedanken vermeiden. Ja,ich schreibe das hier weil heute zum Jahreswechsel in meiner Stadt ein 12 jähriges Mädchen niedergeschossen wurde. Und ja,ich fühle mich fürchterlich,weil ein Gefühl der Ohnmacht Besitz ergreift von dem ich nicht glaubte das es möglich sei. Gleichzeitig erwacht aber meine Wut auf diejenigen,die dafür verantwortlich sind das ich mich so fühlen muss! Mein Sohn wohnt ganz in der Nähe des Tatorts. Wie soll ich da zur Tagesordnung übergehen? Wer weiß Rat?

Oliver Steik / 01.01.2018

Auf den Punkt gebracht. Es ist eine Posse, was sich sogenannte Sozialpädagogen erdenken. Der arme junge handelte so, weil er traumatisiert wurde/ist. Ich würde mal sagen, typisch deutsch. Irgendwie habe ich den Anschein man hofiert die Täter in Deutschland. Die Schuld allein trägt nur der Täter und sonst niemand, auch nicht deren Vergangenheit.

Kati Schmidt / 01.01.2018

Es gibt eine ganz schreckliche Internet Seite, nennt sich ZGI - zusammen gegen Intoleranz. Die nennen diesen Mord Unfall und wünschen beiden Familien - also der Opferfamilie und der Mörderfamilie - gleichermaßen viel Kraft. Wer versteht noch die Welt?

Klaus Suhr / 01.01.2018

Lieber Herr Broder, zunächst wünsche ich Ihnen ein gutes Neues Jahr -Sie haben das Glück, es zweimal begehen zu dürfen- und weiterhin eine spitze (auch Spitze, dann wohl Spitzen-) Feder. Ihre juristische Analyse zum „mutmaßlichen Täter“ , der mit dem Tatwerkzeug neben dem Opfer steht und sagt „Ich war‘s - was muß ich noch tun, damit „mutmaßlich“ verschwindet, ist genial! Das gilt auch für Ihre vorhergehenden Berichte, die ich mit größter Freude gelesen habe. Weiter so und beste Grüße. Klaus Suhr

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