Peter Grimm / 11.11.2018 / 15:00 / Foto: Superbass / 47 / Seite ausdrucken

Genossin Ministerin fordert Einschränkung des Wahlrechts

Die Bundesjustizministerin Katarina Barley (SPD) wird sicher immer noch von sich behaupten, Demokratin zu sein. Allerdings muss die Demokratie in ihrer Welt von der Obrigkeit stärker geregelt werden, wenn das Wahlverhalten der Untertanen den Vorstellungen der Partei- und Staatsführung von gesellschaftlichem Fortschritt hinterherhinkt. Dies hat sie uns dieser Tage verraten.

Ausgerechnet anlässlich des 100. Jahrestags des Frauenwahlrechts fordert die Genossin Ministerin eine staatlich geregelte Beschränkung des Wahlrechts. „Von der Regierungsbank aus schaue ich auf die Fraktionen von AfD, FDP und CDU/CSU. Da sitzt ganz oft ein Meer von grauen Anzügen. Der Frauenanteil dort beträgt zwischen 10 bis knapp über 20 Prozent. Das ist krass. Ändern wird sich das wohl nur durch ein neues Wahlrecht“, zitieren alle wichtigen deutschen Medien Barleys Kernaussage in einem Interview mit der „Bild am Sonntag“. Ihr mache es „echte Sorgen, dass wir gerade Rückschritte“ bei der Gleichberechtigung erleben, weil der Frauenanteil im Bundestag dramatisch auf rund 30 Prozent gesunken sei.

Ein neues Wahlrecht mit festgeschriebenen Quoten für die Kandidatenlisten aller Parteien? Das forderten bislang zuweilen die Grünen und forderten dies auch gelegentlich schon auf Landesebene. Die Umsetzung eines solchen Vorhabens scheiterte bislang allerdings immer an verfassungsrechtlichen Bedenken. Denn jedwede Quote schränkt das Recht auf freie und geheime Wahlen ein. Jeder Wahlberechtigte soll kandidieren dürfen, unabhängig von seinem oder ihrem Geschlecht. Auch den Parteien soll niemand vorschreiben dürfen, mit welchen Kandidaten sie auf welchen Positionen ins Rennen ziehen. Und ob die Wähler sich für eine Kandidatin oder einen Kandidaten aus Gründen der Geschlechtergerechtigkeit entscheiden oder ob es ihnen, unabhängig vom Geschlecht, auf andere Kompetenzen ankommt, sollte in einer Demokratie ausschließlich ihnen überlassen bleiben.

Noch vor wenigen Jahren hätte man einen solchen ministeriellen Interviewsatz als Lappalie abgetan. Doch heutzutage sollte er aufhorchen lassen, insbesondere, wenn er von keiner Geringeren als der Bundesjustizministerin kommt. Egal wie gut Quoten gemeint sein mögen, sie sind immer ein obrigkeitsstaatlicher Eingriff in ein demokratisches Grundprinzip. Parteien, Kandidaten und Wähler werden in ihren Rechten beschnitten.

Nach Art des preußischen Dreiklassenwahlrechts

Vielleicht sollte man der Justizministerin mal wieder einen Blick ins Grundgesetz empfehlen. Dort heißt es in Artikel 38:

„Die Abgeordneten des Deutschen Bundestages werden in allgemeiner, unmittelbarer, freier, gleicher und geheimer Wahl gewählt.

Sie sind Vertreter des ganzen Volkes, an Aufträge und Weisungen nicht gebunden und nur ihrem Gewissen unterworfen.

Wahlberechtigt ist, wer das achtzehnte Lebensjahr vollendet hat; wählbar ist, wer das Alter erreicht hat, mit dem die Volljährigkeit eintritt.“

Wer eine durch Quotierungsregelungen gelenkte Demokratie gutheißt, ist vom Geist dieser klaren Sätze mindestens so weit entfernt, wie es das preußische Dreiklassenwahlrecht war.

Würde tatsächlich irgendwann die erste gesetzliche Quote ins Wahlrecht eingeführt, dann sind die nächsten absehbar. Es gibt ja nicht nur Frauen, die sich dann im größten Bundestag aller Zeiten unterrepräsentiert fühlen könnten. Was ist mit den anderen Geschlechtern? Welches Geschlecht gilt überhaupt? Das biologische oder das gefühlte? Und dann kämen die Quotierer sicher auch alsbald auf den Migrationshintergrund. Andere könnten auf die Idee kommen, dass man den Anteil an Abgeordneten vergrößern müsste, der in seinem bisherigen Leben schon einmal selbst aktiv an der Wertschöpfung beteiligt war. Deren Anteil im Plenum dürfte geringer sein, als der der Frauen. Vielleicht würde sich auch eine Quote für Hochbegabte günstig auf die Entscheidungen des Deutschen Bundestags auswirken. Egal wie verrückt all das klingt, wer mit Quoten im Wahlrecht anfängt, wird bei solchen Fragen landen. Und natürlich bedarf es einer staatlichen Aufsicht, um die Einhaltung der Quoten zu überwachen.

Geschlechtszugehörigkeit als besonderer Befähigungsnachweis

Eigentlich ist das alles so irre, dass man glauben möchte, dieses ministerielle Wort zum Sonntag sei ein Fehlschlag gewesen, der jedem Menschen mal unterläuft und gnädiger Nichtwahrnehmung anheimfallen könnte. Aber heutzutage muss man fürchten, dass die Genossin Ministerin wirklich ernst meint, was sie da sagt. Wer mehr Frauen in politische Spitzenämter hineinquotieren will, muss in der Geschlechtszugehörigkeit irgendeine Art von besonderem Befähigungsnachweis sehen, sonst macht eine solche Regelung für das Land keinen Sinn. Aber für interessierte Amts- und Mandatsträgerinnen ist es natürlich schon hilfreich.

An die hat sich die Justizministerin ja auch gerichtet und CDU-Generalsekretärin Annegret Kramp-Karrenbauer aufgefordert, in Verhandlungen über eine Wahlrechtsreform einzutreten: „Das Wichtigste ist, dass sich Frauen dafür zusammenschließen. Das wird mit Grünen und Linken gehen. Aber auch die CDU-Generalsekretärin Annegret Kramp-Karrenbauer hat ein Paritätsgesetz ins Gespräch gebracht. Da nehme ich sie beim Wort. Ich bin jederzeit zu Gesprächen bereit.“

„Paritätsgesetz“ könnte dieser Angriff auf Grundfesten der Demokratie und einer freien Gesellschaft also heißen. Vielleicht kann man die Teilhabe verschiedener Bevölkerungsgruppen am parlamentarischen Entscheidungsprozess wirklich noch detaillierter regeln. Reicht es nicht auch, wenn die Wähler alle vier Jahre entscheiden, ob sie dem gerecht quotierten Bundestag in der vorgeschlagenen Zusammensetzung zustimmen oder nicht? Konsequent wäre das, kommt einem nur leider irgendwie so bekannt vor.

Dieser Beitrag erschien auch hier auf sichtplatz.de

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Andrea Bauer / 11.11.2018

Dass wir eine solche Regierung haben, spricht nicht für den Geisteszustand der "Untertanen", die diese ins Amt gewählt haben. Die einzigen, die geistig auf der Höhe sind, scheinen mir die AfD-Leute zu sein. Die wiederum sprechen folgerichtigerweise nur unangenehme Themen an, wie können sie auch anders, es gibt ja wohin man schaut nur unangenehme Themen. Tja, man kann nur zusehen und hoffen, dass die Regierung bald an die Wand fährt. Kurz zum Thema Frauenquote: Ich bin selbst ne Frau und sobald das Gespräch auf Frauenquote kommt, muss ich mal kurz raus. Diese Frauenrechtlerinnen sind nicht auszuhalten, ob sie die normale Frau repräsentieren, wage ich stark zu bezweifeln.

Wiebke Lenz / 11.11.2018

Frau Barley, habe ich Ihnen schon einmal mitgeteilt, dass ich nicht "positiv diskriminiert" werden möchte? Entweder ich kann meinen Job und erfülle meine Aufgaben/meine Verpflichtungen vernünftig oder eben nicht. Auch Art. 3 Abs. 3 des GG dürfte Ihnen bekannt sein: " Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden. Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden." (Wobei ich hier das besondere Augenmerk auf "bevorzugt" lenken möchte.) Und ich kann für mich nicht erkennen, dass ich bisher irgendwie in meinem Leben auf Grund der Tatsache, dass ich Frau bin, benachteiligt wurde bzw. werde. Ich denke nicht, dass hier dann auf den Abs. 2 des genannten Artikels verwiesen werden kann. Nicht zuletzt - wenn ich jemanden als "Vollpfosten" sehe, sage ich es ihm, ohne Rücksicht auf Geschlecht, Abstammung, Rasse etc. Das Eine hat mit dem Anderen nämlich nichts zu tun. Genau so erwarte ich, dass mir gesagt wird, wenn mich jemand widerlich findet. Alles andere hat keinen Sinn und man weiß dann, woran man ist.

Matthias Braun / 11.11.2018

"Dummheiten können reizend sein, Dummheit nicht."(Alberto Moravia)

Walter Elfer / 11.11.2018

Es sollte mehr als zu Denken geben, wenn eine Bundesjustizministerin solche Gedanken äußert. Maas war schon eine Nummer. Aber das topt hier noch.

Uwe Dippel / 11.11.2018

Geil! - zumindest mangelt es der SPD nicht an Personal. Naja, nicht unbedingt hat die SPD ein grosses Reservoir für geeignete Vorsitzende*, aber jede Menge Spitzenkräfte um die 5%-Hürde anzugehen.

Helmut Thomsen / 11.11.2018

Mehr Frauen und dann ist es besserDie SPD und v.a. die Grünen können ihre Frauenquote vorbildhaft sofort umsetzen. Um die fehlenden % Weibchen im Bundestag zu erreichen müssen sich nur einige ihrer Männer endlich bewusst werden, dass sie eigentlich Genderfluid sind und sich outen. Wenn ich mich da so umschaue ist es bei einigen auch schon geschehen. Das können die altbackenen und verbohrten bei der AFD und CSU, aufgrund ihrer zurückgebliebenen (aber bewährten) Entwicklung, leider noch nicht.Als Justizministerin fordert Frau Barley nicht geringeres als unsere bisher freien und gleichen Wahlen einzuschränken. Noch entscheidet jeder aus seinen guten, privaten Gründen und aus seiner Lebenssituation heraus frei ob er, sie, es oder irgendwas zur Wahl antritt. Vielleicht gibt es einfach auch nur banale aber gute!! Gründe warum weniger Frauen sich den Job Politik antun.

Wolfgang Richter / 11.11.2018

@ Marc Stark --- Danke, alles auf den Punkt gebracht, was dieser Quotendame bei ihrem Vorschlag an Zeitgeistlichem fehlt.@ Ruedi Tschudi --- Das haben die Sozen doch schon auf den Weg gebracht, indem sie diese Dämlichkeit mit der EU-Wahl kommenden Mai gen Brüssel entsorgen. Bis dahin hat sie ja noch etwas Zeit, sich beim 100%Schulz über die Feinheiten der Tagegeldabzocke informieren zu lassen. Ich bin sicher, daß sie diese eher verinnerlichen wird, als irgend was mit Demokratie. Hatte Schulz ja auch gerafft.

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