Ramin Peymani, Gastautor / 29.06.2021 / 14:00 / Foto: Imago / 23 / Seite ausdrucken

Generation „Schneeflöckchen“: Willkommen bei den Bravschafen

Immer häufiger stelle ich in Gesprächen mit jungen Menschen fest, wie verkorkst die Generation der seit der Jahrtausendwende Geborenen ist. Man kann dies für einen subjektiven, nicht repräsentativen Eindruck halten, weil der Kreis der Teenager, mit denen ich mich austausche, insgesamt doch recht überschaubar ist. Tatsächlich schlagen aber auch Psychologen zunehmend Alarm. Und das nicht erst seit Corona. Es ist eine Kohorte junger Menschen voller irrationaler Zukunftsängste herangewachsen. Natürlich war auch für frühere Generationen das Erarbeiten eines eigenverantwortlichen Lebens eine Herausforderung. Wer von uns sehnt sich nach der Zeit zurück, in der wir uns missverstanden fühlten und mit uns selbst oft nicht im Reinen waren? Später brachten uns die ungeklärten Fragen zum Start ins Berufsleben um den Schlaf.

Viele von uns erinnern sich mit gemischten Gefühlen an die plötzlich erworbene Freiheit, die im Umkehrschluss viele neue Entscheidungen erforderte, bei denen wir manch bitteres Lehrgeld bezahlten. Das sind völlig normale Sorgen beim Übergang ins Erwachsenenleben. Doch unsere Alltagsprobleme gingen viel weiter. Wir waren mit dem „Kalten Krieg“ konfrontiert, einer ganz realen Bedrohung. Der Wald drohte zu sterben und das Öl auszugehen. Sogar ein Kernkraftwerk explodierte. Die allermeisten von uns haben die Zeit der Unsicherheit und der Bedrohung gemeistert. Wir blieben neugierig auf die Zukunft und voller Tatendrang, obwohl das Panikorchester nach Kräften blies und trommelte. Wir hatten eine Jugend und wir hatten Kredit. Man nahm uns nicht immer für voll, aber man ließ uns machen. Und heute?

Jahrelange Erziehung mit dem totalitären Stilmittel der Angst

Kind sein ist out. Schon die ganz Jungen sollen nichts verpassen. So wollen es viele Eltern, so will es aber auch die Industrie, die Teenies längst als wichtigste werberelevante Zielgruppe entdeckt hat. Der Freizeitstress durch das Überangebot an Möglichkeiten und das Überkümmern der Helikoptereltern führt schon bei den Zwölfjährigen zu Symptomen, die dem in Mode gekommenen „Burn Out“ ähneln. Netflix, Instagram und Co. tun ihr Übriges dazu, dass junge Menschen nicht mehr zur Ruhe kommen. Zu viel ist eben zu viel, gerade für Heranwachsende, die noch nicht filtern können und denen daher die Fähigkeit fehlt, Prioritäten zu setzen. Als wäre all das nicht schlimm genug, sehen sich die Teenager unserer Zeit darüber hinaus einer ununterbrochenen Beschallung mit Hiobsbotschaften ausgesetzt.

Im Kita-Alter geht es zunächst einmal darum, sämtliche Kanten abzuschleifen. Stromlinienförmiges Funktionieren ist angesagt. Eine ganze Armee von Erzieherinnen und Lehrern soll sicherstellen, dass bis zum Ende der Grundschulzeit weltverbessernde Bravschafe herangebildet worden sind, denen anschließend das gewünschte Wertesystem eingebläut werden kann. Grundvoraussetzung hierfür ist das Austreiben jedweder Kritikfähigkeit. Zu diesem Zweck wird jeder Zweifel sanktioniert, ebenso die fehlende Bereitschaft, sich an Toleranzprojekten, Klimarettungen und Genderübungen zu beteiligen. Uniforme Zeitgeistsoldaten strömen an die Universitäten, wo sie ihr Repertoire perfektionieren, um die links-grüne Heilslehre von Deutschland aus in alle Welt zu tragen. Die jahrelange Erziehung mit dem totalitären Stilmittel der Angst führt bei so manchem Indoktrinationsabsolventen jedoch schon bald zu ernsten psychischen Krisen.

Lobbyisten und Politiker geben jungen Menschen Machtfülle

Heutige 20-Jährige glauben, der Klimawandel sei die größte Bedrohung der Menschheitsgeschichte, und halten es für demokratiegefährdend, die grünen Dogmen zu hinterfragen. Ihre Ängste drehen sich vor allem darum, bald in einer überhitzten Steppe ohne ausreichendes Trinkwasser zu leben, während das Abschmelzen der Pole immer mehr Küstenstädte verschlingt. Sie sehen sich durch abweichende Weltanschauungen bedroht und begreifen gar nicht, dass jene, die heute vermeintlich demokratisch regieren, ihnen bereits mehr Freiheiten genommen haben als jeder Generation zuvor. Sie blenden aus, dass der Wandel des Klimas nicht nur Nachtteile mit sich bringt, sondern auch Chancen bietet und der Entwicklung neuer Technologien den Weg bereitet.

Ebenso wenig verstehen sie, dass die Modelle, auf denen die Horrorszenarien beruhen, mit enormer Unsicherheit behaftet sind und es sich beinahe verbietet, von Wissenschaft zu sprechen. Mir tun sie unheimlich leid, diese jungen Menschen, und sie entfalten ein gefährliches Potenzial, weil ihnen Lobbyisten und Politiker eine Machtfülle geben, deren Verantwortung sie nicht gerecht werden können. Sie lassen sich vor den Karren gemeingefährlicher Organisationen spannen und dienen der Glaubensgemeinschaft neuzeitlicher Sekten als willfährige Marionetten. Dabei leiden sie selbst am meisten unter der arglistigen Panikmache, für die sie benutzt werden. Dies auch, weil ihnen Resilienz und Robustheit fehlen, die sie nur hätten erwerben können, wenn man sie dem wahren Leben ausgesetzt hätte, statt sie zu hofieren. Ich mache mir Sorgen um die Zukunft. Nicht wegen des Klimawandels oder wegen Corona, sondern wegen einer Generation, die Moral für Recht, Emotionen für Argumente und Fakten für rechtspopulistisches Störfeuer hält.
 

Dieser Beitrag erschien zuerst auf Ramin Peymanis Blog Liberale Warte.

Foto: Imago

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Leserpost

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Rainer Niersberger / 29.06.2021

Eine ebenso verständliche wie berechtigte Sorge, wobei sich auch hier der Eindruck aufdrängt, dass die Bedeutung und Folgen dieses Phänomens werde unterschätzt werden. Es ist eine Koplementaerphaenomen zu dem, was die Machthaber veranstalten, was letztlich zur gewollten Abschaffung der Demokratie und ihrer Kernelemenze von oben fuehrt. Die verständliche Frage, warum diese Gesellschaft nicht oder sogar jubeln auf den Totalitarismus von oben, mitunter sogar mit einem eigenen Rigorismus oder Totalitarismus reagiert, findet nicht zuletzt hier die Antwort. Damit ist zugleich der weitere Weg dieses Landes und seiner Gesellschaft klar, denn die unter anderen Verhältnissen Sozialisierten werden immer weniger. Die Feststellung, dass Vertreter dieser Jahrgänge mit grossen Kinderaugen reagieren, haeufig mit einer freundlichen Unverbindlichkeit, wenn man auf bestimmte Umstaende und Entwicklungen hinweist oder sie mit Widersprüchen konfrontiert, ist richtig. Diskussionen sind von vorneherein mangels Austausch von Argumenten voellig unmoeglich. Fakten werden a priori verweigert. Es sind die heute schon in jeder Hinsicht passenden Untertanen fuer den great reset oder die neue Weltordnung.

Wolf von Fichtenberg / 29.06.2021

Voll erfasst, Herr Peymani. - Oder so gesagt >> Das Aussergewöhnliche Und Meines Erachtens Nur Hochgradig Offensiv Creativ Hervorgebrachte.—Also kurz: Daumen Hoch.——Dazu ein Filmtipp: (Deutscher Titel: „Rebellion der Magier“, 2019, Originaltitel: „Abigal“) Aber: Besser nicht anschauen, bloß nicht,  denn dieser Film kommt aus dem „Reich des Bösen“; Russland. Und was man davon zu halten hat, das weiß man ja… nicht wahr… . In dem Film hört man sowas entsetzliches wie dieses (Monolog der Abigal): „(…) Verstehst Du das nicht? Wir leben nicht das Leben das uns zusteht. Du findest keine Arbeit, Du kommst kaum über die Runden (…) Wir haben doch nichts Falsches gemacht. Sie haben uns belogen, sie haben uns zum Schweigen gebracht und alle tun so, als wäre das völlig normal. Eine ganze Stadt voller Lügen. Aber wenn wir uns mit den Lügen arrangieren, befürworten wir sie und lassen so alles mit uns machen, verstehst Du? Frei ist derjenige der nicht lügt. (…)“ Und solche Hetze wollen Sie in ihrer bunten Seifenblase doch nicht ertragen, nicht wahr? Dann doch lieber als ein Schneeflöckchen im Zeitwind segeln und unbemerkt in einer Wehe vergehen…

Dieter Kief / 29.06.2021

“Dabei leiden sie selbst am meisten unter der arglistigen Panikmache, für die sie benutzt werden.” - Hoppla, Ramin Peymani, jetzt reden Sie selber wie eine Schneeflocke. Achtung, der Scheiß ist ansteckend!

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