Bei allem Verständnis über die Empörung muss man doch feststellen, dass diese Art “sexueller Verwahrlosung” in der Geschichte keineswegs einzigartig ist. Sie mag häufiger herrschende Schichten betroffen haben und im wesentlichen Ausdruck der männlichen Herrschaftsausübung über Frauen gewesen sein, aber gegeben hat es diesen Umgang mit Sexualität immer (wieder). Unser heutiges Verhältnis zur Prostitution hat sicherlich auch etwas mit der Entwertung von Sex zu tun, der Entheiligung des Geschlechtsakts weg von der fast sakramentalen Handlung mit dem Ziel der Zeugung hin zum kurzfristigen Vergnügen, das dank Empfängnisverhütung für die Frau nicht lebenslange Folgen haben muss. Wenn man sieht, wie beiläufig junge Leute über Sex kommunizieren, wie sie sich im “Tindergarten” treffen und sporadische Beziehungen zum Alltag gehören, wird klar, dass sexuelle Bindungen heute viel loser und unverbindlicher sind als früher. Das hat insbesondere Frauen enorm genützt. Wieviel davon wollen wir erhalten, was hat zuviele negative Folgen? Wir dürfen aus Empörung über negative Begleiterscheinungen jedenfalls nicht in Prüderie verfallen. Man wird davon ausgehen müssen, dass es Prostitution auch bei strengen Verboten weiter geben wird. Es geht also eher darum, wie sie stattfindet als darum ob. Für unsere Gesellschaft wird es für die Zukunft generell ein schmaler Grat zwischen der echten sexuellen Selbstbestimmung der Frauen auf der einen und der Restriktion durch feministische und muslimische Prüderie auf der anderen Seite, die beide im Gewand der Befreiung daherkommen.
Sehr geehrte Frau Sievers , ich freue mich sehr darüber , endlich einmal wieder einen Artikel gegen die populäre Banalisierung der Prostitution zu lesen. Sie wäre ja auch nur ein Beruf wie andere , jeder der für Geld arbeiten ginge prostituierte sich schließlich auch und so weiter. Eltern die das in Ordnung fänden , wenn ihre Tochter anschaffen ginge. Tatsächlich ? Selbstverständlich ist jedem vernünftigen Menschen bewußt , daß es immer Prostitution gegeben hat und wohl auch immer geben wird. Natürlich müssen Frauen , die dieser Tätigkeit nachgehen möglichst gut geschützt werden. Dennoch sollten Frauen im Leben andere Ziele haben , sollte es kein “Lifestyle” sein , sich zu prostituieren. Aber genau das ist das derzeitige Signal : Es ist in Ordnung. Es ist ganz gewöhnliche Arbeit , Sex-Arbeit halt. Sollen das auch meine Kinder denken ? Das Prostitutionsgesetz ist mal wieder eines jener Gesetze die Teil sind von jener Kraft , die stets das Gute will und stets das Böse schafft. Natürlich sind nun alle Frauen des Gewerbes selbstbewußt und selbstbestimmt. Der Zwang und die Ausbeutung durch Banden , Zuhälter , Mafia und Clans wurde ja “Par Ordre Du Mufti” aufgehoben. Die Gesetzgebung sollte nicht Einladend und Auffordernd sein , sie sollte den Zugang zur Prostitution erschweren. Es wird Zeit , daß die Gesellschaft die Diskussion darüber noch einmal aufnimmt. Das Deutschland zum Laufhaus Europas geworden ist , muß zum Nachdenken anregen. Es ist ein Trauerspiel.
Zitat: “Küsse, aber auch bestimmte sexuelle Praktiken (...) lehnt Ilans prostituiertes Alter Ego „Paula“ grundsätzlich ab. Um an dieser Stelle mal wieder eines der großen Rätsel um die Mythen über weibliche Sexualität zu lösen: Die meisten Frauen lehnen diese Praktiken ab…” Die meisten Frauen lehnen Küsse ab? Frau Sivers, diese Weisheit muss man leider unter Fake-News abbuchen.
Zitat: “sie zeigen eine sexuelle und psychische Verwahrlosung, die in der Geschichte der Menschheit bisher beispiellos ist.” Das stimmt definitiv nicht. In der Antike, insbesondere im römischen Reich, war Prostitution und jeglicher außerehelicher Geschlechtsverkehr in allen Varianten bei den Bürgern Roms noch weitaus verbreiteter als das, was geschildert wurde. Das Buch “Wie das Christentum die Welt veränderte” hat da sehr genau und wissenschaftlich fundiert aufgezeigt, dass wir sehr wohl in einer Zeit der spätrömischen Dekadenz leben. Die Menschenwürde, die Heiligkeit eines jeden menschlichen Lebens ist das aller wesentlichste, was das Christentum der Menschheit gebracht hat. Das manifestiert sich ganz besonders in der Liebe, denn die Liebe ist elementarer Bestandteil des jüdisch-christlichen Glaubens: die Liebe Gottes zu den Menschen wie auch die Liebe der Menschen untereinander. Der Einfluss des Christentums schwindet und daher verwundert es mich nicht, dass es sich so entwickelt. Im Übrigen ist der Islam an dieser Stelle das Gegenteil von “Hilfe”, denn dort wird die Prostitution in der Ehe religiös legitimiert, während Paulus und Jesus ganz klar den Auftrag an die Männer gibt, aus Liebe zu handeln, also die Würde der Frau zu achten. Dass der Mensch unvollkommen ist und es oft nicht klappt, kann man aber dem Christentum des Jesus und Paulus nicht vorwerfen.
Wenn der Feminismus der 3. Welle den Mädchen einhämmert, sie wären latente Opfer , und das bei quasi allem was mit einem Mann zu tun hat, verwundert es mich dann auch nicht, das dabei Selbstachtung flöten geht.
Es war mir immer schon ein Rätsel, was Männer zu Prostituierten treibt. Sex mit einer Person, die nicht wenigstens eben so viel Spaß daran hat wie ich, kann ich mir nicht vorstellen, das würde mich extrem abtörnen. Wie ekelhaft muss Mann sich danach fühlen…
Ich meine Schweden hat die Prostitution wieder illegalisiert und das Ergebnis war lt. Umfragen davor und danach, dass ein krasser Meinungswandel stattfand: Während davor die Mehrheit Hurerei normal fand, lehnte eine Weile nach der Entscheidung eine ebenso deutliche Mehrheit sie entschieden ab.
Ganz so einfach ist es nicht: Ich musste leider feststellen, dass eine Frau von mir enttäuscht war, dass ich ihr materiell bzw. finanziell als Partner nicht genug bieten konnte. Auch hörte ich die Meinung, von Frauen vertreten, dass der Mann beim Date gefälligst zu zahlen habe. Eine gewisse Eigenverantwortung liegt auch bei der Frau, ich finde es zu einfach, grundsätzlich zu behaupten, Frauen würden dieses Verhalten nur haben, weil männergemachte Umstände sie dazu zwingen. Und die alte Geschichte: Was macht diese schöne junge Frau bei dem reichen alten Sack? Warum nimmt sie nicht mich armen jungen Schlucker? Immer noch aktuell.
Prostitution war in Deutschland immer legal und meldepflichtig. Es gab in den 80er Jahren angeblich(Presse) 500000 Damen im Erotikgewerbe. Dann kam Wende und die Öffnung nach Osteuropa, der Markt wurde dadurch zusätzlich belebt.
Während dem Rest des Textes zuzustimmen ist, erscheint folgende Anmerkung der Autorin (bzw. die Studie, die sich die Autorin zu eigen macht) nun doch mehr als fragwürdig: “....dass Sex für Frauen alles andere als erfüllend ist; die Mehrheit bekommt regelmäßig keinen Höhepunkt, die Mehrheit täuscht ihn ebenso regelmäßig vor….” Erstens, was hat erfüllender Sex von Frauen (ob lesbisch oder heterosexuell) mit Prostitution (Sex als Dienstleistung) zu tun? Will die Studie, will die Autorin, implizieren, die “Mehrheit” der Frauen habe “generell” keine Lustgefühle? Hmmm… Zweitens, eine solche apodiktische Verurteilung oder Minimalisierung weiblicher Lust könnte auch christlich-jüdischen Ursprungs sein; leider ist vor allem das Christentum für die “Sünde” zuständig. Das Christentum ist kulturell für die Verdammung menschlicher Lust verantwortlich, und damit für jedes Leid, was mit dieser Verdammung von Lust als Sünde verbunden war und ist. Dritten, viertens, fünftens, vieles ist dazu zu sagen, und all das vermischt die Autorin mit dem separaten Thema der Prostitution. Es gibt Kulturen und Traditionen in anderen Teilen der Welt, die die menschliche Lust, auch die weibliche, als natürlich und schön betrachten und nicht mit gesellschaftlichen und gesetzlichen Tabus und Verboten einschränken. Jede Einschränkung hat auch etwas mit Machtausübung zu tun. Machtausübung beginnt, wenn man eigene Vorstellungen anderen Menschen zwangsweise zur Vorschrift machen will.
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