Thomas Rietzschel / 16.03.2020 / 10:00 / Foto: Achgut.com / 123 / Seite ausdrucken

Generalprobe zum Endspiel

Die Corona-Epidemie ist mehr, als sich die schulmedizinische Weisheit träumen lässt: nicht bloß eine gravierende Infektion mit tödlichen Folgen schlimmstenfalls, sondern eine „Bewährungsprobe“ nach der Diagnose von Merkel, Altmaier, Söder et alii debili. Mögen die Forscher auf der Suche nach den biologischen Ursachen in ihren Laboren versauern, für die Regierenden steht fest, dahinter muss, dahinter hat mehr zu stecken, als sich naturwissenschaftlich erklären lässt. Die Pandemie traf uns nicht wie der Blitz aus heiterem Himmel, vielmehr wurde sie uns auferlegt. Das gestrafte Volk muss sich „bewähren“. Es wird, so die wörtliche Rede der Kanzlerin, „auf eine Probe gestellt“, die es zu „bestehen“ hat. Übertroffen werde alles, was wir bisher erlebten. 

In verschiedenen Zeitungen, zum Beispiel im Darmstädter Echo vom 14. März, stand bereits: „Corona wird zur größten Bewährungsprobe seit dem Zweiten Weltkrieg für unsere freiheitliche Demokratie.“ Wem da nicht die Kinnlade runterfällt, den kann weder Tod noch Teufel erschrecken. Besagt der kurze Satz doch erstens, dass es sich auch beim Zweiten Weltkrieg um nicht mehr als eine „Bewährungsprobe“ handelte, verhängt über ein Land, bei dem es sich zweitens schon damals um „unsere freiheitliche Demokratie" gehandelt habe. 

Eine solche, wegen mir versehentliche Relativierung des historischen Verbrechens zum Zweck der Dramatisierung aktueller Gefahren wäre vermutlich nicht einmal Björn Höcke oder Fliegenschiss-Gauland eingefallen. Zu befürchten steht, das Corona-Virus könne nicht bloß die Atemwege befallen, sondern zugleich die geistige Substanz derer zersetzen, die uns versprechen, alles für die Eindämmung der Pandemie zu tun. 

Im Nebel auf Sicht

Dabei ist den politisch Handelnden nicht einmal vorzuwerfen, dass sie in der Sache nur dilettieren. Niemand kann Corona von heute auf morgen wegzaubern. Dies von der Regierung zu erwarten, wäre unbillig. Solange Ursachen und Funktionsweise der Infektion nicht erforscht sind, fahren die Krisenmanager notgedrungen im Nebel auf Sicht. Einschränkungen wie die Absage eines Fußballspiels oder die Schließung der Theater sind ohne Palaver hinzunehmen. Vorsichtsmaßnahmen, die heute geboten scheinen, mögen sich bereits morgen als sinnlos erweisen. Daraus ist keinem ein Vorwurf zu machen. 

Wohl aber macht sich der Staat verdächtig, wenn er die bedrohliche Situation nutzt, um das Volk an den Notstand zu gewöhnen. Sei es, dass er das öffentliche Leben lahmlegt oder mit sich widersprechenden Handlungsanweisungen in die Privatsphäre der Bürger eingreift. Man kann nicht dazu auffordern, soziale Kontakte einzuschränken, Oma und Opa ihrem Schicksal zu überlassen, und gleichzeitig appellieren, sich solidarisch zu verhalten. Wer das tut, schert sich nicht länger um die Vernunft. Er oder sie nutzen die Gunst der bösen Stunde zur allmächtigen Inszenierung der Obrigkeit. Auf der Agenda der Verteidigungsministerin steht bereits die Einberufung der Reservisten. Generalmobilmachung nannte man das früher, nicht zuletzt während der „Bewährungsprobe“ des Zweiten Weltkriegs. 

Natürlich ist jeder Staat verpflichtet, alles Gebotene für die Sicherheit der Bürger, der jüngeren und der älteren, zu tun. Auch muss er gerade in Krisenzeiten Rahmenbedingungen schaffen, die der Wirtschaft das Überleben erlauben. Nur sollten sich die Staatsdiener dabei nicht mehr herausnehmen, als ihnen zusteht. Wenn Scholz, Altmaier oder Merkel jetzt die freigiebigen Majestäten heraushängen lassen, ist das kaum mehr als ein lächerlicher Akt spätfeudaler Anmaßung. Dafür ist die Lage zu ernst!

Dramatisierung der Lage zur Überhöhung der eigenen Existenz als Krisenmanager 

Der gönnerhafte Gestus – „Wir werden Unternehmen nicht im Stich lassen“ – steht weder dem Finanz- noch dem Wirtschaftsminister zu. Ist doch der Staat an sich, ungeachtet der Notwendigkeit seines Wirkens, auch eine parasitäre Institution, selbst nicht wertschöpfend. Was er den Unternehmen und ihren Mitarbeitern jetzt an Steuererleichterungen und Beihilfen in Aussicht stellt, kommt aus dem Topf, den die Bedachten zuvor selbst gefüllt haben. 

Kein „Kapitalist“, kein Angestellter, kein Arbeiter schuldet der Regierung dafür Dank. Wo ihre Anführer mit der Inszenierung betulicher Fürsorge den gegenteiligen Eindruck erwecken, ist ihnen zu misstrauen. Auch in Krisensituationen bleiben sie, was sie von Amts wegen sind: Angestellte der Steuerzahler. Auch unter den bedrohlichen Umständen der Corona-Epidemie darf man von ihnen mehr erwarten als die Verkündung einer „Bewährungsprobe“ für das Volk. Nüchtern unaufgeregtes Handeln und sachliche Aufklärung nach dem Stand der Erkenntnisse – keine medial befeuerte Dramatisierung der Lage zur Überhöhung der eigenen Existenz als Krisenmanager. 

Es bleibt der Verdacht, dass die Corona-Epidemie unversehens zum Entertainment mutiert: zu einer Probe des Endspiels.

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Leserpost

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Andreas Stueve / 16.03.2020

Angestellte der Steuerzahler. Das genau, sehr geehrter Herr Rietzschel, haben zu aller erst die Angestellten aber auch die ” arbeitgebenden” Steuerzahler vergessen. Zeit, dieses Verhältnis wieder zu diskutieren. So wie Sie das eben anregten.

Rainer Niersberger / 16.03.2020

Aeussersr verdächtig ist die Naehe zu religiöses konnotierten Begriffen oder zu den Formeln, die im Zusammenhang mit Ideologien, Strafe, Busse und Auserwaehltsein fuer was auch immer verwendet werden. Frei nach dem Motto, dass am Ende dieser (göttlichen) Prüfung nicht die Starken, wie früher, sondern die mit der richtigen Haltung und Gesinnung ueberleben, nicht die aelteren weissen Herren also, sondern die (merkel) glaeubigen, hirngewaschenen, infantil! gebliebenen Menschen reinen Gemuetes. Die Pastorentochter und vermutlich Lutherfan kann sich einfach nicht freimachen von diesen Anlehnungen, waehrend die linkstotalitaeren Ungläubigen ihren Etatismus pflegen, das Bild des guetigen und allmächtigen Staates. Leider wird es aber auch hier nicht wenige JublerInnen, medial gefordert, geben, deren Gehirn ihnen am Ende auch Corona als Strafe fuer vormals begangenes Unrecht erzählt und Merkel bleibt die Beste. Leider kommt auch dieser Artikel nicht ganz ohne hier voellig ueberfluessige “Erinnerungen” an Aussagen von AfD-Funktionären aus, woraus sich der Eindruck ergibt, dass bei jeder auch noch so unpassenden Gelegenheit zugleich auch die einzige Alternative sacich unnötig und partiell auch falsch stigmatisiert werden soll. Das senkt bedauerlicherweise das Niveau. Man sollte beim Thema und den, aufgepasst :allein Verantwortlichen bleiben.

Frank Holdergrün / 16.03.2020

Wenn das Volk die Probe der BK nicht besteht, dann war es nicht das ihre. Gerne darf die Führerin dann in Somalia oder einem anderen orientalischen Land ihrer Wahl antreten, um würdigere Völker zu finden, die bedingungslos Kulturfremde aufnehmen. Man hofft, dass ihre erklärungsarme Politik dann auf fruchtbareren Boden fällt, vielleicht stehen ihr dort religiöse Texte zur Seite und sie kann erfolgreich zum Singen und Flöten von heiligen Liedern aufrufen.

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