Norbert Bolz, Gastautor / 04.01.2022 / 12:00 / Foto: iihs.org / 51 / Seite ausdrucken

Gender für Dummies

Den weiblichen Männern und den männlichen Frauen gehört ja jetzt schon die Welt. Wäre es da nicht im Sinne des Zeitgeists der „Diversity“, den Menschen, die in den traditionellen Geschlechterrollen leben wollen, eben dies zu gönnen?

Da es mittlerweile unendlich viele Lehrstühle für Gender Studies gibt, könnte der Eindruck entstehen, es handle sich hier um ein komplexes Forschungsgebiet, das nur Spezialisten zugänglich ist. Im akademischen Betrieb haben sie sich als eine Art Voodoo Science etabliert, die mit Begriffen wie „Phallogozentrismus“ zaubert. Doch das, worum es eigentlich geht, kann man auch ganz einfach erklären. Es gibt kaum jemanden, der bestreitet, dass es Männer und Frauen gibt. Das ist ein biologischer Unterschied, der so fundamental ist, dass er schon die frühesten gesellschaftlichen Ordnungsschemata geprägt hat.

Ganz anders aber steht es um den Unterschied zwischen männlich und weiblich. Das ist kein biologischer, sondern ein sozial-kultureller Unterschied, den man mit jenem biologischen nicht einfach gleichsetzen kann. Wissenschaftler sagen dann gerne, dass diese beiden Unterschiede „orthogonal“ zueinander stehen. Das heißt zu Deutsch, dass sie vier Felder bilden, nämlich männliche Männer, männliche Frauen, weibliche Männer und weibliche Frauen. Zwei dieser Felder gelten als reaktionär, die beiden anderen als progressiv und emanzipatorisch. Die „reaktionären“ bringen also die biologische und die sozial-kulturelle Unterscheidung zur Deckung; die „progressiven“ verknüpfen sie über Kreuz.

Die Kürze dieser Glosse gibt mir die Lizenz, in der Charakterisierung dieser vier Gruppen auch ein wenig mit Stereotypen zu arbeiten. Die männlichen Männer nennt man gerne „Machos“; sie verstehen sich als Einzelkämpfer in der gesellschaftlichen „Wildnis“ und sorgen für den Unterhalt der Familie. Sie haben ein positives Verhältnis zu Risiko und Wettbewerb, und das Kainszeichen auf ihrer Stirn ist der Stolz. Die männlichen Frauen sind meist Karrieristinnen, sie neigen zum Feminismus und verzichten im Zweifelsfall auf Kinder. Man erkennt sie oft daran, dass sie kurze Haare und einen Anzug tragen. Die einfachste Form der Karriere bieten ihnen eben die Gender Studies.

Die weiblichen Männer hießen früher „Softies“ und sind jetzt zu „neuen Männern“ aufgewertet worden. Sie gelten als „achtsam“ (was immer das heißen mag), verstehen sich selbst als Teamplayer, sind für die Frauenquote und kämpfen gegen „Sexismus“. Die weiblichen Frauen rubrizierte man früher gerne unter den drei Ks: Kinder, Küche, Kirche. Gemeint ist also die Hausfrau und Mutter, die sich in der traditionellen Geschlechterrolle gefällt. Zu diesem Feld gehören aber auch die meisten gutaussehenden Frauen, die auf die Magie des Weiblichen und die aufmerksamkeitsökonomischen Vorteile ihrer Schönheit nicht verzichten wollen.

Zum Neuen Jahr nun ein Vorschlag zur Güte: Den weiblichen Männern und den männlichen Frauen gehört ja jetzt schon die Welt (zumindest die westliche). Wäre es da nicht im Sinne des Zeitgeists der „Diversity“, den Menschen, die in den traditionellen Geschlechterrollen leben wollen, eben dies zu gönnen? Wie wäre es mit einem Minderheitenschutz für männliche Männer und weibliche Frauen? Also für die Lebensformen, die vor fünfzig Jahren noch die Normalität selbst waren.

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Marc Greiner / 04.01.2022

All diese Randgruppen, alle zusammen, inkl. Homosexuelle, machen nur etwa 1% aus. Wenn 99% spinnen können die 1% machen was sie wollen. Wir sind über die Nicht-Diskriminierung schon längst hinaus. Hier geht es um Dominanz und einen radikalen gesellschaftlichen Umbau.

Dieter Kief / 04.01.2022

Dass weiblich und männlich nicht biologisch zu verstehen seien, erschließt sich mir nicht. Nicht nur biologisch. Klar. Das gilt aber in abgespeckter Form auch für die Ausdrücke Männer und Frauen: Die eigentlichen Männer seien in diesem Fall die Frauen gewesen - oder die Weiber waren die Kerle, die Männer waren wie Frauen usw…. - das sind deutsche Sätze, die durchaus Sinn haben. Davon abgesehen: Man wird sich arrangieren müssen, so oder so.

B. Dietrich / 04.01.2022

»Also für die Lebensformen, die vor fünfzig Jahren noch die Normalität selbst waren.« Nee, nee, die waren schon die letzten mindestens 1 Mio. Jahre Normalität. Jetzt sind mal die anderen Lebensformen (oder Existenzen?) für die nächste Mio. dran. Das ist nur gerecht. Und für Gerchtigkeit kämpfen gerade Herr Eskens und Frau Walter-Borjans! Deshalb SEPD!

Gudrun Meyer / 04.01.2022

Lieber Herr Bolz (für Sie ja die richtige Anrede), Sie erwarten doch wohl nicht im Ernst, dass Gender"forscher:innen” und deren Zuhörerschaft:in, die unbeirrt von Realitäten gegen eine weiß und männlich diktierte “heteronormative, durch und durch rassistische Gesellschaft” “kämpfen”, auf einmal die Toleranz besäßen, die dazu gehörte, “männlichen Männern und weiblichen Frauen” ein Recht auf ihren Lebensentwurf zuzugestehen. Sie verlassen sich darauf, dass männliche Männer und weibliche Frauen heterosexuell und sozial belastbar bleiben: konkret: die Kinder zeugen, gebären und aufziehen, deren wirtschaftliche Leistung Luxusphänomene wie die Genderei möglich macht. So einfach ist das.

Jan Meier / 04.01.2022

Lieber Herr Bolz, da haben Sie etwas noch noch nicht richtig verstanden. So wie es keinen Rassismus gegen Weiße geben kann, so kann es auch keinen Minterheitschutz für männliche Männer und weibliche Frauen geben. Ist doch klar oder? Sie müssen noch lernen, Ihren gesunden Menschenverstand mal beiseite zu lassen. Und kommen SIe bitte nicht mehr mit “Normalität”. Es gibt doch jetzt eine “neue Normalität”.

Bernhard Maxara / 04.01.2022

Der Feudalismus wußte, daß der “Zu-kurz-Gekommene” sofort nach der ganzen Hand greift, wenn man ihm den kleinen Finger reicht. So viel zu Ihrer berechtigten Schlußfrage! - So ist es auch nicht wahr, daß “der Blinde unter Einäugigen der König” ist, wie das Sprichwort beschönigt; im Gegenteil, die Blinden werden sein Sehen für Torheit ausgeben, wenn sie ihm nicht gleich das einzige Auge ausreißen…

Harald Unger / 04.01.2022

Unsere tägliche Gender Anekdote gib uns heute - und führe uns nicht in Versuchung. Also jemals auf die Idee zu kommen, jenseits von Empörung & Psychologisieren, die politische (d.h. die politische) Absicht der Meta-Mechanik dieser Zurichtungs-Methode offenzulegen.

Bernd Hoenig / 04.01.2022

Minderheitenschutz? Klingt wie eine gute Idee, danke, doch auch als Angehöriger jener Minderheit denke ich nicht daran, mich diesen zwar akustisch starken, doch mental schwachen Moderegenten zu beugen.

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