Claude Cueni, Gastautor / 18.09.2021 / 10:00 / Foto: Fabian Nicolay / 19 / Seite ausdrucken

Geld arbeitet nicht? Doch!

„Es gibt tausend Möglichkeiten, sein Geld auszugeben, aber nur zwei, Geld zu verdienen. Entweder wir arbeiten für Geld, oder Geld arbeitet für uns.“

Wer hat das behauptet? Bernard Baruch (1870–1965). Der US-amerikanische Financier begann seine berufliche Laufbahn als Börsenbroker. Noch vor Erreichen des 30. Lebensjahrs war er ein vermögender Mann, mit 40 der ungekrönte „König der Wall Street“, mit 50 ein bedeutender Philanthrop (dank dem Kapital, das er arbeiten ließ).

Solche Geschichten erwecken den Eindruck, der Aktienmarkt sei Gambling für Reiche, und man verdiene das Geld im Schlaf. Es gibt zwar den computergesteuerten Hochfrequenzhandel, aber in der Regel braucht es interdisziplinäres Wissen, um an den Finanzmärkten erfolgreich zu sein. Das Aneignen von Wissen ist zeitintensiv und setzt Arbeit voraus. Dagobert Duck gibt es nur im Comic.

Heute fressen Negativzinsen (und morgen die zu erwartende Inflation) unser Erspartes auf. Zur Sicherung der Altersvorsorge muss man zwingend sein bereits als Einkommen und Vermögen versteuertes Geld arbeiten lassen. Der eine braucht viel, der andere wenig. Wer in den 1980er-Jahren für 3.500 Dollar Apple-Aktien kaufte, ist heute Millionär, auch wenn er ein Leben lang als Briefträger unterwegs war.

Die Welt wird durch Umverteilung nicht dauerhaft besser oder gerechter. Wir kennen alle die Geschichten von Geschwistern, die zu gleichen Teilen geerbt haben. Die einen verprassten ihren Anteil, die anderen vermehrten ihn. Superreiche haben stets die Möglichkeit, umgehend ihre Koffer zu packen. Hat man sie einmal verscheucht, bezahlt der Mittelstand den Steuerausfall mit höheren Abgaben, und der Standort Schweiz bleibt auf Jahre hinaus ramponiert. Man nimmt die Superreichen ins Visier, trifft aber KMU und Normalverdiener, die um 6 Uhr morgens aufstehen.

Neid ist ein schlechter Ratgeber, gefragt ist Pragmatismus. Auch wer astronomisch anmutende Einkommen und Vermögen abstoßend findet, sollte nicht vergessen, dass die 1 Prozent Superreichen 43 Prozent der Bundessteuer bezahlen.

Geld arbeitet nicht, wir schon? Ein klar ausformulierter Initiativtext hätte tatsächlich Arbeit bedeutet. Die 99-Prozent-Initiative ist ein Überraschungsei, Populismus aus Entenhausen.

Anmerkung für Leser aus Deutschland und Österreich:

Die Schweiz stimmt am 26. September 2021 über die Volksinitiative „Löhne entlasten, Kapital gerecht besteuern“, ab, kurz „99%-Initiative“ genannt. Die Initiative der Jungsozialisten (JUSO Schweiz) verlangt, dass Kapitaleinkommen 1,5-mal höher zu besteuern sind wie Arbeitseinkommen. Die JUSO wirbt mit dem Slogan: „Geld arbeitet nicht. Wir schon.“ Für Spott sorgte die Aussage von SP-Präsident Cédric Wermuth, er setze sich für Menschen ein, die jeden Tag um acht Uhr morgens aufstehen müssen.

 

Claude Cueni (65) ist Schriftsteller und lebt in Basel. Er schreibt jeden zweiten Freitag im BLICK, wo dieser Beitrag zuerst erschien. Zuletzt erschienen bei Nagel & Kimche „Genesis – Pandemie aus dem Eis“ und „Hotel California“.

Foto: Fabian Nicolay

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Leserpost

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Walter Weimar / 18.09.2021

Neid, das ist Deutsche Leitkultur. Gar ein Mindesteinkommen für Nichtstuer, unmöglich. Denunzieren, anschwärzen, sozialneid - eine deutsche Tugend. Die Frage ob schon immer oder erst neu ist rein philosophisch. Die Reichen würden es wahrscheinlich als ehesten ändern wollen, schlieslich fahren sie über die gleichen schlechten Straßen.

Claudius Pappe / 18.09.2021

Man schaue sich mal das Tabakimperium Reemtsma an, wie die im dritten Reich zu ihrem Reichtum gekommen sind. 28 00 Zwangsarbeiter schufteten in der Ukraine für Wasser und Brot für die Großväter der Luisa Neubauer und Carla Reemtsma.  PS : Mir sind 100 Millionäre lieber als 100 000 illegale Grenzübertreter. Nur Millionäre wie Niedecken, Bela B., Sebastian Vettel, Phillip Lahm, Jo( sepfh) Kaeser, Grölemeyer und Co., die mir sagen, wie ich wählen und leben soll, die können mich mal…....

Thomas Brox / 18.09.2021

Hervorragender Artikel. ++ (1) Wie die letzten 100 Jahre gezeigt haben: Marktwirtschaft bzw. Kapitalismus ist klar besser als Planwirtschaft bzw. Sozialismus. ++ (2) Besser ein paar tausend Milliardäre als ein Millionenheer von Beamten, vor allem deutsche Beamte. Milliardäre sorgen dafür, dass ihr Kapital effizient eingesetzt wird, also Wertschöpfung, Innovationen und Arbeitsplätze generiert. (3) Der Staatsapparat, der durch zwangsweise abgepresste Abgaben unterhalten werden muss, steht außerhalb des Leistungsprinzips, außerhalb der marktwirtschaftlichen Rückkoppelung/Steuerung durch Belohnung (Profit) und Strafe (Pleite). Das führt automatisch zu Ineffizienz, Aufblähung, Schmarotzertum und in Folge zu Autokratie und Sozialismus. Das typische Problem der Wohlfahrtsstaaten - ganz schlimm in EU/Deutschland. (4) Wirklich wichtig für den Durchschnitt der Gesellschaft ist der pro Kopf Output der Volkswirtschaft. Die Vermögensverteilung ist relativ unwichtig. Es ist besser mit einer ungleichen Vermögensverteilung einen hohen Output zu generieren, als mit einer scheinbar(!!) gleichen Vermögensverteilung für große Teile der Bevölkerung Armut und Unterdrückung zu generieren (wobei der Staatsapparat sich immer selbst privilegiert). ++ Gedankenexperiment: Wir enteignen die 50 erfolgreichsten Unternehmen der Eurozone und übergeben sie der EU-Bürokratie (oder der deutschen Bürokratie). Nach zehn Jahren sind die Unternehmen herunter gewirtschaftet, während sich die Anzahl der “Verwalter” verdreifacht hat. ++ Mir ist auch klar, dass ein gewisses Maß an staatlicher Regulierung notwendig ist. Aber wie hält man das System auf Dauer leistungsfähig? ++ Wie das Wahlverhalten zeigt, bekommen die Deutschen den Sozialismus, den sie so inbrünstig wünschen. Die Deutschen verabscheuen zutiefst die bürgerliche liberale Leistungsgesellschaft. Nach der Wahl wird den Deutschen ihr geliebter “Staat” zeigen, wie “Gleichheit” und “Gerechtigkeit” funktioniert.

Johannes Schuster / 18.09.2021

Wer es in der Schweiz nicht zu Geld bringt wird SP, wer es in der SP zu Geld bringt wird Philanthrop, damit die Sache nicht anrüchig wird. Ist zwar viel Klischee, was ich da kommentiere, es hat aber was, daß die Debatte um die Vermögenden immer unter Neid geführt wird. Wenn ein Reicher sein Vermögen als soziale Aufgabe verstünde und ein Linker seine Blödheit eben kein Vermögen zu erwirtschaften einsähe, dann könnte man sich ja mal auf einer vernünftigen Wirtschafterei ohne Moral einigen. Diese Initiative ist wie ein Kindergarten: “Schau mal, der Laurin hat mehr im Milchglas, geht ja gar nicht…”. Reiche besteuern heißt das totale Vermögen eines Landes ausschaffen und übrig bleibt sowas wie Deutschland oder Kuba. Es ist nicht sozial und demokratisch schon gar nicht, wenn es nur darum geht das Holz zu zerkauen auf dem der Wohlstand des Protestes ruht. Die Schweiz hat zwar gewisse Kreise, die die Schweiz EU - reif ruinieren wollen, das sollte man aber mal rausstellen, daß es dem Bundesrat darum geht, die Schweiz solange zu schwächen bis man ein Argument hat in die Solidaritätstuba zu blasen um sich der EU an die Euter zu schmeißen. Und wenn man Schengen nicht will, dann soll man das ehrlich sagen und nicht zu alten Grenzkontrollen mit einem Virus-  game - made in China kommen. Nein und es ist nicht intelligent, wenn man den Deutschen alles nachmacht und nicht jedes Abendkleid der deutschen Politik ist sexy.

PALLA Manfred / 18.09.2021

+ + + ... oder aber: “Für die REICHEN ist das LEBEN ein SPIEL, für NARREN eine KOMÖDIE, für WEISE ein TRAUM und für die ARMEN eine TRAGÖDIE”  !?!  ;-)

T. Weidner / 18.09.2021

Die 1 Prozent Superreichen, die 43 Prozent der Bundessteuer bezahlen - holen sich dieses Geld über die Umverteilung von Unten nach Oben mit Zins und Zinseszins wieder zurück. Sicher nicht alle, aber viel zu viele…

Wilfried Düring / 18.09.2021

‘Die JUSOs werben mit dem Slogan: >> Geld arbeitet nicht. Wir schon .<<’  Das nenne ich intelligente Satire. Ich will den Schwyzer-Jusos nicht zu nahetreten. Aber dem deutschen Jusos-Führer Kühnert (‘Kevin’) kann man sicher vieles nachsagen. Nur eines ganz gewiß nicht: das der Bursche schon mal irgendwann einer ehrlichen Arbeit nachgegangen ist. Kühnert ist das lebendige und abschreckende Beispiel vom Niedergang der SPD. Von einer Arbeiterpartei zu einer Partei der Arbeitsscheuen. SPD-Rentner z. B. in den Ortsvereinen des sterbenden Ruhrgebietes (Essen, Gelsenkirchen, Duisburg), die noch ein Leben lang den Buckel krumm gemacht haben, bitte ich um Verzeihung.

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