In Frankreich versuchte man bereits in den 80ern und 90ern die Bürger per Fernsehen und Kino zu erziehen. Der Inhalt der Botschaft, die in Film und Fernsehen rüberkommen sollte, war meistens deutlich herauszulesen : Hin zu Toleranz gegenüber Anderen. Das ist ja auch ein hehres Ziel, hört sich gut an,, bleibt aber eben Erziehung. Und in Frankreich haben es die Leute satt, erzogen zu werden. Zum Guten überredet zu werden, indoktriniert zu werden. Ausgeübt wird die Erziehung von dieser linksliberalen Pariser Elite, die den gemeinen Provinzfranzosen zu einem toleranten, vorurteilsfreien Wesen formen möchte. Denn auch der französische Intellektuelle misstraut dem einfachen Volk. Teilweise reagiert das Volk auf diese Arroganz, indem es Le Pen wählt, oder wie vielleicht jetzt, indem es sich gelbe Westen anzieht. Die Franzosen spüren eine Manipulation, die sie teilweise nicht in Worten beschreiben können, die jedoch latent ständig vorhanden ist. Und von Zeit zu Zeit revoltieren sie gegen diese. Es genügt dazu ein Anlass. Was und wohin sie dabei genau wollen, wissen sie womöglich selber nicht so genau. Es kommt wohl eine Wut zum Ausdruck, wie bei Menschen, an denen ständig herumgenörgelt und „herumerzogen“ wird und die dazu lange schweigen. Irgendwann bricht es dann aus ihnen heraus. Dann werden sie ungemütlich.
Alles ist genau umgekehrt. Es wird gegen das immer totalitärere Züge annehmende Polkt-Klima demonstriert. Nein, nicht von autoritären Rechtskräften, sondern von breit aufgestellten Menschen, die von diesem autoritären Gegängel, den ständigen Verordnungen und der Gross-Abzocke genug haben. Es ist ein breiter Protest gegen die autoritären links-faschistischen Zumutungen, die auch noch behaupten für das Gros der Bevölkerung zu sprechen. Ganz genau wie in “Schöne neue Welt”. Alles ist umgekehrt.
Die politische Klasse begreift sich als eine Form von Neuadel. Um die eigenen Privilegien vor sich selbst zu rechtfertigen, muss ein Bewusstsein der Überlegenheit entwickelt werden, sowohl in intellektueller als auch moralischer Hinsicht. Das Ergebnis ist eine Mischung aus dünkelhaftem Wohlwollen und erboster Arroganz. Zu viele Politiker benehmen sich wie überforderte Eltern, die von der Undankbarkeit des eigenen Nachwuchses enttäuscht sind und sich darüber beklagen, dass die Kinder einfach nicht begreifen wollen. Macron ist ein Musterbeispiel. Daher wirkt die Politik dann oft wie der Versuch von Erziehung: Drohung von Strafe gemischt mit der Aussicht auf Belohnung bei genehmem Verhalten. Mitsprache des als unmündiges Kind begriffenen Bürgers ist nie ernsthaft ein Faktor; das wäre ja „verantwortungslos“ und würde das eigene Selbstverständnis in Frage stellen. Es wird bestenfalls ein Anschein von Mitsprache erweckt, in der Form von medial gelenkten „Debatten“, deren Ergebnis aber von vornherein feststeht.
Es gibt eigentlich nur eine Erklärung für das, was sich derzeit -nicht nur in Frankreich- abspielt. Es ist das Siechtum der Demokratie. Einer Demokratie, die vor allem der westlichen Welt nach dem Zweiten Weltkrieg Prosperität und Frieden gebracht hat. Eine Demokratie, die unsere Politiker immer noch wie eine Mostranz vor sich hertragen, sie in Fakt aber immer weiter eliminieren. Sei das durch immer mehr supranationale Vereinigungen und NGO’s, die in keiner Weise demokratisch legitimiert gegen den Willen des Bürgers agieren. Oder sei es durch einen selbstherrlichen, an Recht, Gesetz und am Bürger vorbei praktizierten Regierungsstil, der für alternativlos erklärt wird. Die Folgen dieser Politik werden immer offensichlicher, besonders in Europa. Die EU hat sich zu einem bürgerfernen und undemokratischen Monster entweickelt und ihre Protagonisten ignorieren diese Entwicklung. Im Gegenteil, statt die EU zu reformieren, wollen die maßgeblichen Poitiker in Deutschland, Frankreich und in der Kommission diesen Missstand noch vertiefen. Hier, vor allem in Frankreich, spielen die Bürger nicht mehr mit, weil sie sehen, dass Demokratie immer mehr zur Diktatur wird.
Eine Revolution bedarf nur der Wut, eines Symbols und einem Ziel. Wie in Frankreich 1789 oder Russland 1917: Hass auf den König, den Jacobinerhut, die Republik. Oder, in zweiten Fall: Kriegs-Nöte, Roter Stern, Kommunismus. Solche Dreieinigkeit wird auch in Frankreich Folgen haben. Kommt die Erkenntnis, dass die EU in jetziger Form keine Zukunft hat ? Weil sie keine demokratische Legitimation hat, bloß ein , inzwischen verkrustetes, Regierungen-Projekt war. Das Seefahrer-Volk , England, verläßt noch rechtzeitig ein sinkendes Schiff. Deutschland ist das Deck dieses Schiffs, bildlich.
Inhaltlich trifft Macrons Kritik ins Schwarze: Es ist unsinnig mehr Gehalt zu verlangen bei weniger Arbeit, mehr Sozialleistungen bei weniger Steuern. Das typisch mediterrane Palliativ einer schwachen Wirtschaft, die Abwertung, steht derzeit nicht zur Verfügung. In der Substanz krankt die französische Wirtschaft an zwei Tabuthemen: 4 Millionen unproduktive Nordafrikaner sowie 60 Millionen unproduktive Einheimische.
„Hey, uns gibt’s auch noch, und wir wollen mitreden“. Hier unterliegt der Autor einem Irrtum. Unpolitische oder von Politik und politischen Vereinen nicht inszenierte Demos oder Aktionen sind kurzzeitiges Aufbegehren eines Teil der Gesellschaft, die die Demokratie noch nicht verstanden haben. Man wählt welche, die die Politik machen, der Wähler hat damit seine Pflicht getan. Wenn der Wähler und Bürger über seine Wahl hinaus aktiv mitreden will, kann er sich in Parteien, politischen Vereinen und dergleichen organisieren und mitbestimmen. Alles andere ist Phantasterei von direkter Demokratie per Volksabstimmung über jeden auszugebenen oder einnehmenden Cent, was einer Pseudoanarchie gleicht. Umkehrschluss ist den Wahlen fernzubleiben, um Politik zu beeinflussen (siehe DDR und die gefälschten Wahlergebnisse). Ohne ausreichende Wahlergebnisse kann sich niemand auf Dauer halten, weil kein Rückhalt. Da dieser Umkehrschluss in einer funktionierenden Demokratie keine Wirkung zeigen kann - weil zu wenig Unzufriedene - fällt diese Option aus. Modernes Problem sind BlackRock und Co., die über den globalen Markt und Märkte massiv spekulieren und Staaten, Völker und Gesellschaften in den Ruin treiben. Das Dumme daran: die Gelbwesten müssen wegen der Nullzinspolitik und der fehlenden, staatlichen Rentenabsicherung über BlackRock und Co. ihre Altersvorsorge ansparen. Deshalb suchen linke und halblinke Parteien und Politiker eine gesellschaftspolitische Nische für ihre Daseinsberechtigung und exkrementieren uns mit albernen Dieselfahrverboten und sogenannten Windenergieparks zu, weil es eine Katastrophe sein soll, wenn Klima sich ändere.
Der gute Artikel postuliert die Technokratie als Gegenwartsbeschreibung. Das aber ist irreführend. Nicht die Technik, auch nicht die Organisationstechnik (Bürokratie) gibt die Richtung vor, sondern die Ideologie. Macron handelt nicht als einer, der die Maschine der Gesellschaft gut geölt am Laufen halten will, sondern folgt einer quasi-religiösen Vorstellung. Letztlich fordert er Blut, Schweiß und Tränen nicht im Kampf gegen ein Hitlerdeutschland oder den Verlust der nationalen Identität, sondern für ein imaginiertes Europa, das den Menschen fremd ist, und gegen einen Klimawandel, den eben nur der spürt, der Wetter nicht vom Klima unterscheiden kann. Aber diese kleinen Erzählungen der Imagination können Menschen nicht zur Verleugnung ihrer Interessen bringen. Sie sind erfolglose Versuche einer Irrationalität, die zu Recht ihre Kritiker gefunden hat. Dennoch ist es zur Zeit noch die Ideologie, die das Geschehen der großen Politik treibt: Man sollte darum eher von einer Ideokratie sprechen.
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