Sie waren früher vor allem zum gemeinsamen Einpeitschen vor Kriegen gedacht. Heute liest man in Nationalhymnen zivilisierter Ländern oft den Werdegang zur Demokratie und Absichtserklärungen für grundlegende Menschenrechte. Beim Anhören bzw. Zusehen von Gesängen fiel mir die Sänger-Inbrunst bei der schottischen Hymne auf. Neben “God save the queen” wird bei bestimmten Events auch “The flower of Scotland” gesungen, die einen Verteidigungskrieg gegen den englischen König Edward beschreibt. Hier ein Auszug aus der türkischen Hymne zum Vergleich: Nicht wend’ dein Antlitz von uns, O Halbmond, ewig sieggewohnt. Scheine uns freundlich Und schenke Frieden uns und Glück, Dem Heldenvolk, das dir sein Blut geweiht. Der deutschen Hymne gegenüber ist nichts einzuwenden: Einigkeit, Recht und Freiheit sind des Glückes Unterpfand, wie wahr. Ob das Recht noch einzuhalten ist und die Freiheit, wenn diametral entgegengesetzte Werteverständnisse aufeinander treffen: Darüber müssen wir uns dauerhaft unterhalten, es ist kein Selbstläufer. Unsere Nationalhymne ist insofern vor allem eine Mahnung an uns alle.
Danke Frau Broakulla für Ihren sehr schönen Brief. So soll es sein. Jedes Land hat eine Nationalhymne, sie ist wichtig für die Menschen. Auch bei Siegerehrungen finde ich es wichtig, dass die Nationalhymne des Landes aus dem der Sieger stammt, gespielt wird. Die Diskussionen über die Nationalhymne, über Vaterlandsstolz etc. finde ich überflüssig wie ein Kropf. Kein Franzose, Italiener oder Engländer käme auf die Idee, seine Staatszugehörigkeit anzuzweifeln. Das machen nur bestimmte Gruppen von den Deutschen. Ich jedenfalls singe die Nationalhymne gerne und lauthals mit. Übrigens kann man Hoffman von Fallersleben keine Neigung zu den Nazis nachsagen, die waren zu seiner Zeit gar nicht präsent.
Täusche ich mich oder klingt da nicht political correctness mit - wenn ja, warum?
“Deutschland, Deutschland über Alles” ist sicher zweideutig und somit ist es gut, dass die erste Strophe des Deutschlandliedes heute nicht mehr gesungen wird. Gemeint war damit aber nicht, dass Deutschland über allen anderen Nationen der Welt steht. Im Jahr 1841 gab es noch gar kein Deutschland als Staat. Dieser wurde erst im Jahr 1871 gegründet. Gemeint war vielmehr, der Wunsch der meisten Deutschen nach einem gesamtdeutschen Bundesstaat, der über den Interessen der vielen Landesfürsten am Beibehalten des damaligen deutschen “Flickenteppichs” stehen sollte. Damit erklärt sich auch die Nennung von Flüssen, die nie in Deutschland gelegen haben. 1841 war noch nicht absehbar, welche Gebiete einem künftigen Deutschland beitreten wollen; insbesondere Österreich war sehr fraglich.
Es ist historisch ziemlich abwegig, Hoffmann von Fallersleben in einem Atemzug mit den NS zu nennen. Ein “schlechtes Beispiel” ist die 1. Strophe des Deutschlandliedes höchstens deshalb, weil die Worte “über alles” mißverständlich sind. Die geographischen Angaben umschreiben grob das damalige Gebiet des Deutschen Bundes unter Einbeziehung der preußischen Ostprovinzen; es geht um Zusammenhalt, nicht um Eroberungen. Ob die Grenze Deutschlands einmal an der Memel verlief, kann man nicht offen lassen. Das war so, jedenfalls nach dem Versailler Vertrag, als der Teil Ostpreußens nördlich der Memel von Litauen annektiert wurde. Die Maas bildet hingegen nicht die Grenze zu den Niederlanden; diese verläuft etwas östlich davon. (Zu Hoffmanns Zeiten gehörte auch das niederländische Herzogtum Limburg zum Deutschen Bund.)
Ernst Moritz Arndt: Wo dir Gottes Sonne zuerst schien, wo dir die Sterne des Himmels zuerst leuchteten, wo seine Blitze dir zuerst seine Allmacht offenbarten und seine Sturmwinde dir mit heiligen Schrecken durch die Seele brauseten, da ist deine Liebe, da ist dein Vaterland. Wo das erste Menschenaug sich liebend über deine Wiege neigte, wo deine Mutter dich zuerst mit Freuden auf dem Schoße trug und dein Vater dir die Lehren der Weisheit ins Herz grub, da ist deine Liebe, da ist dein Vaterland. Und seien es kahle Felsen und öde Inseln, und wohne Armut und Mühe dort mit dir, du mußt das Land ewig liebhaben; denn du bist ein Mensch und sollst nicht vergessen, sondern behalten in deinem Herzen.
“Deutschland, Deutschland über alles, über alles in der Welt.” hat im Sinne des Verfassers keinerlei chauvinistische Intension. Es sollte lediglich verdeutlichen, dass eine herzustellende Reichseinigkeit (werfen Sie einen Blick auf eine Landkarte der 1840er Jahre) der Dinge wichtigstes auf der Welt ist.
Die Nationalhymne trägt meiner Meinung kaum zu falschem “Vaterlandsstolz” bei. Ich denke sie erinnert uns ein bisschen daran in welchem Land wir leben und wofuer das Land steht. “Einigkeit und Recht und Freiheit fuer das deutsche Vaterland” daran ist nichts Falsches. Andere Länder singen ebenso mit mehr oder weniger Stolz ihre Nationalhymne. Ich finde das ist eines sehr schöne Sitte! Seit einigen Jahren lebe ich in Schweden und die Schweden singen die Nationalhymne ihres Mutterlandes ebenfalls im Stehen, gerne und mit Inbrunst. Und wenn ich bei so einer Gelegenheit dabei bin, singe ich auch als Nichtschwede mit. Weil ich gerne dort lebe und mich dort zuhause fuehle. “Ja jag vill leva jag vill dö i norden” Fuer mich gilt nicht ” Deutschland ueber alles”, sondern ein Land, welches mir ein gutes und geschuetztes Zuhause bietet, zu wuerdigen und mich zu freuen dass ich dort leben darf. Vor allem die Politiker aller Länder sollten sich beim Absingen der Nationalhymne daran erinnern, dass Sicherheit, Schutz , Geborgenheit und ein auskömmliches Leben fuer die Menschen im Land zu erhalten und zu bewahren, ihre Aufgabe ist.
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