Thomas Eppinger, Gastautor / 14.11.2017 / 17:00 / Foto: Rennett Stowe / 2 / Seite ausdrucken

Geht zurück ins Meer oder sucht Euch ein anderes Land

Von Thomas Eppinger.

„Was können wir tun, damit Frieden ist? Was können wir Euch anbieten?“, fragte ich. „Gar nichts. Geht zurück ins Meer. Oder sucht euch ein anderes Land“, antwortete sie. Von diesem Dialog erzählte mir die Fragestellerin, eine jüdische Bekannte. Die Antwort gab eine junge, westlich gekleidete Dame am Rande einer pro-palästinensischen Demonstration gegen eine Militäroperation Israels in Gaza. Die junge Palästinenserin hatte nichts Persönliches gegen die Wiener Jüdin. Sie wollte nur, dass die Juden aus Israel zurück ins Meer getrieben werden.

„Sie wohnen in Wien? Dagegen haben wir nichts“, meinte sie im Laufe des Gesprächs. Fast schon großzügig, in gewisser Weise, schließlich war das in dieser Stadt nicht immer so. Meine Bekannte war fassungslos über den bedingungslosen Hass, der nur mit Vernichtung oder Vertreibung zu stillen ist. Sie hatte irgendwelche maximalen politischen Forderungen erwartet, aber nicht „zurück ins Meer“. Sie fragte mich, ob ich wüsste, wie man damit umgehen könne. Aber wer weiß das schon?

Im Schatten zweier Weltkriege kennen wir keine Feinde mehr, nur Interessenskonflikte, die man in Verhandlungen löst, indem man Kompromisse schließt. Und weil wir unsere eigenen zivilisatorischen Normen und Moralvorstellungen auf andere projizieren, scheitern wir im Umgang mit Despoten, Diktatoren und gewalttätigen Rassisten. In einem denkwürdigen SPIEGEL-Interview von 2014 mit Margot Käßmann wird das offensichtlich.

Spiegel: Frau Käßmann, war es ein gerechter Krieg, als die Alliierten Deutschland von der Herrschaft der Nazis befreiten?

Käßmann: Es war sicherlich ein Krieg mit einer guten Intention und am Ende die Befreiung vom Naziterror. Aber mir fällt es schwer, Kriege zu rechtfertigen. Es gibt nur einen gerechten Frieden. Wenn es zu einem Krieg kommt, ist das immer ein Versagen, weil es nicht schon viel früher Versuche gegeben hat, Waffengewalt zu verhindern.

Spiegel: Sie meinen, man hätte Adolf Hitler nur gut zureden müssen, dann wäre er schon friedlich geblieben und hätte keinen Krieg angezettelt.

Käßmann: So naiv bin ich nun auch nicht. Aber es gab frühe Warnungen, und auch die Alliierten sind nicht ohne jede Schuld geblieben, wenn Städte voller Flüchtlinge bombardiert und Frauen vergewaltigt wurden. Können Sie mir nur einen Krieg in den letzten 60 Jahren nennen, den man mit vernünftigen Gründen rechtfertigen kann?

Spiegel: Uns fallen vor allem Beispiele dafür ein, dass die Völkergemeinschaft durch ihr Wegsehen Massenmord zugelassen hat. 1994 zum Beispiel, als die Hutu in Ruanda mindestens 800.000 Tutsi und gemäßigte Hutu töteten. Oder 1995 in Srebrenica, als die Serben eine Uno-Schutzzone überrannten und ein Massaker unter den bosnischen Muslimen anrichteten.

Käßmann: Es ist interessant, dass Sie immer vom Ende her denken, wenn es keine gewaltfreie Lösung mehr zu geben scheint. Heute existieren viele Friedensforschungsinstitute, die Strategien entwickelt haben, um Konflikte zu vermeiden oder zu schlichten. Man muss es eben nur wollen. Aber am Willen hapert es. Das sehen Sie schon daran, dass Deutschland pro Jahr über 30 Milliarden Euro für Militär ausgibt, aber nur 29 Millionen für den Friedensdienst. Das ist eine schlimme Diskrepanz.“

Hier der ganze Text über die fatalen Folgen der sogenannten Friedenspolitik.

Achgut.com ist auch für Sie unerlässlich?
Spenden Sie Ihre Wertschätzung hier!

Hier via Paypal spenden Hier via Direktüberweisung spenden
Leserpost

netiquette:

Stephan Müller / 14.11.2017

Wenn jemand aus tiefstem Herzen an die „unbefleckte Empfängnis“, die Auferstehung von Toten und all die anderen Schoten, die mit der praktischen Vernunft nicht nachvollziehbar sind, glaubt, dann darf er / sie so reden. Man muss es aber nicht als bedeutsam ansehen, denn wir alle wissen, dass die Dinge normalerweise so nicht laufen. Diese Leute haben eben ihre eigene Wahrheit. Vielleicht beten sie auch, wenn die Bude brennt? Ich halte es für vernünftig, die Feuerwehr zu rufen. Wer befragt diese Leute eigentlich immer wieder zu Dingen, von denen sie nichts verstehen?

Frank Stricker / 14.11.2017

“So naiv bin ich nun auch wieder nicht”, der war echt gut Frau Käßman ! Ach, und heute schon mit den Taliban gebetet ? Die sind nämlich gerade dabei,, das bißchen was von Afghanistan übriggeblieben ist, auch noch zu vernichten. Aber wie sagte schon Dieter Nuhr, während seiner besseren Zeit, “wenn man keine Ahnung hat, einfach mal die Fresse halten”.

Leserbrief schreiben

Leserbriefe können nur am Erscheinungstag des Artikel eingereicht werden. Die Zahl der veröffentlichten Leserzuschriften ist auf 50 pro Artikel begrenzt. An Wochenenden kann es zu Verzögerungen beim Erscheinen von Leserbriefen kommen. Wir bitten um Ihr Verständnis.

Verwandte Themen
Thomas Eppinger, Gastautor / 25.01.2020 / 15:00 / 37

Skandal: Israel stört deutsches Holocaust-Gedenken in Yad Vashem!

An Bundespräsident Steinmeier lag es nicht: Der Gedenktag in Yad Vashem wurde von den egoistischen Auftritten Israels und Russlands überschattet. Eine vertane Chance im Kampf…/ mehr

Thomas Eppinger, Gastautor / 09.12.2019 / 12:30 / 14

Iran: Europa und die Herren der Finsternis

Sechs weitere EU-Länder unterlaufen die Sanktionen gegen den Iran, obwohl das Regime den Terror in Europa fördert und Demonstrationen im Inland blutig niederschlägt. Instex (2019…/ mehr

Thomas Eppinger, Gastautor / 20.09.2019 / 14:00 / 10

„Womens‘ March“: Reigen der Antisemitinnen

Es ist ein Trauerspiel. Linke Bewegungen werden immer mehr zum Sammelbecken für notorische Israelhasser. Von Corbyn in Großbritannien bis zum „Women’s March“ in den USA.…/ mehr

Thomas Eppinger, Gastautor / 06.07.2019 / 15:00 / 18

Der Iran will Israel auslöschen; das ist nichts Neues. Damit muss man leben

Wer dem Ende der Amtszeit Frederica Mogherinis als EU-Außenbeauftragte in freudiger Erwartung entgegensah, dürfte wohl bitter enttäuscht werden: Denn Mogherini folgt als „Hoher Vertreter der…/ mehr

Thomas Eppinger, Gastautor / 22.06.2019 / 16:00 / 24

Mein Nahost-Friedensplan des Jahrhunderts

Der „Deal des Jahrhunderts“ soll der Nahost-Friedensplan von Donald Trump werden. Und wer weiß, vielleicht bringt er ja tatsächlich ein bisschen Schwung in das versteinerte…/ mehr

Thomas Eppinger, Gastautor / 07.04.2019 / 15:30 / 23

Kein islamischer Islamismus, nirgends

Drei Jahre lang beschäftigten sich Experten unter Federführung von Lamya Kaddor an zwei deutschen Schulen mit Antisemitismus im muslimischen Umfeld. Die 178 Seiten starke Abschlussdokumentation wurde nun…/ mehr

Thomas Eppinger, Gastautor / 28.03.2019 / 11:00 / 17

Ganz Israel ist eine Siedlung

Auf eines ist so gut wie immer Verlass: Wenn sich die Welt um den Nahen Osten sorgt und sich über das dortige Geschehen empört, dann…/ mehr

Thomas Eppinger, Gastautor / 09.03.2019 / 11:14 / 27

Lustige Antisemiten. Eine Belgienkritik

Während „Israelkritiker“ ein richtiger Beruf geworden ist – „Ich mach‘ jetzt den Israelkritiker bei Humboldt“ hat es nur deshalb nicht in die in Österreich legendäre Kampagne geschafft,…/ mehr

Unsere Liste der Guten

Ob als Klimaleugner, Klugscheißer oder Betonköpfe tituliert, die Autoren der Achse des Guten lassen sich nicht darin beirren, mit unabhängigem Denken dem Mainstream der Angepassten etwas entgegenzusetzen. Wer macht mit? Hier
Autoren

Unerhört!

Warum senken so viele Menschen die Stimme, wenn sie ihre Meinung sagen? Wo darf in unserer bunten Republik noch bunt gedacht werden? Hier
Achgut.com