Habe heute einen Schock bekommen. Zwei Menschen, die ich eigentlich schätze, haben am 22. Jänner auf ihrer Facebookseite ein Konterfei veröffentlicht. Darauf die beiden, sonst das blühende Leben, hohlwangig, mit umschatteten und geröteten Augen, ein Schild mit #WeRemember hochhaltend. Nicht zu fassen. Und schade!
“Menschen, die über tiefes Nachdenken und prägende Lebenserfahrungen zu Wissen und Erkenntnissen gelangen, verfügen über eine Wahrheit, die nicht immer in Worte übersetzt werden kann.” So ist es. Ich sammle meine Vorfahren, deren Geschwister und Nachfahren. Über manche denke ich viel nach, ohne sie gekannt zu haben. Familie halt. Für Menschen gibt es keine Schublade. Ich sehe nur, Hysterie wiederholt sich, Zeitgeist ist meist auch hysterisch und alle?? machen mit. Wer neben sich stehen kann und reflektiert ist im Vorteil, leidet aber mehr. Da fällt mir ein:”...die Nägel rot ! Wenn es Mode wird, sie abzukauen oder mit dem Hammer blauzuhauen, tun sie’s auch. und freuen sich halbtot. ...” Vorn dabei sein, egal wie, weshalb, warum.
Meine Mutter war am Kriegsende ein fünfjähriges Kind halb wahnsinnig von Hunger , sie aßen die Kartoffelschalen aus der Mülltonne der Nachbarn . Der Vater war kleiner Fabrikarbeiter und starb elend an Lungentuberkulose , als kriegsuntauglich gab es auch keine Medikamente mehr. Mein Vater überlebte als Kind die Bombardierung von Kiel ( Sie wurden verschüttet ) wurde dann von meiner Oma auf einem Gewaltmarsch ins sichere Erzgebirge gerettet . Vorbei an Leichenbergen und Trümmern in den zerbombten Städten 1944 . Es gibt ein Kinderfoto meines Vaters von dieser Flucht . Er ist dünn , weint und ist leichenblass vom erlebten Horror der Bombennächte .Vom Vater meines Vaters gab es nur ein paar Fotos eines Soldaten , der irgendwo gefallen ist . Ich bin 1961 geboren und ohne Opas nur mit Omas und Tanten aufgewachsen . Ich frage jetzt diese ernst blickenden jungen Leute mit den Schildern in der Hand : was ist meine Schuld ?
Dass ein demütiges Schweigen im Kontext mit der Shoa sehr oft um einiges angemessener wäre als eine Politikerrede, die schnell in den “Kampf gegen Rechts” übergeht, glaube ich auch. Diese Politiker verlangen nicht eine gewisse Ernsthaftigkeit und Demut, nicht einmal ein zivilisiertes Benehmen, sondern die Unterwürfigkeit (bitte nicht mit Demut verwechseln) der “Menschen mit Nazi-Hintergrund” (Neusprech der ZEIT für Deutsche im Unterschied zu den “Menschen mit Migrationshintergrund”) gegenüber eingewanderten Kriminellen und deren Befürwortern in der mainstream- journalistischen Szene. Oder gegenüber denen, die z.B. wegenauschwitzindiepolitik gegangen sind und keine Gelegenheit auslassen, UN-Resolutionen gegen Israel zuzustimmen. Oder die zwecks Spaltung der dt. Gesellschaft in rechts-verdächtige Indigene und wesensmäßig links-gute Einwanderer der Meinung sind, man könne sehr wohl Millionen Juden ermorden und dann Millionen ihrer schlimmsten Feinde ins Land lassen (frei nach K. Lagerfeld formuliert). Oder gegenüber Jusos und “Antifa-Aktivisten”, auch und zurecht “SA-ler” genannt, die auf einem Kranz herumtrampeln, den eine jüdische Pegidistin im Namen ihrer Pegida-Gruppe am 27.01.2020 (oder 2019?) vor ein Denkmal zu Ehren der jüdischen Opfer der NS gelegt hat. Kein Politiker der Linksparteien, also inzwischen der Union genauso wie der SPD, Grünen und LINKEN, hat auch nur ein Wort darüber gesagt, wahrscheinlich auch keiner der FDP (aber da bin ich nicht ganz sicher) und Proteste der AfD und seitens Pegida wurden natürlich mit dem üblichen “Nazi!!!” quittiert.
Ich kann der Idee zu schweigen nicht zustimmen. Hätte man Komponisten ermordet, würde man doch auch als Erinnerung ihre Werke aufführen. Mit der Shoa sollten nicht nur unglaublich viele jüdische Menschen ermordet werden, sondern meiner Ansicht nach sollte eine komplette Kultur zerstört, beseitigt und vergessen werden. Deshalb halte ich es für wichtig an diese Kultur und ihren Einfluss auf unser Leben zu erinnern. Z.B. daran erinnern, dass der Gesang der Christen im Gottesdienst eine jüdische Erfindung ist. Das die Gleichberechtigung von Mann und Frau ihren Ursprung in der “Erzählung” von Adam und Eva hat. Oder dass unsere 7-Tage-Woche und ihr wöchentlicher Ruhetag eine uralte jüdische “Gewohnheit” ist. Diese “Geschichten” müssen erinnert und weitergegeben werden, damit der jüdische Einfluss auf unsere Kultur nicht verloren geht. Also, in diesem Sinne: “Zachor”.
Das alte Sprichwort: “Reden ist Silber - Schweigen ist Gold!” ist letztendlich auch eine qualitative Aussage. MfG
Ich habe nur einmal ein Lächeln wie Ihres gesehen und tappte gerade völlig im Dunklen. Es war ein Mädchen in der Schule, die zeitweise hinter mir saß. Weniger ist mehr? Sie sagen es.
Liebe Frau Basina, mir hat ihr Artikel gut gefallen. Ja, Sprache und ihre semantische Qualität, ein interessantes Thema. Viele Menschen, besonders unsere Politik-Darsteller sollten viel öfter schweigen. Unserem Bundespräsidenten würde es sehr gut tun, wenn er sich zur Shoa viel öfter in ein emphatisches Schweigen hüllen würde als permanent seine abgehalfterten Phrasen zu dreschen. Denn man sollte ihn auch daran messen, wie er zeitgleich gegen Israel und die jüdische Community handelt, indem er die schlimmsten Antisemiten in die Arme schließt. Es ist so eklatant, so offenkundig schlimm und er merkt noch nicht einmal seinen eigenen Widerspruch, seine selbstgefällige Bigotterie. Ihre Urgroßeltern würden sich im Grabe umdrehen.
Leserbriefe können nur am Erscheinungstag des Artikel eingereicht werden. Die Zahl der veröffentlichten Leserzuschriften ist auf 50 pro Artikel begrenzt. An Wochenenden kann es zu Verzögerungen beim Erscheinen von Leserbriefen kommen. Wir bitten um Ihr Verständnis.