Achim Hecht / 30.05.2016 / 06:00 / Foto: Lisa Jarvis / 30 / Seite ausdrucken

Ich möchte Herrn Gauland nicht zum Nachbarn haben

„Die Leute finden ihn als Fußballspieler gut. Aber sie wollen einen Boateng nicht als Nachbarn haben,“ soll Alexander Gauland laut Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung gesagt haben. Die öffentliche Reaktion derer, die versuchen, ihren - umgekehrten - "Refugee Welcome"-Rassismus als deutsche Staatsdoktrin zu etablieren, ist vorhersehbar und wohlkalkuliert. Eine "Beleidigung", wie allgemein kolportiert, hatte Alexander Gauland damit aber sicher nicht im Sinn. Sondern ganz offensichtlich eine Provo-Vorlage für die Titelzeilenjournaille - im Metakontext (verbotene Zone für alle Kommentatoren in der Facebook-Filterblase...) liefert er dann das entscheidende Statement:

Es ginge ihm um die "Abwehr des kulturell Fremden" wird Alexander Gauland weiter zitiert. Man wird ja wohl noch sagen dürfen...

Klar. Es gibt es eine Menge Menschen, die so denken, für die Hautfarbe, Glaube oder Herkunft eines Menschen entscheidend sind, nicht sein konkretes Verhalten. Leider. Der - nicht erst seit Kurzem skandalträchtige Gauland weiss, ganz Populist, mit diesen Ressentiments zu spielen. Statt mit offenem Visier zu sagen "ich finde...", appelliert Biedermann Gauland an die Opfermentalität derer, die ihre sozialen Abstiegsängste in Überfremdungsgefühle sublimieren. Durchaus nicht ungeschickt. Er ist ja schon länger im Geschäft. Nichts Neues unter der doitschen Sonne.

Ich werde ja wohl noch sagen (fragen) dürfen: Der christliche Deutsch-Ghanaer Jérôme Boateng, erfolgreicher Sportler, der seinen Lebensunterhalt anständig, nicht als Politiker, bestreitet, ist also "kulturell fremd"?

Ich verstehe nicht allzu viel von Fussball. Aber Boateng verkörpert für mich den - liberalen - Traum, dass jeder ungeachtet seiner Herkunft sich integrieren und aufsteigen kann, aus eigener  Kraft und eigenem Talent, nicht als Mitglied irgendeiner politischen Seilschaft oder Lobby. Und mit Boateng eine Runde in seinem Audi RS5 460PS-Boliden durch das schöne Münchner Viertel Grünwald zu drehen, würde mir allemal besser gefallen, als mir auf einer AfD-Nachbarschaftsversammlung von Gauland TTIP, USA, Russland und die Welt erklären zu lassen.

Ich finde einen Gauland als Politiker Scheisse. Und als Nachbarn will ich ihn auch nicht haben. Der Typ ist eine Schande nicht nur für sein Wohngebiet, sondern für mein Land, für das er sich anmasst zu sprechen. Das war jetzt nicht als Beleidigung gemeint. Es ist nur ein politisches Geschmacksurteil.

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Leserpost

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Rainer Küper / 30.05.2016

“Soll gesagt haben ...”. Unbewiesenes mit Beschimpfungen zu beantworten, ist schlechter Stil, der bei Achgut nichts zu suchen haben sollte.

Werner Geiselhart / 30.05.2016

Ich könnte die AfD aus einigen Gründen wählen, z.B. wegen der Haltung zur Energiewende. Gauland ist einer der Gründe, warum ich sie nicht wählen kann!

Stefan Peltzer / 30.05.2016

Wie hätte Herr Hecht kommentiert, wenn es statt um die Einzelperson Boateng um libanesische Clans, radikalisierende Imame oder in Köln grapschende Nordafrikaner gegangen wäre? Als jemand, der in seiner Wortwahl den Begriff “doitsch” benutzt (den ich übrigens für zutiefst rassistisch halte), hätte er es in seinem Kommentar nicht ganz so einfach gehabt, seine Verachtung für diejenigen auszudrücken, die keine “fremden” Kulturen in ihrer Nachbarschaft (oder vielleicht auch im ganzen Land) haben möchten. Da Boateng für viele das Musterbeispiel für gelungene Integration ist, tat sich hier eine Flanke auf, der den pawlow`schen Reflex geradezu herausfordert. Mir ist die Sache zu billig. Meine Erfahrungen der letzten Jahre mit der Presse lassen mich da vorsichtiger sein. Wie schnell wurde in der Vergangenheit gerade Politikern der AFD etwas in den Mund gelegt (z.B. Petry: “Schießbefehl”)? Ich will ja nicht ausschließen, dass Gauland tatsächlich plötzlich “Boateng” gesagt hat. Genauso wenig kann ich ausschließen, dass einer der beiden Journalisten auf den Hinweis Gaulands, dass selbst Multikulti-Anhänger nicht neben Clans, Asylunterkünften und Moscheen wohnen wollen, plötzlich Boateng ins Spiel brachte und Gauland diesen Braten nicht witterte. Ich würde sehr gerne mal die Aufzeichnung hören. _Danach_ würde ich vielleicht auch einen gepfefferten Kommentar schreiben. Stefan Peltzer

Andreas Donath / 30.05.2016

Sorry, aber ein derartiger Agitprop-Artikel passt nicht zum Niveau der Achse. Inzwischen rudern die FAS-Redakteure zurück, die vollmundig ins Spiel gebrachte Bandaufzeichnung der Gauland angeblich inkriminierenden Aussagen gegen Boateng existieren nicht. Weshalb hätte ein ruhiger, sachlicher, abwägender Zeitgenosse wie Gauland, den ich noch aus gemeinsamen Tagen in einer damals noch wählbaren CDU kenne und schätze, einen deutschen Nationalspieler, den er gar nicht persönlich kennt, attackieren sollen. Es riecht danach, dass der FAZ-Ableger im BILD-Sudel-Stil versucht hat, Stimmung gegen den Konkurrenten der Etablierten an den Futtertrögen zu machen. Passt vorzüglich zur Linie des Blattes mit den vormals klugen Köpfen dahinter, das sich seit einem Jahr durch ausgesprochenes AfD-Bashing hervortut und eigens einen kleinen Journallistenstab dafür unterhält. Es wäre angebracht gewesen, sich erst einmal etwas zurückzulehnen und die Fakten genau zu eruieren, bevor derartige Tiraden wie Ihr voreiliger Stimmungs-Artikel an den Mann beziehungsweise Leser gebracht werden, Herr Hecht. Das kenne ich so nicht von der Achse, auch wenn Ihr Text natürlich nur Ihre persönliche Meinung widerspiegelt. Audiatur et altera pars - eine meiner Lebensmaximen, die Ihnen fremd zu sein scheint. Immer schön Eindreschen auf den ungeliebten Mahner und Aufrüttler, zwei FAS-Redakteure können ja nicht falsch liegen oder gar manipulieren, wenn auf der anderen Seite bloß ein “Rechtspopulist” steht. Armselig nenne ich das!

Christian Schulz / 30.05.2016

“Personen mit anderer (zugeschriebener) ‚ethnischer Herkunft‘, Hautfarbe oder Religion stoßen bei der Wohnungssuche auf unsichtbare Hürden. Darauf weisen viele Erfahrungsberichte und Studien hin, in denen der Wohnungsmarkt als einer der zentralen Orte von Diskriminierung genannt wird.” - Bericht der Bundesregierung zur Diskrimminierung auf dem Wohnungsmarkt April 2015. „Die Leute finden ihn als Fußballspieler gut. Aber sie wollen einen Boateng nicht als Nachbarn haben.“ - Alexander Gauland (AFD) im FAZ-Hintergrundgespräch. Das ist zweimal dieselbe Aussage, nur wird bei Herrn Gauland der Inhalt durch Vorurteile der Redaktion uminterpretiert. Das ist unseriös.

Frank Wagner / 30.05.2016

Sie haben aber auch überhaupt nichts verstanden, Herr Hecht. Es ging nicht konkret um Boateng. Herr Gauland bezog sich auf jene Spezies von bunt-toleranten Super-Gut-Bestmenschen, die ihre eigenen Kinder lieber auf die private, garantiert migrantenfreie Waldorfschule schicken als auf die Brennpunktschule mit 70% Migrantenanteil.

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