Man kann Mobiltelefone in die Luft jagen oder auch die staatliche Telefongesellchaft an einen libanesischen Geschäftsmann verschenken, pardo veräußern.
Die Türkei ist eine Hochburg der Desinformation, zumal die Medien unter Erdogan über das Weltgeschehen nach eigenem Drehbuch berichten. Nachdem sich die Aktionen und Demonstrationen gegen Israel und für die Hamas sowie die Palästinenser etwas gelegt hatten, explodierten die Pager im Libanon. Sofort wusste die türkische Öffentlichkeit Bescheid: Es konnten nur die Israelis, in Form des Mossad, gewesen sein, die sich das ausgedacht hatten. Indirekt wurde eingeräumt, dass nur die Israelis so viel Grips haben konnten.
Sofort begannen die Proteste gegen Israel. Zwei-Liter-Cola-Flaschen (dort gibt es auch Fünf-Liter-Flaschen) wurden auf der Straße ausgeschüttet, und israelische Flaggen wurden verbrannt. Was für eine Art von Protest das sein soll, wenn man für die Cola-Flasche bezahlt hat und somit dem Unternehmen keinen Schaden zufügt, verstehen wohl nur die Türken. Für alle anderen dürfte das zu hoch sein.
Ob Freund oder Feind – die Türkei steht immer auf der Seite aller Nahostländer, mit Ausnahme von Israel. Der Libanon ist nicht gerade freundlich gegenüber der Türkei, wenn man in die Vergangenheit blickt. Aber das ist egal – Hauptsache, man ist gegen Israel.
Türk-Telekom zu verschenken!
Ich möchte hier eine Geschichte aus den Neunziger Jahren erzählen, wie die Libanesen die ersten Telefone in der Türkei explodieren ließen. Das Telefon steht dabei symbolisch für Türk Telekom, damals neben Turkish Airlines die wertvollste Marke der Türkei. Die Türkei hatte zu jener Zeit 26 Milliarden USD Auslandsschulden. Irgendwie wollte man diese Schulden auf Null stellen und kam auf die Idee, Türk Telekom bewerten zu lassen. Internationale Beratungsunternehmen schätzten den Wert von Türk Telekom auf 30 Milliarden USD – also genau passend zu den Schulden, die man auf einen Schlag hätte begleichen können.
Doch den Vorgängerregierungen der AKP unter Erdogan war es zu schade, das Eigentum des Volkes so zu verscherbeln. Zu dieser Zeit war Türk Telekom fast ein Monopolist auf dem Telekommunikationsmarkt. Dann kam Erdogan an die Macht, der bekannt dafür ist, alles zu verkaufen, was der Türkei gehört. Er tat dies wohl kaum wegen der Auslandsschulden, die mittlerweile bei weit über 500 Milliarden USD liegen und eigentlich kaum zurückzuzahlen sind.
Er(dogan) verkauft aus zwei Gründen, wie man nach 22 Jahren feststellen kann: Zum einen möchte er die Türkei wirtschaftlich völlig plattmachen und in kompletter Abhängigkeit vom Ausland zurücklassen, und zum anderen natürlich, um seine Familie und seine Seilschaften zu bereichern. Das ist auch das Einzige, was seit 22 Jahren auf türkischem Boden hervorragend funktioniert.
Die libanesische Familie Hariri kauft die Betreiberrechte für 21 Jahre.
Ojer Telekom der libanesischen Familie Hariri, die von Saudi-Arabien aus operierte, wie man damals der türkischen Presse entnehmen konnte, besaß ein Vermögen von gerade einmal 1 Milliarde USD und übernahm dennoch Türk Telekom, das einen Wert von 30 Milliarden USD hatte, für 6,5 Milliarden USD. Hohe Investitionen in den Netzausbau wurden versprochen. Zur Zeit der Übernahme war das Oberhaupt der Familie zeitgleich der Premier von Libanon. Jetzt kommt der Moment, wo man bildlich sagen könnte, die Telefone in der Türkei explodierten.
Die neuen Betreiber investierten nichts. In Zahlen: 0,00 USD. Auch die Kaufsumme von 6,5 Milliarden USD wurde nicht gezahlt, kein einziger Cent. Stattdessen gaben sie Türk Telekom-Aktien als Sicherheit bei türkischen Banken und nahmen Kredite in Höhe von 4,7 Milliarden USD auf. Darüber schrieb ich, bekam jedoch nur Ärger, weil ich den Sachverhalt auf Deutsch schilderte und die in Deutschland lebenden Türken, weil sie nichts Besseres zu tun hatten, mich bei den türkischen Behörden anschwärzten, ich würde gegen die Türkei arbeiten. Ich musste zum Verhör. Zum Glück brachte ich damals deutsche und Schweizer Unternehmen in die Türkei, was mir meine Freiheit garantierte. Die Behörden sahen ein, dass die Türkei mehr Schaden dadurch hätte, wenn man mir Schwierigkeiten gemacht hätte.
Was für ein Unsinn, was für eine Blindheit – denn ein Unternehmen, das dem türkischen Steuerzahler gehörte, eines der wertvollsten Unternehmen und Marken der Türkei, war für Nullkommanull US-Dollar an einen libanesischen Geschäftsmann verkauft worden. Verkaufen kann man es nicht nennen – es wurde übergeben.
Weiter so
Die 4,7 Milliarden USD Darlehen wurden fällig. Sofort mischten sich einige Vermittler aus der Führungsspitze des Landes ein und streckten die Schulden. Auch bei der nächsten Fälligkeit wurde kein Cent zurückgezahlt. Während all das passierte, musste sich der neue Eigentümer keine Sorgen um die türkische Presse machen, zumal 95 Prozent der Medien Erdogan-treu sind. Er ging aber auf Nummer sicher und schaltete ständig ganzseitige Anzeigen in allen Zeitungen. Wer würde schon solche Werbeeinnahmen riskieren und über die Vorgänge rund um Türk Telekom schreiben?
Nachdem der neue Eigentümer allen Besitz – Grundstücke, Immobilien und dergleichen – von Türk Telekom veräußert hatte, kamen 15 Milliarden USD zusammen, die er sich als Dividende auszahlte, bevor er für immer aus der Türkei verschwand. 2005 wurde Hariri ermordet, aber nicht durch einen Türken. Die türkische Regierung übernahm Türk Telekom und musste noch 1,7 Milliarden US-Dollar an die Banken zahlen, damit das Unternehmen weiterarbeiten konnte. Wer wie viel von dem Geld in der Türkei eingesteckt hat, weiß man natürlich nicht. Fakt ist: Die ersten Telefone explodierten in der Türkei und nicht im Libanon! Und witzigerweise war der Initiator ein Libanese.
Weiter so, Cola ausschütten! (Ironie)
Dieser Beitrag erschien zu erst auf Ahmet Refii Dehners Blog: Ich mein’s gut!
Ahmet Refii Dener, Türkei-Kenner, Unternehmensberater, Jugend-Coach aus Unterfranken, der gegen betreutes Denken ist und deshalb bei Achgut.com schreibt. Mehr von ihm finden Sie auf seiner Facebookseite und bei Instagram.