Annette Heinisch / 26.04.2017 / 13:00 / Foto: Mohammad Hassanzadeh / 20 / Seite ausdrucken

Gabriel will nur das Beste. Die Kirchen und die Karnevalsvereine auch.

Von Annette Heinisch.

Bekanntlich haben am letzten Wochenende Kirchenvertreter, Karnevalsvereine und Gewerkschaften zu Demonstrationen gegen den Parteitag der AfD aufgerufen. Nur unter massivem Polizeischutz konnten die AfD-Mitglieder ihren Parteitag abhalten. Wohlgemerkt: Polizeischutz vor den aufrechten Demokraten, die abweichende politische Meinungen unerträglich finden. Ein Hoch auf die Demokratie mitsamt Meinungsfreiheit!

Meinen Kindern habe ich beigebracht, dass sich Charakter in der Versuchung zeigt. Nicht umsonst heißt es im Vaterunser „Und führe uns nicht in Versuchung“, denn wir erliegen ihr nur zu gern und allzu oft. Es mag nicht leicht sein, stark abweichende Meinungen auszuhalten, aber in diesem Punkt stimme ich Rosa Luxemburg mit ihrer Äußerung, dass Freiheit immer die Freiheit des Andersdenkenden ist, voll zu.

Wie abstrus die Debatte ist und wie weit wir uns von unserer freiheitlich demokratischen Grundordnung entfernt haben, zeigt sich in dem Aufruf der Kirchen und Karnevalsvereine, „Flagge gegen rechts“ zu zeigen. Man fragt sich unwillkürlich, was diese Gruppierungen denn bitteschön mit Politik zu tun haben? Und – können ihre Mitglieder nicht frei entscheiden? Ist es überhaupt angeraten, derart polarisierend und ausgrenzend zu wirken?

Verständlicherweise sind Mitglieder der AfD not amused, insbesondere die nicht, die selber Mitglieder einer christlichen Kirche sind (ob das auch für Mitglieder von Karnevalsvereinen gilt, ist nicht bekannt). Wenn diese  von ihrer Kirche als „Falschdenkende“ gebrandmarkt werden, finden sie das wenig witzig. Der Hinweis von Jörg Meuthen, dass es so etwas wie Trennung von Kirche und Staat gibt, ist völlig korrekt. Oder treten die Kirchen etwa in eigener Sache auf, weil die AfD den Kirchensteuern kritisch gegenüber steht?

Den Eklat gab es schon einmal

Das AfD-Vorstandsmitglied Armin Paul Hampel hat dann in Köln die Mitglieder zum Kirchenaustritt aufgefordert. Eigentlich folgerichtig, denn die Kirchen wollen diese „Rechten“ ja nicht. Nun aber eilt Martin Schulz den Kirchen zu Hilfe, er finde die Vorwürfe gegen die Kirchen „unfassbar und abscheulich“. Wieso das? Es sind doch die Kirchen selbst, die sich von diesen Mitgliedern bereits distanziert haben.

Ebenso bravourös schlug sich unser neuer Außenminister in Israel. Bei seinem Antrittsbesuch schaffte er es, nicht antreten zu können. Theoretisch – sollte man jedenfalls meinen – heißt Antrittsbesuch, dass man sich als neuer Außenminister bei seinem Kollegen vorstellt. So geschehen in den USA und China. Nicht aber in Israel, da muss man sich mit regierungskritischen Nichtregierungsorganisationen treffen. Aber nicht mit irgendwelchen, sondern exakt mit den Gruppierungen, die zuvor schon für einen diplomatischen Eklat sorgten.

So hat ein Treffen des belgischen Außenministers mit diesen NGOs bereits zu diplomatischen Spannungen zwischen Belgien und Israel geführt. Gabriel war also gewarnt, dass es da rote Linien gibt. Als Diplomat gehört nun eigentlich Diplomatie zur Stellenbeschreibung, ich würde diese sogar ganz gewagt als Kernkompetenz bezeichnen. Nicht so Gabriel, der sieht es anders: Wenn man eskalieren kann, wenn es eine Möglichkeit des Affronts gibt, nutzen wir die. Zwar hatte die israelische Seite außerdem darauf hingewiesen, dass so ein Verhalten unklug wäre, aber weichgespült, wie unsere Politiker nun einmal sind, denken sie nicht ernsthaft, dass jemand rote Linien für rote Linien hält und dementsprechend handelt. Bei uns kann jeder jedem auf der Nase herum tanzen – und das ist dann gut so! 

Gabriel war schon zuvor aufgefallen als „Radio Eriwan“-Vertreter. Er ist natürlich kein Antisemit, aber man muss doch ... wir wissen alle, was dann kommt: Israel kritisieren dürfen.

Woher weiß Gabriel, was das Beste für Israel ist?

Kann mir bitte mal jemand erklären, warum das so sein soll? Warum soll ich Israel kritisieren? Wie käme ich dazu, mir das anzumaßen? Weil am „deutschen Wesen die Welt genesen soll“? Nein danke, das finde ich nun nicht. Gabriel schon, denn er äußerte, dass die Zwei-Staaten-Lösung die einzige Option sei. Da haben wir es wieder, die „Alternativlosigkeit“. Dumm nur, dass andere, zum Beispiel die Palästinenser,  Anhänger der Ein-Staaten-Lösung sind, und zwar ohne Israel. Dies könnte natürlich auch der Grund sein, weshalb diese tolle Lösung seit Jahrzehnten nicht funktioniert.

Aber nur weil etwas nicht funktioniert, heißt es ja nicht, dass man es nicht propagiert. Zudem, sagt er, sei diese Lösung auch das Beste für Israel. Woher weiß er, was das Beste für Israel ist? Das ist doch gar nicht seien Aufgabe. Die Israelis müssen wissen, was für sie am besten ist, wir hingegen sind für unser Land zuständig. So ist das mit den Staaten und Staatsbürgern, das sind ganz schnöde und einfache Zuständigkeitsregeln. So wie das Wasser- und Schiffahrtsamt nicht für Steuern zuständig ist, sind wir nicht für Israel zuständig. Ergo haben wir die Israelis auch nicht zu bevormunden, indem wir meinen zu wissen, was das Beste für sie ist. 

Ein Außenminister muss auch nicht alle Seiten hören, wie so oft zu hören ist, denn er ist kein Richter. Er ist Chefdiplomat. Das Schöne ist: Israels Probleme sind glücklicherweise nicht unsere Probleme. Unser Problem ist es aber, wenn wir keine guten Beziehungen zu Israel haben. Dafür danken wir nun unserem Chefdiplomaten Gabriel, dem Nichtregierungsorganisationen wichtiger sind als Regierungen. 

Denn Kirchen, Karnevalsvereine und die SPD wissen genau, was für Deutschland gut ist.

Die Autorin ist Rechtsanwältin in Uelzen

Foto: Mohammad Hassanzadeh CC-BY 4.0 via Wikimedia Commons

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María José Blumen / 26.04.2017

Nachdem Deutschland gerade sich selbst abschafft kann man nicht erwarten dass Israel das Gleiche vor hat. Sigmar Gabriel, der an höchster Stelle dafür mit verantwortlich ist dass Deutschland auf einen ähnlich hohen muslimischen Bevölkerungsanteil hinarbeitet wie er in Israel heute schon anzutreffen ist, soll in Israel als ein Beispiel von zukunftsweisender Politik empfangen werden? Inzwischen muss die israelische Regierung schon sehr skeptisch gegenüber Ratschlägen von den derzeit in Berlin Regierenden denken. Wer freiwillig, ohne Not, sein eigenes Land in solch eine Bredouille bringt und dann auch noch stolz darauf ist, der kann nicht erwarten ernst genommen zu werden in einem Land in dem es wegen der muslimischen Nachbarn und Mitbürgern täglich ums Überleben geht.

Martin Lederer / 26.04.2017

Nichts für ungut. Aber es gibt in Deutschland viel viel viel mehr moslemische als jüdische Wähler. Der Rest ergibt sich von selbst. Auch weltweit gibt es, glaube ich, ca. 12 Millionen Juden und fast 2 Milliarden Moslems. Auch hier ist die Sache klar. Die Masse machts.

Florian Bode / 26.04.2017

Gabriel ist ein eitler Schmock, der im Homeland ein paar Punkte gut machen wollte. Aber die Bundeswarnlampe wird in Israel bei ihrem Antrittsbesuch auch eifrig blinken. Wetten?

Ron Dehn / 26.04.2017

Ein weiterer trauriger und beschämender Tiefpunkt, ausgelöst durch unsere inkompetenten, geistigen Minderleister, auch Politiker genannt, welche derzeit im Bundestag üppige Diäten verprassen und den Steuerzahler verhöhnen. - Israel ist ein Land mit Rückgrat und Prinzipien auf denen seine erkämpfte Freiheit beruht. Welche Anmaßung stellt das Verhalten dieses Gabriel dar? Wie kann er sich erlauben, dieses wunderbare Land zu kritisieren und zu maßregeln? Da ich kein Freund von Erbschuld bin, glaube ich auch nicht an die besondere Verantwortung von Deutschland gegenüber Israel. Was sollten wir auch unternehmen im Kriegsfall? Kita Betreuer unserer Bundeswehr senden? Nein, Israel braucht Deutschland nicht und schon gar nicht dieses verabscheuungswürdige Politpersonal. Well Done, Bibi !!!

Klaus Bauner / 26.04.2017

Die ständige Moralsülze, die die GroKo über Land und Leute gießt, verursacht nur noch Schluckauf. Sie hat viel mit Kindergarten und wenig mit Politik für selbständig Denkende zu tun.  Sie repräsentiert die Regierenden mehr als die Regierten. Und so darf sich ein gelernter Lehrer, der sich von heute auf morgen zum Chefdiplomaten ernannt hat, wie ein Elefant im besagten Laden tummeln, statt das zu tun, wofür er ein Amt hat: Freunde zu gewinnen.

Horst Girmann / 26.04.2017

Klasse! Woher nehmen wir die Gewissheit, dass unsere Staatsform die weltbeste ist? Ich halte das für anmaßend. Warum müssen wir uns in alles einmischen, ohne unseren eigenen Saustall in Ordnung zu haben? Und schaffen es einfach nicht, klare Kante zu reden, Farbe zu bekennen.

S. Barth / 26.04.2017

Große Klasse!! Danke, habe mich selten so amüsiert wie beim Lesen dieser Abrechnung mit unserem “Chefdiplomaten”!

Stefan König / 26.04.2017

Danke für diesen klärenden Artikel.  Das Gabriel es vorzog ,sich mit der NGO ( Betselem) die zu 80% aus Palestinensern besteht und zu 100 % die palestinensische Sichtweise inklusive gewaltsamer Sanktionen gegen Palestinenser, die Land an Juden verkaufen, vertritt, wirft viele Fragen auf. Es zeigt den Diletantimus des gegenwärtigen Aussenminister.  Willy Brandt, Egon Bahr und sicher auch Helmut Schmidt rotieren sicher sich im Grabe.  Im Kontext des Agierens der derzeitigen SPD Nomenklatura jedoch fühle ich mich jedoch eher an das Agieren in einem Studentenparlament erinnert. Eine ähnliche Qualität hatte der Auftritt Hannelore Krafts bei der Schutzabteilung ( auch SA abgekürzt) der Antifa am Wochenende in Köln , wo sie neben einem armen Kinde hockt, dem man das Schild: ” Keinen Kakao für Nazis” in die Hand gesteckt hat. Es hätte auch ein Schild mit dem Aufdruck: “Kaufe nicht bei JUden sein können” Ist die gleiche Denkschule. Danke das Sie an das Zitat von Rosa Luxemburg erinnert haben. Die SPD kann mit der Idee “Freiheit ist immer auch die Freiheit des Andersdenken” leider nichts mehr anfangen. Von den Stümpereien anderer wie Steinmeier´s Hassprediger Analogie bei der Wahl D. Trumps oder Mützenichs Radiointerview heute morgen, in dem er von einem , dafür mittlerweile verurteilten israelischen Soldaten erschossen Terroristen, der zuvor versuchte mehrere Menschen zu töten, von einem “wehrlosen Palestinenser”  sprach. Was ist nur aus der SPD geworden ? Früher eine Partei grosser Politiker , heute nur noch Zwerge allerorts.

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