Vera Lengsfeld / 10.06.2007 / 19:30 / 0 / Seite ausdrucken

G8-Nachlese

Der Gipfel der Verlogenheit auf allen Seiten ist endlich zu Ende. Die Auswerter sind ratlos, wie sie das Ereignis beurteilen sollen. Dem absurden Theater folgen absurde Erklärungsversuche, die durch ihre verkrampfte Ironie nicht besser werden, sondern nurhilfloser wirken. Was hat sich da vor unser aller Augen abgespielt? Selbst diejenigen, die von sich sagen können, sie seien dabei gewesen, sind sich da nicht sicher. Sehen wir uns die gefühlten und die wirklichen Ergebnisse an: Für Kanzlerin Merkel ist der Gipfel ein voller Erfolg, denn endlich ist die führende Rolle Deutschlands beim Klimaschutz und der Rettung Afrikas verwirklicht. Sie hat den bösen Bush auf die Uno verpflichtet und medienwirksam 60 Milliarden für den Patienten Afrika locker gemacht. Eine wahrhaft beeindruckende Führungsleistung, die eigentlich mit einem Ständigen Sitz im UNO-Sicherheitsrat honoriert werden müsste, was die Kanzlerin dezent anmahnt, wenn sie davon spricht, dass Deutschland wegen seiner Gipfel-Erfolge jenen Sitz nun nicht gleich beanspruchen werde. Angela im Glück –und alle spielen mit. Für einen Tag tun Bush und Putin so, als wären sie im Raketenabwehrstreit versöhnt. Sarkozy und Blair streiten sich in aller Freundschaft , wer das Wort „ernsthaft“ vor den Halbsatz„zu prüfen, den Ausstoß des Treibhausgases Kohlendioxid bis 2050 zu halbieren“, gesetzt hat. Fast wollte man der Naturwissenschaftlerin Merkel zu gute halten, dass sie mit dieser nebulösen Festlegung, der Vernunft ein Hintertürchen offen halten wollte, damit sich die Erkenntnis durchsetzen kann, dass nur 3% des jährlichen planetaren Kohlendioxidausstoßes menschengemacht sind. Aber leider muß man zur Kenntnis nehmen, dass die Kanzlerin zum Ziel hatte, den globalen Temperaturanstieg per politischen Beschluss auf zwei Grad zu begrenzen und sich mit damit nicht durchsetzen konnte.
Unbemerkt geblieben sind die Proteste afrikanischer Politiker, die vergeblich darauf hinwiesen, dass es in Afrika jede Menge gesunder Menschen gäbe, die etwas unternehmen wollten und die nicht durch Schutzzölle für die reichen Staaten behindert werden sollten. Was für Afrika gut ist, bestimmten auf diesem Gipfel alternde Popstars, die unbeeindruckt von der Tatsache, dass die klassische Entwicklungshilfe vor allem der Mästung unverantwortlicher politischer Eliten dient und weniger den Völkern zugute kommt, für eine Fortsetzung der alten Methoden mit mehr Mitteln konzertierte und wohl demnächst dafür mit dem Bundesverdienstkreuz belobigt wird. Schließlich haben sie es mit ihrem Popspektakel, auf dem wirklich für Entwicklungshilfe engagierte Vereinigungen buchstäblich an den Rand gedrückt wurden , zur Hauptsendezeit in die ARD geschafft. An die siebzigtausend Besucher haben sich die Möglichkeit, für 2,50 € ein Konzert zu erleben, nicht entgehen lassen. Obwohl eine beträchtliche Anzahl von ihnen bekundete, nichts vom Motto der Veranstaltung zu wissen, werteten die Gipfelgegner das Konzert als vollen Erfolg. Außerdem sei es gelungen, Heiligendamm auf dem Landweg zu blockieren. Das bewirkte freilich nichts, außer, dass der Gipfel aus der Luft versorgt wurde. Auch die demonstrativen Annäherungen von G8-Aktivisten an den Zaun, brachte neben Fernseh-, und Pressebildern nur zertrampelte Felder und Weiden. Die betroffenen Bauern machen aber leider nicht die verantwortlichen Organisatoren haftbar, sondern wollen ihre Verluste vom Steuerzahler ersetzt bekommen.
Greenpeace wollte mit einer medienwirksamen Aktion auf dem Seeweg in Heiligendamm landen. Zwei Aktivisten hätten auch das Ufer erreicht. Um was zu tun? Egal, denn die spektakulären Bilder eines vom Polizeiboot überfahrenen Greenpeace-Schlauchbootes gingen schon um die Welt. Die Ökofunktionäre können sich darauf verlassen, dass ihre immer hohler werdende   Symbolpolitik nicht kritisch hinterfragt wird. So wie sich die von den Medien gefeierten friedlichen Demonstranten sicher sein können, dass nicht thematisiert wird, wie sie sich für die gewalttätigen Autonomen als Schutzschild hergaben und sie abends im Camp als die heimlichen Helden feierten. Schließlich hatten die Steinewerfer dafür gesorgt, wie die Interventionistische Linke auf ihrer website in aller Offenheit feststellt, dass die Gegenaktionen von Rostock und Heiligendamm in aller Welt wahrgenommen worden sind.  Die Aktionen (gemeint sind die brutalen Beton-Attacken auf Polizeibeamte) hätten gezeigt, dass „eine bessere Welt möglich sei“ Diese Leute sind tatsächlich der Ansicht, hunderte verletzter Polizisten wären kein zu hoher Preis für ein paar Sekunden Nachrichten in der Abendschau. Das gruselige ist, dass ihnen kaum jemand widerspricht.
Die Ankündigung, zukünftig wolle man die Autonomen besser beobachten, soll die Öffentlichkeit beruhigen. Einfacher und wirksamer allerdings wäre, ihnen einfach das Geld zu entziehen. Solange sich autonome Gruppen aus den staatlichen Förderprogrammen gegen Rechts finanzieren können, sind Ereignisse wie in Rostock vorprogrammiert.
Die wirkliche Bilanz des Gipfels ist mehr als ernüchternd: mehr als 100 Millionen Euro Steuergelder allein für Sicherheitsmaßnahmen wurden verbrannt. Hunderte Polizisten wurden als moderne Gladiatoren in einem reinen Symbolpolitik-Spiel verheizt. Rausgekommen ist nicht mehr als heiße Luft. Miß World- Politik- mir graut vor dir!

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