Jesko Matthes / 26.01.2018 / 11:43 / Foto: thierry ehrmann / 22 / Seite ausdrucken

Anpfiff zum Bruch des Grundgesetzes

Was ist eine Kluft? Einerseits ist es eine Felsspalte, ein unüberwindbarer Gegensatz. Andererseits ist es ein Slang-Begriff für Kleidung. Nun könnte es sein, dass das Gegenteil einer Kluft die Eintracht ist – weit gefehlt. In der doppelten Kluft des HSV, eines Vereins, dessen Stadion stets voll ist und dessen Kasse trotz Sponsoring notorisch leer, möchte ich derzeit jedenfalls nicht stecken, und wir werden sehen: auch von Eintracht keine Spur.

HSV-Trainer Gisdol ist nach vier verlorenen Spielen in Serie soeben entlassen und durch Bernd Hollerbach ersetzt worden. Der Verein steht auf dem 17. Tabellenplatz der ersten Bundesliga und kämpft einmal mehr verzweifelt gegen den Abstieg. In meiner norddeutschen Wahlheimat wehen die stolzen schwarzweißblauen HSV-Fahnen trotzig im Wind, und man gibt ungern zu, wie sehr man fürchtet, sie auf Halbmast setzen zu müssen. Harte Kerle aus meinem Freundeskreis haben schlaflose Nächte oder brechen spätestens beim Abpfiff in Tränen aus. So sind echte Fans. Böse Zungen allerdings, sogar beim NDR, behaupten, dem HSV gehe es in etwa wie der SPD: einfach mal loslassen und absteigen, um sich zu regenerieren.

Abstiegsgegner AfD

In diesem Abstiegskampf gibt es auch beim HSV prominente Mitglieder und Funktionäre, die dabei einen wesentlichen Gegner ausgemacht haben. Er heißt nicht Bayern München, nicht 1. FC Köln, auch nicht Eintracht Frankfurt. Er heißt: AfD.

Dem HSV-Vorstand liegt ein Antrag vor, nach dem AfD-Mitglieder künftig nicht gleichzeitig Mitglieder des HSV sein dürfen. Ähnlich sieht es auch bei Eintracht Frankfurt aus, einem Verein, der beileibe den bequemeren Tabellenplatz genießt. Vielleicht leistet man sich dort deshalb deutlichere Worte. Eintracht-Präsident Peter Fischer sagt:

Ich traue niemandem mehr in diesem Land, wenn Nationalpopulisten 13 Prozent der Stimmen bekommen können. Ich werde auf der Mitgliederversammlung eine deutliche Position beziehen, dass es sich mit unserer Satzung nicht verträgt, AfD zu wählen. Es kann niemand bei uns Mitglied sein, der diese Partei wählt, in der es rassistische und menschenverachtende Tendenzen gibt.“

So weit, so schlüssig? Nun, er traut niemandem mehr. Dann ist das wohl nicht sein Land, das ist aber eine schöne Geste! Sie könnte sogar weise sein: Mitglieder anderer Parteien, die rassistische und menschenverachtende Parolen decken, die sich gegen dieses Land richten, sind ihm dann nämlich herzlich willkommen.

Sport muss politisch korrekt sein!

Doch es kommt noch besser. Der Eintracht-Vorsitzende fährt fort:

„Sport muss politisch sein, und zwar nicht nur sportpolitisch. Der Sport muss vielmehr auch ganz klar politisch sein und seine Stimme erheben gegen gesellschaftliche Fehlentwicklungen, wenn es angebracht und notwendig ist. Wir müssen immer wieder aufs Neue aufpassen. Ich will später nicht einmal hören, dass ich gesagt habe: Das wusste ich nicht oder habe ich falsch eingeschätzt.“

Na, fein! Wo bleibt die Stimme des Großen Vorsitzenden gegen die offenkundigen gesellschaftlichen Fehlentwicklungen, gegen das Verbrennen israelischer Fahnen, gegen die inzwischen alltäglichen sexuellen Übergriffe und Messerattacken aus den Reihen von Migranten, gegen die allmähliche Aushöhlung der Frauenrechte, gegen die Angriffe von Seiten der offiziellen Regierungspolitik gegen die Meinungsfreiheit?

Diese Art, wie Sport politisch – also korrekt beim Aufzeigen von Missständen – sein muss, kenne ich. Sie kostete 1977 Elisabeth Käsemann das Leben. Die Politik macht die Vorgaben, und wir Fußballer halten uns daran: Buenos dias, Argentina! Auf diese opportune Weise lernen Sportfunktionäre, wie sie handeln müssen, damit Sponsorengelder fließen und die Mächtigen auf den VIP-Rängen ihrer Stadien werbewirksam Platz nehmen.

Bleiben wir daher in Deutschland: Ich meine mich dunkel zu erinnern, dass im Grundgesetz auch von der freien Entfaltung der Persönlichkeit die Rede ist, und davon, dass niemand wegen seiner politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden darf.

Das also ist die Fußball-Kluft: Die markige Überzeugung des Eintracht-Vorsitzenden und der Antrag, der dem HSV vorliegt, sind so exakt so mutig, wie es ein wohlfeiler Aufruf zum Bruch des Grundgesetzes eben sein kann.

Sie lesen gern Achgut.com?
Zeigen Sie Ihre Wertschätzung!

via Paypal via Direktüberweisung
Leserpost

netiquette:

Rainer Nicolaisen / 26.01.2018

“PC” als neuer Faschismus. Und dazu gehören halt auch die Blockwarte.

Nicholas van Rijn / 26.01.2018

Mitgliedschaft kann ich ja noch verstehen, aber wie will man “prüfen”, ob jemand AFD wählt? Notarielle Ehrerklärung, Aussage unter richterlichem Eid? Hä?

F. Jung / 26.01.2018

Satzung 2017 des Vereins Eintracht Frankfurt: “§ 3 ZWECK UND AUFGABEN DES VEREINS 3. Der Verein handelt frei von parteipolitischen, weltanschaulichen und religiösen Bindungen. § 6 ALLGEMEINE VERBANDSZUGEHÖRIGKEIT Der Verein ist Mitglied des Landessportbunds Hessen e.V.. Seine Abteilungen sind Mitglied der zuständigen Fachverbände. Die von diesen Verbänden erlassenen Bestimmungen (Satzungen, Statuten, Spielordnungen u.a.) werden unmittelbar für die betroffenen Vereinsmitglieder verbindlich.” Der Landessportbund Hessen schreibt in der Satzung: “§ 6 Grundsätze (1) Der lsb h ist parteipolitisch neutral. Er bekennt sich zu den Grundsätzen der Menschenrechte, zur Freiheit des Gewissens und der Freiheit in demokratischer Gesellschaft. “ Tja, das war dann wohl mal früher so….. Es wird sich doch mal irgend ein Anwalt finden, der diesen selbstverliebten Herrschaften die Grenzen nach Grundgesetz und ihren eigenen Regeln aufzeigt ????????????

Oliver Förstl / 26.01.2018

Laut Verfassung haben wir auch Staatsbürgerschaft, Aufenthaltsrecht und Grenzsicherung - also ein grundlegendes, gesundes Misstrauen gegenüber “Fremden”. Wer diese Elemente pauschal ablehnt, der zersprengt Gesellschaften und legt Demokratien in Schutt und Asche. Insofern ist die Aushebelung des Grundgesetzes nur die Fortsetzung einer Agenda, die innerhalb von einer Generation, unser Land, unsere Gesellschaft und Kultur irreparabel schädigt.

Heiko Stadler / 26.01.2018

Lasst uns doch einfach mal über das liebe Geld reden! Die Fußballclubs leben zum großen Teil von den Einnahmen aus den Übertragungsrechten. Diese werden zum großen Teil von den ÖR Sendern gezahlt, die von unseren Zwangsabgaben leben. Genau diese Zwangsabgaben möchte die AfD abschaffen. Der angebliche “Rassismus” der AfD ist nichts anderes als die Angst der Fußballfunktionäre vor einem nicht ganz so fetten Geldbeutel.

beat schaller / 26.01.2018

ja, einverstanden mit Ihren Ausführungen, die einem normalen Menschen zuwider laufen müssen, aber, und das frage ich mich schon fast täglich, wo bleiben denn da die Kläger?? Müssten nicht Gerichte und Gesetzgeber aus eigener Initiative handeln?? Wenn ich falsch parke, dann bekomme ich den Zettel! Wenn ich öffentlich eine rassistische Bemerkung mache, dann bekomme ich eine Klage. Aber hier, wo es doch um das höchste Gut der Sportlichkeit geht, da geht alles durch? Nur weil die Politik heute auf alles schiessen darf, das sogar vor ein paar Jahren noch das eigene Parteiprogramm war. Das ganze ist so offensichtlich und lächerlich und trotzdem geht niemand auf die Strasse, treten nicht 90% Mitglieder aus solchen Vereinen aus? Es scheint eben doch, dass ob die Deutschen genau diese Politik wollen und keiner merkt, dass er doch längst selbst schon überrollt wurde. Aber Achtung, es wird irgendwann mal anfangen weh zu tun, dann ist es wohl aber zu spät. b.schaller

Arnd Siewert / 26.01.2018

Das GG gilt nur in kritischer Hinsicht für die schon länger hier Lebenden. Die nicht so lang weilenden bringen den Standart ihrer Herkunft mit welcher dann politisch korrekt für sie hier gilt. Also keine Integration in unsere Werte sondern die Degration der selben in unserem Land.

Frank Stricker / 26.01.2018

Was sind denn “Nationalpopulisten” ? O.k. , geht mich ja nichts an wenn Herr Fischer ab und an mal einen Äppelwoi zu viel schluckt, aber gibt es denn bei so einem Traditionsverein wie der Frankfurter Eintracht keinen nüchternen Pressesprecher, der sich halbwegs mit dem Grundgesetz auskennt ? Wie will man denn allen Ernstes AFD-Wähler aussortieren ? Durch DNA-Analyse vielleicht , oder eidesstattliche Versicherungen vom Nachbarn oder Arbeitskollegen ?  Die Gegenreaktionen der “Gutmenschen” auf die sogenannten “Einzelfälle” werden immer skuriler und peinlicher.

Weitere anzeigen Leserbrief schreiben:

Leserbrief schreiben

Leserbriefe können nur am Erscheinungstag des Artikel eingereicht werden. Die Zahl der veröffentlichten Leserzuschriften ist auf 50 pro Artikel begrenzt. An Wochenenden kann es zu Verzögerungen beim Erscheinen von Leserbriefen kommen. Wir bitten um Ihr Verständnis.

Verwandte Themen
Jesko Matthes / 16.02.2024 / 11:00 / 39

Wie man eine potemkinsche Landesverteidigung aufbaut

Deutschland erreicht das Zwei-Prozent-Ziel der NATO auf wundersame Weise ganz von alleine, und Boris Pistorius ist ein Genie. Boris Pistorius sieht Deutschland als militärisch-„logistische Drehscheibe in…/ mehr

Jesko Matthes / 24.11.2023 / 16:00 / 52

EMA: Niemand hatte die Absicht, eine Massenimpfung zuzulassen

Die EMA gibt gegenüber EU-Parlamentariern zu, dass die Covid-Impfstoffe nicht für die epidemiologische Verwendung zugelassen wurden. Die Impfkampagnen hätten auf einem "Missverständnis" beruht. Impfzwänge und…/ mehr

Jesko Matthes / 15.11.2023 / 16:00 / 7

Auf zu den Sternen! – Der Kosmonaut Igor Wolk

Heute vor 35 Jahren startete zum ersten und letzten Mal „Buran“, das sowjetische Space Shuttle. Was dem Kosmonauten und Testpiloten Igor Wolk widerfuhr, hat bleibende…/ mehr

Jesko Matthes / 29.08.2023 / 10:00 / 17

Fabio De Masi gegen Olaf Scholz: Der Trank des Vergessens

Im Gedächtnis bleibt uns immer nur das Entscheidende. Das Unwichtige, wie ein paar Millionen oder Milliarden ergaunerte Steuergelder, vergessen wir im Angesicht des Schönen, wie…/ mehr

Jesko Matthes / 23.08.2023 / 09:30 / 30

Kurzkommentar: Arbeiterlieder sind jetzt rechts

Der Erfolg des US-Liedermachers Oliver Anthony macht den Linienpolizisten schwer zu schaffen. n-tv wirft Anthony sogar vor, er sei gar kein Arbeiter mehr, sondern Bauer.…/ mehr

Jesko Matthes / 25.07.2023 / 14:00 / 7

Hauptsache, die Brandmauer steht!

In Hintertupfenheim an der Wirra soll eine Brandmauer den Bürgermeister und seinen Möchtegern-Nachfolger vor politischen Zündlern schützen. Auch die Feuerwehr steht bereit. Doch dann wird…/ mehr

Jesko Matthes / 20.07.2023 / 13:00 / 37

Kurzkommentar: Einen Wodka-Söder, bitte!

Söder beruft sich wieder einmal auf seinen großen Vorgänger Franz Josef Strauß. Dabei kann man dem nun wirklich nicht nachsagen, die eigene Haltung nach Söder-Art immer wieder…/ mehr

Jesko Matthes / 13.07.2023 / 11:00 / 8

Milan Kundera, oder: Die Banalität des Guten

Mit dem Roman „Die unerträgliche Leichtigkeit des Seins“ wurde Milan Kundera weltberühmt. Nun ist der tschechisch-französische Schriftsteller im Alter von 94 Jahren gestorben. Irgendwann im Herbst 1988 saß ich…/ mehr

Unsere Liste der Guten

Ob als Klimaleugner, Klugscheißer oder Betonköpfe tituliert, die Autoren der Achse des Guten lassen sich nicht darin beirren, mit unabhängigem Denken dem Mainstream der Angepassten etwas entgegenzusetzen. Wer macht mit? Hier
Autoren

Unerhört!

Warum senken so viele Menschen die Stimme, wenn sie ihre Meinung sagen? Wo darf in unserer bunten Republik noch bunt gedacht werden? Hier
Achgut.com