Selbst die FAZ, in den letzten Jahren weitgehend zu einem altersmüden Amtsblatt und kritiklosen Affirmationsorgan der Regierungspolitik herabgesunken, sieht inzwischen die Ansätze zu einer veritablen Verfassungskrise durch den Fall Thüringen. In einer lesenswert nüchternen Analyse schreibt Helene Bubrowski:
Es ist bemerkenswert, wie die Bundesregierung sich hier in die Politik eines Bundeslandes einmischt. Denn am Samstagnachmittag haben sich nicht informell die Parteivorsitzenden von CDU, CSU und SPD zusammengesetzt, um über die Lage in Thüringen zu beraten. Der Koalitionsausschuss hat eine andere Qualität, auch wenn die Parteivorsitzenden mit am Tisch sitzen. Die Runde trifft sich im Kanzleramt, in der Zentrale der Bundesregierung. Die Kanzlerin, der Chef des Bundeskanzleramts und der Vizekanzler sind dabei. In ihren jeweiligen Parteien haben alle drei keine wichtigen Aufgaben inne. Warum entscheiden die Mitglieder der Bundesregierung darüber, wie es in Thüringen weitergeht? Verfassungsrechtlich ist das mindestens heikel. Gerade im Osten werden hässliche Erinnerungen wach, wenn Berlin diktiert, wie die Dinge abzulaufen haben.
Bubrowski formuliert vorsichtig. Sie deutet in der Folge aber wenigstens an, inwiefern die Kanzlerin sich selbst radikalisiert hat – und sich dabei weitere Fallen stellt, indem sie eigene innerparteiliche Grenzen missachtet und sich von anderen Parteien erpressbar macht.
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