Eric Gujer, Chefredakteur der NZZ, schreibt:
Wohin die neue Macht der Schwarm-Publizistik führen kann, musste der Westdeutsche Rundfunk (WDR) erfahren, als er in einem Beitrag Rentner als "Umweltsäue" verunglimpfte. In den sozialen Netzwerken brach ein Höllensturm los, der den Intendanten zum Kotau und die öffentlichrechtliche Anstalt zur Löschung des Beitrags im Internet bewog.Die Führungsriege bewies ein feines Gespür für die Verletzlichkeit eines auf Zwangsgebühren beruhenden Geschäftsmodells. Viele WDR-Mitarbeiter hingegen pochen stur auf das angestammte Vorrecht als Gatekeeper. Sie diffamieren ihre im Internet tobenden Kritiker als rechtsradikalen Mob. Realitätsverweigerung ist gerade für Journalisten kein taugliches Rezept. Sie sollten sich darauf besinnen, was ihr Metier seit mehr als 200 Jahren ausmacht und was eine Zeitung von Weissblechdosen unterscheidet. Sie ist ein Stück Identität. Sie nistet sich in den Hirnen und Herzen ihrer Leser ein. Sie verkauft eben nicht einfach ein Produkt, sondern sie bietet eine Beziehung an. Dafür braucht sie selbst eine Identität und ein Anliegen, das über den Gelderwerb hinausgeht.
Morgen veröffentlicht die NZZ einen Schwerpunkt zum Thema Medien. Anlass: Die gute alte Tante NZZ wird 240 Jahre alt. Wir gratulieren!
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