Der Spiegel und der Wirkungsgrad
Herzlichen Glückwunsch, Spiegel! „EU-Forschern“ ist es gelungen, die lästige Carnot-Schwelle von 65,2 Prozent für den Wirkungsgrad bei der Energieumwandlung von chemischer in elektrische Energie (oder umgekehrt) zu durchbrechen und der Spiegel durfte die Sensation als erster verkünden. Kürzlich haben man „schon einen Wirkungsgrad von 75 Prozent erreicht – und sehen noch deutlich Luft nach oben“ relotiert das Magazin.
Aus gut unterrichteten Kreisen verlautet bereits, dass die EU-Forscher (sicher eine geheime parlamentarische Kommission des EU-Parlaments) auch in anderen Wissenschaftsdisziplinen kurz vor entscheidenden Durchbrüchen stehen. Als Beispiele nannten die Forscher die Projekte „Banken in Europa – leichter leben ohne Gewinne“, „Nur die Liebe zählt – Pflanzen CO2-frei ernähren“, „Schwerkraft – ein Konstrukt des Patriarchats überwinden“ sowie „Überholen ohne einzuholen – autofreie Elektromobilität“. Halleluja! Weg mit der bürgerlichen Physik, grenzenlose Blödheit für alle!
Wichtige Korrektur des Autors dieses Fundstückes Roger Letsch:
ich habe gegen meine eigene „Regel Nummer 1“ verstoßen, welche lautet „schreib keinen Scheiß“. Denn der Spiegel-Artikel zur Steigerung des Wirkungsgrades bei der Elektrolyse bezog sich lediglich auf die Gaserzeugung, nicht jedoch auf den vollständigen P2G2P-Prozess. Die von mir erwähnte Carnot-Schwelle „lauert“ natürlich nicht bei der Elektrolyse und der anschließenden Methanisierung, sondern erst bei der Rückverwandlung des so gewonnenen Gases über thermische Prozesse (Verbrennung). Ich hatte den Gesamtprozess der Stromerzeugung im Auge, von dem im Artikel aber gar nicht die Rede war. Die Synthese von Methan ist natürlich kein Carnot-Prozess und unterliegt auch nicht der Wirkungsgradbeschränkung, auch wenn es dort natürlich ebenfalls zu Verlusten kommt. Wie beschrieben gibt es heute technisch die Möglichkeit, bei der Erzeugung von Gas Wirkungsgrade von 75% zu erzielen und es mag auch noch Luft nach oben sein, das ist korrekt. Meine Darstellung war es eindeutig nicht. Ich ziehe meinen Spott also zerknirscht zurück und werde damit stattdessen auf einen Artikel warten, der ähnliche Erfolge bei der Rückverstromung meldet. Denn das ist es ja, was als Speichermedium der Zukunft zur Sicherstellung der Versorgungssicherheit propagiert wird. Die Herstellung von Gas ist nur der erste Schritt des P2G2P-Verfahrens.
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