Reinhard Mohr
Die vermeintlichen Internet-Idealisten von Wikileaks haben ein neues weltweites Business entwickelt: Im Namen der schrankenlosen Transparenz und radikalen Öffentlichkeit zelebrieren sie die Rückkehr des Staatsgeheimnisses. Ein Paradox, das zur Dialektik wird: Selbst offenkundige Banalitäten und Informationen, die in der Substanz kaum etwas Neues bieten, verwandeln sich in skandalöse Geheimberichte, die mit Hilfe von Servern in einem schwedischen Atombunker in die Welt geschickt werden müssen. Die völlig normale Arbeit von Botschaften in aller Welt wird so ins Zwielicht von Komplott und Verschwörung getaucht. Und exakt das sind die Wikileaks-Jünger: Verschwörungstheoretiker, virtuelle Fürsten der Finsternis, die sich selbst nicht in die Karten schauen lassen wollen, während sie den Rest der Welt in ein Aquarium verwandeln möchten. Sie handeln mit gestohlenen Daten, feiern sich aber als selbstlose Robin Hoods, die nichts kennen als Wahrheit und Lüge, schwarz oder weiß. http://www.dradio.de/dkultur/sendungen/politischesfeuilleton/1340076/