Ulrike Stockmann / 27.09.2023 / 16:00 / Foto: Thesab / 40 / Seite ausdrucken

Für Singles nur noch Ein-Zimmer-Wohnungen?

Kürzlich sorgte die Meldung für Wirbel, dass der Berliner Senat plane, Singles künftig nur noch Ein-Zimmer-Wohnungen der staatlichen Wohnungsbaugesellschaften zur Verfügung zu stellen. Nun ruderten die Verantwortlichen zurück. Doch das Thema ist nicht vom Tisch.

Vor rund zwei Wochen sorgte die Meldung für Wirbel, dass der Berliner Senat plane, Singles künftig nur noch Ein-Zimmer-Wohnungen der staatlichen Wohnungsbaugesellschaften zur Verfügung zu stellen. Dies ging aus dem Entwurf einer Vereinbarung zwischen dem Berliner Senat und den sechs landeseigenen Wohnungsbaugesellschaften sowie der Berlinovo (staatliche Verwalterin von größtenteils staatlichen Immobilienfonds, die Wohnungen besitzen, Anm. d. Red.) hervor.

Am Montag dieser Woche wurde die Kooperationsvereinbarung zwischen Senat und Wohnungsbaugesellschaften offiziell. Nun hieß es, die „Ein-Zimmer-Regelung“ für Singles gehöre einer veralteten Fassung an. Hatten die Medienberichte sowie die Oppositionskritik vonseiten der FDP für ein Zurückrudern des mit Feuereifer regulieren und umverteilen wollenden Senates gesorgt? Ein bisschen erinnerte das Vorgehen an Nancy Faesers Forderungen zum Ausländerwahlrecht. Im hessischen SPD-Wahlprogramm hatte bis vor Kurzem gestanden, dass es Nicht-EU-Ausländern bereits nach sechs Monaten erlaubt sein soll, in Hessen zu wählen. Nachdem dies medial für Furore gesorgt hatte, verkündete die SPD, dass es sich um einen Übertragungsfehler gehandelt habe und statt sechs Monaten eigentlich sechs Jahre veranschlagt gewesen seien. Außerdem wurde noch nachgeschoben, dass die Regelung nur für Nicht-EU-Ausländer mit unbefristetem Aufenthaltstitel gelten solle.

In der offiziellen Fassung der vorgestellten Berliner Kooperationsvereinbarung heißt es nun: „Ein angemessenes Verhältnis von Haushalts- und Wohnungsgröße wird bei der Neu- und Wiedervermietung sichergestellt, um den vorhandenen Wohnungsbestand bestmöglich zu nutzen.“ Die zuständige Senatsverwaltung für Stadtentwicklung, Bauen und Wohnen antwortete laut rbb auf die Frage, was das konkret bedeuten soll: „Das heißt grob gesagt, dass in große Wohnungen Familien einziehen sollten – kleine Wohnungen sollten Singles vorbehalten sein.“ Die Senatsverwaltung werde über die Vergabe jeweils im Einzelfall entscheiden. Konkrete Vorgaben zur zulässigen Wohnungsgröße pro Anzahl der Mieter solle es weiterhin nicht geben. Ein Sprecher des Verbandes Berlin-Brandenburgischer Wohnungsunternehmen (BBU) habe zudem auf rbb-Anfrage mitgeteilt, dass die Formulierung in der Vereinbarung keineswegs eine Neuerung für die Vergabe von Mietwohnungen darstelle, da schon seit Jahren „Wohnungen entsprechend des Bedarfs vergeben werden“.

T-online interpretiert die Formulierung „kleine Wohnungen sollten Singles vorbehalten sein“ dahingehend, dass dies unterm Strich dennoch bedeute, dass von staatlicher Seite für Alleinstehende nur Ein-Raum-Wohnungen übrigblieben. Auch die Bild-Zeitung zeigte sich wenig begeistert von dieser „Wischi-Waschi-Regelung“, die alles Mögliche bedeuten könnte.

Eindruck sozialistischer Umverteilung

In Berlin herrscht bekanntlich große Wohnungsnot, nicht zuletzt durch massiven Flüchtlingszuzug. Allein 2022 stieg die Einwohnerzahl der Hauptstadt laut Demografieportal um 75.329 Personen und damit um 2 Prozent. Die Tagesschau vermeldete, dass im letzten Jahr 60.000 ukrainische Flüchtlinge nach Berlin gekommen sein sollen. Der rbb hingegen schätzte Anfang des Jahres die Zahl der ukrainischen Flüchtlinge in Berlin sogar auf 100.000. Sie erhalten automatisch den Status eines Kriegsflüchtlings, wenn sie sich registrieren lassen. Hierfür haben sie drei Monate Zeit, denn sie dürfen bis zu 90 Tage nach ihrer Einreise ohne Visum oder Aufenthaltserlaubnis in Deutschland bleiben. So könnte sich die ungenaue Zahl der in Berlin lebenden Ukrainer erklären.

14.700 weitere Asylbewerber sollen im Jahr 2022 in Berlin untergekommen sein. Die häufigsten weiteren Herkunftsländer von Flüchtlingen waren in diesem Zeitraum laut Tagesspiegel Georgien, Syrien, Türkei, Afghanistan und Moldau. Georgien und Moldau wurden im August dieses Jahres zu sicheren Herkunftsländern erklärt. Und gerade fragte sich die CDU, warum so viele Migranten aus der Türkei einen Fluchtgrund haben. Deutschlandweit haben von Januar bis Juli 2023 bereits rund 23.000 Türken einen Asylantrag in Deutschland gestellt. Als Fluchtgründe werde die schlechte wirtschaftliche Lage sowie das Erdogan-Regime angegeben. Von den gestellten türkischen Anträgen seien laut Bundesamt für Migration und Flüchtlinge nur 15 Prozent bewilligt worden.

In jedem Fall drängt sich der Verdacht auf, dass der Senat die Berliner Bevölkerung durch weitere staatliche Gängelung reglementieren will, um genügend Raum für die Folgen der Flüchtlingspolitik zu schaffen. Die Stimmung auf dem ohnehin schon angespannten Wohnungsmarkt dürfte dieser Beschluss noch weiter drücken. Ganz abgesehen davon, dass der Eindruck sozialistischer Umverteilung entsteht. Im oben zitierten rbb-Beitrag wurden Berliner Singles befragt, was sie von den Senatsbeschlüssen halten. Eine englischsprachige Befragte antwortete: „Das geht ein bisschen gegen das Prinzip des freien Marktes (…) Es widerspricht dem Grundrecht auf Privateigentum und dem freien Markt. Wenn sich jemand eine größere Wohnung leisten kann … Dann ist das doch die Grundlage unserer Gesellschaft und Wirtschaft, oder?“

Und wie der freie Markt auf eine unmögliche Wirtschaftspolitik reagiert, zeigt das Beispiel des deutschen Immobilienkonzerns Vonovia. Dieser legte den Bau von 60.000 geplanten Wohnungen auf Eis – wegen „hoher Zinsen und Baukosten“. Vonovia-Chef Rolf Buch vermeldete: „Wir machen alles fertig bis zum Baurecht. Und hoffen, dass sich Bauen bald wieder lohnt und rechnet. Dann wollen wir sofort wieder bauen.“

 

Ulrike Stockmann, geb. 1991, ist Redakteurin der Achse des Guten. Mehr von ihr finden Sie auf ihrem YouTube-Kanal.

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Leserpost

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S. Wietzke / 27.09.2023

Schade das der Plan nicht auch für alle privaten Vermieter verbindlich ist. Schließlich beherbergen die stadteigenen Wohnungsunternehmen eh nur das berliner Lumpenproletariat. Denn eigentlich ist selbst ein Etagenbettschlafplatz in einer zugigen, ungeheizten Baracke für Berliner völlig übertriebener Luxus. Aber da wird der Senat in absehbarer Zeit bestimmt nachbessern. Und ich habe meinen Spaß.

Otto Nagel / 27.09.2023

Steht da auch schon drin, daß“Verdiente Bürger” vorrangig mit “angemessenem” Wohnraum zu versorgen sind ?  Wenn nicht,  kommt noch !

Günter H. Probst / 27.09.2023

Die SPD hatte es für Menschen schon immer mit der Käfighaltung in Hochhäusern, und die GRÜNEN mit der großzügigen Käfighaltung für Tiere. Statt 1-Raum-Wohnung für Singles, sollte 1-Raum-Wohnung für 2 Personen verbindlich werden. Bei nicht schwulen gegengeschlechtlichen Paaren könnte das die demographische Misere mindern. Da die Masseneinwanderung nicht gestoppt wird, und daher die Mieten weiter steigen, wird ein Zusammenrücken in Goßstadtwohnungen aber sowieso kommen.

finn waidjuk / 27.09.2023

Ein Schritt in die richtige Richtung: nach Einraum-Wohnungen für Singles kommen dann Gummizellen für Alle.

Lutz Herrmann / 27.09.2023

Die Berliner wollen das doch so.

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