Die grüne Transformation betrifft sämtliche Wirtschafts- und Lebensbereiche und wird früher oder später auf der ganzen Welt stattfinden müssen. So heißt es bei den ökonomischen Minnesängern. Blöd, dass die ganze Welt das anders sieht.
Weder das ZDF noch die Bundeszentrale für politische Bildung vermochten in den vorangegangenen Folgen die „German Angst“ vor dem Verlust von Industrie und damit Wohlstand und sozialer Sicherheit auszuräumen. Nun versuchen wir es auf höchstem akademischem Niveau, mit einer per Internet-Suchmaschine als höchst interessant bewerteten Aufsatzsammlung aus dem Hause „ifo“, den Münchener anerkannten Wirtschaftsweisen – es handelt sich um den „Schnelldienst 3/2023“.
Nicht mehr ganz frisch, aber dafür bieten 30 engbedruckte Seiten reichlich Fakten und Forschungsergebnisse, und am politischen Rahmen für die deutsche Wirtschaft hat sich über die zwei Jahre seither nichts Grundlegendes geändert. Gerade das Establishment versichert uns ja außerdem, hier finde ein langfristiger Strukturwandel statt.
Gas geben für den Export der Grundstoffproduktion
Ein „Senior Researcher am Wuppertal-Institut“ führt uns „aus der Gaskrise zu einer anpassungsfähigen klimaneutralen Grundstoffindustrie“. Grundstoff heißt so viel wie: Anfang der Produktionskette, wo viel Energie gebraucht wird. Da ist auch die Konkurrenz aus dem internationalen Ausland groß, die Wertschöpfung und die Gewinnmargen hingegen eher gering, die Abwanderung der Produktion also ziemlich wahrscheinlich. Das sieht der Aufsatz auch so, und man soll es geschehen lassen. Das böse CO2 wird dann woanders erzeugt, und damit sind wir aus dem Schneider.
Ein anderer Autor, aus Halle, rechnet vor, dass die Produktion energieintensiver Grundstoffe – mit hohen Erdgasverbräuchen –, die man zukünftig wohl besser aus dem Ausland einkaufe, letztlich keine großen Anteile an Wertschöpfung und Arbeitsmarkt habe, es sei also kein großer Verlust, jedenfalls nicht besorgniserregend. Das mag statistisch so scheinen, aber der Weggang ist ja rein politisch verschuldet durch Klimawahn und mutwillig erhöhte Gaspreise und das Ausland vor allem deshalb konkurrenzfähiger, weil man dort politisch weniger vernarrt handelt. Die Verluste sind also eigentlich unnötig.
„Klimaneutral“ produzieren kann man eigentlich nicht wirklich, aus physikalischer Sicht, und was man so anstrebt, mit „Wasserstoffwirtschaft“ zum Beispiel, leidet unter aberwitzigen Umwandlungsverlusten und damit Energiepreisen. Ungerührt führt der Experte aus Wuppertal vor, dass im technischen Prinzip dieses und jenes möglich und notwendig sei, nämlich eine „deutliche Verstärkung des Ausbaus erneuerbarer Stromerzeugung und ihrer Transportinfrastrukturen“; „auch für ein Szenario, in dem Deutschland stärker als heute auf Recycling und damit auf heimische Rohstoffe setzt. Auch eine Wasserstoffinfrastruktur wird in Deutschland benötigt“. Nebenher mag die Stahlindustrie auf Erdgas ausweichen, was aber wohl eher nicht „klimaneutral“ wäre.
Mit einer realistischen ökonomischen Strategie hat das wenig zu tun, weil Kosten für Unternehmen oder Steuerzahler keine Rolle zu spielen scheinen, aber selbst wer ganz in echt global (!) CO2 vermeiden will, wird hier veralbert, denn beziehen wir die energieintensiven Grundstoffe erst mal aus aller Welt, wird dort auf CO2 keine Rücksicht genommen (sonst wäre man auch nicht preisgünstiger). Die angeblich „entstehenden Märkte für grüne Produkte“ dürften ohnehin Phantasie bleiben, so wie bisher schon.
Keine Sorge, die Industrie stirbt noch nicht komplett
Weit realistischer legen drei ifo-Experten den Finger in die Wunde der Automobilbranche. Man beschreibt die gewaltige Bedeutung des Autos für die deutsche Industrie in harten Zahlen und den „vielschichtigen Strukturwandel“, der auch hier offenbar fast naturgesetzlich stattfindet.
Das Verbrenner-Aus ist einfach gesetzt, doch leider: „Für die Automobilindustrie bedeutet das eine nahezu vollständige Abkehr von ihrem bisherigen Geschäftsmodell“. Nicht nur kann man mit Batterie-elektrischen Autos wenig Geld verdienen, man macht sich auch komplett abhängig von Rohstoffen aus China. Angeblich werden Autos auch immer digitaler und die „eigentliche Herstellung von Autos“ verliere an Bedeutung. Komisch, mein Auto wird zwar auch digitaler, aber was ich anfassen und fühlen kann, wird gleichzeitig ebenfalls immer mehr und komplizierter.
Dann wird beschrieben, dass gerade auch deutsche Hersteller ihre Produktion weiter nach China verlagern, um vermeintlich den „enormen Absatzmarkt“ zu erschließen. Das konnte man vor Jahren vielleicht noch so sehen, heute sind massive Zweifel an der Strategie erlaubt, denn China könnte vor einem wirtschaftlichen Kollaps stehen, nicht nur wegen der Politik des neuen US-Präsidenten. Dann kommen noch soziologische Aushilfs-Phantasien von wegen „Urbanisierung“ und „Auto kein Statussymbol mehr für junge Leute“. Dergleichen „Trend-Analysen“ hört man von grünen Akademikern seit Jahrzehnten, und es ist einfach ideologisierter Unfug, die Statistik aus der realen Welt sagt immer das Gegenteil.
Und was soll man nun tun? Das Fazit der Spitzenexperten ist verblüffend: „Um sich zukunftsfest aufzustellen, muss die Automobilindustrie auf alle Herausforderungen eine Antwort finden. Dass die Automobilbranche in diesem Strukturwandel auch schrumpfen könnte, ist nicht von der Hand zu weisen. In der Summe dürfte sie jedoch auch künftig ein bedeutender Industriezweig bleiben.“ – Die Empfehlung, das dämliche Verbrenner-Verbot aufzuheben, oder sich handelspolitisch gegen die Dumpingpreise aus China zu wehren, findet sich hier nicht.
Der Niedergang, ökologisch und sozial gestaltet
Ein Berufs- und Bildungsexperte befasst sich mit dem Arbeitskräftepotenzial in Deutschland, ist nebenbei aber auch Experte für klimaneutrales Wirtschaften, ohne das geht es nun mal nicht. „Im Verkehrssektor müsste die Zahl der Elektroautos weitaus schneller erhöht werden als bislang – der dort bereits eingesetzte Transformationsprozess müsste also deutlich beschleunigt werden.“ Wie wir (inzwischen genauer) wissen, funktioniert das nicht, weil gebrauchte Batterie-Stromer keine Chance im Markt haben, aus guten technischen Gründen. Der Marktanteil an den Gesamtflotten hat nicht mal die Chance, auf zehn Prozent zu steigen, wie vor kurzem anhand harter Fakten hier vorgeführt.
Besser kennt der Mann sich aus mit der Entwicklung am Arbeitsmarkt, wohl zutreffend schlussfolgert er: „Es bedarf somit einer Steigerung des Fachkräfteangebots insgesamt.“ In Zuwanderung sieht er – erstaunlich ehrlich? – kein Allheilmittel, das ist schon allerhand. Dann erwähnt er noch ein Studienergebnis wie dieses: „unter Jugendlichen ausländischer Nationalität, deren Anzahl zukünftig zunehmen wird, sind die Abbruchquoten fast doppelt so hoch wie bei Deutschen“. Die Ehrlichkeit möchte man loben, aber dann macht er den guten Eindruck gleich wieder wett mit einem phrasenhaften Abschluss, den selbst das Berliner Politpersonal nicht hohler hinkriegen würden, denn aus seiner Sicht werde hier „die Chance verschenkt, die ökologische Transformation sozial zu gestalten.“
Tschö dann, Volumensegment
Ein ähnlicher Tonfall findet sich beim Forschungsdirektor der Deutschen Bank, sicher eine der vornehmsten Adressen im Gewerbe. Die Fakten werden durchaus gesehen, aber eine positive Haltung möchte man doch beibehalten. Beeindruckend klar wird herausgestellt, dass Deutschlands Industrie bisher vor allem so erfolgreich war wegen der „vertikalen integrierten Wertschöpfungskette“, das heißt: von den Grundstoffen bis zum fertigen hochwertigen Produkt kommt alles aus deutscher Hand. Genau das wird gefährdet, wenn die Grundstoffe, die energie-intensiv sind, in Deutschland nicht mehr zu konkurrenzfähigen Preisen produziert werden können. Neue Investitionen also nur noch im Ausland, legt er nahe – auch beim Stahl, wenn Kohle verpönt ist und Erdgas viel zu teuer.
So ähnlich auch bei den Automobilen: „Im Zuge des Strukturwandels dürfte es aus Kostengründen zunehmend schwerfallen, die Produktion von PKW im Volumensegment in Deutschland zu halten. Standorte in Deutschland könnten im konzerninternen Wettbewerb der großen Autohersteller häufiger das Nachsehen gegenüber ausländischen Standorten haben“. Außerdem sei der PKW-Markt in der EU, als wichtigstem Abnehmer, „gesättigt“. Da könnte man ein Fragezeichen setzen, denn wenn alle ein Auto haben, ist der Ersatzbedarf groß und zuverlässig, aber wenn die EU sich selbst und ihre Bevölkerung planmäßig ruiniert für „net zero“, bricht die Konsumfreude natürlich ein. So ein Hinweis wird nicht mal als Fußnote angehängt, schade. Auch scheint man bei der Deutschen Bank zu denken, dass es der Staat sei, der Geld für Forschung und Entwicklung bereitstellen müsse, anstatt es für Rentenzahlungen auszugeben. Nun ja.
Im Ergebnis: Deutsche Industrieunternehmen könnten sich selbst weitgehend retten, indem sie immer mehr im Ausland investieren, aber für den Standort Deutschland sieht es schlecht aus. Und dann ein Hammer: „Für den deutschen Mittelstand, insbesondere in den energieintensiven Branchen, wird die Anpassung an eine neue Energiewelt und andere Strukturprobleme eine größere Herausforderung, die manche Unternehmen nicht bewältigen könnten.“ Wieder keine Entwarnung, eher im Gegenteil.
Sachverständig ratlos, aber zuversichtlich
Überraschend kommen drei forschende Damen vom „Sachverständigenrat“ der Bundesregierung zu einer ganz anderen Schlussfolgerung: „Kein Grund zur Panik“ – denn die Energiekrise beschleunige nur „den ohnehin anstehenden Strukturwandel in der Industrie“. Da bleibt einem die Spucke weg, unwissenschaftlich formuliert. Wenn man sowieso schon dabei ist, bewegungsarm und verfressen an seiner Dickleibigkeit zu arbeiten und an Diabetes zu erkranken, kommt es auf eine Extra Packung Pralinen pro Tag auch nicht mehr an. Das beschleunigt nur den Strukturwandel.
„Deutschland wird nicht über die niedrigen Energiekosten (die in Deutschland sowieso nie wirklich niedrig waren), sondern über andere Standortfaktoren international konkurrieren müssen.“ Mit anderen Worten: Wenn ein Produktionsfaktor ohnehin schon nicht doll ist, einfach noch reichlich draufsatteln. Dann kommen jede Menge pseudo-wissenschaftliche gestelzte Erwägungen, die rein tautologisch sind – abwandernde Industrie ist nachteilig, wenn damit insgesamt das Wertschöpfungs- und Produktivitätsniveau sinkt, oder so ähnlich. Wenn es gelingt, dass die Fachkräfte stattdessen was ebenso Schönes machen nach der Umschulung, wäre das Problem gelöst. Wenn teurere Energie stattdessen billiger wäre, vermutlich auch, aber was weiß ich schon, ohne ökonomischen Doktortitel.
Weiter auf hohem Niveau (oder Ross) mutmaßen die drei Damen vom Chill: „Energieeffiziente Unternehmen werden zu den Gewinnern gehören, andere Unternehmen werden aus dem Markt scheiden. In Zukunft wird Deutschland zum Teil andere Produkte herstellen mit einer niedrigeren Energieintensität. In der Folge könnte ein Teil der Industrieproduktion, insbesondere im energieintensiven Bereich, abwandern.“ Es ist alternativlos, denn: „Es ist auf Dauer nicht leistbar, Energiepreise zu subventionieren.“ Framing gelungen, erfolgreich gelogen. Denn die Politik macht die Energie ja selbst absichtlich rasant teurer – darauf zu verzichten, ist ebensowenig eine „Subventionierung“, wie es eine Subventionierung des Verbrauchers ist, dass man ihm auch 25 Prozent Mehrwertsteuer abnehmen könnte, darauf aber verzichtet, politisch gnadenhalber.
„Die Politik sollte sich stärker darauf fokussieren, die Rahmenbedingungen zu verbessern, die notwendigen Investitionen für eine ausreichende Versorgung von preiswerter und CO2-armer Energie zu sichern und durch eine Förderung von Forschung und Entwicklung die Entwicklung neuer Produkte und Dienstleistungen mit hohem Wertschöpfungspotenzial zu unterstützen.“ – Hoppla, was gilt denn nun? Jetzt plötzlich doch Energie sowohl CO2-arm als auch preiswert, aber ohne zu subventionieren? Nicht mal im Framing ist man konsequent, irgendwie gilt alles und das Gegenteil, man schwurbelt sich halt so durch.
Und was ist mit den vielen schönen neuen Produkten, die auch ohne Energie funktionieren, die weltweit alle haben wollen und an denen man viel Geld verdienen kann? Was soll das sein? Natürlich, wenn die „Sachverständigen“ selbst entsprechende Ideen hätten, müssten sie nicht Plattitüden und Gesundbeten als kostbare Expertise verkaufen, sondern wären erfolgreiche Start-up-Gründerinnen. Die Marktnische globalistischen Apologetentums im Regierungsauftrag ist aber sicher auch angenehm lukrativ, fast auf NGO-Niveau.
Das Problem ist größer als gedacht!
Das Beste haben wir für den Schluss aufgehoben, es steht am Anfang der Broschüre und kommt vom Chef des Instituts der deutschen Wirtschaft, der laut Titel ausdrücklich die „Deindustrialisierung als Risiko ernst nehmen“ will. Na also.
Wir lernen ein wichtiges Faktum: Nicht nur rund 20 Prozent der Wertschöpfung hängen an der Industrie, sondern eigentlich 30 Prozent, wenn man diejenigen Dienstleistungen mitrechnet, die mit der Produktion verknüpft sind. Damit steht Deutschland weit vor allen anderen Industrienationen, außer China. Umso schlimmer also auch, wenn Industrie verloren geht – es ist eben nicht „sowieso schon nur noch ein Fünftel“.
Deutschlands Stärke ist zugleich mit einer extrem hohen Außenhandelsquote verbunden, und gekennzeichnet durch „weltweite Hidden Champions“, also starke Mittelständler mit herausragender (technologischer) Kompetenz. All das sei bedroht durch „Dekarbonisierung und demografische Alterung“. Zudem habe die „Digitalisierung“ noch nicht die erhofften Produktivitätsfortschritte gebracht. Dass die Hoffnungen von vornherein Wunschdenken sein könnten, sagt er nicht. Noch dazu attestiert er gravierende Schwächen bei „Regulierungen, Steuerbelastung und Infrastruktur“. Ja, da beißt sich die Katze in den Schwanz: Die Wirtschaft schwächelt, die Politik hält aber an ihrer „Großzügigkeit“ bei Migration und Subventionen fest, also gehen die Steuern hoch, während man die Infrastruktur schon seit Jahrzehnten verkommen lässt, weil „Auto böse“.
Der Fokus des Fachmanns ist ein anderer: Deindustrialisierung droht, wenn „der Staat für die Transformation zur Klimaneutralität seine regulatorischen und infrastrukturellen Aufgaben nicht erfüllt, so dass die Erwartungen der privaten Investoren zur Wettbewerbsfähigkeit des Standorts nicht stabilisiert werden können.“ Anscheinend gibt es ein Paralleluniversum, in dem man „klimaneutral“ werden, aber trotzdem wettbewerbsfähig bleiben kann. Wie, verrät er uns vorsichtshalber nicht. Das müsste der Staat ja auch alles bezahlen, kann er aber nicht, weil ohnehin schon das Geld fehlt und die Steuern zu hoch sind. (Nun verschulden wir uns dafür, als gäbe es kein Morgen, aber selbst das viele Geld kann das Wunder nicht bewerkstelligen, das hier nötig wäre. Die Physik steht sperrig im Weg rum.)
Wir sind auf die vorhandenen Branchen angewiesen
Immerhin bestreitet der Chefexperte, dass ein Verlust der energieintensiven Industrien nicht so schlimm sei – ganz im Gegenteil, unterstreicht er. Zumal Chemieindustrie und Metallerzeugung zu den forschungsintensivsten Industrien gehören. Auch wisse man, dass gerade die „etablierten forschungsstarken Branchen“ für den ökonomischen Fortschritt bürgen. Einfach mal neue Industrien mit neuen Produkten aus dem Hut zaubern, das empfiehlt er nicht, hält er vielmehr für fast garantiert aussichtslos.
Man möchte schon frohlocken angesichts der Realitätsnähe, aber dann setzt das kritische Denken einfach mal ganz aus, mit diesem Satz: „Drittens betrifft die grüne Transformation sämtliche Wirtschafts- und Lebensbereiche und wird früher oder später auf der ganzen Welt stattfinden müssen.“ Blöd, dass die ganze Welt das anders sieht als die EU und Deutschland. China klotzt ein neues Kohlekraftwerk nach dem anderen in die Landschaft, und Amerika geht wieder voll auf Öl, Gas und ebenfalls Kohle.
Der Chefökonom der deutschen Wirtschaft hält aber unverdrossen an der „Transformation“ fest und behauptet: „um Marktkräfte in eine neue Richtung zu lenken, bedarf es der Investitionssicherheit für Private durch verlässliche und stabile Erwartungsprägung (Konstanz der Wirtschaftspolitik). Dann werden Unternehmen das nötige Kapital mit Anlaufhilfe des Staates aktivieren. Eine Krise der schöpferischen Zerstörung lässt sich vermeiden, und der Industrie-Dienstleistungsverbund kann den Umbau zur Klimaneutralität gestalten.“
Das glaubt auch die EU, dass man der Wirtschaft nur klar genug sagen müsse, planwirtschaftlich-industriepolitisch, wo es hingeht, und dann wird das schon. Als ob das globale Finanzkapital Geld in ein bürokratisiertes Fass ohne Boden stecken würde, wenn woanders billige Energie und niedrige Steuern winken. Der Investor mag natürlich Klarheit über Rahmenbedingungen, aber letztere müssen auch positiv sein (und weltweit konkurrenzfähig) statt reine Sabotage. Garantierte Verlustgeschäfte macht keiner gern.
Das Establishment in der selbst gestellten Falle
Der Versuch, uns per amtlichen Internet-Quellen endlich erklären zu lassen, warum die Deindustrialisierung gar nicht das große Problem sei, als das populistische Meinungen sie darstellen (Desinformation!), ist damit leider voll in die Hose gegangen. Das ZDF hat Nebelkerzen geworfen, die Bundeszentrale für politische Bildung drückt sich um die entscheidenden Punkte und selbst die renommiertesten deutschen Wirtschaftsforscher gehören auch zum Establishment, als dessen Apologeten sie agieren, und beißen nicht in die Hand, die sie mit Staatsknete füttert. Es wird relativiert und vordergründig theoretisiert; beachtliche Fachkenntnis zu manchen Details mischt sich munter mit unkritisch übernommenen Propaganda-Narrativen wie zu Klima und Verkehr; man versteckt sich hinter suggerierten Quasi-Gesetzmäßigkeiten, auf die politischer Einfluss offenbar unmöglich ist. Selbst die Spitzen der amtlichen Wirtschaftsforschung, an den besten Adressen in Köln, Frankfurt und München, öffnen keinen Ausweg.
Aber was soll das Establishment auch tun – das Problem ist selbst verschuldet, absichtlich herbeigeführt durch eine grandios fehlgeleitete Politik, an der man ums Verrecken festhalten möchte. Der Klimawahn vorneweg, mit unzuverlässiger, überteuerter Energie und Verbrenner-Verbot, dazu der Regulierungswahn der EU und die fortgesetzte unterwürfige Anbiederung an China. All das wird als zwangsläufiger „Strukturwandel“ etikettiert und verkauft und zudem suggeriert, wenn die Politik sich genug Mühe gebe, werde man die anstehenden Verwerfungen schon irgendwie auffangen und abfedern, durch noch mehr Subventionen und Fortbildungsprogramme und Energie, die wie durch Zauberhand trotz „klimaneutral“ preiswert und zuverlässig zur Verfügung steht.
Das klingt wie ein Rathaus ohne Fenster zu bauen und hinterher das Licht in Eimern reinzutragen, wie die Bürger von Schilda, nur in weit größerem Maßstab, von großen Weltenlenkern gesteuert und mit arroganter Verachtung der Realität, auf die man noch stolz zu sein scheint.
Ende der Serie
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Michael W. Alberts hat langjährige Erfahrung in der Politikberatung und in politischer Kommunikation.