Klaus Leciejewski, Gastautor / 14.03.2022 / 14:00 / Foto: Imago / 67 / Seite ausdrucken

Frieden ohne Gesichtsverlust?

Deutschlands politischer Umgang mit Putins Ukraine-Krieg weist so einige Besonderheiten auf und wird von zahlreichen Eigenarten gekennzeichnet. Über die drei folgenden muss gesprochen werden.

Russenhass

In den letzten Tagen mehren sich die Meldungen über einen zunehmenden Russenhass in Deutschland. Eine pauschale Verdammung aller in Deutschland lebenden Russen, gleich ob sich diese auf Personen in Kunst oder in der Politik oder auf normale russische Bürger bezieht, ist ohne jeglichen Zweifel zu verurteilen. In weiten Teilen ist sie geradezu ekelhaft. Aber diese Einstellung kann nicht der Frage ausweichen, woher diese Verhaltensweise kommt. Ein Rückblick auf die letzten zehn Jahre der deutschen Politik offenbart, dass es dafür eine Vorbereitung gab.

In der Klimadebatte wurden ohne jegliche Differenzierung sämtliche Stimmen, die sich weigerten, der Angstmache „Klimarettung“ zu folgen, als Klimaleugner diffamiert. Das war kein Schimpfwort mehr, sondern eine Verketzerung. Stimmen, die in der Pandemie den Sinn des Impfens bezweifelten, wurden ausnahmslos wahlweise als Querdenker, esoterische Spinner, Neurechte, Rechtsradikale oder gar als Nazis verunglimpft. Sogar wissenschaftliche gegenteilige Meinungen wurden ausnahmslos abqualifiziert, obgleich Wissenschaft nur durch konträre Auffassungen überhaupt erst möglich wird. Die mediale Hetze kannte keine Grenzen. Leser von Achgut kennen bestens die Namen der massiv verleumdeten Wissenschaftler. Bis in die jüngste Vergangenheit hinein ist diese Verteufelung beispielsweise in der Zeit, dem Spiegel oder in der Süddeutschen Zeitung nachzulesen. Selbstverständlich übernehmen diese Medien keine Verantwortung für die Folgen ihrer Berichterstattung.

Nicht vergessen ist auch die „Willkommenskultur“ von 2015/ 16, in der jegliche warnende Stimmen als inhuman oder menschenfeindlich verteufelt wurden, bestenfalls nur als unsolidarisch. Bis heute sind in etlichen Medien Begriffe wie Flüchtlinge oder Asylsuchende tabu, Schutzsuchende sollen sie heißen, auch wenn es zahlreichen von ihnen nur um ein besseres Leben geht.

Wie können in einer derartigen, langfristig geschaffenen Atmosphäre Menschen verurteilt werden, die russische Waren aus den Regalen räumen, PKWs mit russischen Kennzeichen beschmieren oder im privaten Umfeld Bürger russischer Herkunft aburteilen?

Heute werden Künstler wie Gergiev oder Netrebko in Deutschland zu Parias dekretiert, aber Kunstmanager und Politiker, wie der Münchner Oberbürgermeister, hatten sich trotz genauer Kenntnis von deren schon immer vorhandenen Bewunderung für einen Massenmörder (Putin seit dem Tschetschenienkrieg von 2002) vehement für Engagements eingesetzt. Warum steht der Münchner OB nicht für die von ihm versenkten Steuergelder persönlich ein? Ach was, die paar Hunderttausend! Wowereit hat durch seine Unfähigkeit Milliarden im BER verpulvert, ist aber immer noch ein gern gesehenes Mitglied der Berliner Schickeria.

Die Merkel-Regierung sowie die Hofberichterstattung in fast allen deutschen Medien und gleichfalls das Auftreten genehmer Wissenschaftler haben lange vorher die jetzt weit verbreitete Stimmung eines pauschalen Russenhass erst ermöglicht. Der Schwenk vom „Klimaleugner“ zum „bösen Russen“ hatte nur einen kurzen Weg. Deutschland hat noch einen langen Weg vor sich!

Pazifismus

Vor wenigen Tagen stellte n-tv die Ansichten eines Professors an der Universität Halle-Wittenberg über die Perspektiven des Ukraine-Kriegs vor. Darin plädierte dieser formidable Wissenschaftler für eine sofortige Beendigung des Krieges durch die Ukraine und die Installierung einer Exilregierung in Berlin, andernfalls wäre der ukrainische Präsident dafür verantwortlich, dass sein Volk entweder tot oder vertrieben sei. Die Journalisten hatten ihm nicht die Frage gestellt, warum er nicht sogleich auch Israel dasselbe vorschlagen würde, oder warum nicht sämtliche Russen, die sich Putins Krieg widersetzen, unverzüglich nach Deutschland emigrieren sollten. In der Logik dieses Herrn könnte dasselbe für Regimekritiker im Iran oder in Venezuela oder für die Uiguren in China gelten. Absurd? Mitnichten! Es hat Methode! Kommentarlos nämlich stellte n-tv diese Meinung auf seine Internetseite ein und beließ sie dort tagelang. Dieser professorale Wissenschaftler ist mit seiner Ansicht in Deutschland beileibe nicht allein.

Es ist ein Vorzug eines demokratischen Staates kontroverse Auffassungen zu ermöglichen, oder müsste es angesichts der zurückliegenden 10 Jahre in Deutschland besser heißen: ermöglichen zu sollen. Allerdings müssen politische Äußerungen, die mit der Reputation eines sich wissenschaftlich gebenden und beamteten Professors verbunden sind, mit Steuergeldern bezahlt werden? Gemach, könnte da gerufen werden. Nach 1990 wurden an allen DDR-Hochschulen Evaluierungen durchgeführt, prinzipiell verständlich, aber an westdeutschen Hochschulen durften alle Marxisten ihre astrologischen Theorien weiter lehren.

Eine schwierigere Frage ist es, ob die Auffassungen eines Wissenschaftlers auch Schwachsinn sein können. Durchaus und zugleich häufig eben auch nicht. Aber dieser Wissenschaftler, der mit seinen Ansichten in den deutschen Medien nicht alleinsteht, verbreitet nicht wissenschaftlichen Schwachsinn, sondern die politische Forderung an die Regierung eines für seine Unabhängigkeit und Freiheit kämpfenden Landes, sich schleunigst zu ergeben und zugleich an die ihn bezahlende Regierung, die Unterstützung dieses Kampfes sofort einzustellen.

Der Spiegel interviewte die Leiterin der „Hessischen Stiftung Friedens- und Konfliktforschung“. Diese vertritt eine typische „einerseits – andererseits“-Position, in der ihr die Begriffe „Freiheit“ und „Unabhängigkeit“ nicht über die Lippen kommen. Einerseits plädiert sie dafür, dass Putins Haltung nachvollzogen werden sollte, („und das ist gut so“), um damit „Szenarien für eine zukünftige Friedensordnung auszuarbeiten“, andererseits sollte damit jedoch nicht dessen „Völkerrechtsbruch“ entschuldigt werden. Das Argument der Spiegel-Redakteure, dass damit Pazifisten eine „Appeasement-Politik“ vertreten würden, kontert sie mit dem Hinweis auf „Gandhis gewaltfreien Widerstand“. Ist diese Dame nur weltfremd oder eine dreiste Lügnerin? Nach dem Abzug der Briten aus Indien brach dort ein Bürgerkrieg mit Millionen von Opfern aus. Die Ursache für den Ukraine-Krieg sieht sie in der Beitrittsperspektive der Ukraine durch die NATO von 2008. Gandhi in die Ukraine und die NATO als Kriegsverursacher! Das ist kein Schwachsinn einer selbsternannten Friedensforscherin, sondern russische Kriegspropaganda mit deutschen Steuergeldern. Widerspruch der Spiegel-Journalisten? Fehlanzeige!

In derselben Woche publizierte Zeit online den Kommentar einer Redakteurin, in dem sich diese empört, dass die ukrainische Regierung zwar Frauen und Kinder flüchten lässt, aber alle wehrfähigen Männer daran hindert. Wortreich fordert sie, diese Diskriminierung zu beenden. Diese sei unmenschlich. Die um Freiheit und Leben kämpfenden Ukrainer werden in deutschen Medien verleumdet. Es ist ein Novum im deutschen Feminismus, Gleichberechtigung für Männer zu fordern, damit diese vor ihrer Verantwortung fliehen können.

In etlichen deutschen Medien befindet sich am Ende fast jeder Meldung über Zahlen zu diesem Krieg der Hinweis: „Die Angaben können von unabhängiger Seite nicht überprüft werden.“ Das ist nicht nur grotesk, sondern schon diffamierend. Wann gibt es in einem Krieg „unabhängige Seiten“? Reicht diesen Medien nicht der unabhängige Strom von Bestätigungen auf Fotos, Videos oder Augenzeugenberichten, sogar von deutschen Journalisten? Welche „unabhängige Seite“ meinen diese Medien? Was wollen sie damit ihren Konsumenten sagen? Fazit: Immer noch arbeiten deutsche Medien der russischen Kriegspropaganda in die Hände!

Atomkrieg

Die Geschichte ist wahrlich nicht arm an größenwahnsinnigen Politikern und Despoten. Darunter sind auch nicht wenige Personen, die ihr eigenes Scheitern mit der Vernichtung ihres Landes verbanden. Dazu drei Beispiele.

Karl XII. war der kriegsbesessenste König von Schweden. Am Ende seiner Kriegsabenteuer identifizierte er sein Leben mit dem Schicksal Schwedens. Während der Belagerung der norwegischen Festung Fredrikshald tötete ihn eine Gewehrkugel und rettete Schweden. Ob diese von einem norwegischen Soldaten oder von einem seiner eigenen Offiziere abgefeuert wurde, ist historisch umstritten. War es ein Offizier, so wollte dieser weder sich selbst noch sein Vaterland mit dem König untergehen lassen.

Napoleon hätte durch die Gnade seiner alliierten Gegner seinen Lebensabend friedlich auf seinem Fürstentum Elba verbringen können. Er wagte die Rückkehr, verlor alles und stieß Frankreich für Jahrzehnte in die internationale Bedeutungslosigkeit. Im Innenraum des Arc de Triomphe in Paris sind seine 30 bedeutendsten Schlachten aufgeführt, aber nur die siegreichen, nicht jedoch die Anzahl der von ihm für seinen Kriegsruhm geopferten französischen Soldaten. Diese und das Schicksal Frankreichs waren ihm bis zur Schlacht von Waterloo gleichgültig. Bis heute zeugen jene Inschriften von einem ungetrübten Blick Frankreichs auf seine Geschichte.

Über Hitler muss nichts mehr festgestellt werden. Sebastian Haffner hat dazu alles Wesentliche analysiert, vor allem hat er nachgewiesen, dass Hitler bis zu seinem Ende kein Psychopath mit Steuerungsverlust war, sondern in der ihm eigenen Ratio konsequent handelte. Mit ihm sollte auch Deutschland untergehen. Hätte er über Atomwaffen verfügt, wäre ihm das auch gelungen, wenigstens teilweise.

Chruschtschow gehört nicht in diese Reihe, obgleich er in der kubanischen Raketenkrise nahe dran war. Er scheute die letzte Konsequenz und gab auf. Zwei Jahre danach war er nicht mehr an der Spitze der Sowjetunion.

Westliche Politiker und Analysten rätseln, ob Putin nur mit dem Einsatz von Atomwaffen droht oder er es ernst damit meint. In den letzten Tagen haben etliche amerikanische Psychologen argumentiert, dass Fernanalysen über die geistige Verfassung eines Menschen Nonsens sind. Zugleich gibt es zahlreiche Belege, dass sich Putin von der Außenwelt abschirmt und beratungsresistent ist, weshalb er nur seinen eigenen Weg geht. Müssen wir also das Undenkbare denken und uns auf einen Atomkrieg einstellen bzw. sollten wir dies unbedingt? Dazu eine weitere Überlegung: Eine größere Atombombe würde ausreichen, Estland, Lettland und Litauen weitgehend zu zerstören, aber damit auch zugleich die russische Enklave Kaliningrad. Würde Putin vor dieser Konsequenz zurückschrecken, wo er im Krieg gegen die Ukraine inzwischen schon tausende russische Soldaten geopfert hat? Wir können diese Frage nicht mit letzter Gewissheit beantworten, aber wir müssen sie stellen und uns auf die Antwort einstellen.

Zu einer solchen Antwort gehören auch die Fragen, ob ein Frieden im Krieg zwischen Russland und der Ukraine ohne einen Gesichtsverlust Putins denkbar wäre und ob er davon ausgeht, dass er so oder so untergehen wird?

Klaus Leciejewski spricht als ehemaliger DDR-Bewohner Russisch, seine Habilarbeit behandelte die ersten wirtschaftspolitischen Jahre Sowjetrusslands. 1986 wurde er nach einer öffentlichen Ablehnung einer Professur ausgewiesen. 1994 erlebte er Russland wieder. Im Auftrag der EU baute er ein Unternehmen für Kugellager nach westlichen betriebswirtschaftlichen Maßstäben um. In den Jahren danach war er öfters in Russland, hielt an zahlreichen russischen Universitäten volkswirtschaftliche und auch betriebswirtschaftliche Vorlesungen. 

Foto: Imago

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Hyazinth Pfeiffer / 14.03.2022

Man könnte es auch aus einer anderen Perspektive sehen: daß sich das russische Kolonialreich gerade ebenso auflöst wie früher schon das spanische, französische und englische. Auch die Engländer haben sich nicht freiwillig aus Irland und Indien zurückgezogen, ebensowenig die Franzosen aus Algerien. Der große Unterschied zwische RU und ES, EN, FR auf der anderen Seite ist lediglich, daß die letzteren ihre Kolonien in Übersee (abgesehen von Wales und Irland) und nicht direkt vor der Haustüre hatten. Rußland muss sich wohl oder übel damit abfinden, daß der Zar tot und die Kolonien weg sind. Dabei kann sich der Westen”, was auch immer das sein soll, nicht mit echten oder eingebildeten russischen Sicherheitsbedenken aufhalten und man kann den Russen die Auseinandersetzung mit ihrer Geschichte nicht abnehmen. Richtig interessant könnte es werden, wenn sich das chinesische Reich zerlegt…

Jan Kandziora / 14.03.2022

Sie nennen Karl XII., Napoleon und Hitler, aber auf das Naheliegenste kommen Sie nicht: die haben sich alle an Russlandfeldzügen verhoben. Das wird Putin eher schwerfallen.

Peer Munk / 14.03.2022

Ich weiß jetzt, was mir an den zahlreichen Demos für die Ukraine und Aufrufe zum Kampf aufstösst, warum ich den Leuten das nicht abkaufe: es sind zum großen Teil dieselben Leute, die jeden als unmoralischen, egoistischen Zyniker abstempelten, der es wagte, die Freiheit als Wert an sich gegen den Gesundheitswahn zu verteidigen. Nun plötzlich ist “Freiheit” wieder ein Wert an sich? Nun darf man im Kampf dafür sogar sein Leben riskieren? (Allerdings nur für die Freiheit der Ukrainer offenbar). Da kann doch was nicht stimmen. Wenn ich “Freiheit” anführe als Argument gegen Impfpflicht oder Maskenzwang, gelte ich noch immer als sowas wie ein Nazi, denn es geht ja um die Gesundheit!

Yehudit de Toledo Gruber / 14.03.2022

Ganz großartiger und zum Nachdenken anregender Artikel, sehr geehrter Herr Leciejewski! Über einige Achse-Kommentare kann man sich leider nur fremdschämen. Manche Leserzuschrift - ich vermeide Namen - bestätigt zumindest mir recht deutlich - daß nicht nur hiesige Medien gründliche Arbeit geleistet haben. Und warum sich auch Deutschland so befindet, wie es leider ist.

Hans-Peter Dollhopf / 14.03.2022

Putin kann einen kompletten Invasionskrieg beginnen, ohne die große Masse hochrangiger Untergebener im russischen Apparat irgendwie einweihen zu müssen: “Überraschung, Leute!” (siehe: “„Wir haben es komplett verbockt“ – wer wirklich von Putins Invasion wusste”, recherchiert von Klaus Geiger, WeLT+). Er kann genauso jederzeit selber Gesichtsverlust vermeiden, wie es ihm beliebt! Wäre er sonst ein Stalin?

Werner Arning / 14.03.2022

Die Zeiten, in denen in Deutschland noch kontrovers diskutiert werden durfte, sind längst vorbei. Heute wird eine einzige „richtige“ Meinung via Medien vorgegeben, zugelassen und erwünscht ist danach die Empörung, die auf die verbreitete Botschaft hin zu erfolgen hat. Was die Empörung angeht, darf sich ein jeder austoben, wie er möchte. So läuft Demokratie im 21. Jahrhundert. Es geht mir nicht um Parteinahme, sondern um nüchterne Beschreibung der derzeit üblichen Weise von „Auseinandersetzung“. Das jeweilig aktuelle Thema auf die sich diese bezieht, ist austauschbar.

Holger Kammel / 14.03.2022

Ich habe einmal vor fast 40 Jahren mit sowjetischen, meist russischen Soldaten zusammengesessen, damals selbst noch Angehöriger der letzten preußischen Armee. Man besuchte sich gegenseitig zu ausgesuchten Feiertagen. Im Gespräch kam heraus, war vermutlich streng verboten, uns das mitzuteilen, daß sie bereits ihren Marschbefehl nach Afghanistan erhalten hatten. In 3 Wochen würden sie in einem Krieg stehen. Ob sie in 4,5 oder 6 Wochen noch leben würden, war unklar. Das waren junge Menschen, nicht großartig anders als wir, die in eine Hölle geschickt wurden. Mich hat es damals geschaudert. Amerikanische Soldaten, die in Vietnam, Afghanistan, Irak, weiß der Himmel wo gekämpft haben, wissen es wohl ebenso. Wir kaufen jetzt F35-Kampfbomber. Das ist eine reine Angriffswaffe, die eigentlich nur Sinn mit atomarer Bewaffnung macht. Das können Raketen besser. In Bezug auf Luftverteidigung sind diese Maschinen nutzlos. Jede schwangere Ente ist flugfähiger als eine F35. Die Radarunsichtbarkeit ist schon heute eine Chimäre. Bei dem Einkaufspreis der Maschinen machen sich doch die Investitionen in die grünen “Pazifisten” bezahlt.

S. Wietzke / 14.03.2022

Ein ziemlich kruder Artikel dessen Aussage ich schlicht nicht verstehe. Putin hat sich von Anfang an in die 500 jährige imperiale Tradition Russlands gestellt und handelt aus dieser Sichtweise sachlogisch, was nicht mit fehlerfrei verwechselt werden darf. Was alle “imperialen” Führer auszeichnet ist ihre vollständige Skrupellosigkeit, die man nicht mit Boshaftigkeit verwechseln darf. Die spielen lediglich Schach mit der Welt als Spielmaterial. Sie sind dabei durchaus Empathie- also einfühlungsfähig, aber nicht im Sinne von “Mitleid”, sondern eher wie ein Raubtier das die Reaktionen seiner Beute einschätzt um sie so effektiver zu Fall zu bringen. (z.B. Machiavelli lesen hilft). “Würde Putin vor dieser Konsequenz zurückschrecken, wo er im Krieg gegen die Ukraine inzwischen schon tausende russische Soldaten geopfert hat?” Das ist ja nun ein eher dämlicher Satz, bei dem die beiden Teile in keinem sachlogischen Zusammenhang stehen. Als wenn sich je ein wichtiger Führer einen Dreck darum geschert hätte, wie viele Leute er über die Klinge springen lässt. Das war Friedrich II genau so egal wie Katharina II oder den meisten amerikanischen Präsidenten. Schlafstörungen oder posttraumatische Belastungsstörungen kommen bei denen eher nicht vor. Ob jemand vor irgendwas “zurückschreckt” hat vor allem was mit der persönlichen Risikodisposition zu tun, die sich in der Regel aber erst im Augenblick der Entscheidung manifestiert. MacArthur, der höchst dekorierte Offizier der US-amerikanischen Geschichte z.B. forderte nach dem Eintritt Chinas in den Korea Krieg die atomarer Vernichtung aller chinesischen Großstädte. Erstaunlicherweise war er aber anderseits bereit die Befehlskette einzuhalten. Das Leben von hunderten von Millionen Chinesen rangierte in seiner Werteskala schlicht deutlich tiefer als die verfassungsmäßige Ordnung der USA. So hat halt jeder am Ende seine ganz persönliche Werteskala. Aber damit kommen die meisten Menschen schlicht nicht klar.

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