Als der Westen – und damit auch Deutschland – noch freiheitlicher war, war er erfolgreich. Warum wollen die herrschenden Kreise das unbedingt ändern?
Kürzlich war ich wieder mal im „Space“. Als ich das erste Mal eine Einladung erhielt, dachte ich begeistert an die Weiten des Weltraums, aber es entpuppte sich als simples Gespräch auf X. In diesem Space ging es um Marktwirtschaft. Diese scheint hierzulande mittlerweile ein unbekanntes Phänomen geworden zu sein; viele denken, allumfassende Lenkung sei nötig und gut. Nur mal am Rande: Wer das gut findet, ist in Deutschland eigentlich falsch. Ein Staat, der allumfassend lenkt, also sowohl die Gesellschaft wie auch die Wirtschaft, ist nämlich per definitionem ein totalitärer Staat. Aufgrund der verheerenden Folgen eines solchen Staatwesens haben die Verfassungsgeber eine freiheitlich demokratische Grundordnung geschaffen. Die Lehre aus der Vergangenheit ist nämlich nicht, dass links gut und rechts böse ist. Die Lehre ist, dass jede Art von Totalitarismus (ethisch) böse ist und (praktisch) ins Verderben führt.
Unter verschiedenen Vorwänden „verkaufen“ uns Politiker die angebliche Notwendigkeit eines totalitären Staates, der vermeintlich zwingend in alle möglichen Bereiche des Lebens eingreifen muss. Ulf Poschardt, Chefredakteur der Welt, beschrieb es unter der Überschrift „Habeck und Co. hinterlassen einen Scherbenhaufen“ so:
„Dort oben in den Chefetagen der moralisierenden Vernunft schmiedet man Pläne, die früher mit der Idee des sozialen Zusammenhaltes begründet wurden – und heute mit der Klimakrise, um alles anders und vermeintlich besser zu machen.“
Selbst Kritiker der staatlichen Maßnahmen scheinen mittlerweile nicht einmal mehr die grundsätzlich falsche Weichenstellung zu bemerken, sondern versuchen, etwas weniger belastende Maßnahmen zu erbetteln. Das ist, als würde man Folter nicht grundsätzlich ablehnen, sondern versuchen, diese etwas milder zu gestalten.
Wenn aber eine Weichenstellung grundsätzlich falsch ist, dann helfen weder Verlangsamung noch kleine Kurskorrekturen. Es hilft nur eines: eine grundsätzlich andere Weichenstellung. Als der Westen – und damit auch Deutschland – noch freiheitlicher war, war er erfolgreich. Überall folgten Länder dem westlichen Beispiel, selbst in der arabischen Welt. Dazu war keinerlei Zwang nötig, das Vorbild machte Schule.
Der Fall der Mauer und des „Eisernen Vorhangs“ waren die Folge. Das war zugleich der Zenit des Westens. Ohne wirklichen Überlebenskampf konnten bereits vorher erkennbare Kräfte des Niedergangs ihre Wirkung voll entfalten. Eine in Belanglosigkeit gefangene Wohlstandsverwahrlosung machte sich breit, sämtliche Lektionen der Geschichte wurden vergessen und gerade die ahnungslos Verwöhnten meinten, die Welt von der Dachterrasse des Elfenbeinturms aus besonders gut regieren zu können – und durch ihre erhabene Überlegenheit auch zu dürfen!
Nach und nach entwickelte sich ein zunehmend totalitär werdender Staat: Durch Täuschung (man meint es ja nur gut oder es gibt zwingende Gründe), Nudging und auch mit staatlicher Gewalt wurde die Umgestaltung Deutschlands so allmählich vorangetrieben, dass die Grundfesten unseres Staatswesens nahezu vergessen wurden. Ist nämlich ein Bürger umfassend lenkungsbedürftig, dann ist eine Demokratie unmöglich. Die einzige, allerdings zwingende Voraussetzung einer Demokratie ist der freie, mündige Bürger, der selbst entscheiden und für sich selbst sorgen kann und gerade keiner Anleitung bedarf.
Demokratie funktioniert nicht mit von staatlicher Lenkung und Unterstützung abhängigen Bürgern; dann verkommen auch Wahlen zur Farce. Entweder lenke ich selbst und bin der Souverän, oder ich muss gelenkt werden. Dann bin ich Diener und nicht Souverän. Letzteres ist keine Demokratie. Dass die Demontage der grundlegenden Prinzipien unseres Staates fortgeschritten ist, ist sowohl am politischen wie am wirtschaftlichen Zustand des Landes erkennbar.
Weltweite Konkurrenz
In Zeiten freiheitlichen Denkens ist Kreativität und damit auch der Erfindergeist hoch entwickelt. All das wird erstickt durch die Fesseln der Bürokratie und der staatlichen Lenkung. Ohne geradezu eine Explosion der Kreativität wird Deutschland (und Europa) jedoch nicht aus der selbst geschaffenen Misere kommen. Grundsätzlich gilt, dass man ein Problem niemals mit den Mitteln lösen kann, die zu dessen Entstehung führten. Mehr Lenkung, mehr staatliche Eingriffe: All das führt zu mehr Desaster und zu mehr Armut.
Wie fatal Deutschland in den letzten 10 Jahren im globalen Wettbewerbsranking abgerutscht ist, lässt sich hier sehr gut erkennen. Das politische Jenga-Spiel ging eine Weile gut, man kann zahlreiche Steine entfernen, bevor der Turm kollabiert. Ab einem gewissen Punkt kann aber nichts den Zusammenbruch aufhalten. Oder wie Bloomberg titelte: “Everything Is Going Wrong All at Once for Germany.“ Deutschland galt mal als Exportnation. Speziell der Anlagen- und Maschinenbau – wozu insbesondere Autohersteller gehören – war der Bereich, in dem Wohlstand generiert wurde. Wenn man auf dem Weltmarkt bestehen will, muss man Produkte anbieten, die gut oder sogar besser sind als die der Konkurrenz und das zu einem Preis, der marktgerecht ist. Marktgerecht heißt, den Bedingungen des Marktes entsprechend. Andernfalls fehlen die Käufer, egal wie gut das Produkt ist.
Nehmen wir also die (einst) deutsche Kernkompetenz des o. g. Anlagen- und Maschinenbaus. Um konkurrenzfähig zu sein, müssen sämtliche Produktionsfaktoren „stimmen“. Das heißt, es wird zuverlässige und günstige Energie benötigt, utopische Standards (Arbeitsschutz, Umwelt u.ä.) dürfen die Produktion nicht unmöglich machen, ausreichend fähige und engagierte Mitarbeiter müssen zur Verfügung stehen und die Lohnkosten (Gehalt und Sozialabgaben) müssen erwirtschaftet werden können. Dann muss auch noch ein Gewinn übrig bleiben. Man kann die Liste durchgehen und erkennt, dass mittlerweile keiner dieser Faktoren mehr erfüllt ist. Durch staatliche Eingriffe (!) sind sämtliche Rahmenbedingungen so gestaltet worden, dass man der Konkurrenz am Weltmarkt nicht mehr gewachsen ist. Über Jahre wurde dieses Manko durch billiges Geld vertuscht, aber dies ist vorbei.
„Stadt der Erfinder“
China ist den umgekehrten Weg gegangen, es hat der Wirtschaft mehr Freiheit gegeben. Die erfolgreichsten Regionen, in denen auch am besten verdient wird, sind Freihandelszonen. In der EU sind diese verboten. Eine solche Sonderwirtschaftszone ist zum Beispiel Shenzhen. Bei Wikipedia findet man folgende Beschreibung:
„Shenzhen liegt im südlichen Teil der Provinz und grenzt im Süden an die Sonderverwaltungszone Hongkong. Die Planstadt ist aufgrund ihres Status als Sonderwirtschaftszone eine bedeutende Stadt für ausländische Investitionen und eine der am schnellsten wachsenden Städte der Welt. Shenzhen ist die Stadt mit dem höchsten Pro-Kopf-Einkommen in China (ohne Hongkong und Macau). Tragende Säulen der lokalen Wirtschaft sind sowohl die Elektronik- und die Telekommunikationsindustrie als auch diverse Innovationstreiber.“
Die Wirtschaftswoche beschrieb den Ort bereits 2018 als „Versuchslabor des Kapitalismus, Werkstatt der Welt“ und „Stadt der Erfinder“ Für die deutsche Wirtschaft, besonders für den Anlagen- und Maschinenbau, ist Shenzhen von essenzieller Bedeutung, weil von dort die Kernbestandteile der modernen Mikroelektronik bezogen werden. Dass es dort gut ausgebildete Arbeiter, Ingenieure und MINTler gibt, dürfte ebenso bekannt sein wie die günstigen Energiepreise. Umweltstandards sind dort auch kein Hindernis. Und schauen wir uns einmal das Lohnniveau an: Der Mindestlohn bei einer Vollzeitarbeit liegt bei 324 Dollar im Monat, das heißt drei Dollar die Stunde. Ein Facharbeiter verdient zwischen 7 bis 15 Dollar in der Stunde, eine Führungskraft 15 bis 27 Dollar. Gearbeitet wird in der Regel 48 Stunden/Woche, was die höchstmögliche Arbeitszeit entsprechend den gesetzlichen Vorgaben darstellt. In vielen Branchen, zum Beispiel bei Internetunternehmen, gilt die „996“-Regel: Es wird von 9 Uhr morgens bis 9 Uhr abends gearbeitet und das an 6 Tagen die Woche.
Was für westliche Besucher überraschend erscheint, ist dabei weniger der Fleiß als vielmehr der Arbeitseifer der Mitarbeiter und der Stolz auf die eigene Leistung. Zum Vergleich: Arbeitsminister Hubertus Heil fordert, den Mindestlohn von rund 13 auf rund 15 Euro anzuheben. Das heißt, ein Ungelernter (!) verdient in Deutschland so viel wie in Shenzhen ein hochqualifizierter Facharbeiter oder eine Führungskraft. Wie sollen deutsche Unternehmen bei dieser Konkurrenz im internationalen Wettbewerb bestehen? Eben: Gar nicht. Also wandern sie aus. Da die Kosten einer Betriebsverlegung immens sind, werden sie auch nicht zurück kommen, jedenfalls nicht in absehbarer Zeit. Weg ist weg. Der Begriff „Scherbenhaufen“ beschreibt nur unzulänglich die Hinterlassenschaft der Ampel.
Wegen Politvorgaben Produktion in Deutschland unwirtschaftlich
In früheren Jahren hatten deutsche Unternehmen nur Einzelteile oder Komponenten aus Staaten wie China oder Taiwan bezogen. Durch die günstigen Einkaufspreise konnten sie Margen generieren, also Gewinn machen. Anders ausgedrückt: Die Globalisierung ist eine direkte Folge von staatlichen Eingriffen in die Wirtschaft, welche die Lohnstückkosten sowie die sonstigen Produktionskosten erhöhten oder Produktionen aufgrund politischer Vorgaben sogar unmöglich machten.
Es war schlicht der einzige Ausweg, Teile der Produktionskette ins Ausland zu verlagern, weil aufgrund politischen Vorgaben eine Produktion in Deutschland unwirtschaftlich wurde. Gegen „die Globalisierung“ zu demonstrieren, ist also völlig sinnfrei. Sie ist die logische Konsequenz der Anhebung von Kosten und Standards, welche aber wiederum gerade diejenigen am lautesten fordern, die sich gegen die Globalisierung wenden. Billig und schmutzig produziert wird dennoch, aber eben woanders.
Die Globalisierung führte zu neuen Problemen:
- Lieferkettenengpässe – sehr deutlich bei Corona.
- Politische Probleme in anderen Regionen der Welt wirken auch bei uns potenziell desaströs; dieses gilt umso mehr, als einzelne Standorte (wie Shenzhen) von überragender Bedeutung sind. Die Forderungen nach einer „Weltregierung“, z.B. im Weltwirtschaftsforum in Davos, sind Folge dieser Entwicklung, in der die gesamte Produktion global ist (im Unterschied zum Welthandel).
- Verlust der eigenen strategischen Unabhängigkeit durch Erpressbarkeit.
Mittlerweile ist die Entwicklung so weit gediehen, dass etwa in China nicht mehr „nur“ günstig Teile hergestellt werden, sondern die gesamte Anlage/Maschine. Durch freigebig vermitteltes Know-how wurden Konkurrenten herangezogen, die uns mit ihrer Stärke und ihren Produktionsbedingungen locker an die Wand fahren können und werden. Sämtliche politischen Maßnahmen der Regierungen der letzten 20 Jahre in Deutschland sowie der EU haben das Problem verschärft, indem sie immer weiter in Richtung Totalitarismus und Fesselung durch Regelung marschierten.
Das ist nicht nur eine radikale Abkehr von der grundlegenden Verfasstheit unseres Staates, es ist der sichere Sargnagel für den Wohlstand. Ich wiederhole es gerne: Die Verfassungsgeber haben aus gutem Grund einen freiheitlichen Staat konzipiert mit einer freien Marktwirtschaft, die sozial ist, wenn und weil sie erfolgreich ist und damit Wohlstand schafft. Es ist hinlänglich bewiesen, dass Staaten, die eher totalitär aufgestellt sind, ruinös wirken. Genau das erleben wir gerade. Der Ausweg ist ebenfalls klar.
Annette Heinisch, Studium der Rechtswissenschaften in Hamburg, Schwerpunkt: Internationales Bank- und Währungsrecht und Finanzverfassungsrecht. Seit 1991 als Rechtsanwältin sowie als Beraterin von Entscheidungsträgern vornehmlich im Bereich der KMU tätig.