Manchmal wachsen am Grund des Sommerlochs Kleinode, die man aufheben muss für alle Zeit. Das Streitgespräch zwischen Familienministerin Ursula von der Leyen (CDU) und Christa Müller (Ehefrau von Oskar Lafontaine und deshalb familienpolitische Sprecherin der Linken im Saarland) im „Spiegel“ ist so eins.
Die Damen sind sich einig, dass sie „Rabenmütter“ nicht gegen „Hausmuttchen“ ausspielen wollen. Jede Frau solle frei entscheiden können. Das ist nett. Spannender ist: Danach kriegen sich von der Leyen und Müller richtig in die Haare - mit erstaunlicher Rollenverteilung. 500 000 neue Kita-Plätze brauche keiner, findet Müller. „Durch ein Überangebot entsteht Druck auf die Frauen, ein Jahr nach Geburt ihres Kindes arbeiten zu gehen. Das nenne ich Zwang zur Fremdbetreuung.“ Während Oskar L. „Fremdarbeiter“ als Feind des deutschen Familienvaters ansieht, warnt seine Frau vor „Fremdbetreuung“, die deutsche Frauen und Kinder quält. In ehelicher Harmonie wünscht diese staubkonservative „Linke“ sich in gute, alte Zeiten. Ist das nicht romantisch? Früher, „als noch das Hausfrauenmodell dominierte“, habe die Familie 48 Stunden Erwerbsarbeit geleistet, rechnet Müller vor. Heute seien es 60 Stunden, bald würden es 80. Womit enthüllt ist, dass hinter von der Leyens Krippenplänen das Kapital steckt. Und Müller legt nach: „Umfragen zeigen: Sobald Kinder selbst entscheiden können, ob sie in die Betreuung gehen wollen oder nicht, gehen sie nicht mehr hin.“
Die Ministerin kontert: „Belästigen Sie uns bitte nicht mit Ihren persönlichen Umfragen.“ Ihre „Luftschlösser“ vom steuerfinanzierten „Erziehungsgehalt“ solle Müller lieber nochmal durchrechnen. Schöner hätte von der Leyen mit der Sprecherin eines CSU-Landfrauenverbands nicht streiten können. Ein Kleinod, mitten aus dem Sommerloch.
Kölner Stadt-Anzeiger, 30.7.07
NACHTRAG: Jetzt kriegen beide Damen Haue. Frau von der Leyen von rechts, Frau Müller von links – ich sag’s ja, ein Kleinod.