Katharina Szabo / 05.04.2014 / 23:23 / 8 / Seite ausdrucken

Frau K. und Frau R.: Zweierlei Realität

„Das ist eine irre Realität“, sagt Claudia Roth und ringt um Fassung. Eben noch hatte man ihr die Freude darüber angemerkt, abgestaubt und wieder ins warme Scheinwerferlicht einer Talkshow gesetzt worden zu sein. Die war ihr nun angesichts der Brisanz des Themas der Maybrit Illner Runde vom 03.04. mit dem Aufmacher Kurzer Prozess für Hoeneß vergangen. Es sei ein Wahnsinn, mit welchen Summen Hoeneß hier hantiert habe, so hundert Millionen, unvorstellbar.

„Ich wünsche mir, dass Opfer und Täter nicht gegeneinander ausgespielt werden. Die Opfer haben auch einen Anspruch darauf, dass mit den Tätern so umgegangen wird, dass sie lernen. Es gibt Täter, die brauchen einfach eine intensive Betreuung. Ich habe auch im Knast gearbeitet, ich sag‘ mal so: Knast hilft nicht immer!“ Das war Renate Künast, in der Maybrit Illner Sendung vom 24.03. Die Worte hatte sie an Tina K., die Schwester des ermordeten Johnny K. gerichtet, nachdem diese Unverständnis hinsichtlich des milden Strafmaßes für die Mörder ihres Bruders geäußert hatte. Der Haupttäter, Onur U., war zu viereinhalb Jahren Gefängnis verurteilt worden. Alle anderen Täter befinden sich derzeit noch auf freiem Fuß, was ihnen ausreichend Gelegenheit gibt, Häme und Spott über ihr totes Opfer und dessen Angehörige auszugießen.

Zurück zu Claudia Roth und Uli Hoeneß. „Wir brauchen eine gesellschaftliche Debatte darüber, was Steuern eigentlich sind“, schlägt Claudia Roth zu Beginn der Sendung vor und fragt rhetorisch in die Runde: „ Gibt’s da einen gefräßigen Staat, der die Menschen ausbeutet? Der wie ein Vampir den Menschen alles wegnimmt?“ Ihr Tonfall wird ernster, nachdenklicher: „Was ist Steuergerechtigkeit? Was wird mit Steuern gemacht?“ Die Antwort bleibt sie schuldig und fährt stattdessen fort: „Steuerhinterziehung ist schließlich keine Lappalie, das tut man nicht, das ist keine Bagatelle, das ist eine erhebliche Straftat!“ Ein weiterer Gast der Runde, Finanzexperte Klaus Lehman, hatte zuvor ähnlich argumentiert.

Ein Strafmaß von dreieinhalb Jahren für Hoeneß sei zu milde. Schließlich hätten wir es hier mit einem besonders schweren Fall zu tun, der nicht unter fünfeinhalb Jahren geahndet werden dürfe. Schnell waren sich alle einig: Dreieinhalb Jahre, lächerlich gering und alles andere als gerecht. Mangels Diskurs ging man dann dazu über, Spekulationen darüber anzustellen, was alles faul im Staate Bayern sei. Wieso hatte der Prozess nur vier Tage gedauert? „So ein riesengroßes Verfahren, mit so riesengroßen Zahlen“, wundert sich Roth. Kann das mit rechten Dingen zugegangen sein? Wieso nur dreieinhalb Jahre Gefängnis, bei der Schwere der Schuld? Hatte es etwa einen Deal zwischen Verteidigung und Anklage gegeben? „Wenn dem so war“, so Roth, dann war es „ein harter Angriff auf unseren Rechtsstaat! Ich glaub‘ das war so `ne Geschichte mit Augenzwinkern. So `ne Verabredung!“ Das offenbar von Claudia Roth mitgebrachte Studiopublikum bricht in Applaus aus.

Zeit für einen anderen Experten der Sendung, zu Wort zu kommen. Der erfolgreiche Strafverteidiger Gerhard Strate will an einem Beispiel aufzeigen, dass wohl nichts mit rechten Dingen zugegangen sein könne, im Falle Hoeneß. Ein Mandant von ihm, ein Bauer vom Tegernsee, sei trotz seiner anwaltlichen Bemühungen in Bayern einfach so zu vier Jahren Haft verurteilt worden. Dabei hätte der Mann nichts weiter getan, als lediglich seinen Bauernhof als Tanklager zur Verfügung gestellt, damit andere die Mineralölsteuer hinterziehen konnten. Wenn da mal nicht mit zweierlei Maß gemessen werde. In Bayern.

„Wir brauchen auch `ne Personalausstattung, damit im Knast auch was mit denen gemacht wird. Da muss Gruppen- und Einzelarbeit gemacht werden, damit darüber geredet werden kann, was hast du da getan. Da muss geholfen werden, damit die sich später hier tatsächlich integrieren. Und ich sag`s nicht, um den Tätern einen Gefallen zu tun. Denn wenn du denen als Sozialarbeiter so auf die Pelle rückst, tut das denen auch weh!“ Renate Künast blickt triumphierend in die Runde.

Tina K. schnappt nach Luft. Und das von Renate Künast teilweise mitgebrachte Studiopublikum bricht in Applaus aus.

http://www.zdf.de/ZDFmediathek#/beitrag/video/2120046/Gebrochene-Opfer,-kaputte-T%C3%A4ter%22

http://www.zdf.de/ZDFmediathek#/beitrag/video/2126720/Kurzer-Prozess-f%C3%BCr-Hoene%C3%9F

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Leserpost

netiquette:

Christian Weyland / 08.04.2014

@ Caroline Neufert: Liegt das vielleicht daran, dass eine ganze Reihe von Lesern hier nicht jeden Schlotz im Fernsehen schauen…?

Axel Görke / 06.04.2014

Uli Hoeneß und die innere Balance im deutschen Strafrechtssystem. Schon vor ein paar Tagen (Mitte März 2014) habe ich einen Artikel zu dieser Thematik veröffentlicht. Es stimmt zwar, dass jeder Fall für sich betrachtet werden muss, aber man darf eben auch das Große und Ganze nicht aus dem Blick verlieren.

Andreas Skrziepietz / 06.04.2014

Aus der Sicht der GrünInnen ist das alles völlig logisch. Man darf, wenn man solche Aussagen bewertet, ja niemals vergessen, daß das, was diese Leute verbindet, antideutscher Rassismus ist. Der “Migrant”, der “Umweltschutz”, der “Homosexuelle” usw. sind immer nur Mittel zum Zweck. Beispiel: Niemand hat den Berliner Modestadtteil Kreuzberg “türkenfreier” gemacht als die GrünInnen. Die von ihren gut verdienenden Anhängern verursachten Mietpreiserhöhungen in Kreuzberg führten dazu, daß türkische Familien in andere Stadtteile verdrängt wurden. Jetzt fordern die Gutmenschen eine Mietpreisbegrenzung, vermutlich weil sie fürchten, ihrerseits von noch reicheren Leuten verdrängt zu werden. Solange es sich “nur” um Türken handelte, war es ihnen egal. Der oben erwähnte Zweck ist natürlich die Abschaffung Deutschlands, weil alle Deutschen grundsätzlich Nazis sind. Nur die GrünInnen nicht. Sie sind sozusagen die Auserwählten, deren Aufgabe darin besteht, Deutschland den Gnadenstoß zu versetzen. Schuld an diesen Zuständen haben letztlich wirklich die Nazis. Wenn sie den Bogen nicht so extrem überspannt hätten, wären uns die 68er-Bewegung und ihr geistig behindertes Kind erspart geblieben. Insofern hat Akif Pirincci unrecht, wenn er sagt, daß es die Kindersexpartei ist, die Deutschland kaputt gemacht hat. Sie setzt nur das fort, was die NSDAP begonnen hat - einen Kreuzzug gegen die Vernunft.

Ghijath Naddaf / 06.04.2014

Schön war auch, als Tina K. erwähnte, dass die Angeklagten von den Anwälten des Miri Clans vertreten werden und die Künast, einem pawlowschen Reflex folgend, gleich den Haken in Richtung Rechtsradikalismus schlug.

Kay-Uwe Klepzig / 06.04.2014

An dieser Stelle ein herzliches Dankeschön, Frau Szabo, für dies’ lakonische Portrait solcher Widerwärtigkeit. Ich bete drum - als Atheist hab’ ich ja die Wahl des betreffenden Pantheons - dass ähnlich klare Worte demnächst auf fruchtbaren Boden fallen.

Dieter Schilling / 06.04.2014

Krank!Einfach nur krank!

Tillmann Rengler / 06.04.2014

Bei Geld hört der Spaß bekanntlich auf. Das war schon beim Tennis-Vater von Frau Graf nicht anders. Der Verstärker für diesen Trend ist der leider erfolgreiche Marsch durch die Institutionen. Grünlackierte Sozialisten finden reiche Menschen ohnehin empörend, und wenn es darum geht das Bürgertum auszudünnen, dann hilft auch mal ein mildes Urteil weiter. An allem ist die Gesellschaft schuld, nie das Individum, außer natürlich wenn es um Steuerhinterziehung geht.

Caroline Neufert / 06.04.2014

Es scheint neuerdings notwendig zu sein, den Lesern von AchGut Fernsehsendungen zu erzählen besser noch zu transkribieren ! Welches Niveau sinkt, frage ich mich gerade ;-) !

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