Henryk M. Broder / 18.12.2022 / 11:00 / Foto: Imago / 71 / Seite ausdrucken

Frau Faeser und die Konjunktur der Beauftragten

Nancy Faeser, die sich als Bundesinnenministerin für ihre Kandidatur als hessische Ministerpräsidentin warmläuft, hat den früheren nordrhein-westfälischen Integrationsminister Joachim Stamp zum Sonderbevollmächtigten für Migration ernannt. Als Begründung sagte sie der WamS: Wir brauchen einen generellen Switch in der Migrationspolitik: mit Verfahren, bei denen Einreisevoraussetzungen vorab überprüft werden und Menschen nach klaren Kriterien zu uns kommen. So können wir auch den Schleusern den Stecker ziehen, die Menschen illegal auf lebensgefährlichen Wegen in die EU bringen.

Der generelle Switch, mit dem die Migrationspolitik vom Kopf auf die Füße gestellt werden soll, ist freilich ein alter Hut. Als Otto Schily in der rot-grünen Koalition Innenminister war, wollte er Flüchtlinge in Nordafrika abfangen, fand aber mit diesem Vorschlag bei seinen Parteifreunden und Feinden kein Gehör. Das ist jetzt 18 Jahre her, und die Debatte, wie Einreisevoraussetzungen vorab überprüft werden könnten, dreht sich noch immer im Kreis. 

Die Staatsministerin für dies und das

Joachim Stamp, dessen Bilanz als Integrationsminister in NRW eher dürftig war, soll es nun als Sonderbevollmächtigter für Migration richten; offenbar gibt es einen Zusammenhang zwischen Migration und Integration, obwohl nicht alle Migranten integriert werden müssen und es reichlich Integrationsprobleme auch bei Menschen ohne Migrationshintergrund gibt.

Mehr noch: Frau Faeser hat offenbar keine Kenntnis darüber, dass der Job eines/einer Migrationsbeauftragten bereits vergeben ist. Die Beauftragte der Bundesregierung für Migration, Flüchtlinge und Integration heißt Reem Alabali-Radovan. Die Staatsministerin im Bundeskanzleramt ist in Personalunion auch die Beauftragte der Bundesregierung für Antirassismus", hat also ordentlich viel zu tun. Möglicherweise mehr, als sie leisten kann, weswegen ein Sonderbevollmächtigter für Migration benötigt wird, der dem Innenminister bzw. Ministerin unterstellt ist. Doppelt genäht hält besser", sagt ein Sprichwort aus den Tagen, als es neben dem Bundesministerium für Inneres auch ein Bundesministerium für innerdeutsche Beziehungen gab, das im Zuge der Wiedervereinigung 1991 aufgelöst wurde.

Kein Mitleid mit den Kartoffeln

Wie die Zusammenarbeit bzw. Arbeitsteilung zwischen der Staatsministerin im Bundeskanzleramt und dem Sonderbevollmächtigten im Innenministerium geregelt werden soll, darüber muss wohl noch verhandelt werden. Einfach wird es nicht, denn da ist noch ein dritter Player bzw. Playerin im Spiel, Ferda Ataman, die Anfang Juli 2022 vom Bundestag zur Unabhängigen Bundesbeauftragten für Antidiskriminierung gewählt wurde. Gleich nach ihrer Amtseinführung gab sie bekannt, sie werde sich „als Antidiskriminierungsbeauftragte... für alle Menschen einsetzen, die Benachteiligungen erleben – sei es wegen ihres Alters, wegen einer Behinderung, der Herkunft, des Geschlechts, der sexuellen Identität, der Religion oder Weltanschauung“, ausgenommen natürlich weiße Kartoffeln ohne Migrationshintergrund.

Es gibt praktisch nur eine Option. Die Aktivitäten der Unabhängigen Bundesbeauftragten für Antidiskriminierung, der Beauftragten der Bundesregierung für Migration, Flüchtlinge und Integration und des Sonderbevollmächtigten für Migration müssen koordiniert werden, am besten durch einen Beauftragten der Bundesregierung für die Aktivitäten des Sonderbevollmächtigten für Migration, der Beauftragten der Bundesregierung für Migration, Flüchtlinge und Integration und der Unabhängigen Bundesbeauftragten für Antidiskriminierung, also einen Spezialsonderbeauftragten für alles, das nicht in die Zuständigkeit von Karl Lauterbach fällt. – Wir brauchen mehr Migration, mehr Integration und mehr Beauftragte! Und so preiswert wie in diesem Winter kommen wir nie mehr zusammen. 

Siehe auch das Interview mit dem Sonderbeauftragten für Migration in den Tagesthemen am 17.12.; hier ab 3:20.

Foto: Imago

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S. Marek / 19.12.2022

Heppy Chanukka Herr Henryk M. Broder. Sie müßten doch wissen, daß wen einer nichts kann und als Hochstappler höhere Positionen im Staate erreicht, dem stehen fast unbegrenzte finanzielle Mittel, sieh Steuer, für Einbindung von fachlichen Beauftragten zur Lösung anstehender Probleme hat. Es wäre bereits ein Segen wenn es sich wenigstens um richtige Fachkräfte handeln wurde, da aber die aufgespülten Politclowns auch hier Ihre absolute Unkenntnis beweisen verschleudern Sie nur die Steuergelder der arbeitenden Bürger für weitere Nieten

Wolfgang Richter / 18.12.2022

@Helmut Wichtlhuber - “Deutschland, Einwanderungsland? ” Von Dezember 2014 mit unter 80 Millionen bis aktuell 84 Millionen hier Lebende wurden “wir” ja schon gut aufgestockt, wobei mir nicht ganz klar ist, ob die 1 Million ukrainischer Kriegsflüchtlinge da schon eingerechnet ist. Und bei der Berechnung der Zuwanderung sind die ca. 100 000 auswandernden echten Fachkräfte jedes Jahr zu berücksichtigen. Daher auch der permanente Jammer über Wohnungsnot, samt Wohnungsbau auf jeder kleinen Freifläche. Aber da geht ja noch was, wenn der Herr Scholz schon öffentlich von 90 Millionen Untertanen träumt, vermutlich auch gelockt vom neuen Bürgergeld. Wenn die Sozen den Sozialstaat vor die Wand fahren wollen, zumindest das werden sie grandios schaffen.

Wolfgang Richter / 18.12.2022

Schily - “wollte er Flüchtlinge in Nordafrika abfangen,” Das hatte ja Herr Ghadafi freundlicherweise jahrelang gegen eine jährliche Aufwandsentschädigung von -ich glaube- 300 Millionen Euronen für die EU übernommen, bis er wegen irgend welcher Frühlingsgefühle unter tätiger Mithilfe mehrerer EU-Regierungen dann 2011 weg gebombt wurde. Sehr nett, daß damals einer seiner “Freunde”, der noch am ehesten von der Blockade profitierende Italiener Berlusconi, darum bettelte, doch ein paar Flieger zum Bomben beisteuern zu dürfen. Und seither jammern sie auf dem Stiefel über die dort ankommenden Migrantenströme. War ja auch gar nicht zu erwarten. Schon wundersam, wie Politikerhirne vernetzt sind.

Gerd Maar / 18.12.2022

Was noch fehlt ist eine Emigrationsbeauftragte für die unerwünschten weißen Kartoffeln.

W. Renner / 18.12.2022

Die Faesenfee denkt wohl an so eine Art Wüstenfuchs, der links neben der Oase von Tobruk so eine Art von Migrations-Zelt-Büro für dringend benötigte Fachkräfte in Pyrotechnik und Messerwetzerei frei schiesst und das Geschäft der Schlepper dann gleich selbst übernimmt.

Heiko Loeber / 18.12.2022

@Freige Richter / 18.12.2022 “Gibt es diese Armbinde nur in einer Größe?” // One love, one hole, one size.

A. Kaltenhauser / 18.12.2022

Immer dieses Rumgetrampel wegen des Aussehens bei fast allen, aktiven Politikerinnen! Dafür können die nichts; trotzdem die Frage: “Warum ist das so?” Der Comedian Olaf Schubert behauptet übrigens, dass vielen Männern das Aussehen der Frauen egal sei: “Hauptsache sie zappelt und ist warm”. Lassen Sie bei den eingangs genannten keine weitergehenden Vorstellungen zu. Diese verstörenden Bilder kriegen sie nicht mehr aus dem Kopf ....

heinrich hein / 18.12.2022

Ich frage mich immer, ob man dieser Dame so viel Aufmerksamkeit widmen sollte. Es verhält sich wie mit jedem m.E. in keiner Weise talentierten “Politikerdarsteller”: Sie wird in der Bedeutungslosigkeit versinken, aus der sie kam. In der SPD wollte sie schon niemand haben und nur wegen des Länderproporzes habe sie angeblich überhaupt ein Amt bekommen. Meint irgendjemand mit Sinn und Verstand, dass die Hessen Faeser zur Ministerpräsidentin wählen? Ihr droht das gleiche - mE vollkommen verdiente Schicksal wie Laschet. Beide haben m.E. kaum etwas im Leben hinbekommen, das ich als “der Rede wert” bezeichnen wollte.

Helmut Wichtlhuber / 18.12.2022

Deutschland, Einwanderungsland? Es ist insbesondere eine signifikante Kennzahl, die ein Einwanderungsland ausmachen: die Bevölkerungsdichte. Hier liegt Deutschland mit 235 Einwohner/km² sehr weit oben, will heißen ist sehr weit entfernt vom Status eines klassischen Einwanderungslandes wie USA (33 E/km²), Kanada (4,2 E/km²) oder Australien (3,3 E/km²). Wenn man bei diesen Staaten von klassischen Einwanderungsländern spricht, so bedeutet das aber nicht, daß man dort nach Belieben einwandern kann. Schon das Einreiseprozedere macht deutlich, daß man gewillt ist seine Grenzen zu schützen. Eine Aufenthaltserlaubnis jenseits eines Touristenvisums gehorcht strengen Kriterien, die sich nicht in moralischen Aspekten ergehen, sondern sehr gezielt die Interessenslage des aufnehmenden Staates im Mittelpunkt haben. Der Einwanderung in die jeweiligen Sozialsysteme (so überhaupt vorhanden) wird ein Riegel vorgeschoben. Eine Sicherheit dafür, daß der Einwanderer in der Lage ist sich und seine Familie aus eigenem Vermögen, d.h. aus seiner eigenen Arbeits- und Wirtschaftskraft heraus unterhalten kann, ist unabdingbar, sowohl für eine Aufnahme im Land selbst, als auch als Grundlage für eine spätere Einbürgerung, zu deren Erlangung aber noch darüberhinausgehende Vorleistungen zu erbringen sind. Warum das in einem dichtbesiedelten Land wie Deutschland anders sein soll, ist nicht zu verstehen. Das Argument, Deutschland benötige die Zuzügler als Arbeitskräfte ist absurd. Wir haben in diesem Land eine erhebliche Arbeitslosenquote von aktuell ca. 5,3%, entspricht ca. 2.500.000 arbeitslos Gemeldeten. Allein diese Zahlen werfen die Frage auf, woran es denn liegen kann, daß wir dieses Potential nicht heben können. Bei dem Versuch hier eine Erklärung zu finden ist die Stammtischparole des grundsätzlich arbeitsscheuen Abgreifers von „Staatsknete“ natürlich nicht zu gebrauchen. Die Gründe die zur Arbeitslosigkeit insbesondere in ihrer Langzeitform führen, mögen zwar individuell unterschiedlich s

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