Henryk M. Broder / 08.08.2023 / 06:25 / Foto: Raimond Spekking / 163 / Seite ausdrucken

Frau Esken, Corona, die AfD und ein weltweiter Feldversuch

Dass die Vorsitzende einer Partei, die mit den Erben der Firma Ulbricht, Mielke und Krenz koaliert, mit dem Finger auf die AfD zeigt, hat nichts mit Politik oder Moral zu tun. Es ist nur die Reaktion darauf, dass die SPD Wähler an die AfD verliert.

Saskia Esken, die Co-Vorsitzende der SPD, hat von kaum etwas eine Ahnung, aber zu fast allem eine Meinung. Ihr Spezialgebiet sind der Klimawandel, die Asylpolitik, der Mindestlohn, die digitale Kommunikation und die Begrüßungsrituale der Inuit nördlich des Polarkreises. 

Auch während der Corona-Tage war sie immer im Stand-by-Modus, allzeit bereit, Fragen zu beantworten und Omnipotenz zu demonstrieren. Etliche ihrer zahllosen Interviews verdienen es, vor dem Vergessen bewahrt zu werden, aber eines verdient es ganz besonders. Kaum hatte sich der Weihnachtsmann mit seinem klimaneutralen Schlitten wieder auf den Weg in seine Heimatgemeinde Flakstad auf den Lofoten gemacht, schlug Frau Esken im Morgenmagazin auf, um die Zuschauer der ARD und des ZDF über den letzten Stand der Dinge in Sachen Corona-Forschung, Corona-Verbreitung und Corona-Behandlung zu informieren.

In jenen Tagen ging es vor allem um die Frage, wie man die Impfquote verbessern könnte. Sie habe, stellte Frau Esken klar, die Einführung einer Impfpflicht „nie ausgeschlossen“, sie sei aber auch „der festen Überzeugung, dass wir viele Ungeimpfte noch erreichen können“, denn die Impfung sei „der beste Weg, um sich selbst zu schützen, die Nächsten, die Liebsten, aber eben auch die Gesellschaft“. Und wenn das freiwillig nicht gelingt, „dann muss eben die Impfpflicht kommen“, damit wir „die Pandemie gemeinsam überstehen“. Mittlerweile sei „der Impfstoff an Milliarden von Menschen getestet worden, sozusagen in einem großen Feldversuch auf der ganzen Welt“. Man könne sich jetzt „darauf verlassen, dass man abgesehen von kleinen Impfnebenwirkungen wie Abgeschlagenheit oder zwei, drei Tagen Schwierigkeiten, dass man auch gut vorankommt“.

Erstaunlich, nicht wahr? Obwohl Frau Esken als MdB und Vorsitzende der SPD sehr beschäftigt ist, hat sie es irgendwie geschafft, Milliarden Corona-Fälle zu examinieren, um mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit feststellen zu können, dass der Impfstoff keine Nebenwirkungen hat – abgesehen von Abgeschlagenheit und anderen Schwierigkeiten, die zwei, drei Tage anhalten können. Sie hat an einem „Feldversuch“ mit  Milliarden Probanden teilgenommen, per Skype, Zoom oder Dank der ihr von Natur gegebenen telepathischen Gaben.

Kein Ausrutscher, kein Fehler, kein Versehen

Preisfrage: Wenn es drei oder vier Milliarden Fälle waren, und wenn sie Tag und Nacht durchgearbeitet und sich für jeden Fall eine ganze Minute Zeit genommen hätte, wie viele Jahre wäre sie beschäftigt gewesen? Vermutlich wären auch Einstein, C.F. Gauß und Pythagoras mit dieser Frage überfordert gewesen, Frau Esken ist es in jedem Fall. Es gab allenfalls kleine „Impfnebenwirkungen“.

Man könnte der SPD-Vorsitzenden zugutehalten, so richtig genau habe es damals niemand gewusst oder wissen können. Stimmt. Es hat aber auch niemand, Mutti Esken ausgenommen, von Milliarden nebenwirkungsfreien Impfungen geredet.

Das war kein Ausrutscher, kein Fehler, kein Versehen. Das war Saskia Esken, alive and kicking, eine Mischung aus Nichtwissen, Nichtkönnen und Schamanentum für Genossinnen und Genossen, welche die Welt „ein Stück weit besser machen“ wollen, egal um welchen Preis.

Vor kurzem gab Saskia Esken dem Nachrichtensender ntv ein Interview, in dem sie vor allem darüber räsonierte, wie man den Vormarsch der AfD stoppen könnte – ohne nur einen einzigen Gedanken darauf zu verschwenden, wie es die AfD geschafft hatte, die SPD in den Umfragen hinter sich zu lassen. Ziel der AfD sei es, gab sie bekannt, „unsere Gesellschaft zu spalten und unsere Demokratie zu zerstören“. Sie verfolge damit „verfassungsfeindliche Ziele“ und müsse vom Verfassungsschutz beobachtet werden. „Und wenn sich der Verdacht bestätigt, dann muss diese Partei verboten werden.“

Wer bräuchte da noch ein ordentliches Verfahren vor dem Bundesverfassungsgericht, die Expertise von Frau Esken ist doch mehr als genug. Das Urteil steht schon fest, es muss nur noch geschrieben werden: Schuldig wegen des Versuchs, unsere Gesellschaft zu spalten und unsere Demokratie zu zerstören. Schade nur, dass man die Wähler dieser Partei nicht vor Gericht stellen und wegen Hochverrats verurteilen kann.

Die Erben der Firma Ulbricht, Mielke und Krenz

Dass die Vorsitzende einer Partei, die mit den Erben der Firma Ulbricht, Mielke und Krenz koaliert, mit dem Finger auf die AfD zeigt, hat nichts mit Politik oder Moral zu tun. Es ist nur die Reaktion darauf, dass die SPD Wähler an die AfD verliert. Den Genossen ist es – zu Recht! – peinlich, von der AfD überholt zu werden. Aber diese Schmach führt nicht zu Besinnung und Einkehr, sie treibt nur Frau Esken in die Raserei.

„Jeder, der überlegt, die AfD zu wählen, muss wissen: Die AfD ist eine im Kern rechtsradikale Partei, die über ein Netzwerk zu rechtsextremistischen Bewegungen in ganz Europa und bis nach Russland verfügt.“

Echt jetzt? Könnte es sein, dass Frau Esken doch nicht so humorbefreit ist, wie sie tut? Oder hat sie ein Problem mit ihrem Gedächtnis? War da nicht was mit Ex-Kanzler Schröder und Putin, mit Frau Schwesig und einer vom Kreml finanzierten Umweltstiftung in Meck-Pomm?

Was die AfD total disqualifiziert, ist ihre Parteinahme für Russland im Ukraine-Krieg. Aber darüber verliert Frau Esken kein Wort. Was für ein Zufall!

Foto: Raimond Spekking CC BY-SA 4.0 via Wikimedia Commons

Sie lesen gern Achgut.com?
Zeigen Sie Ihre Wertschätzung!

via Paypal via Direktüberweisung
Leserpost

netiquette:

Karsten Rotgänger / 08.08.2023

Werter Herr Broder, die Parteinahme der AfD für Russland ist ein Signal der Schadenbegrenzung in der Beziehung zu Russland. Die russischen Energielieferungen zu einem sehr moderaten Preis waren ein Garant für eine florierende deutsche Industrie. Wir leiden zur Zeit sehr unter dem fast wirkungslosen Boykott der russ. Lieferungen, mehr als Russland. Wir müssen möglichst schnell wieder zu einer normalen Beziehung finden. Außerdem muß sich auch die Frage stellen, was gewesen wäre, wenn wir die Ukraine nicht militärisch unterstützt hätten. Der wäre der Krieg vermutlich im Herbst 2022 beendet worden und alle Toten danach, auf beiden Seiten, wären noch am leben. Alleine dies schon zeigt den Irrsinn auf, von den katastrophalen Schäden an der Infrastruktur ganz zu schweigen. Zeigen Sie mir eine Mutter die es vorzieht ihren Sohn im einem “gerechten Kampf” fallen zu sehen als ihn gesund in ihre Arme schließen zu können. Getreu dem Motto “Lieber einen ungerechten Frieden, als einen gerechten Krieg”. Waffenlieferungen in Kriegsgebiete sind Mord aus 2. Hand und der der liefert macht sich mitschuldig an diesem Mord. Im Prinzip hat er den überwiegenden Teil des Blutes an seinen Händen. Wir Deutsche haben schon viel zu viel Blut an unseren Händen. Grüße Karsten Rotgänger NS.  Ich bin kein Parteimitglied einer Partei.

Sabine Schönfeld / 08.08.2023

@ Uta Buhr: Vielen Dank - und dazu: “Diese Person ist total unempathisch und nur auf ihre mehr als fragwürdige Karriere sowie die damit verbundenen Pfründe (lateinisch Sinekuren/ohne Mühe)  bedacht.”  Das trifft leider genau meine Befürchtungen die übergroße Mehrheit jener Berliner Politvertreter betreffend. Ich fürchte sehr, wir haben es hier mit astreinen Psychopathen zu tun.

Sigrid Leonhard / 08.08.2023

Frau Schönfeld , Sie sprechen mir aus der Seele. Nur noch dazu vermerkt: Das gilt nicht nur für die Esken-Partei. Und Herr Broder, der letzte Satz erschließt sich mir nicht.

sybille eden / 08.08.2023

Jeder der überlegt, die SPD zu wählen, muss wissen : Die SPD ist eine im Kern linksradikale Partei, die über ein Netzwerk zu linksextremen Bewegungen in ganz Europa verfügt.  Ende der Durchsage !

N. Schneider / 08.08.2023

Richtig ist sicher, dass große Teile der AfD, nicht DIE AfD, die Position vertreten, es sei im Interesse Deutschlands, sich im Ukraine-Krieg neutral zu verhalten und weiterhin billig Energie aus Russland zu beziehen. Von einer “Parteinahme für Russland im Ukraine-Krieg” kann aber keine Rede sein (was einzelne Spinner nicht ausschließt). Kurzfristig mag diese Position Vorteile für Deutschland bringen. Langfristig vorteilhafter (Friedensdividende usw.) für Deutschland und Europa, besonders Mittel- u. Osteuropa, ist es, die imperialen Bestrebungen Russlands – korrekter ist die Bezeichnung Moskowien – einzuhegen. Ein Staat, der seit Jahrhunderten seine Nachbarn bedroht, einschüchtert, mit Krieg überzieht und auslöscht.

Karl Kaiser / 08.08.2023

“Was die AfD total disqualifiziert, ist ihre Parteinahme für Russland im Ukraine-Krieg.” Parteinahme für Rußland? Belege? Irgendeine Stelle im Parteiprogramm, eine Äußerung aus der Parteiführung? Eine Antrag oder eine Stellungnahme im Bundestag oder einem Landtag? Nichts?

D. Schmidt / 08.08.2023

Man muss manche Personen nur ein paar mal gesehen, und/oder gehört haben, dann weiß man, was man von ihnen erwarten kann. Nennt sich Menschenkenntnis. ;-)

Dieter Kief / 08.08.2023

Dr. Jens Richter - ich habe nichts (nichts!) gegen Israels Strategie beim Sechs-Tage-Krieg (seufz - korrekt!)  einzuwenden. Lesen Sie meinen Post nochmal durch. Der zielt gegen Henryk M. Broders und seiner neusten Verbündeten Annalena Baerbocks Dopplemoral in Sachen Angriffskrieg, verstehen Sie? - Henry Kissinger pflichtete dieser von John Mearsheimer mitgetragenen realistischen Argumentation übrigens bei: Die Moralisierung des Konflikts wonach die Russen vor ein Gericht zu stellen seien und ein Verhandlungsfriede mit ihnen nicht in Frage komme - auch keine Gebietsabtretungen - lehnte Kissinger wie Mearsheimer! - als unrealistisch ab: Darauf genau aber zielt - unrealistischerweise ! - Annalena Baerbock und mit ihr die Regierung.

Weitere anzeigen Leserbrief schreiben:

Leserbrief schreiben

Leserbriefe können nur am Erscheinungstag des Artikel eingereicht werden. Die Zahl der veröffentlichten Leserzuschriften ist auf 50 pro Artikel begrenzt. An Wochenenden kann es zu Verzögerungen beim Erscheinen von Leserbriefen kommen. Wir bitten um Ihr Verständnis.

Verwandte Themen
Henryk M. Broder / 05.12.2023 / 13:00 / 38

Bedeutende Denkerinnen und Denker des 21. Jahrhunderts: D.F.

Es muss nicht immer einer oder eine aus der Beletage des Feuilletons sein. Auch im Souterrain des Kulturbetriebs flackert manchmal ein Licht auf. Derzeit ist es…/ mehr

Henryk M. Broder / 01.12.2023 / 15:00 / 28

Irre ist das neue Normal (7)

Geht es um Israel, die Palästinenser, das Pogrom vom 7. Oktober und den Krieg in Gaza, melden sich immer mehr Experten zu Wort, die beweisen,…/ mehr

Henryk M. Broder / 30.11.2023 / 15:30 / 26

Ernst Piper verlässt PEN Berlin

Der Historiker und Verleger Ernst Piper ist aus dem vor kurzem gegründeten PEN Berlin ausgetreten. Dazu bewogen haben ihn Susan Neiman, die Leiterin des Potsdamer…/ mehr

Henryk M. Broder / 27.11.2023 / 15:00 / 45

Die Polizei ermittelt

Die Berliner Polizei hat alle Hände voll zu tun. Umso schöner, dass sie die Zeit findet, sich um kleine, aber nicht unwichtige Fälle zu kümmern.…/ mehr

Henryk M. Broder / 21.11.2023 / 10:00 / 52

Irre ist das neue Normal (6)

Igor Levit ist in der wirklichen Welt angekommen. Jetzt muss er aufpassen, dass ihm seine deutsche Fan Base nicht von der Fahne geht. Sich dermaßen…/ mehr

Henryk M. Broder / 10.11.2023 / 13:00 / 14

Mehr Kohle für Kretschmanns Blume

The Länd. Hier regelt man alles mit Geld. Jetzt soll der baden-württembergische Antisemitismusbeauftragte mit noch mehr Mitteln ausgestattet werden, um den Judenhass zu bekämpfen, der…/ mehr

Henryk M. Broder / 09.11.2023 / 14:00 / 59

Wehret den Anfängen? Dafür ist es jetzt zu spät!

Es ist alles schon mal dagewesen. In den Protokollen der Weisen von Zion, in den Gesetzen zum Schutze des deutschen Blutes und der deutschen Ehre,…/ mehr

Henryk M. Broder / 04.11.2023 / 12:00 / 48

Die Baerbock-Sprünge über den eigenen Schatten

Nach ihren Reisen in den Nahen Osten und nach New York, zur Stimmenthaltung bei einer gegen Israel gerichteten UNO-Resolution, kümmerte sich Außenministerin Annalena Baerbock um…/ mehr

Unsere Liste der Guten

Ob als Klimaleugner, Klugscheißer oder Betonköpfe tituliert, die Autoren der Achse des Guten lassen sich nicht darin beirren, mit unabhängigem Denken dem Mainstream der Angepassten etwas entgegenzusetzen. Wer macht mit? Hier
Autoren

Unerhört!

Warum senken so viele Menschen die Stimme, wenn sie ihre Meinung sagen? Wo darf in unserer bunten Republik noch bunt gedacht werden? Hier
Achgut.com