Henryk M. Broder / 24.02.2018 / 06:24 / Foto: Fabian Nicolay / 44 / Seite ausdrucken

Frau Barley an der falschen Tafel

Die geschäftsführende Ministerin für Familie, Senioren, Frauen und Jugend, Katarina Barley, hat die Entscheidung der Essener Tafel kritisiert, Lebensmittel nur noch an deutsche Bedürftige zu verteilen. Eine Gruppe von Menschen, in diesem Fall Flüchtlinge bzw. Geflohene, pauschal auszuschließen, fördere Vorurteile und Ausgrenzung. Es müsse klar sein, so Frau Barley, dass Bedürftigkeit das Maß sei „und nicht der Pass“.

Nun, „der Pass" kann gar nicht „das Maß" sein, weil mindestens die Hälfte der „Geflohenen" ohne Pass eingereist ist. Das müsste Frau Barley eigentlich wissen. Was sie meint, ist vermutlich die Staatsangehörigkeit, aber auch die lässt sich nicht so einfach feststellen, wenn der Pass verlorengegangen ist oder weggeworfen wurde. Es ist auch nicht die Aufgabe einer Ministerin, die sich selbst als Anwärterin für die Leitung des Auswärtigen Amtes ins Gespräch gebracht hat, über Vorurteile und Ausgrenzung zu räsonieren; ihr Job ist es, dafür zu sorgen, dass kein Mensch in Deutschland hungern und frieren und auch nicht Schlange stehen muss, um das zugeteilt zu bekommen, was ALDI, Lidl und Edeka ausräumen mussten.

Es gibt nicht wenige Rentner in Deutschland, die so umsorgt werden möchten wie manche Flüchtinge, die nicht einmal wissen, wie viel Geld sie von „Mama Merkel" bekommen, wie etwa Ahmad, seine beiden Ehefrauen und deren sechs Kinder, die „in einem großen Haus" leben, das ihnen „von der Gemeinde zur Verfügung gestellt wurde", das freilich bald zu klein werden könnte, weil Ahmad gerne noch zwei Frauen und weitere Kinder haben möchte. Warum auch nicht? Theoretisch könnte er „auch arbeiten gehen", möchte aber lieber daheim „bei den Kindern bleiben".

Das ist natürlich kein Fall für die Familienministerin, sondern nur ein Beispiel für die ausufernde Armutsindustrie, die auch solche Knalltüten ernährt, wie den Kölner „Armutsforscher" Christoph Butterwegge, der beinah Bundespräsident geworden wäre. Er ist der Ansicht, dass „die Konflikte vor Ort entschärft werden könnten, wenn es beispielsweise für alte Leute andere Öffnungszeiten gebe als für Ausländer". Man könnte diese Idee weiter spinnen: Andere Öffnungszeiten für Frauen und Männer, für Arbeiter und Akademiker, für Homos und Heteros, für Christen, Juden und Muslime. So könnten soziale Konflikte entschärft werden, ohne Ausgrenzung und ohne Vorurteile. 

Zurück zu Katarina Barley, der, wie sie selbst sagt, „Allzweckwaffe der SPD". Erinnern wir uns, wie sie vor etwas mehr als einem Jahr von Martin Schulz schwärmte, dem „dienstältesten Teil" des SPD-Präsidiums. Ja, die Frau ist für alle da, für Familie, Senioren, Frauen und Jugend, für Bedürftige und Unbedarfte.

Lesen Sie zum gleichen Thema auch: Die Lage an den Tafeln

Nachtrag 2: Inzwischen wurden diverse Fahrzeuge und den Eingang der Essener Tafel beschädigt und mit Parolen wie "Fuck Nazis" beschmiert.

Foto: Fabian Nicolay

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Dolores Winter / 24.02.2018

Wenn Frau Barley nur mal einen halben Tag bei der Tafel gearbeitet hätte, wüsste sie, dass dort tatsächlich knallhart ausgegrenzt wird, aber nicht von den Mitarbeitern. Es betrifft keineswegs nur Senioren und Frauen, die brutal und rücksichtslos geschubst und in einigen Fällen sogar beraubt werden. Auch Männer im besten Alter haben doch nicht den Hauch einer Chance gegen eine Gruppe gewaltbereiter Männer. Wenn dieser "Allzweckaffe" Barley tatsächlich das Außenministerium übernimmt, wird sich die angespannte Weltlage nicht gerade verbessern.

Stefan Zorn / 24.02.2018

Langsam fange ich an zu erschrecken: Aus meinem persönlichen Umfeld zu Jugendzeiten rekrutierte sich der Kreis der politisch "Engagierten" eher aus dem mittelmäßig begabten Spektrum. - Was, wenn das überall so war und ist?

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