Frankreich beendet den Corona-Ausnahmezustand. Wirklich?

Alle Corona-Ausnahmezustandsregeln in Frankreich seien seit gestern abgeschafft, heißt es allenthalben. Alle Regeln? Nein, es ist mitnichten die völlige Rückkehr zur Normalität. 

Am 1. August trat in Frankreich ein neues COVID-Gesetz in Kraft. Der Ausnahmezustand Gesundheitskrise wurde beendet. Der Pass Sanitaire, die französische Entsprechung zum deutschen 3G, wird endgültig abgeschafft. Er war noch immer Pflicht, um Zutritt in Krankenhäuser und Altenheime zu erhalten und stand auf Abruf zur Wiederbelebung für andere Bereiche bereit.

Mit der Beendigung des Ausnahmezustands kann die Regierung keinen Lockdown und keine Ausgangssperren mehr verhängen. Die Maskenpflicht ist endgültig vorbei, sogar in Krankenhäusern und Altenpflege-Einrichtungen. Der Expertenrat von Wissenschaftlern, die Herrn Macron meistens im Verborgenen berieten, wird zum 1. August aufgelöst. Was bestehen bleibt, ist die Kontaktverfolgung und die Datensammlung nach durchgeführten Tests, beides befristet bis Juni 2023. Und zur Einreise nach Frankreich kann bis März 2023 ein negativer Test verlangt werden, falls im Herkunftsland eine neue, gefährliche Variante zirkulieren sollte.

Die Regierung Macron/Borne hatte einen Gesetzesentwurf vorgelegt, der in der Nationalversammlung in Teilen abgelehnt wurde. Danach arbeitete der Senat das Gesetz um und stimmte mit großer Mehrheit für seinen Entwurf. Die Uneinigkeit rief die commission mixte paritaire auf den Plan, eine Kommission unter dem Vorsitz des Präsidenten oder des Premierministers, bestehend aus sieben Abgeordneten der Nationalversammlung und sieben Senatsmitgliedern. Diese Kommission einigte sich zügig und veränderte den Entwurf des Senats nur noch minimal. Bei der erneuten Abstimmung in der Nationalversammlung erhielt das Gesetz eine Mehrheit von 184 Stimmen gegen 149. (Das heißt, dass einmal mehr kaum die Hälfte der Abgeordneten zur Abstimmung erschienen.) Im Senat fiel die Mehrheit eindeutiger aus.

Auf der Gehaltsabrechnung steht 0 Euro

Nun möchte man den Eindruck bekommen, dass mit diesem Gesetz die Rückkehr zu geltendem Recht markiert wird, wir alle aufatmen können, der Albtraum vorbei scheint. Da gibt es aber noch zwei Gruppen, für die noch gar nichts vorbei ist. Geimpfte und Ungeimpfte. Ich meine jene Geimpften mit schweren Nebenwirkungen. In Frankreich sind die Berichte darüber noch weiter vom Mainstream abgedrängt als in Deutschland. Natürlich sind auch in Frankreich Todesfälle nach der Injektion zu beklagen, in einem Nachbarort in meiner Gegend sind zwei Jugendliche, 17 und 19 Jahre, in der Nacht nach der dritten Dosis gestorben.

Die andere Gruppe sind die ungeimpften Pflegekräfte, Verwaltungsangestellte in Krankenhäusern, Ergotherapeuten, Reinigungspersonal in Altenpflege-Einrichtungen, Logopäden, Hebammen, Küchenangestellte in Krankenhäusern oder Altenpflege-Einrichtungen, Rettungssanitäter, Mediziner, auch solche mit eigenen Praxen. Sie alle sind seit 15. September 2021 suspendiert. Sie erhalten allmonatlich ihre Gehaltsabrechnung und auf der steht 0 Euro. Sie haben kein Arbeitslosengeld, die Aufnahme einer anderen Arbeit ist ihnen verboten, sie bekommen auch sonst keine Sozialhilfe. Ärzte, die eigene Praxen hatten, mussten diese schließen.

Manche praktizierten im Verborgenen weiter. Einzelne Logopäden, Ergotherapeuten und Hebammen mit eigenen Praxen haben einen Ausweg gefunden, indem sie neue Berufsbezeichnungen entwickelten: zum Beispiel „Heilkraft im Sprachbereich“ statt Logopädin. Laut Gesundheitsministerium handelt es sich bei den Suspendierten nur um 2.605 Menschen. Die Verbände Blouses Blanches Libres („freie Weißkittel“) sprechen von um die 15.000 Menschen.

Im neuen Gesetz wird von einem „Weg zur Reintegration des suspendierten medizinischen Personals“ gesprochen. Die regionalen Gesundheitsämter und Medizinerverbände wehren sich lautstark gegen die Reintegration dieser Ungeimpften. Darüber könne man erst sprechen, wenn die jetzt noch sinnvolle Impfpflicht nicht mehr nötig sei. Und die Impfpflicht für Gesundheitspersonal sei aufgrund der siebten Welle, die gerade erst abebben würde, immer noch wichtig und könne nicht aufgehoben werden. Der neue Gesundheitsminister François Braun verlautbarte, dass er sich bezüglich der Reintegration des suspendierten Personals ganz auf die Meinung und Leitung der Wissenschaftler verlassen werde. François Braun ist selbst Arzt, Notfallmediziner.

Viele der Suspendierten haben sich in den vergangenen Monaten absichtlich angesteckt. Um dann als Genesene während vier Monaten wieder zur Arbeit gehen zu können. Nach Ablauf der vier Monate haben sie sich nach einer erneuten Ansteckung umgesehen, eine Jagd nach einem positiven Test war das. Und bleibt es vermutlich weiterhin.

Schwangere sollen sich unbedingt impfen lassen

Mit dem neuen Gesetz ist aber das Warnen auch in Frankreich noch lang nicht beendet. Es wird dringend empfohlen, auch weiterhin dort eine Maske zu tragen, wo viele zusammen kommen, wie zum Beispiel in öffentlichen Verkehrsmitteln. In denen musste schon seit 14. März 2022 niemand mehr eine Maske tragen. Der dringenden Empfehlung gehen um die fünf Prozent der Franzosen nach. Und dann tragen sie oftmals immer noch diese Masken aus Baumwollstoff, die in Frankreich seit Beginn der Maskenpflicht nie als unnütz verdammt wurden. Die Schaffner laufen maskenlos durch den Zug. Sehr selten sehe ich Passagiere mit FFP2-Masken, nähere ich mich ihnen, höre ich sie hinter ihren Entenschnäbeln Deutsch nuscheln. Das dringend empfohlene Abstandhalten hält seit über einem Jahr schon niemand mehr ein.

Zum Testen wird immer noch aufgerufen. Im Juli 2022 brach Frankreich seinen Rekord: In nur einer Woche wurden drei Millionen Tests durchgeführt. Allen ab 60 Jahren und Schwangeren ab dem 4. Monat wird intensiv zur vierten Dosis geraten, hier „zweite Auffrischung“, nicht „Booster“.

Nicht geimpfte Schwangere sollen sich sofort und unbedingt in den ersten drei Monaten ihrer Schwangerschaft gegen COVID „impfen“ lassen. Das sei ganz wichtig, trompeten Verlautbarungen im Radio seit Monaten jeweils vor den Nachrichten heraus. Denn das ungeborene Kind könne bei einer COVID-Infektion der Mutter schwere Missbildungen und andere Schäden erleiden.

Komisch irgendwie, dass werdende Mütter in Deutschland sich ausdrücklich nicht im ersten Drittel der Schwangerschaft gegen COVID „impfen“ lassen sollen. Verschwörungstheoretiker, mit denen ich natürlich nur ganz aus Versehen gesprochen habe, vermuten, dass hier gezielt Vergleichsstudien durchgeführt werden.

Foto: SuperikonoskopCC BY-SA 4.0 via Wikimedia Commons

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Leserpost

netiquette:

Franz Klar / 02.08.2022

Das ist der gesichtswahrende Rückzug ” á la francaise ” . Hoffentlich coacht Macron telefonisch Monsieur Putain ....

Judith Panther / 02.08.2022

“Verschwörungstheoretiker, mit denen ich natürlich nur ganz aus Versehen gesprochen habe, vermuten, dass hier gezielt Vergleichsstudien durchgeführt werden.” Hmm ...  Täglich rufe ich drei Seiten auf: TE, achgut und Reitschuster. Nicht, um zu sehen, wie schlimm der Wahn im Volk noch wütet - davon kann ich mir schon auf den Seiten meiner Mailaccounts einen Eindruck verschaffen: Unverändert, unberührt, ungerührt und mental “Im Gleichschritt Marsch!” tackern die Maulhuren des horizontalen Mediengewerbes dort immer noch willig und billig alles in die Tastaturen, was der Große Bruder ihnen unter Ohrfeigen diktiert. Doch für mich sind nur “meine” drei Seiten maßgeblich, wo sich unsere Brüderinnen und Brüder im Quergeiste austoben, vom Gendern befreit wie Fuck You, G.´s Strome und Bäche vom Eis, nachdem der alte Winter sich in die rauhen Berge zurückgezogen hat, aber nur, um von dort aus erneut Anlauf zu nehmen und uns dann wieder - wie bisher noch jedes Jahr irgendwo “halb zehn in Deutschland” - mit seinem “plötzlichen Einbruch zu überraschen”, wie Mr. Blackout und Madame Bibbernde Kälte den Michel demnächst. Aber keinen Sorge, der merkt nix. Der stirbt im Schlaf. Doch auch auf “meinen drei Seiten” verschließen sie immer noch die Augen vor dem riesigen Elefanten im Raum (und ich meine auch diesmal nicht Ricarda “XXX” L., nur weil sie ihren IQ 1:1 in BMI umgetauscht hat). Ich meine das, was @Sabine Schönfelder gestern auf der “Chronik des Irrsinns” auf ihre ganz unnachahmliche Weise folgendermaßen formuliert hat: “... Und Jungs, wenn ihr die Zusammenhänge nicht erkennt, glaubt, daß der Great Reset, der vor Euren Augen abläuft, die Pandemie und Impfstrategie, ein Pseudokrieg nebst Kriegsgerassel, alles orchestriert, zufällig durch 20 Pfeifen in der Regierung ausgelöst wurde, kann ich nur sagen ...”  Ja, ich auch: Höchste Zeit, aufzuwachen ...   

S. Wietzke / 02.08.2022

Auch die Franzosen haben sich weitgehend als leicht zu steuernde Helotenmasse erwiesen. Die Nummer wird sofort wieder ausgepackt wenn das notwendig ist. Und man erhoffe sich von der “Rechten” da keine Gegenwehr. Die ist genauso staatsgläubig und etatistisch wie die woke/grünen Khmer. Den einzigen marginalen Unterschied gibt es da nur in der Migrationsfrage.

beat schaller / 02.08.2022

@Heinrich Friedrich Klemm, Danke für den kurzen und starken Kommentar, der alles auf den Punkt bringt. b.schaller

Nathalie Nev / 02.08.2022

“Die Maskenpflicht ist endgueltig vorbei, sogar in Krankenhaeusern und…”. So stimmt das nicht! Das Krankenhaus oder die Pflegeeinrichtung entscheidet immer noch. Fuer eine medizinische Intervention gestern 1.8. wurden Maske, Impfung und vorheriger negativer Test verlangt. Die neuen Texte sehen vor, dass das jeweilige Krankenhaus weiter entscheiden kann, wie verfahren wird.

St. Marek / 02.08.2022

Herr Precht, man würde so einem einzelnen Einigen nicht glauben. Die Presse würde eh nichts veröffentlichen. Und der Einige würde vmtl. einige Zeit später einen bedauerlichen Unfall erleiden. Ihr Optimismus ist unbegründet. Leider.

Nico Schmidt / 02.08.2022

Sehr geehrte Frau Dufond, offensichtlich legt sich der Impfstoff auf die Vernunft und die Menschen fallen in eine Art Ohnmacht. MfG Nico Schmidt

Daniel Kirchner / 02.08.2022

Der letzte Pass hieß Vaccinal und erforderte den Booster. Bei 4 Einreisen nach Frankreich bin ich nie kontrolliert worden. In Ales durfte ich nicht in einen botanischen Garten, da ich den Pass nicht hatte. Frühstücksbuffet im Hotel war aber kein Problem.

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