Claudio Casula / 10.05.2022 / 06:00 / Foto: Pixabay / 108 / Seite ausdrucken

Frank Ulrich Montgomery arbeitet Corona auf

„Weltärztepräsident“ Frank Ulrich Montgomery ist ein Mann der starken Sprüche. Seit Ausrufung der Corona-„Pandemie“, also seit mehr als zwei Jahren, ist der Funktionär medial präsenter als es einem lieb sein kann.

Und teilt dabei gern aus: „Sich nicht zu impfen, kann man unsolidarisch, dumm oder sonstwie nennen“. Bei Anne Will sagt er: „Wir erleben gerade eine Tyrannei der Ungeimpften“. Er stößt sich daran, „dass kleine Richterlein sich hin­stellen und wie gerade in Niedersachsen 2G im Ein­zelhandel kippen, weil sie es nicht für verhältnismäßig halten“. Und spekuliert öffentlich über eine Corona-Variante, die so „ansteckend wäre wie Delta und so tödlich wie Ebola“.

In einem Interview mit dem SWR meint er, auch ein 25-Jähriger, der nichts von Corona zu befürchten hat, sollte sich impfen lassen, „um seine 80-jährige Oma zu schützen. Diesen kleinen Piks muss man in meinen Augen auf sich nehmen.“ Die Wirkung von mRNA-Impfstoffen kritisch zu hinterfragen, hält er für eine verzichtbare „esoterische Debatte“, und die einrichtungsbezogene Impfpflicht „ist ja keine Impfpflicht, sondern eine ImpfNACHWEISpflicht“, man wird also nicht zur Impfung gezwungen, sondern verliert eben nur seinen Job, wenn man sich nicht mit dem nach wie vor nur bedingt zugelassenen Impfstoff traktieren lässt.

In der Sendung „Klartext“ bei Servus TV duellierte sich Montgomery kürzlich mit Harald Matthes, Leiter der ImpfSurv-Studie zu Impfnebenwirkungen der Charité Berlin, zum Thema „Corona-Aufarbeitung: Wer steht für die Folgen gerade?“, wobei es hauptsächlich um Impfschäden ging, ein Thema, das, wie Moderator David Rohde ganz richtig feststellte, mit einem Tabu belegt ist. Was Montgomery umgehend bestritt. Er behauptete darüber hinaus, entweder aus Unkenntnis (was nicht für ihn spräche) oder wider besseres Wissen (was auch nicht für ihn spräche), dass es nur „sehr geringe, sehr wenige Nebenwirkungen“ gebe. Dafür verhindere die Impfung „99 Prozent der tödlichen Verläufe“. Donnerwetter! Dann kam der Weltärztechef richtig in den Tüddel:

„Die Erkrankung hat ohne Impfung eine Letalität zwischen ein und zwei Prozent (…). Das heißt, bei 100.000 Menschen würden 10.000 Menschen an der Erkrankung sterben.“ 

Ein Satz, so falsch, dass nicht mal das Gegenteil davon wahr ist.

Ein Anthroposoph, na dann!

Impfschäden, so sie denn vorkämen, müsse man „in Relation sehen“, der Nutzen überträfe den Schaden bei Weitem. Matthes‘ Studien zweifelte er an. Und erhielt eben Unterstützung von der ZEIT, wo zwei Autoren jenen Eifer an den Tag legen, an dem es ihnen zwei Jahre lang gebrach, wenn es um das offizielle Narrativ von der tödlichen Seuche und der angeblich drohenden Überlastung des Gesundheitssystems ging – und damit auch um die Verhältnismäßigkeit und Legitimität der grundrechtsverletzenden „Maßnahmen“. Den gefühlten Auftrag, die große Politik gegen jegliche Kritik zu verteidigen, nehmen die beiden sehr ernst. Auch Montgomery versuchte Harald Matthes‘ Studienergebnisse unter Hinweis auf dessen Hintergrund (Stiftungsprofessur Integrative und Anthroposophische Medizin!) als irrelevant abzutun.

Ohnehin könne man nicht sagen, ob gewisse Symptome tatsächlich ursächlich auf die Impfung zurückzuführen seien. Auf Matthes‘ Statement, gerade bei dieser neuartigen Impfung hätte man von Anfang an genauer beobachten, auch Anlaufstellen schaffen müssen, und selbst in den Zulassungsstudien seien Impfschäden schon ein Thema gewesen, reagierte Montgomery gewohnt schroff: Man habe damals die Impfzentren im Eiltempo einrichten müssen, am Anfang auch zu wenig Impfstoffe gehabt, da sei keine Zeit für ein Impfregister und ähnliches geblieben. Außerdem sei die mRNA-Forschung nicht neu, da habe es schon was in puncto Krebs gegeben, nur für die Impfungen sei das neu gewesen. Worauf Matthes konterte, dass eine Tumorvakzination etwas anderes sei als eine Impfung, zumal im einen Fall Zehntausende betroffen wären, im anderen aber viele Millionen (tatsächlich sind in Deutschland bisher 178 Millionen Impfdosen injiziert worden).

„Corona wird nicht vorbei sein“, behauptete Montgomery, noch könne man nichts Genaues sagen, aber es sei natürlich möglich, dass es im Herbst und Winter eine neue Variante geben könnte usw. Immerhin machte er sich Karl Lauterbachs Warnung vor einer „Killervariante“ nicht zu eigen, behauptete aber wiederholt, die Impfungen hätten mehr Menschen gerettet als geschädigt – unter Verweis ausgerechnet auf eine Studie des Ethikrates. Jedenfalls könne man das Virus „doch nicht einfach laufen lassen“. Doch, kann man.

Ein Gremium ohne Aufklärungsinteresse

Nun ging es noch um die höchstwahrscheinlich ins Wasser fallende Aufarbeitung der Corona-Beschränkungen. Diese Aufarbeitung nannte Montgomery überraschend ein „Recht der Bürger“, wohl wissend, dass für die Einrichtung eines parlamentarischen Untersuchungsausschusses ein Viertel der Abgeordnetenstimmen notwendig sind, und die dürften kaum zusammenkommen, schließlich müsste dann ja aufgeklärt werden, ob dieselben Parlamentarier keine unverhältnismäßigen Maßnahmen beschlossen haben, und wenn es um die Frage der Verantwortung geht, tauchen die Großsprecher ganz schnell ab. Ex-Gesundheitsminister Jens Spahn etwa schlug eine Einladung von „Klartext“ zu diesem Thema „aus inhaltlichen Gründen“ aus.

Selbst der im Infektionsschutzgesetz vorgesehene Bericht eines Sachverständigen-Ausschusses, der die Corona-Maßnahmen bewerten und bis zum 30. Juni 2022 vorliegen sollte, wird auf sich warten lassen – wenn er denn überhaupt jemals das Licht der Welt erblickt. Christian Drosten hat sich bereits zurückgezogen (was Montgomery damit erklärt, dass Merkels Hofvirologen die ganze Sache „zu politisch geworden“ sei), und auch die anderen vermeintlich unabhängigen Experten sind befangen und verspüren keinen Drang, ihre eigenen Fehlentscheidungen aufzudecken.

Der Vorsitzende etwa, Stefan Huster, hat als Leopoldina-Mitglied „strenges 2G“ empfohlen, trommelte für eine Impfpflicht und übernahm Montgomerys unsäglichen Spruch von der „Tyrannei der Ungeimpften“. Für eine erweiterte 2G-Regel und die Impfplicht sowie gegen Lockerungen sprach sich auch die stellvertretende Vorsitzende, die Virologin Helga Rübsamen-Schaeff, aus. Anne Bunte, Leiterin des Gesundheitsamts im Kreis Gütersloh, war für die Maskenpflicht an Schulen, weil das „Ruhe“ gebracht habe. Die „Bundesnotbremse“ habe uns „in der dritten Welle Sicherheit gegeben“. Vor einem „Freedom Day“ warnte sie noch im März. Der Jenaer Verfassungsrechtler Michael Brenner befürwortete schärfere Regeln für Ungeimpfte. Selbst Menschen mit einem negativen Test Restaurant-, Kino- oder Stadionbesuch zu verweigern, sei „rechtlich vertretbar“.

Und so weiter und so fort. Dass solche Experten kein gesteigertes Interesse daran haben können, an einer wirklichen Aufarbeitung des politischen Versagens in der „Pandemie“ mitzuwirken, eher daran, Bestrebungen dieser Art langsam im Sande verlaufen zu lassen, sollte jedem einleuchten. Eher machen sie sich still und leise vom Acker, wenn es brenzlig wird, Drosten hat’s vorgemacht.

Nur Frank Ulrich Montgomery wird bis zum bitteren Ende den Lautsprecher geben.

Foto: Pixabay

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S. Pfaller / 10.05.2022

Auf seiner Webseite schreibt er: „Da meine Frau in Schweden aufgewachsen ist, haben wir eine hohe Affinität zu diesem Land und verbringen gerne unsere Sommerferien dort.“ Wunderbar, dann dürfte ihm ja der maßvolle Umgang mit Corona dort kaum entgangen sein, während er in Deutschland mit seiner „Kommunikation“ bewusst die Spaltung vorantrieb. Wie die Formulierung „Tyrannei der Ungeimpften“ wirkt, hat er nach eigener Aussage an seinem Sohn, einem Politologen, vorab getestet. Unvergessen seine 4U zu „Impfgegnern“ („ungeimpft, ungetestet, unbeugsam, unglaublich dumm!“) Im verlinkten SWR-Interview sein Hinweis, dies sei aus dem Zusammenhang gerissen gewesen und Schwamm drüber. Geplante Provokation und Spaltung; bei ichhabemitgemacht taucht er wirklich noch viel zu wenig auf. - Ich frage mich: Auf wessen Gehaltslisten steht dieser Mann eigentlich sonst noch so?

Wilhelm Mueller / 10.05.2022

Es ist nicht so entscheidend, dass sich bald etwas ändert- wenn es auch sehr zu wünschen wäre. Entscheidend für den Fortbestand der menschlichen Zivilisation ist, dass genau dokumentiert wird, wer wann was gesagt hat, wer das große Verbrechen vorangetrieben hat und wer sich dem widersetzt hat. Manchmal dauert es zwölf Jahre und mehr, bis eine juristische Aufarbeitung von monströsen Verbrechen in Gang kommt. Sie wird aber kommen -und es werden harte Urteile gesprochen werden.

Johannes Schumann / 10.05.2022

Ich nenne ihn nur noch Weltärztepräsidentlein.

Arne Ausländer / 10.05.2022

@Hans Reinhardt: Ein etwas jüngerer Kollege Mengeles, der nach 1945 im Allgäu praktiziert hatte, trat tatsächlich mit kaum anderem Tonfall 1997 im Deutschlandfunk auf, was - damals noch - im Rahmen der Sendung deutlich kritsch dargeboten wurde. Man veranstaltete sogar eine zweite Folge, bei der - auf dessen ausdrücklichen Wunsch - eines seiner damaligen Versuchsobjekte zugegen war. Eine äußerst beeindruckende Sendung - mit so gut wie keinem Echo in Deutschland. - Ja, damals taugte der DLF noch was. Vor der heutigen Misere konnte uns das allein aber auch nicht retten.

ricardo sanchis / 10.05.2022

Was wurde eigentlich aus einer/der Anzeige gegen “Seine Selbstherrlichkeit” wegen Volksverhetzung?

T. Merkens / 10.05.2022

Kann es sein, dass die zusammenfassenden Angaben des vorletzten Absatzes zum Sachverständigen-Ausschuss von einem Herrn Namens “Charlie Firpo” stammen (den findet man z. B. bei Threadreader, “der mit den Zahlen”). Die Ähnlichkeit (einschließlich Reihenfolge) ist jedenfalls erstaunlich, und bei dem genannten Herrn hatte zumindest ich die Zusammenstellung bereits vor einigen Tagen gelesen. Falls dies zutrifft, fände ich einen kollegialen Hinweis durch den Autoren angebracht. Die ganzen übrigen Medien werden hier ja auch ständig verlinkt. Wie gut der Herr ansonsten ist, weiß ich allerdings nicht - bevor sich jemand beschwert :-)

Jürgen Riedl / 10.05.2022

Montgomery parlierte im Westfernsehen (Servus TV) wieder in bestem Webeversprech und Prof. Harald Matthes stand da wie ein dummer Schulbub. Mein Eindruck war, entweder kennt Matthes die dramatische Faktenlage aus den Forschungsberichten nicht, und sagte deshalb nichts, was beschämend ist, oder er kennt die Faktenlage, kann aber aufgrund von Ansehens- und evtl. Berufsverlust den Monti nicht in die Schranken weisen. Beides ist ein Schande für ihn selbst, die Charite und den Stand der Mediziner allgemein. Eine vergebene Debatte, die hätte Aufklärung bieten können. Schade.

Fred Burig / 10.05.2022

@Dieter Kief:”.. Funktionäre sind keine Wissenschaftler, sondern Netzwerker. Das Problem beim Netzwerken ist: Es belohnt Anpassung stärker als Wahrheitssuche. ”  Sie haben in Allem Recht, nur wie bekommt man dieses Pack aus ihren Positionen?! Das wäre doch der Ansatz, oder? MfG

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