Redundanz ist die technikgewordene Vernunft und Anerkenntnis der Fehlbarkeit aller technischen Systeme. Das Wissen, dass es keine fehlerfreien und absolut zuverlässigen Systeme gibt, führte im Ingenieurwesen zu der Erkenntnis, dass man die Zuverlässigkeit von Systemen verbessern kann, wenn man Redundanzen einbaut. Ein dreifaches „Hoch“ auf die Redundanz! Dreifach, damit noch was oben ankommt, wenn zwei „Hochs“ kaputt gehen. Redundanz ist was Feines, das wissen Ingenieure nicht erst, seit sie Flugzeuge bauen – dort ist das Prinzip „Sicherheit“ nur auf die Spitze getrieben. Alle wichtigen technischen Systeme sind doppelt und dreifach vorhanden. Das hilft natürlich nur, wenn das Gesamtsystem durch Inkompetenz, Schlamperei und Politikversagen nicht schon so fehleranfällig ist, dass auch dreifache Sicherheitsnetze nicht mehr wirken.
So ist es leider um die Maschinen der deutschen Flugbereitschaft bestellt, die in der Verantwortung der Bundeswehr und damit in den Händen der besten Verteidigungsministerin liegen, die wir je hatten. Nun soll also für Kanzlerin und Präsident eine zweite Maschine leer mitfliegen und falls eine – wie üblich – den Geist aufgibt, wechselt man einfach das Flugzeug. Nicht vermeldet wurde, ob der Wechsel gleich in der Luft erfolgen soll. So albern und zu berechtigtem Spott einladend diese Meldung auch sein mag, verbindet sich für mich damit eine leise Hoffnung auf Restvernunft in der Politik – und sei es auch nur zum Zweck der Selbsterhaltung.
Meine Hoffnung ist, dass die Politik in letzter Konsequenz davor zurückschrecken wird, auch an anderer Stelle auf die Redundanz in technischen Systemen gänzlich zu verzichten, etwa bei der politisch veranlassten Umgestaltung unserer Stromversorgung. Der beschlossene Ausstieg aus Kernenergie und Kohle, ergänzt durch die schon laufende Verteufelung von ebenfalls CO2 erzeugendem Erdgas, würde uns bis 2038 mit großer Sicherheit in ein Dritte-Welt-Land mit Energiemangel und Blackouts verwandeln.
Dieses Szenario könnte womöglich ausfallen. Nämlich deshalb, weil selbst fachlich unbeschenkte Politiker davor zurückschrecken werden, sämtliche Redundanzen aus dem Energiesystem auszubauen und durch Glaubensbekenntnisse zu ersetzen. Bei den Regierungsmaschinen geht man diesen Weg offenbar nicht bis zum Ende, das macht Hoffnung. Selbst wenn die Art und Weise, wie man das Problem bei der Flugbereitschaft zu lösen versucht, geradezu ein Schildbürgerstreich ist, aber das ist unsere aktuelle Energiewirtschaft aus zwei dysfunktionalen und subventionsgetriebenen Systemen ja schließlich auch.
Lieber zwei halbkaputte Flugzeuge als ein ganzes
Um im Bild mit den Maschinen der Flugbereitschaft zu bleiben: Ein Politiker würde sich wohl nur ungern in ein solarbetriebenes Flugzeug setzen, dessen heile Landung davon abhängt, dass sich keine Wolke vor die Sonne schiebt. Er möchte sich aber auch nur ungern in ein Gerät setzen, das von der „Kompetenz” einer Ursula von der Leyen abhängig ist. Die Redundanz und Resilienz eines gut gewarteten Flugzeuges, ebenso die der konventionellen Stromversorgung mit ihren Reserven und ihrer Berechenbarkeit, schätzt man nämlich sehr. Deshalb fliegt man auch lieber mit zwei Flugzeugen, selbst wenn sich beide in bemitleidenswertem Zustand befinden.
So wird man in letzter Konsequenz auch zwei Stromerzeugungssysteme beibehalten, erneuerbare und fossile Energien, selbst wenn beide sich in erbärmlichem Zustand befinden und man jahrelang die Abschaffung der fossilen Energie propagiert und einer schwedischen Klimaheiligen begeistert die Hand schüttelt. Erst wenn unsere Politiker ihr Leben Solarflugzeugen ohne Redundanz anvertrauen, sollten wir Alarm schlagen. Andererseits könnte man in diesem Fall auch darauf vertrauen, dass die natürliche Auslese ihr darwinistisches Werk verrichten würde.
Bleibt nur die Frage offen, ob ein Land, das nicht in der Lage zu sein scheint, ein paar Flugzeuge in technisch akzeptablem Zustand zu halten und stattdessen lieber zwei halbkaputte Maschinen gleichzeitig fliegen lässt, überhaupt daran denken sollte, Redundanzen aus seinem Energienetz auszubauen. Die Antwort auf diese Frage kennen nicht nur die Bauherren des Berliner Flughafens BER und des Bahnhofs „Stuttgart 21”.
Dieser Beitrag erschien zuerst auf Roger Letschs Blog „Unbesorgt”.