Dirk Maxeiner / 03.12.2016 / 06:29 / Foto: Johann H. Addicks / 26 / Seite ausdrucken

Flüchtlingskosten: Die Plünderung der Krankenversicherung

Wenn die Bundesregierung ein Gesetz zur Reform der Psychiatrie beschliesst, darf sie sich eines soliden Desinteresses der Medien sicher sein. So geschehen vor gut zwei Wochen im Bundestag (14.11.2016). Gut versteckt hinter einem sperrigen Titel („Entwurf eines Gesetzes zur Weiterentwicklung der Versorgung und der Vergütung für psychiatrische und psychosomatische Leistungen“) ging es allerdings um etwas ganz anderes: Die Ausplünderung der gesetzlichen Krankenversicherung, um die durch die Zuwanderung entstehenden Kosten zu verschleiern

Es wurde beschlossen, dass die medizinische Versorgung von Flüchtlingen aus den Ersparnissen der gesetzlich Krankenversicherten - der sogenannten Liquiditätsreserve des Gesundheitsfonds - bezahlt werden soll. Zu diesem Zweck sollen 1,5 Milliarden Euro aus der Liquiditätsreserve entnommen werden (Mit der Volltextsuche Stichwort "Liquiditätsreserve" sind in dem Dokument die betreffenden Passagen schnell gefunden). Wörtlich heißt es:

„Den Einnahmen des Gesundheitsfonds werden im Jahr 2017 einmalig 1,5 Milliarden Euro aus der Liquiditätsreserve des Gesundheitsfonds zugeführt. Mit diesen Mitteln werden einerseits Mehrbelastungen der gesetzlichen Krankenversicherung aufgrund der gesundheitlichen Versorgung von Asylberechtigten finanziert. Bei erfolgreicher Integration in den Arbeitsmarkt und der damit perspektivisch zu erwarten den Mehreinnahmen handelt es sich dabei um vorübergehende finanzielle Auswirkungen....“

Diese Passage hat es gleich in mehrfacher Weise in sich. Zunächst einmal werden in dreister Art und Weise allein die Beitragszahler der gesetzlichen Krankenkassen mit einer Aufgabe – nämlich der medizinischen Versorgung von Zugewanderten - belastet, die alle Bürger etwas angeht. Das heißt: Beamte, Selbstständige und Arbeitnehmer mit Einkommen oberhalb der Beitragsbemessungsgrenze werden von der solidarischen Finanzierung der durch die Zuwanderung entstehenden Kosten entbunden.

Aus diesem Kreis ist deshalb auch kein öffentlicher Aufschrei zu erwarten. Das Sankt Floriansprinzip gilt wie bei anderen Verteilungskämpfen auch hier: "Heiliger Sankt Florian / Verschon' mein Haus / Zünd' and're an". Die  Mitglieder der gesetzlichen Krankenkasse werden ihre Enteigung aufgrund der klandestinen Vorgehensweise aber wohl erst bemerken, wenn es zu spät ist. Sie haben auch keine lauten Lobbyisten und Interessenvertreter, die für einen medialen Aufschrei sorgen könnten. Ergebnis: Die Schwächsten von denen, "die schon länger hier leben", zahlen die Zeche.

Keine Versicherung mehr, sondern ein Selbstbedienungsladen

Die Zuwanderung – zumindest in dem Ausmaß, in dem sie erfolgte und weiter erfolgt – ist zumindest teilweise eine Folge staatlichen Handelns, beziehungsweise Nicht-Handelns. Es obliegt dem Staat – und damit allen Steuerzahlern –, für die Kosten aufzukommen. Die medizinische Versorgung von Asylbewerbern ist - von der akuten Lage ganz abgesehen - ohnehin glasklar eine Aufgabe des Staates. Statt dessen wird einmal mehr Haushaltssanierung auf Kosten der Sozialsysteme praktiziert. Der Gesundheitsfonds speist sich zu großen Teil aus den Beiträgen der Pflichversicherten und zum viel kleineren Teil aus Bundeszuschüssen. Eine Versicherung ist eine Solidargemeinschaft der Beitragszahler. Sie ist nicht dafür da, die Probleme von Menschen zu lösen, die niemals in diese Versicherung eingezahlt haben. Dann wäre die gesetzliche Krankenversicherung keine Versicherung mehr, sondern ein Selbstbedienungsladen.

Nun müssen die Zugewanderten ja dennoch in irgendeiner Form medizinisch betreut werden. Eine gerechte Finanzierung kann daher nur aus Steuermitteln erfolgen, muss also von allen Bürgern mitgetragen werden. Die werden das aber gar nicht gerne hören. Und deshalb traut sich die Bundesregierung ganz offensichtlich nicht, dass auch klar auszusprechen. Das böse Wort, um dass man sich herumdrückt, heißt schlicht: Steeeeuuuuuererhööööööhung. Die kommt ohnehin, aber nicht vor der Wahl, da behilft man sich lieber mit einem Griff in den Sparstrumpf der gesetzlichen Krankenversicherung. CDU/CSU und SPD möchten mit der Behauptung in den nächsten Wahlkampf ziehen, die merkelsche „Flüchtlingspolitik“ lasse sich ohne Steuer- und Beitragshöhungen gestalten. Dass dies nach den Grundrechenarten unmöglich ist, kann man beispielsweise hier nachlesen.

Der Bundesrat hatte den Gesetzentwurf hinsichtlich der Finanzspritze aus dem Gesundheitsfonds zunächst abgelehnt. In seiner Stellungnahme führte er zutreffende Bedenken an:

"Die Ausschüttung der Liquiditätsreserve ist fachlich nicht zielführend und kurzsichtig. Höhere Zuweisungen aus der Liquiditätsreserve des Gesundheitsfonds an die Krankenkassen hätten nur einen Einmaleffekt. Das strukturelle Defizit, nicht nur verursacht durch allgemeine Ausgabensteigerungen, sondern auch durch den unzureichenden Bundeszuschuss an den Gesundheitsfonds und die Einführung neuer, ausgeweiteter Leistungsansprüche durch neue Gesetze (unter anderem KHSG, PrävG), kann durch eine kurzfristige, einmalige Verbesserung der Finanzlage der Krankenkassen nicht beseitigt werden. Zudem befinden sich in der Liquiditätsreserve die Beiträge der GKV-Versicherten. Die gesundheitliche Versorgung von Asylbewerbern beziehungsweise ALG II-Beziehern stellt allerdings eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe dar."

Die Bundesregierung hat dann in einer weiteren Stellungnahme an dem Vorhaben festgehalten. Darin wird ausgeführt:

"Im Fall einer erfolgreichen Integration in den Arbeitsmarkt und den damit perspektivisch zu erwartenden Mehreinnahmen handelt es sich bei den Mehrbelastungen aufgrund der gesundheitlichen Versorgung der Asyl- bzw. Schutzberechtigten um vorübergehende Belastungen der GKV."

Da die Aufstockung des Gesundheitsfonds zunächst nur Wirkung für ein Jahr entfaltet, muss man das wohl so lesen, dass die Bundesregierung von einer vollständigen Integration der Asyl- und Schutzberechtigten innerhalb eines Jahres in den Arbeitsmarkt ausgeht. Wunschdenken ist in diesem Zusammenhang ein sehr höfliches Wort. Man muss realistischerweise davon ausgehen, dass große Teile der Zugewanderten noch viele, viele Jahre unterstützungsbedürftig bleiben werden.

Inzwischen hat – mauschel, mauschel –  auch der Bundesrat zugestimmt. Das Gesetz soll am 01.01.2017 in Kraft treten. Die schamlose Enteigung der Mitglieder der gesetzlichen Krankenversicherung nimmt ihren Lauf.

Nachtrag:

Den gesamten Vorgang mit chronologischer Auflistung und Verlinkung aller (öffentlichen) Parlamentsdokumente finden Sie hier.

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Anna Schmidt / 03.12.2016

Am besten gefiel mir der Satz: “Bei erfolgreicher Integration in den Arbeitsmarkt und der damit perspektivisch zu erwartenden Mehreinnahmen handelt es sich dabei um vorübergehende finanzielle Auswirkungen”. Wie hat es Udo Jürgens so treffend formuliert: Wir haben alles im Griff auf dem sinkenden Schiff…

Gabriele Klein / 03.12.2016

Sehr gut dass Sie publik machen was man versucht unter den Teppich zu fegen…. ich, als deutsche Staatsbürgerin sehe mich durch die Politik in diesem Lande schon längst in keinerlei Weise mehr vertreten sondern nur noch missbraucht… Nicht nur wenn ich für die medizinische Behandlung jener aufkommen soll die uns nicht die Genfer Konvention, sondern die organisierte Kriminalität als sogenannte   “Flüchtling” vor die Haustüre gekarrt hat….. Nicht nur wenn ich Schutzzoll in Form einer Kopfsteuer entrichte, um mich vor der Enteignung ohne Gerichtsverhandlung vorläufig zu schützen. Schutzzoll an jene Rundfunkkirche aus der man nicht austreten darf und die diesbezüglich selbst noch BDM und Hitlerjugend schlägt…....(Meine Eltern gehörten letzteren Einrichtungen nicht an und abgesehen von ein paar handfesten Repressalien passierte ihnen nichts… sie mussten z.B.  nicht wie jene die heute auf Meinungsfreiheit bestehen in den Knast…... ) Nein ich fühle mich auch mißbraucht und fassungslos wenn ich in die restlos überfüllten Wagons der deutsche Züge einsteige um festzustellen dass jene die nichts bezahlen und ganz offensichtlich nicht von der Arbeit heimkehren in der 1. Klasse sitzen und die die den vollen Preis entrichten, nach 8-10 Stunden Arbeit dicht an dicht stehend reisen müssen.  Ja, wie damals haben wir ein 3 Klassensystem sei es im Gesundheitswesen oder auch der Bahn.  Einziger Unterschied: Die Gegenleistung verhält sich umgekehrt proportional zu dem was einbezahlt wurde…..  Wenn Studenten und solche die ganz einfach nur vorgeben es zu sein, zu Preisen reisen, die jene der einzelnen Stadtstrecken vor 40 Jahren schlagen…... Preise , von denen Azubis, Alte, Arbeitslose, Behinderte, Pendler damals wie heute nur noch träumen können….... Dann haben wir es nicht mehr mit einer sozialen sondern mit einer Günstlingswirtschaft zu tun, mit deren Hilfe man auf Stimmenfang in universitären Kreisen geht….... Eine Monatsfahrkarte von circa 43 Euro pro Monat (exklusiv für Abiturien) die z.B.  zu beliebig vielen Fahrten zwischen Marburg und Göttingen mit sämtlichen Zügen einschl. IC berechtigt sucht man im Ausland und auch in der deutschen Vergangenheit vergeblich…..... Den Gleichheitsgrundsatz und jene Verfassung die die Alliierten nach dem 2. Weltkrieg einst hinterließen hat man mit solchen Machenschaften der “sozialen” Umverteilung sei es in der Medizin oder sonstwo   weit hinter sich gelassen…....

Adam Elnakhal / 03.12.2016

Da bleibt einem echt die Spucke weg. Interessant wäre es zu prüfen, ob diese Regelung nicht verfassungswidrig ist und gegen den allgemeinen Gleichbehandlubgsgrundsatz verstößt.

N.Mayer / 03.12.2016

Ich komme mit meinem Einkommen nicht aus und werde deshalb meine Krankenversicherungs-Beiträge nicht mehr bezahlen. Die Leistungen der Versicherung kann ich ja gar nicht in Anspruch nehmen, weil ich überall Zuzahlen muss und dafür kein Geld mehr habe. Also zahle in die Versicherungs-Beiträge nur für die Leute ein, die das Geld noch haben oder vom Staat subventioniert werden. Ich höre oft von Seiten der Politik: “Es ist uns noch nie so gut gegangen”.

Martin Muhle / 03.12.2016

“Der Gesundheitsfonds speist sich zu großen Teil aus den Beiträgen der Pflichversicherten und zum viel kleineren Teil aus Bundeszuschüssen.” Es gibt auch freiwillig gesetzlich Versicherte. Auch deren Beiträge fliessen in den Gesundheitsfonds. So sehr ich zustimme, dass es falsch ist, die GKV zu Leistungen zu mißbrauchen, die aus Steuergeldern finanziert werden müssen - und das bitte transparent, damit jeder sieht, was er da wählt - so falsch ist es hier, den “Besserverdienenden” - wie in “Das heißt: Beamte, Selbstständige und Arbeitnehmer mit Einkommen oberhalb der Beitragsbemessungsgrenze werden von der solidarischen Finanzierung der durch die Zuwanderung entstehenden Kosten entbunden. Aus diesem Kreis ist deshalb auch kein öffentlicher Aufschrei zu erwarten.” - und Selbstständigen den Schwarzen Peter zuzuschieben. Weder Besserverdienende noch Selbstständige haben Schuld daran. Und einige von ihnen sind freiwillig gesetzlich versichert.

Dieter Kief / 03.12.2016

Die Kanzlerin nimmt das Geld ohne rot zu werden von den hiesigen Armen - und schenkt es der Welt! Mit dem greisen Robert Spaemann zu kritisieren: Sie betreibt keine christliche Nächstenliebe, sondern stärkt mit ihrer Honecker-Sozialisation im christlichen Rücken “de indernadionale Soledaredäd!” Schön ist das nicht. Redlich und richtig auch nicht. Schade. Aber kein Dauerzustand: Der Ärger für die große Koalition wird zunehmen.

Dietmar Fürste / 03.12.2016

Nachdem er sich schon schamlos aus der Rentenkasse bedient hat, (Stichwort Teufel-Tabelle), bleibt dem mit über zwei Billionen (!) Euro überschuldeten, also bankrotten Staat ja nichts weiter übrig, als nun die gesetzlich Versicherten weiter zu bestehlen. Die Lüge “Wir achaffen das” muss auf jeden Fall aufrecht erhalten werden.

Reiner Koertel / 03.12.2016

Ärztevertreter Montgomery hat gesagt,die Flüchtlinge sind alle pumerl gesund. Da kann uns ja nichts passieren

Gustav Winter / 03.12.2016

Pünktlich zum Wintersemester 2016/2017 wurde bei meiner Tochter (25 und damit nicht mehr Familienversichert) der GKV-Beitrag um 8,7 % erhöht; ohne vorherige Ankündigung! Diese “Zwangsmaßnahme” wurde mir lediglich auf meinem Kontoauszug mitgeteilt - abgebucht. Scheinbar nimmt der Staat die für den gleichen Zeitraum mit viel “Trara” angekündigte/durchgeführte BAföG-Erhöhung bis max. 8 % beim Höchstsatz doch nicht so ernst.

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