Gunnar Heinsohn / 28.09.2015 / 06:30 / 9 / Seite ausdrucken

Flüchtlinge für Deutschlands Hightech-Zukunft?

Groß sind die Erwartungen an Syrer, die in der Hauptstadt endlich einen Flughafen bauen, weil die Berliner das nicht schaffen. Auch die Aussicht auf pakistanische Dieselmotoren, die das Land der Autofürsten nicht mehr blamieren, hebt die Stimmung in Medien und Politik. Nigerianer, die den Ostasiaten die einstmals deutschen Domänen der Kamera-, Computer- uund Telefonproduktion wieder abjagen, verbreiten Optimismus von Flensbug bis Rosenheim.

Hinweise, dass die Herkunftsländer all dieser Retter des „Made in Germany“ niemals auch nur ein einziges Unternehmen von Rang hervorgebracht haben, werden als Querschüsse von Lästermäulern abgetan. Vor allem in der Wirtschaft schwärmt man davon, wie bereits vor einem halben Jahrhundert keineswegs nur irrsinnige Subventionen (80-100 Mrd. Euro von 1975 und 2002), sondern auch zupackende Fremde dem Bergbau noch ein paar Jahrzehnte Leben eingehaucht hätten.

Der berühmte Einwurf, dass man damals Gastarbeiter gerufen, aber zahllose Menschen mit Hartz-IV-Anspruch bekommen habe, wird als inhumane Miesmacherei abgeschmettert. Diesmal werde alles anders. Nach ein paar Runden Deutschunterricht der neuen Jünglinge mit den liebevollen Damen an den Willkommens-Bahnhöfen werde ein nie geahnter Aufschwung einsetzen. Man unterschätze allenthalben die Effizienz des deutschen Erziehungs- und Ausbildungssystems. Unser pädagogisches Personal werde uns schon in der Weltspitze halten, weil spätestens die Kinder der Asylanten alle Erwartungen erfüllen würden. Die dafür verausgabten Megamilliarden seien absolut innovativ angelegtes Geld.

In der Tat sind Kinder die Zukunft. Zwar kann niemand wissen, wie die Sprößlinge der jetzt Hereindrängenden einmal abschneiden werden. Dafür aber hat man die Nachkommen der vermeintlichen Retter der damaligen Schwerindustrie in der PISA-Runde von 2012 ausgiebig getestet und vermessen. Was bringen sie mit für den Aufbau neuer Spitzenindustrien? Wie können sie sich halten beispielsweise gegen die 40 Millionen Hochschulabsolventen, die allein China zwischen 2015 und 2020 auf die Arbeitsmärkte entlässt? Migranten stellen immerhin ein knappes Drittel aller Kinder in Deutschland.

Das Können der Fünfzehnjährigen von 2012 erkennt man am schnellsten an ihren Mathematikleistungen, die sich auf sieben Noten verteilen. Mangelhaft, ungenügend oder noch schlechter (Note 7) schneiden 29,9 Prozent der altdeutschen Kinder ab. Nur 6,3 Prozent sind sehr gut. Gut erreichen 15,8 Prozent. Die Migrantenkinder der zweiten Generation, die von kleinauf und gebührenfrei alle Förderungen der deutschen Erziehung genießen, enden zu 50,8 Prozent mangelhaft, ungenügend oder darunter. Lediglich 1,3 Prozent schaffen eine Eins und 6,2 Prozent eine Zwei. Aus diesem bedrückend schmalen Sektor holen sich Funk und Fernsehen die beliebten Erfolgsgeschichten über migrantische Ärzte, Anwälte oder Politiker zwischen Rhein und Oder.

Da auch „ausreichend“ (25,7% Migranten; 23,4% Altdeutsche) kaum langt für die Anforderungen der Hightechzukunft, gehören zwar „nur“  53,3 Prozent der Altdeutschen, dafür aber umwerfende 76,5 Prozent der Migrantenkinder zu den Scheiternden ( Zahlen hier , Seite 299)   

Ein Fiasko ist das für beide Gruppen, weshalb man Nachsicht üben mag mit der Überzeugung, dass es nur noch besser werden könne. Möglich ist das. Erst einmal aber muss die jetzt getestete Generation den Karren ziehen und alle versorgen, die dabei von vorherein nicht mithalten können. Und niemand könnte Gründe nennen, warum die Pädagogen mit den Neuen weniger niederschmetternde Ergebnisse erreichen sollten als in den vergangenen Jahrzehnten.

Im vorigen Jahrhundert des „Kohlepfennigs“ glauben deutsche Politiker alles richtig zu machen, solange sie nur auf die Weitsicht der Industriekapitäne vertrauen. Beide übersehen, dass nach dem Verschwinden einer Firma – meist gegen Bessere aus Fernost – die Nation fortlebt und die Entlassenen Geld bekommen müssen, solange sie sich und ihre Kindeskinder nicht finanzieren können.

Auch heute werden Unternehmer, die umgehend verfügbare Arbeiter verlangen, wie Erlöser aus der Asylnot präsentiert. Ihre Wünsche sind verständlich, weil sie hier und jetzt im Plus bleiben müssen oder untergehen. Was nach einem Bankrott mit den Schnellangelernten passiert, darf sie aus geschäftlichem Blickwinkel gar nicht interessieren. Andere Nationen verstehen solche Folgekosten. Sie widerstehen den Kurzzeitinteressen der Unternehmen und bestehen an ihren Grenzen auf Kompetenz, die auch für noch gar nicht bekannte, weil erst in Zukunft errichtete Firmen reicht. Deshalb verachten sie auch einen Wirtschaftflüchtling nicht, wenn er etwas kann. Ihn darf man nämlich fragen, was er gelernt hat und leisten kann. Asylanten und Schutzberechtigte aus Tötungsgebieten, um die allein Berlin sich kümmern will, darf niemand vorher prüfen, denn in Not geratene Analphabeten haben nicht weniger zu schützende Menschenwürde als Nobelpreisträger.

Sie lesen gern Achgut.com?
Zeigen Sie Ihre Wertschätzung!

via Paypal via Direktüberweisung
Leserpost

netiquette:

Andreas Rochow / 28.09.2015

Eine sehr ernsthafte Stimme, weil epochale Folgen nur aus Wissen und nicht aus Moraleuphorie hochgerechnet werden können. Die Rolle der deutschen Unternehmen - die Wortwahl unterscheidet sich wohltuend von dem deunziatorischen “Konzern” der permanent erregten linksgrünen Antikapitalisten - erfährt die angemessene Würdigung: Vielleicht ist es überhaupt an der Zeit zu akzeptieren, dass das kleine, grenzenlose, rasant seine nationalen Kulturkoordinaten entsorgende Germany künftig nicht mehr die Welt mit Automobilen und Panzern versorgen muss. Führung sollte wieder vom Parlament ausgehen. Der warnende Hinweis auf fast 600.000 Arbeitskräfte, die allein von einem viel zu staatsnahen Unternehmen abhängig sind, kann auch als Monstrosität verstanden werden, die perspektivisch zurückzuführen ist. Das wäre eine adäquate Reaktion auf Demografie, Kultur und Ökologie. Niemand hindert VW daran, ausländische Fachkräfte einzustellen, auszubilden und zu bezahlen. Dafür den Steuerzahler in Haftung zu nehmen, ist ein fataler Irrweg.

Helfried Richter / 28.09.2015

Danke, Prof. Heinsohn. Die sog. “verantwortlichen” Politiker werden sich auch weiterhin von den Tatsachen nicht verwirren lassen. Schließlich wollen sie das Gute. Kurz zu Ihrem Zitat: ” Zwar kann niemand wissen, wie die Sprößlinge der jetzt Hereindrängenden einmal abschneiden werden.” Da mögen Sie Recht haben. Wohingegen darüber, WAS sie abschneiden werden, hier und da konkreter spekuliert wird.

Christian Schulz / 28.09.2015

Hinweis an die Redaktion: Der Link zur Wuelle der Zahlen ist fehlerhaft Der Link enthält eine Leerstelle. Richtig ist: http://www.pisa.tum.de/fileadmin/w00bgi/www/Berichtband_und_Zusammenfassung_2012/PISA_EBook_ISBN3001.pdf

Peter Seibel / 28.09.2015

Einen Regelwerk für Einwanderung zu erstellen, das vor Funk und Fernsehen bestehen kann, würde für unsere politischen “Eliten” viel zu viel Arbeit machen. Der Weg dahin ist beschwerlich. Warum sich dem ganzen Stress aussetzen, wenn man dafür wenig Anerkennung erfährt bzw. von der Sozial- und Integrationsindustrie nur Ablehnung erntet?

Weitere anzeigen Leserbrief schreiben:

Leserbrief schreiben

Leserbriefe können nur am Erscheinungstag des Artikel eingereicht werden. Die Zahl der veröffentlichten Leserzuschriften ist auf 50 pro Artikel begrenzt. An Wochenenden kann es zu Verzögerungen beim Erscheinen von Leserbriefen kommen. Wir bitten um Ihr Verständnis.

Verwandte Themen
Gunnar Heinsohn / 01.01.2023 / 12:00 / 17

Whoopi Goldberg und „Jewish Race”

Nicht aufgrund ihrer „Rasse“, sondern wegen der „Unmenschlichkeit des Menschen gegen den Menschen“ habe Hitler die Juden ermorden lassen, erklärt Whoopi Goldberg im Magazin der…/ mehr

Gunnar Heinsohn / 01.11.2022 / 10:00 / 133

Putinsturz durch heimkehrende Truppen?

Eroberungskriege aus einer demografisch so desolaten Nation wie Russland hat es bisher nicht gegeben. Das weiß auch Putin. Seine Fehlkalkulation, was die Motivation der eigenen…/ mehr

Gunnar Heinsohn / 27.09.2022 / 12:00 / 114

Putins nukleare Vorsicht

Putin droht zwar gelegentlich mit dem Einsatz von Atomwaffen, doch wird er ihn wohl nicht befehlen. Nicht weil er Skrupel hätte, sondern weil er weiß,…/ mehr

Gunnar Heinsohn / 21.09.2022 / 13:50 / 136

Putins Teilmobilisierung: Wofür die einzigen Söhne verheizen?

Schon am 20. September berichtet Igor Sushko über die Panik russischer Mütter, die ihre Söhne – überwiegend einzige Kinder – vor Putin Teilmobilisierung ins Ausland schaffen…/ mehr

Gunnar Heinsohn / 13.07.2022 / 12:00 / 134

22 Jahre Ostpolitik gegen die Ukraine und Polen

Deutschland macht seit spätestens dem Jahr 2000 Politik zu Lasten der Ukraine und Polens- Hier eine Auflistung. Prolog 1997 Deutsche Firmen wollen ihr Gasgeschäft mit Russlands…/ mehr

Gunnar Heinsohn / 28.06.2022 / 12:00 / 84

Patent und Verstand: Ex-Kolonie Südkorea überholt Deutschland

Südkorea ist überaltert, holt sich keine ausländischen Arbeiter ins Land, hat nahezu keine Bodenschätze, war unterdrückte Kolonie der Japaner und vom brutalen Korea-Krieg verwüstet –…/ mehr

Gunnar Heinsohn / 09.05.2022 / 10:00 / 98

Putins Nukleardoktrin

Wer Putins Äußerungen zum Einsatz nuklearer Waffen verstehen will, muss beachten, dass Russland seit dem Jahr 2000 einer neuen Nukleardoktrin folgt. Sie erlaubt es Moskau,…/ mehr

Gunnar Heinsohn / 02.03.2022 / 08:06 / 188

Putin verrechnete sich mit dem kampflosen Sieg und steht nun mitten im Krieg

Dass Putin an die schnelle Kapitulation Kiews und das Überlaufen der ukrainischen Truppen wirklich geglaubt hat, belegt ein am Samstag, den 26. Februar bereitgestellter und…/ mehr

Unsere Liste der Guten

Ob als Klimaleugner, Klugscheißer oder Betonköpfe tituliert, die Autoren der Achse des Guten lassen sich nicht darin beirren, mit unabhängigem Denken dem Mainstream der Angepassten etwas entgegenzusetzen. Wer macht mit? Hier
Autoren

Unerhört!

Warum senken so viele Menschen die Stimme, wenn sie ihre Meinung sagen? Wo darf in unserer bunten Republik noch bunt gedacht werden? Hier
Achgut.com