Wolfgang Meins / 15.05.2024 / 06:15 / Foto: AMISOM / 47 / Seite ausdrucken

Fluchtursachen bekämpfen! Was ist daraus geworden?

Diese Frage ist durchaus berechtigt, insbesondere, wenn man sich die Arbeit der Fachkommission Fluchtursachen und die des Bundesministeriums für wirtschafltiche Zusammenarbeit inklusive dessen Evaluierungsinstituts anschaut.

Der Entwicklungshilfe war einmal eine wichtige Rolle bei der Eindämmung der unkontrollierten Migration nach Deutschland zugedacht. Bereits 2014 propagierte der umtriebige CSU-Entwicklungshilfeminister Müller vor dem Hintergrund steigender Flüchtlingszahlen in Deutschland: „Fluchtursachen bekämpfen heißt, in Entwicklung investieren.“ Im Dezember 2015 legte er nach: „Wenn wir Fluchtursachen bekämpfen wollen, müssen wir uns dort engagieren, wo viele Flüchtlinge herkommen, auch wenn das schwierig ist. Es geht um eine friedliche und stabile Entwicklung in der Region. Insbesondere junge Menschen brauchen Perspektiven in ihrer Heimat – Bildung, Ausbildung und berufliche Angebote. Gibt es diese nicht, machen sie sich auf den Weg nach Europa.“

Den dabei bereits unschwer erkennbar mitschwingenden Größenwahn toppte Müller dann ein Jahr später noch mit seinem „Marshallplan für Afrika“, der im Ergebnis  möglichst viele Afrikaner daran hindern sollte, ihren Kontinent in Richtung Europa zu verlassen – dank Deutschland, das aus Afrika einen Kontinent schafft, in dem man fortan gut und gerne lebt. Irgendwie scheint das aber alles nicht so recht geklappt zu haben: Die positiven Nachrichten aus Afrika halten sich weiterhin in engen Grenzen, und auch die Migrantenströme ließen sich – zumindest nach Augenschein – von diesem Marshallplan nicht wirklich beeinflussen.

Aber wie ging es seinerzeit nach der Proklamation des Marshallplans à la Müller mit der Bekämpfung von Fluchtursachen konzeptionell weiter? Im Juli 2019 – Minister Müller war noch im Amt – berief die neue Bundesregierung die Fachkommission Fluchtursachen, deren 24 Mitglieder ein Vierteljahr später ihre Arbeit aufnahmen. Nach zwei Jahren legte die Kommission ihren Bericht vor. Der erste, aber auch der bleibende Eindruck: Ganz offensichtlich hat sich im Laufe der Zeit der ursprüngliche Fokus nicht unerheblich gewandelt. Denn der Bericht listet jetzt praktisch nahezu die gesamte Palette der Entwicklungshilfe auf, obwohl die doch in der Vergangenheit bereits nichts oder wenig gegen den Sog nach Norden auszurichten vermochte. Der Leser lernt zudem, dass Entwicklungshilfe jetzt Entwicklungszusammenarbeit heißt.

Die zentralen Vorhaben dieser ja doch etwas einseitigen Zusammenarbeit sind: Anpassung an den Klimawandel und Förderung nachhaltiger Stadtentwicklungen, massive Unterstützung des „Globalen Südens“ beim klimafreundlichen Umbau ihrer Wirtschaft, hohe Priorität für eine gute Grund- und Sekundarbildung, massiver Ausbau von Basisgesundheitsstrukturen und, natürlich, die Einbindung von Frauen als „eigenständigen Akteurinnen“ in alle Maßnahmen. Damit nicht genug, denn darüber hinaus gilt es, in den Partnerländern auch leistungsfähige und an den Bedürfnissen der Menschen ausgerichtete staatliche Institutionen zu schaffen. Alles klar, wenn es weiter nichts ist, das kriegen wir doch wohl hin.

Das verborgene Institut

Dass sich die deutsche Entwicklungspolitik an diesem umfassenden Maßnahmenkatalog – allerdings zunächst noch ohne das ganze Klima-Klimbim – in den vergangenen Jahrzehnten mit doch wohl eher bescheidenem Erfolg bereits in extenso und mit zig Milliarden versucht hat, geschenkt. Frei von solchen Überlegungen machte sich die Bundesregierung in ihrer Stellungnahme vom November 2021 diese Vorschläge der Kommission weitgehend zu eigen. Soweit zum aktuellen konzeptionellen Stand der Fluchtursachenverhinderung qua Entwicklungshilfe bzw. Entwicklungszusammenarbeit.

Weiten Teilen der Öffentlichkeit dürfte nicht bekannt sein, dass das Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit (BMZ) sich seit 2012 ein eigenes Evaluierungsinstitut namens DEval leistet, also das Deutsche Evaluierungsinstitut zur Entwicklungszusammenarbeit. Dieses in Bonn angesiedelte Institut blüht, wächst und gedeiht – allerdings weitgehend im Verborgenen. Nur selten, wenn überhaupt, steht es im Fokus des politischen oder medialen Interesses. Dabei ist das DEval nicht nur äußerlich recht ansehnlich, sondern auch personell mit 101 Mitarbeitern – davon 61 Evaluatoren – bemerkenswert gut ausgestattet.

Das Institut beschreibt seine Aufgabe wie folgt: „Das DEval evaluiert die deutsche Entwicklungszusammenarbeit. Es gibt den staatlichen und nicht-staatlichen Organisationen der Entwicklungszusammenarbeit unabhängige und wissenschaftsbasierte Evidenz an die Hand, um ihre Strategien, Instrumente und Programme zu optimieren.“ Der Begriff des Optimierens soll dem Leser ganz offensichtlich suggerieren, dass hier etwas bereits Gutes noch besser gemacht werden soll. Die andere Variante, nämlich strukturell nicht verbesserungsfähigen Entwicklungshilfe-Schrott als solchen zu erkennen und auch zu benennen, scheint bei der Evaluation folglich ganz grundsätzlich nicht vorgesehen zu sein.

Das DEval und die Fluchtursachen

Schauen wir uns dennoch einmal etwas näher an, was das DEval zum Thema Bekämpfung oder Minderung von Fluchtursachen so evaluiert hat. Die Suchfunktion des Evaluationsarchivs enthält insgesamt 61 Einträge, also pro Evaluator durchschnittlich eine Evaluation – darunter allerdings keinen einzigen Treffer. Die weitere Recherche ergibt, dass ganz offensichtlich die Parole Bekämpfung von Fluchtursachen unter Entwicklungshilfepolitikern und ihren Evaluatoren nicht mehr zeitgemäß bzw. politisch korrekt ist. Wird stattdessen der aktuell korrektere Begriff Fluchtkrisen eingegeben, resultiert tatsächlich ein echter Treffer, nämlich die Evaluierung mit dem schönen Titel: „Wirksamkeit deutscher Entwicklungszusammenarbeit bei der Bearbeitung konfliktbedingter Fluchtkrisen“.

Fluchtursachen werden also nicht mehr bekämpft, sondern zunächst thematisch eingeengt auf konfliktbedingte Fluchtkrisen, die es dann zu bearbeiten gilt. Das eigentliche Ziel – weniger Menschen aus bestimmten Weltregionen sollen sich auf den Weg nach Deutschland machen – gerät dabei allerdings völlig aus dem Blickfeld. Tatsächlich wird mit keinem Satz, geschweige denn mit irgendwelchen Zahlenangaben, das ursprüngliche Hauptthema auch nur berührt. Stattdessen wird lapidar festgestellt, dass „längerfristige Wirkungen in Form von neuen Beschäftigungsperspektiven, Qualifizierungen oder einem Aufbau beruflicher Kontakte“ kaum nachweisbar seien. Klar, dass auch die in den allermeisten Empfängerländern unserer Entwicklungshilfe grassierende Korruption nicht thematisiert wird. Kurzum, wieder einmal das alte Problem der deutschen Entwicklungshilfe: ihre Immunität gegenüber den eigenen Irrtümern und Irrwegen oder, etwas schlichter formuliert: außer Spesen nichts gewesen.

Aber das DEval versucht natürlich dennoch irgendwie Optimismus zu verbreiten, und zwar indem es auf noch laufende Maßnahmen verweist, die auf eine „dauerhafte Perspektivbildung“ für Flüchtlinge in benachbarten Aufnahmeländern abzielten. Dabei müsse allerdings der Fokus „neben der Unterstützung von Flüchtlingen auch auf dem Aufbau und Erhalt zentraler Infrastruktur in den aufnehmenden Gemeinden“ liegen. Diese abschließende Absichtserklärung kommt dem Müllerschen Größenwahn wiederum bedenklich nahe. Wir haben es jetzt zwar nicht geschafft, aber beim nächsten Mal ganz bestimmt. Dabei versteht sich von selbst, dass die doch wohl naheliegende Frage gar nicht erst gestellt wird, ob nämlich ein Land wie Deutschland, dessen eigene Infrastruktur gerade zunehmend verfällt, allen Ernstes dazu berufen sein kann, im großen Stil den „Globalen Süden“ mit nachhaltiger Infrastruktur zu beglücken.

Prof. Dr. med. Dipl.-Psych. Wolfgang Meins ist Neuropsychologe, Arzt für Psychiatrie und Neurologie, Geriater und apl. Professor für Psychiatrie. In den letzten Jahren überwiegend tätig als gerichtlicher Sachverständiger im zivilrechtlichen Bereich.

Foto: AMISOM Flickr CC0 via Wikimedia

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Leserpost

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A. Ostrovsky / 15.05.2024

Mal eine Frage zu dem Bild an die Fachleute: Ist das überhaupt die richtige Munition für das Maschinengewehr? Oder ist das Cargo-Kult?

Nikolaus Neininger / 15.05.2024

Wieso meinen denn selbsternannte “Experten”, die noch nicht einmal ihr eigenes Land verstehen wollen, sie müßten den Afrikanern erzählen was sie tun sollen? (Wo man z.B. das Klohäuschen hinzustellen hätte…)  Im Grunde ist das ja nur Neokolonianismus und Rassismus - die “armen, hilfsbedürftigen Afrikaner” sind oft viel intelligenter und pfiffiger als die moralinbesoffenen Nordländer. Es gibt bestimmt auch Idealisten, die mit besten Absichten und viel Engagement arbeiten - aber die Bürohengste hier (seien sie nun offiziell oder inoffiziell von der Regierung bezahlt) sind sicher mehr an ihrem eigenen Fortkommen interessiert und wohl auch an Macht und Serotonin, weil man ja “etwas Gutes” tut.

Wilhelm Rommel / 15.05.2024

@S.Berger: Volle Zustimmung! Was sagt uns nun das Ganze? In vielerlei Hinsicht können sie’s einfach nicht, und das hasserfüllte Geschrei eines Frantz Fanon (dessen politische Enkelgeneration den ‘Marsch durch die Institutionen’ derzeit vollendet), ändert an dieser Tatsache rein gar nichts. Die Hyperfertilität gewisser Gruppen der Gattung Mensch tut das Ihrige dazu - und auch dort wäre - selbstverständlich minimalinversiv und ausschließlich bei den Kerls - gelinde steuernd einzugreifen nach der Devise: Nach Kind Nummer drei - ein ‘Tick übers’s Ei’ - das würde den Druck abbauen, dem die nördliche Halbkugel sonst nicht standhalten wird…

Thomas Szabó / 15.05.2024

Vor 10 Minuten in der Straßenbahn: Eine sehr verschleierte, sehr schwarze junge Frau mit Kopftuch & Kinderwagen bietet einem sehr alten, sehr weißen Mann ihren Sitzplatz an. Es entwickelt sich ein freundlicher Tauschhandel um den Sitzplatz. “Bleiben Sie sitzen, Sie haben ein Kind.” Die junge Frau besteht drauf ihren Platz freizugeben. Eine Station weiter setzt sich der alte weiße Mann rasch auf einen freigewordenen Platz und bietet der junge schwarze Frau seinen ersten Sitzplatz an, den sie diesmal dankend annimmt. Solche kleine Szenen des Alltags geben einem Hoffnung.

Gerhard Schmidt / 15.05.2024

Das Bild ist sehr treffend: Die Knarre ist wahrscheinlich intelligenter als ihr Träger, aber gefährlich sind beide erst zusammen…

Susanne Gaede / 15.05.2024

Man denkt gar nicht daran die sog. Fluchtgründe zu bekämpfen. Im Gegenteil, man weitet die Liste der Fluchtgründe munter aus. Die parasitäre, teils von der Zerstörertruppe unseres Landes in Bääääärlin finanzierte Asylindustrie prosperiert, und wird den Teufel tun sich selbst abzuschaffen. Lieber schafft man Deutschland ab. Nach wie vielen Gemesserten, mit Macheten traktierten und Gruppenvergewaltigten ist es für Biodeutsche, die unter anti-weißem Rassismus leiden, möglich Asyl in anderen Ländern zu beantragen?

Jörg Müller / 15.05.2024

Mehr (ausländische) Bürgergeldempfänger in D mögen für den Steuerzahler teuer und sinnlos sein, für die Konzerne/viele Unternehmen sind es aber Konsumenten, also Kunden, die Umsatz generieren. .... Die europäische Politik hatte nie einen Plan entwickelt, wie man die wirtschaftlichen Folgen von sinkenden Einwohnerzahlen aufgrund sinkender Geburten abfedern kann, daher lautet die Lösung Kunden zu “importieren”. Nachdenklich macht eine Studie der EU aus 2009, welche zu dem Ergebnis kommt, dass man die Deutschland wohnende Bevölkerung auf bis zu 274 Millionen Menschen (Kunden) aufstocken könnte, offenbar durch Zuzug. Vielleicht ist die Masseneinwanderung die schlichte Antwort auf gesättigte Märkte und das Ende des Megatrends wirtschaftliche Globalisierung. Natürlich ist das nur Zeitgewinn, denn diese “Lösung” ist nur durch weitere exorbitante Verschuldung möglich. Die EU-Kommission wird von den europäischen Konzernen beherrscht. Eigentlich ist er doch ganz einfach zu erklären, der Wahnsinn. The show must go on.

A. Ostrovsky / 15.05.2024

Bei der Besetzung von Führungspositionen internationaler Organisationen oder sogar WELTORGANISATIONEN mit verantwortlichen Politikern aus Afrika MUSS dringend deren politisches Erbe berücksichtigt werden. Wenn in ihrem eigenen Land seit einem Menschenalter mörderische Ideologien herrschen, denen so ein Politiker gedient hat und Massenmord, ja sogar der bewusste Völkermord von Teilen der Bevölkerung oder gar der Nachbarregionen durch AUSHUNGERN stattfindet, dürfen solche Personen NIEMALS in die Führung einer Weltorganisation gelangen. Fass sie dort schon sind, muss man sie dort mit ALLEN MITTELN ENTFERNEN, denn wir wollen nicht, dass die ganze WELT in diesen Zustand gerät, in den solche Leute ihre eigene Region gestürzt haben. Die Beihilfe zur Verslamung der Welt muss auch im VERSUCH bereits bestraft werden. Wer mit Verwüstern ihres eigenen Landes Verträge schließt, vielleicht sogar im Namen seiner Wähler, VERRÄT DIE GRUNDIDEE DER MENSCHLICHKEIT und muss seines Amtes umgehend enthoben werden. Wenn irgendwo Sanktionen gegen korrupte Führer notwendig sind, dann in den Ländern, die von ihrer eigenen Regierung in den Sumpf gesteuert werden, oder in die Wüste.

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