Claudio Casula / 18.02.2018 / 15:00 / Foto: Tim Maxeiner / 18 / Seite ausdrucken

Flucht aus der Lausitz

Deutschland, in naher Zukunft. Der wirtschaftliche Niedergang veranlasst immer mehr Deutsche, ihr Glück woanders zu suchen. Allein aus dem Landkreis Oberspreewald-Lausitz, der zu den strukturschwächsten Regionen im Osten zählt, brechen tausende junger Männer nach Südafrika auf, das nach der Entdeckung neuer, riesiger Gold-, Platin- und Diamantenvorkommen ein unermesslich wohlhabendes Land geworden ist.

Zu ihnen gehören der Tierpfleger Timo W., der arbeitslose Gerüstbauer Ronny M. und der arbeitslose Arbeitslose Silvio T.; sie haben vom Boom am Kap gehört und machen sich auf den beschwerlichen Weg über die Atlantikroute. Von einem Frachter vor der Elfenbeinküste in einem leckenden Schlauchboot ausgesetzt, schaffen es die drei jungen Männer mit Mühe und Not an den Strand. Silvio hat zuvor einen Mann über Bord stoßen müssen, um sich einen Platz im Boot zu sichern, allerdings ohne größere moralische Bedenken („War nur 'n Wessi!“) – im Überlebenskampf kommen den traumatisierten Flüchtlingen ihre handfesten Erfahrungen aus Hooligan-Zeiten zugute. Über Ghana, Togo, Nigeria, Kamerun, Äquatorial-Guinea, Gabun, Kongo, Angola und Namibia schlagen sie sich bis nach Südafrika durch, wo die staatlichen Leistungen am üppigsten sind. Unterwegs gehen ihre Pässe auf mysteriöse Weise verloren, und die drei jungen Deutschen bitten in Kapstadt um Asyl.

Präsident Mutombo, der in der Flüchtlingspolitik einen äußerst liberalen Kurs fährt, heißt die Neubürger willkommen. Er wird insbesondere von den Oppositionellen verehrt, die in den Zuwanderern hochqualifizierte Fachkräfte und eine generelle Bereicherung sehen, die Südafrika drastisch verändern werden, worauf man sich schon unbändig freue. Die Presse, allen voran die Südafrikanische Zeitung, ergeht sich in Lobeshymnen auf Mutombo und preist seine Menschlichkeit und Hilfsbereitschaft. Immer wieder ist von jungen Deutschen zu lesen, die 10.000 Rand oder mehr auf der Straße finden und artig an der nächsten Polizeistation abgeben.

Brandstiftung wegen Rügenwalder Teewurst

Dabei sind hunderttausende junger europäischer Männer bereits im Land, und täglich kommt es zu zahlreichen unschönen Vorfällen. Mal gehen Gruppen von Deutschen und Holländern mit Messern aufeinander los, mal zündet ein frustrierter Brandenburger mit Lagerkoller seine Unterkunft an, weil es zum Frühstück keine Rügenwalder Teewurst mehr gab, mal reißt ein Duisburger Dachdecker eine südafrikanische Schülerin vom Fahrrad, um sie im Gebüsch zu missbrauchen.

In der Bevölkerung kippt die Stimmung. Den Südafrikanern, deren Rente keineswegs sicher ist und die behaupten, sich wegen der zunehmenden Kriminalität Sorgen zu machen, kommen hinsichtlich der Masseneinwanderung Bedenken. Doch Mutombos Unterstützer wissen die vielen tausend Einzelfälle einzuordnen und bezeichnen die Kritiker der Asylpolitik zu Recht als Fremdenfeinde, Faschisten und Dunkelafrikaner. 

Mutombo weist darauf hin, dass im Land am Kap kein Platz für Rassismus sei. Seit dem Ende der Apartheid seien tausende weißer Farmer ermordet worden, eine Schande für die südafrikanische Nation; umso wichtiger sei es, Geflüchtete wie Silvio T. und Ronny M. willkommen zu heißen. Diese zeigen sich allerdings recht unwillig, sich in die südafrikanische Kultur zu integrieren, brechen auch ihre Süd-Ndebele- und isiXhosa-Kurse frühzeitig wieder ab (Ronny M.: „Wie, soll ich jetzt die Sprache der Bimbos lernen?!“), zumal sie schon daheim am korrekten Gebrauch des Dativs gescheitert sind. Ihnen ist die ganze multikulturelle Gesellschaft des Landes zuwider. Dafür lungern sie gern in größeren Gruppen, Bier trinkend und kiffend, an den Marktplätzen von Kapstadt, Johannesburg und Durban herum und belästigen einheimische Frauen.

Obwohl als Fachkräfte willkommen geheißen, ist es mit den Qualifikationen der Zuwanderer aus Mitteleuropa nicht weit her. Silvio hat die Schule abgebrochen, Ronny mit Ach und Krach nach neun Jahren einen Abschluss gemacht. Und Timo, der sich in Johannesburg als Tierarzt vorstellt, hat – strenggenommen – nur im Zoo von Halle an der Saale Elefantenkot geschippt. Am schlimmsten treibt es ein Franco A., den das Trio in der Erstaufnahmestelle kennengelernt hat: Er will aus Berlin stammen, spricht jedoch kein Deutsch, sondern erzählt sein Schicksal auf Niederländisch. Dennoch wird er vom hoffnungslos überforderten Sachbearbeiter durchgewinkt.

„Momo und Zane werden nicht angezeigt“

Viele deutsche Landsleute sind in kriminellen Parallelgesellschaften Pretorias abgetaucht, leben unter sich in Vierteln, in die sich die südafrikanische Polizei nicht mehr hineintraut. Hier sind Taschendiebstähle und Grabschereien der jungen Männer, die nur die rigide Sexualmoral in Kleinmachnow oder Luckenwalde erlebt haben, an der Tagesordnung. Silvio wird dennoch beim Drogenhandel erwischt und versucht vor Gericht mit seiner schweren Kindheit Mitleid zu erheischen („In Calau, da gab’s nix! Da haben wir den ganzen Tag an der Bushaltestelle herumgehangen!“). Außerdem behauptet der 29-jährige, seit vier Jahren 17 zu sein. Und überhaupt: „Herr Mutombo hat mich eingeladen!“

Auch Ronny und Timo geraten mit dem Gesetz in Konflikt. Dies führen sie allerdings auf die verbreitete Diskriminierung als Weiße zurück. Sie würden einfach öfter angezeigt. Ein renommierter Kriminologe aus Durban, Ron Okoye (bedeutet etwa „Der, der pfeift“), bestätigt das: „Wenn Momo und Zane vergewaltigen, werden sie nicht angezeigt, Kevin oder Dustin hingegen schon.“

Schließlich geraten Ronny und Timo, zutiefst enttäuscht und verbittert über den Rassismus derer, die schon länger in Südafrika leben, unter den Einfluss radikaler weißer Hassprediger, die sich axtschwingend mit dem Ruf „Deus vult!“ auf Bahnreisende stürzen oder mit dem Lastwagen Marktbesucher überfahren – und die weitere Anschläge in den Großstädten des Landes planen. 

Als auch noch Silvio (der zwölf weitere Identitäten pflegt und sich u.a. als Rico S. und Dennis G. ausgibt) nach der 21. Vorstrafe ein Ausweisungsbescheid zugestellt wird, scheint sich das Schicksal des Trios endgültig zum Negativen zu wenden. Hinzu kommt, dass Mutombo nicht mehr unangefochten ist, er erleidet eine herbe Wahlschlappe und bekommt monatelang keine Koalition zustande. Die Lage scheint aussichtslos. Können die hunderte rechtschaffener schwarzer Aktivisten, die sich zum Cape Town International Airport aufmachen, die drohende Abschiebung der Schutzsuchenden aus Deutschland verhindern?

Siehe zum gleichen Thema: Ein Film aus der Erziehungsanstalt und Der Achse-Themenmorgen zum ARD-Themenabend

Foto: Tim Maxeiner

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Leserpost

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Jochen Brühl / 18.02.2018

Mit dem Drehbuch hätte der Film mehr als die 3,07 Millionen Zuschauer gehabt. Und dieses Drehbuch wäre näher an der Realität gewesen als die Fantasterei des tatsächlich gezeigten Films.

Gerd Koslowski / 18.02.2018

Herrlich, sehr hübsche Zusammenfassung der jüngeren deutschen Geschicht als Antwort auf den Propagandaschinken. Leider wieder einer der Achse-Artikel, den man am besten allein im stillen Kämmerlein liest, um ungestört losprusten zu können. Für die Teilnahme an der öffentlichen Beförderung absolut ungeeignet.  “Dunkelafrikaner”, mein heißer Kandidat für das Wort des Jahres.

Peter Wachter / 18.02.2018

Sehr, sehr gute (Real?)-Satire. Wer kennt noch: Ist ja Irre und Nix ist unmöglich!

T. Boysen / 18.02.2018

Selten so gelacht - die Realität holt uns ein!

Thorsten Helbing / 18.02.2018

Ich habe Tränen gelacht. Da muß man auch einfach nur mal ein herzliches “Dankeschön” sagen, sonst nichts.

beat schaller / 18.02.2018

Einfach lächerlich, einfach Deutschland?  Wohl kaum, aber die einschlägiegen Zwangs- Medien schon und die Politik, die das alles auslöst, zulässt und gar fördert. Es kann nur schlecht gehen. b.schaller

Wilfried Cremer / 18.02.2018

Genial. Den Film machen Sie aber besser in Ungarn, bitte!

Rüdiger Hoffmann / 18.02.2018

Herrlich. Danke Herr Casula. Wenigstens am Sonntag mal schmunzeln. Am meisten natürlich über den berühmten Ron Okoye. Gestern habe ich mich noch über die mutige, wenn auch grundgesetzwidrige Straßenblockade am Checkpoint Charlie von Hans-Christian Ströbele und den seinen gefreut- gegen den rechten Frauenmob und morgen freue ich mich wieder darauf, meine Enkeltochter um 20.00 Uhr in der nahen Kleinstadt zu ihrem Tanzkurs zu begleiten. Als Begleitschutz taugen sogar alte weiße Männer noch.

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