To whom it may concern. Ein Weckruf gegen die dystopische Gegenwart.
Ich weiß nicht, ob du ansprechbar bist, aber falls ja, möchte ich dich dazu anregen, über folgenden Umstand nachzudenken. Die Politiker und Status-quo-Verwalter, die gerade die Gegenwart zertrümmern, hatten ihre Zeit als Jugendliche und junge Erwachsene in den Achtzigern und Neunzigern. Was um alles in der Welt können sie an diesen Jahrzehnten eigentlich so schlimm gefunden haben, dass sie die Welt nun in eine politisch korrekte Freiluftpsychiatrie verwandeln müssen?
Ich habe ja nichts von ihm mitbekommen, aber wenn ich mir den Kalten Krieg vorstelle, so mutet er mir inzwischen immer häufiger geradezu als verlorenes Paradies an, voller Hoffnung und Lebensfreude, die Neunziger, in denen ich ein Kleinkind war und zur Schule ging, wie sorglose Jahre, in denen Politik noch unterhielt und sie einen nicht das Fürchten lehrte. Dieselben Leute, die mit Walkman Rollschuhe fahren konnten und schließlich bei der Tagesschau Teenager-Fantasien von Monica Lewinsky entwickeln durften, führen nun die Impfapartheid ein? Nachdem sie Kinder ein Jahr mit Masken quälen, die sich schließlich spritzen lassen wollen, um ihr Leben zurückzugewinnen – um eine Jugend zu haben, die ihren Namen verdient?
Wie ist das möglich? Wie kann man nur so scheiße werden? So undankbar und herrisch sein? Ich würde viel dafür geben, Italo Disco zu hören, als es noch nicht retro war. Ich möchte alte staatstragende Männer in schlecht sitzenden Anzügen erst rauchend im ZDF-Studio sehen und dann durch den Kakao gezogen in der Wochenshow. Gegenüber der abgründigen Merkel scheint mir Kohl ein muffiger Altherren-Sympath zu sein, gegen den links zu sein noch Spaß gemacht hätte. Was ist schon eine CDU-Spendenaffäre gegenüber Impfen bei IKEA? Was das Ozonloch gegenüber der Weltgesundheitsorganisation? Was Tschernobyl gegenüber Jens Spahn als Gesundheitsminister? Ich vermisse die Achtziger, ohne je in ihnen gelebt zu haben. Vor allem jetzt.
Aber es gibt ja auch noch Nena, die wie eh und je leuchtet und alles verstanden hat: „Die Frage ist nicht, was wir dürfen. Sondern, was wir mit uns machen lassen.“ Sie ist auch ein Kind der Achtziger, die sie gefeiert und gelebt hat, während sie die Lauterbachs hat abblitzen lassen, und wenn uns unsere Enkel einmal fragen werden, warum 2020 der Faschismus wieder zukunftsfähig wurde, wird dies ein wesentlicher Teil der Antwort sein. Und ja, nur die Nenas können uns aus ihm herausleuchten. Fight Drosten. Hug Lauterbach, von hinten, wenn er dich nicht kommen sieht. Treib deinen Chef dazu, das Home Office zu canceln. Lebe so, dass Helge Braun dich dafür quarantänisieren will. Sei nicht wie Jutta Ditfurth.
Das Leben ist zu bunt und zu kurz, um es im Lockdown zu verbringen, die Menschen zu schön, um sie hinter OP-Masken zu verbergen. Hast du dir schon mal angeschaut, wie anmutig der schlanke Oberarm einer Frau im ersten Frühlingslicht schimmern kann, solange nur kein Impfpflaster auf ihm pappt? Warum guckst du dir Neomagazin Royale an, wenn du stattdessen herausfinden könntest, wo Markus Söders Auto steht, um ihm deinen dreckigen Maskenunrat auf die Motorhaube zu packen? Bald wird es Herbst, dann Winter, spring davor am besten nochmal in einen kalten See, du wirst deine Kräfte brauchen, denn die Deutschen werden noch ungemütlicher werden.
Was ich dir sagen will, ist einfach. Die Welt ist ein medizinischer Schrecken, ein kaltes Trauerspiel geworden. Wie eine nicht enden wollende Beerdigung in einem Freibad, auf der keine Anzüge getragen werden, sondern es nach Chlor, Sonnencreme und Verwesung riecht. Soll heißen: Es ist falsch, so zu leben. Wir müssen mit all dem aufhören. Eric Clapton wird uns sonst nie verzeihen. No future war gestern. Make old normal great again.