Felix Perrefort / 17.09.2021 / 10:00 / Foto: achgut.com / 41 / Seite ausdrucken

Flaschenpost: Make old normal great again

To whom it may concern. Ein Weckruf gegen die dystopische Gegenwart. 

Ich weiß nicht, ob du ansprechbar bist, aber falls ja, möchte ich dich dazu anregen, über folgenden Umstand nachzudenken. Die Politiker und Status-quo-Verwalter, die gerade die Gegenwart zertrümmern, hatten ihre Zeit als Jugendliche und junge Erwachsene in den Achtzigern und Neunzigern. Was um alles in der Welt können sie an diesen Jahrzehnten eigentlich so schlimm gefunden haben, dass sie die Welt nun in eine politisch korrekte Freiluftpsychiatrie verwandeln müssen? 

Ich habe ja nichts von ihm mitbekommen, aber wenn ich mir den Kalten Krieg vorstelle, so mutet er mir inzwischen immer häufiger geradezu als verlorenes Paradies an, voller Hoffnung und Lebensfreude, die Neunziger, in denen ich ein Kleinkind war und zur Schule ging, wie sorglose Jahre, in denen Politik noch unterhielt und sie einen nicht das Fürchten lehrte. Dieselben Leute, die mit Walkman Rollschuhe fahren konnten und schließlich bei der Tagesschau Teenager-Fantasien von Monica Lewinsky entwickeln durften, führen nun die Impfapartheid ein? Nachdem sie Kinder ein Jahr mit Masken quälen, die sich schließlich spritzen lassen wollen, um ihr Leben zurückzugewinnen – um eine Jugend zu haben, die ihren Namen verdient?

Wie ist das möglich? Wie kann man nur so scheiße werden? So undankbar und herrisch sein? Ich würde viel dafür geben, Italo Disco zu hören, als es noch nicht retro war. Ich möchte alte staatstragende Männer in schlecht sitzenden Anzügen erst rauchend im ZDF-Studio sehen und dann durch den Kakao gezogen in der Wochenshow. Gegenüber der abgründigen Merkel scheint mir Kohl ein muffiger Altherren-Sympath zu sein, gegen den links zu sein noch Spaß gemacht hätte. Was ist schon eine CDU-Spendenaffäre gegenüber Impfen bei IKEA? Was das Ozonloch gegenüber der Weltgesundheitsorganisation? Was Tschernobyl gegenüber Jens Spahn als Gesundheitsminister? Ich vermisse die Achtziger, ohne je in ihnen gelebt zu haben. Vor allem jetzt.

Aber es gibt ja auch noch Nena, die wie eh und je leuchtet und alles verstanden hat: „Die Frage ist nicht, was wir dürfen. Sondern, was wir mit uns machen lassen.“ Sie ist auch ein Kind der Achtziger, die sie gefeiert und gelebt hat, während sie die Lauterbachs hat abblitzen lassen, und wenn uns unsere Enkel einmal fragen werden, warum 2020 der Faschismus wieder zukunftsfähig wurde, wird dies ein wesentlicher Teil der Antwort sein. Und ja, nur die Nenas können uns aus ihm herausleuchten. Fight Drosten. Hug Lauterbach, von hinten, wenn er dich nicht kommen sieht. Treib deinen Chef dazu, das Home Office zu canceln. Lebe so, dass Helge Braun dich dafür quarantänisieren will. Sei nicht wie Jutta Ditfurth.

Das Leben ist zu bunt und zu kurz, um es im Lockdown zu verbringen, die Menschen zu schön, um sie hinter OP-Masken zu verbergen. Hast du dir schon mal angeschaut, wie anmutig der schlanke Oberarm einer Frau im ersten Frühlingslicht schimmern kann, solange nur kein Impfpflaster auf ihm pappt? Warum guckst du dir Neomagazin Royale an, wenn du stattdessen herausfinden könntest, wo Markus Söders Auto steht, um ihm deinen dreckigen Maskenunrat auf die Motorhaube zu packen? Bald wird es Herbst, dann Winter, spring davor am besten nochmal in einen kalten See, du wirst deine Kräfte brauchen, denn die Deutschen werden noch ungemütlicher werden.

Was ich dir sagen will, ist einfach. Die Welt ist ein medizinischer Schrecken, ein kaltes Trauerspiel geworden. Wie eine nicht enden wollende Beerdigung in einem Freibad, auf der keine Anzüge getragen werden, sondern es nach Chlor, Sonnencreme und Verwesung riecht. Soll heißen: Es ist falsch, so zu leben. Wir müssen mit all dem aufhören. Eric Clapton wird uns sonst nie verzeihen. No future war gestern. Make old normal great again.

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Rolf Menzen / 17.09.2021

Was bin ich doch froh, als 1956 Geborener eine Jugend in Freiheit verbracht zu haben. Und nicht zu vergessen,  schon mehrere Weltuntergänge überlebt zu haben. Ganz zu schweigen von der geilen Mucke, die wir gehört haben.

Silvia Polak / 17.09.2021

@Gudrun Mayer, absolut richtig, die meisten Medien, voran der “Rotfunk”, praktisch die gesamte Kulturszene, das öffentliche Bildungswesen war in Österreich damals schon fest in linker Hand. Nur links galt als progressiv, intelligent und zukunftsorientiert, habe den Stimmungsumschwung in der Gesellschaft von den 60er zu den 80er Jahren ganz intensiv miterlebt. Der gewollte Niedergang des Burgtheaters zB ist für mich eine gute Metapher für viele, viele andere Zerstörungswerke, die in dieser Zeit eingeleitet wurden und als Reformen verkauft wurden.

Wolf Hagen / 17.09.2021

Tja, Felix, @Gurdrun Meyer hat die 80er ganz gut beschrieben, aber ich versuche es anhand der damaligen Subkulturen zu zeigen, was Meinungsvielfalt damals wirklich war. Es gab Punks, Skinheads und die meisten davon waren weder links noch rechts, sondern “Oi!”, es gab Heavys, Rocker, Mods, Waves, Gothics, Popper, Scars, Hippies, Teds/Rock-a-Billys und Psychos, usw. Die alle hörten unterschiedliche Musik und kleideten sich unterschiedlich. Es gab sogut wie keine “Türken-, bzw. Migranten-Gangs” und wenn dann nur in eng begrenzten Vierteln/Ghettos. Sobald sie sich da raus wagten, bekamen sie von allen auf die Fresse, aber die meisten jungen Migranten damals, gehörten eh zu einer der Subkulturen oben. Wirklich einig waren sich in der damaligen Jugend aber alle, dass sie keine “Ökos/Müslis” leiden konnten, denn die galten völlig zurecht, als uncool und bekloppt, es waren die ungepflegten Stinker der 80er und frühen 90er. Aus diesen Langweilern, Stinkern, Dogmatikern, Ideologen und Spinnern entwickelten sich die Grünen, zuerst im Schatten der Friedensbewegung und Ostermarschierer, dann im Anti-Kernkraft-Umfeld immer offener. Man verprügelte sie “on sight”, oder verspottete sie, bestenfalls wurden sie schlicht ignoriert. Ich kannte niemanden, in meiner Schulzeit, der sie ernst nahm, oder zu einer Party einlud, im Gegenteil, “Öko” war eine Beleidigung. Aber weil sie keiner mochte, hatten all die KGEs, Dittfurths und Bärböcke nichts anderes, als sich selbst und ihren Fanatismus. Den haben sie in der Politik ausgelebt und es erscheint mir heute, wie eine späte Rache an den coolen Kids von damals. Vielleicht beantwortet das Deine Frage, Felix, was schief gelaufen ist seinerzeit. Und warum sie Meinungsvielfalt heute eigentlich hassen.

Bernd Meyer / 17.09.2021

Eine Bürde müssen viele tragen, Herr Perrefort, ein Joch ist etwas ganz anderes. Anscheinend haben Sie gute Lehrer.

Stanley Milgram / 17.09.2021

Man muss damit leben, dass man nicht zweimal in denselben Fluss steigen kann. Punkt.

Jo Pabst / 17.09.2021

Der schlimmste Fehler der 70er war der fehlende Radikalenerlaß. Er hat erst die linke Indoktrination in den Schulen ermöglicht. Die Schuld trägt die SPD, die damals von einer Arbeiter zu einer Lehrer und Beamtenpartei wurde. Die Folgen für den Wahnsinn sind wie bei einer e-Funktion. Nur ist die Frage ist es die Funktion, die nach Unendlich strebt oder die, die als Grenzwert 1 = 100%  hat. ( zur Erklärung: F1= e exp x , F2 = 1- e exp(-x/X) )

C. Baur / 17.09.2021

Das Schönste hat Hr. Perrefort nicht berichtet: im Münchener Dantebad, oder in der Floriansmühle war bei den Studentinnen “oben ohne” ganz normal. Wer traut sich das heute noch? Ein Blick wurde nicht als Anmache und schon gar nicht als Belästigung gedeutet.  Auf der Freibadwiese wurde gekickt, oder politisiert, oder geflirtet, oder einfach gepooft. Um 7 ging es dann in die Kneipen nach Schwabing, danach ins Charly M oder Sugar Shack, danach ins Nachtcafe. Und wer ein größeres Auto hatte war der King. Hach, war das schön und wie trostlos sind Genderei und Klimahüpferei heute.

Leo Anderson / 17.09.2021

“Ich vermisse die Achtziger, ohne je in ihnen gelebt zu haben ...” Aber nur, weil sie die Siebziger und Sechziger nicht kennen ;-)

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