Meine 87-jährige Mutter hat so ziemlich alles erlebt in ihrem Leben. Doch jetzt fällt ihr das Atmen schwer, wenn sie ein Tuch vor Mund und Nase tragen muss, somit wird ihr natürlichster Einkauf eine Tortur. Sie ist -zig Mal gegen Grippe und Corona geimpft, hat die Nachkriegsepidemien, die Hongkonggrippe, die tödlichste Grippesaison 2017/18 überstanden. Sicherlich, im hohen Alter ist man für Krankheiten anfälliger und Urenkel wünschen sich Dinge, die an der Natur scheitern werden. Im Ahrtal ersoffen qualvoll viele Menschen und noch mehr verloren ihre Häuser, Wohnungen und mittlerweile auch ihre Hoffnungen, weil Corona wichtiger ist und Management immer mehr entweder idiotischen Aktionismus oder Untätigkeit weichen muss. Bildung, Aufklärung und Verantwortung sind die letzten 16 Jahre systematisch an “die da oben” abgegeben, dass sogar - außer einer Ausnahme - Gewerkschaften vor einem Streik Umfragen starten, ob und wann Streiks der Bevölkerung genehm seien. Der Individualismus in all seinen Facetten wird klammheimlich gegen Konformismus und Gleichschaltung ausgetauscht. Verschiedenheit miteinander zu verbinden ist tägliche Arbeit, strengt an. Die moderne Gesellschaft ist faul, ist es leid, sich anzustrengen. Die Anstrengung wird auf globale Themen umgeleitet, dort hat sie ideologisch, unendlichen Charakter (“Hoch die internationale Solidarität”, “Die Partei hat immer recht”). Die Demokratie hat fertig, ihre Bevölkerungen haben den Schalter in neue Richtung umgelegt. Wir werden die Menschheit vor Corona retten, alles andere kann den Bach oder zugrunde gehen. Danach klopfen wir uns auf die Schulter, dass wegen hoher oder zu wenig Energie Arbeit, Wertschöpfung erledigt sind und unsere Bedürfnisse auf dem Niveau eines Höhlenmenschen reduziert.
Hervorragender Text. Dieselben Gedanken gehen mir durch den Kopf, wenn ich meine Mitmenschen und ihre Maskengewohnheiten sehe. Vom verschwitzten Hals rein ins Gesicht, um den Lappen anschließend wieder auf das Kaffeehaustischchen zu legen, damit die Keime auch was von der Welt sehen.
Sie sind herzlich zum Essen ohne Masken und ohne Test eingeladen. Die Musik dürfen Sie auswählen, aber bitte sparen Sie „die Ärzte“ aus, alles andere ist erlaubt. Mit freundlichen Grüßen!
Haha, der Lockdown wird nicht enden, und wenn‘s ganz blöd läuft wird Lauterbach jetzt mit dem Posten des Gesundheitsministers belohnt. Dass die Geschichte viele der Kulturheinis als rückgratlose Mitläufer entlarvt, deren Auftreten nur ‚so tun als ob‘ war, während es immer nur ums dabei sein und mitkassieren ging, umso besser. Sowas muss man selbst erleben, man würde es sonst nicht glauben oder verstehen, was das heisst.
Ich kann nur eine gewisse Renitenz empfehlen, man kann die Maske einfach weglassen. Sehr selten wird man von irgendjemandem ermahnt. Dennoch ist es ein merkwürdiges Gefühl, für jeden sichtbar gegen den Strom zu schwimmen. Kurioserweise habe ich das zu Beginn der sogenannten Pandemie zum ersten Mal erfahren, als ich eine rechtzeitig beschaffte Maske trug, während überall noch verkündet wurde, es bestehe keine Gefahr, man müsse die Grenzen unbedingt offenhalten und auf jede Gegenwehr verzichten. Nachdem sich inzwischen für denkende Menschen erwiesen hat, daß die Gefahr viel kleiner ist, als man zu Beginn befürchten mußte, wiederholt sich die Erfahrung kurioserweise mit umgekehrtem Vorzeichen. Ich kann nicht leugnen, daß das gefühlte Außenseiterdasein einen gewissen Streß erzeugt, weshalb ich das miese Gefühl, nicht frei atmen zu können, gelegentlich hinnehme, um in der Masse nicht auf den ersten Blick als Widerständler erkannt zu werden. Mir tun die Leute leid, die, anders als ich, am Arbeitsplatz genötigt sind, Maskenvorschriften zu entsprechen, gar (zusätzlich!) zur Impfung gezwungen werden sollen, und vor allem unsere Kinder. Es ist für die eigene psychische Gesundheit unbedingt erforderlich, immer wieder in unkontrollierte Räume auszuweichen, um sich zu erholen. Ich war im Sommer viel segeln, da war die Welt noch in Ordnung, es hat mir sehr geholfen. Der ästhetische Ansatz ist zwar richtig, aber bei einer Uniform kommt es nicht in erster Linie darauf an, ob sie chic aussieht, sondern wofür sie steht. Die SS sah nicht schlecht aus.
Ein wunderbarer Text Herr Perrefort. Besinnlich und stringent auf wesentliches hinweisend. Dabei so unaufdringlich und dezent beim Benennen des Coronairrsinns. Diesen Text müßten alle zu lesen kriegen, die übereifrig den Befehlen unserer fiesen, leider gewählten Anführern folgen.
Der Faschist war früher auch schon gerne allein im Wald. - Es gibt eine lange und innige - öh - Wahlverwandtschaft zwischen den Faschisten und den Naturfreunden, Felix Perrefort. Aber, natürlich auch eine zwischen den Städtern und den Faschisten, klar. - Harte Zeiten für sensible Zyniker und fundamentalistische Ästheten. Zumal Karheinz Bohrer nun auch gestorben ist. “Jetzt” ist sein bestes Buch.
Vielen Dank. Optimismus tut not. Glücklich sein, frei sein, das Schöne feiernd, das Leben bejahend: Das ist heute der wahre Punk, die schlimmste Provokation. -
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