Archi W. Bechlenberg / 12.08.2020 / 11:00 / Foto: Jonas Rogowski / 34 / Seite ausdrucken

Fips im Kopf

Vor etwas weniger als zwei Wochen saß ich mit Freund Joshi in dessen Garten und trank das, was er als „Kaffee“ serviert. Joshi hat, jedenfalls nehme ich das an, enge Beziehungen zu „den Rothschilds“, und ich erhoffe mir aus meinen höflichen Aufwartungen, dass er dereinst ein gutes Wort für mich einlegt. (Sie wissen schon, Dark State, Neue Welt, Reptiloiden ...)

Da das Thema Corona tabu ist, erzählten wir uns über den Nachmittag hinweg rassistische, sexistische, frauen- und schwulenfeindliche und überhaupt jede Art von diskriminierenden Witzen. Joshis Anwesen ist zum Glück so weitläufig, dass Nachbarn nur mittels hochempfindlicher Elektronik lauschen könnten. Auch über Stunden gingen uns die Witze nicht aus, und wir waren in guter Stimmung, trotz des Kaffees.

„Lebt Fips Asmussen eigentlich noch?“, fragte Joshi während einer kurzen Verschnaufpause. Ein kurzer Blick in sein tragbares Telefon lieferte Auskunft: „Er wurde erst vor kurzem 82!“ Ich nickte. „Fips Asmussen ist unkaputtbar! Über den haben meine Eltern schon am Abend vor meiner Zeugung gelacht.“

„Damals gab es doch noch gar kein Fernsehen“, spottete Joshi. „Aber Grammophone und Tonträger!“, entgegnete ich. „Hattest du nie Platten und Kassetten von ihm?“ „Ich weiß nicht“, sagte Joshi, „ich hatte eigentlich immer alles ...“ „... außer einem Überblick! Ist noch Kaffee da?“

In intellektuellen Kreisen verpönt

Und nun ist er dood. Fips Asmussen ist nicht mehr, er hat seine metabolischen Prozesse am 9. August eingestellt, trotz bereits länger bekannter Erkrankung überraschend. Über Jahrzehnte hinweg hat er mit Bühnenprogrammen, Büchern und Dutzenden von Tonträgern sein Ding gemacht. Und das kam an. Natürlich nicht bei allen, in intellektuellen Kreisen war es verpönt, über ihn zu lachen. Ja, seine Witze waren flacher als mikroskopische Präparate zwischen zwei Objektträgern. Aber ich habe selbst mehrfach erlebt, wie Hardcore-Humormuffel, denen ich eine Aufnahme vorspielte, spätestens nach ein paar Minuten Zuhören nicht mehr an sich halten konnten.

Es war ja auch weniger der Inhalt dessen, was er erzählte, als mehr die Art und Weise. Ohne Punkt und Komma und „Äh“; nur selten mal ausgebremst durch eine Kunstpause, die die eigentliche Pointe ankündigte, ließ Asmussen bis zu drei Stunden lang ein Feuerwerk an Kalauern, Thekenwitzen und Interaktion mit dem Publikum abfackeln, bei dem kein Auge auf Dauer trocken bleiben konnte. Oft hatte er wirklich wahnsinnige Wortwitze auf Lager („Die bekamen den Sarg nicht mehr auf. Kein Wunder, es lag ja ein Zuhälter drin“), und so sollte es auch weitergehen, ab September standen neue Auftritte an, darunter in Dresden, Berlin, Cottbus und Hamburg. Auch der am 5. April 2020 in Bielefeld entfallene und auf den 11. November verlegte Termin ist nun ganz gestrichen. 

„Eigentlich war er noch ganz fit im Kopf." sagte seine Tochter nach Bekanntgabe des Todes. Und ließ sich damit einen schönen Kalauer entgehen. Asmussen hätte vermutlich „ganz fips im Kopf“ gesagt.

Hier eine Kostprobe: Fips Asmussen – Ausgefallene Einfälle.

Foto: Jonas_Rogowski CC BY-SA 3.0, via Wikimedia Commons

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Leserpost

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Franz Klar / 12.08.2020

” Da das Thema Corona tabu ist, erzählten wir uns über den Nachmittag hinweg rassistische, sexistische, frauen- und schwulenfeindliche und überhaupt jede Art von diskriminierenden Witzen.”  Es muß also davon ausgegangen werden , daß auch judenfeindliche darunter waren ? Und dann auf “die Rothschilds” spekulieren äh hoffen ... .

Bernd Weber / 12.08.2020

es gibt für alles einen Markt: wenn seine Witze flach waren konnten die “Abnehmer” auch nicht die hellsten Kerzen am Baum sein. Jeder soll nach seiner Facon glücklich sein.

Max Wedell / 12.08.2020

Ich kann die vielen Leute nicht verstehen, die sagen: “Dieser Witz ist so flach, da kann ich überhaupt nicht drüber lachen”. Es sei denn natürlich, sie reden von der Oberweite ihrer Frau. Andernfalls würde ich diesen Satz nur dann ernstnehmen, wenn mir derselbe Deutsche sagt: “Dieser Sportwagen ist so flach, sowas fahre ich nicht.” Daß die Erde jetzt doch noch eine Kugel ist, kann als Beweis gewertet werden, daß die ersten Menschen Deutsche waren. Sie beschwerten sich beim lieben Gott: “Diese Erde ist so flach, auf der wollen wir nicht leben.” Deutsche und Humor, das ist ja sowieso so eine Sache. Wird Millionen Deutschen z.B. ein besonders schlechter Witz an den Kopf geknallt, bringen sie es tatsächlich fertig, zu sagen: “Toll, die wähl ich beim nächstenmal wieder.” Somit wäre klar widerlegt, was besonders viele CDU-Wähler von sich behaupten: “Ich spreche nur auf intelligente Witze an.” Scott Adams, ein bekannter US-Witze-Cartoonist, sagt oft: “Ein Drittel der Menschen hat gar keinen Humor. Nicht den Geringsten! Nada, niente.” Das deckt sich mit meinen Beobachtungen. Wenn diese Humorlosen sagen: “Über diesen Witz kann ich nicht lachen”, kann ich nur antworten: “Ja klar, das ist verständlich”. Die verbreitete Versnobtheit in Sachen Witze beim Rest, der mehr oder weniger ansprechbar wäre, jedenfalls theoretisch, scheint mir ein typisch deutsches Phänomen zu sein. Das US-Gegenstück zu Fips Asmussen war Rodney Dangerfield († 2004). Daß dessen Landsleute ihm “Flachheit” vorgeworfen hätten, habe ich noch nie gehört. Es ist schade, daß diese “alte Garde” jetzt abgetreten ist. Wer bleibt uns denn jetzt noch? Mario Barth? Um Gottes Willen, der ist jetzt aber wirklich zu flach… :-D—- Mit nach oben gerichtetem Gesicht: “Lieber Fips, vielen Dank für alles!”

herbert binder / 12.08.2020

So ist das nun mal mit den Zuhältern, lieber Herr Bechlenberg, praktisch denken, Särge schenken, reinschlüpfen und sich wohlfühlen. Das Ausloten der Flachheit, man kann es nicht lernen. Vielleicht ist es den Versuch wert, zu lernen, es lernen zu können. Helfen möglicherweise ein paar Einfälle weiter? Wenn ja, sie müßten aber wohl genital sein. (“Wer hat’s gesagt?” Etwa Flips?). Die Leichtigkeit des Platten und der Trivialität, des Flatterhaften, Gehaltlosen und Seichten, der Nachlässigkeit…Hund, du bleibst hier (nicht Hase, das war Chemnitz).  

Gabriele H. Schulze / 12.08.2020

Aus der hard-core Lockdown-Zeit: Zwei Einbrecher sind am einbrechen. Polizist kommt hinzu, will hinein. Die Einbrecher sagen: “Sie dürfen hier nicht rein - wir sind schon zwei”. Und eine wahre Geschichte, vom örtlichen Metzger berichtet: Er stellt fest, daß zu viele Leute im Laden sind. Daraufhin eine Frau: “Ist doch nur mein Mann!”, den Überzähligen meinend…

HaJo Wolf / 12.08.2020

Danke, dass Sie an diesen großen Komiker erinnern. Dessen Generation muss doch bei den Böhmermanns dieses Staates das kalte Grausen kommen…

Herbert Prieß / 12.08.2020

Einer seiner Opener: Klatscht nicht soviel, schmeißt mir lieber eure Portmonees nach vorne!! Ja, er war ein kleiner Mensch aber trotzdem unter den Größten einer der Größten. Er ist einer den ich wirklich vermissen werde.

Arnold Warner / 12.08.2020

Sollte Fips verstorben sein, WEIL Sie und Ihr Freund sich neulich fragten, ob er wohl noch lebt (könnte ja sein, es gibt Dinge zwischen Himmel und Erde…) hätte ich ein paar Themen-Vorschläge…

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