Dirk Maxeiner / 31.07.2017 / 06:25 / Foto: Fabian Nicolay / 32 / Seite ausdrucken

Finis Germania trifft Finis Klima

Rolf Peter Sieferles posthume Schrift „Finis Germania“ entpuppt sich gerade als Tretmine im Literaturbetrieb. Jeder, der einen Ruf zu verlieren hat, versucht dem Ding so gut wie möglich auszuweichen. Andererseits will man schon wissen, warum diese kleine Textsammlung von 100 Seiten so explosiv ist. Und so liegt es nahe, sich die Vorgeschichte des Autors ein wenig näher anzuschauen.

Dabei stößt man alsbald auf den „Wissenschaftlichen Beirat der Bundesregierung Globale Umweltveränderungen“ (WBGU) und dessen zeitweisen Vorsitzenden Hans Joachim Schellnhuber, der gerne als deutscher „Klimapapst“ gehandelt wird. 2011 ließ er als Vorsitzender des WBGU einen „Gesellschaftsvertrag für eine große Transformation“ verkünden, die wir uns als Ende des „fossilen industriellen Metabolismus“ und als „Übergang zur Nachhaltigkeit“ vorzustellen haben. Als Gutachter war auch Historiker Rolf Peter Sieferle mit von der Partie, seine Expertise für die Bundesregierung hieß „Lehren aus der Vergangenheit“ und lässt sich hier beim WBGU bestellen.

Darin schreibt Sieferle: „Es geht also um nichts weniger als die Formierung eines auf Dauerhaftigkeit angelegten sozialmetabolischen Regimes, in dessen Rahmen zugleich politische, soziale und kulturelle Standards erhalten und weiterentwickelt werden sollen.“ Es handelte sich offenbar um einen guten Rat, denn er fand sich auch im Hauptgutachten wieder. Dort steht im Fazit geschrieben: Der „fossilnukleare Metabolismus der Industriegesellschaft hat keine Zukunft“. Hans Joachim Schellnhuber freute sich angesichts des seinerzeitigen Berichtes auf eine nachhaltige Zukunft jenseits unserer gegenwärtigen „Mitläuferdemokratie“.

Wer sich in die Traktate der deutschen Umwelt-Kassandras und Klima-Alarmisten vertieft, entdeckt sogleich, dass Sieferle kein Alien ist, sondern dass große Teile seines Denkens perfekt in diese Szene passen. Wer sich mit ihr längere Zeit befasst und ihre Publikationen und Verlautbarungen gelesen hat, dem kommt das meiste nur allzu bekannt vor.

Man kann beispielsweise zum Bücherregal gehen, Abteilung Apokalyptiker, und zwei deutsche Standardwerke herausziehen: Einmal „Selbstverbrennung“, von Hans Joachim Schellnhuber, dem bereits erwähnten ehemaligen Klima-Berater der Kanzlerin und Direktor des Potsdam-Institut für Klima-Folgenforschung. Und einmal „Das Ende der Welt, wie wir sie kannten“, das der Sozialpsycholge Harald Welzer und der Politikwissenschaftler Claus Leggewie verfasst haben.

Schon die Titel sind austauschbar, Sieferles ist lediglich lateinisch. „Finis Germania“. „Selbstverbrennung“. „Das Ende der Welt, wie wir sie kannten“. Auch der Inhalt siedelt größtenteils auf der gleichen geistigen Borke: Apokalyptisches Denken und Weltuntergangs-Pathos, Verachtung für die Konsum- und die Industrie-Gesellschaft, ein Blick von oben herab auf den Plebs, der sich hedonistisch durchs Leben kopuliert und nicht bereit ist Opfer zu bringen, die Einstimmung der Menschen auf einen Horizont niedriger Erwartungen. Der gute alte Malthus weht durch jede zweite Seite, Misanthropen können ihr Herz wärmen wie bei Großmutter am Kachelofen.

Die "Mitläuferdemokratie" springt wieder aus der Kiste

In Sieferles posthumen Finis Germania springt Schellnhubers eingangs erwähnte „Mitläuferdemokratie“ dann gleich wieder aus der Kiste. Diesmal klingt sie so: „Wer keine stabilen, verhaltenssicheren und selbstbewußten Herrschaftseliten haben will, darf vor den kulturellen Konsequenzen der Demokratisierung nicht zurückschrecken.“ Und weiter: „Man fragt sich allerdings, ob diese stilistischen Greuel nicht ebenso Preis der Massendemokratie sind, wie zum Massenkonsum eben auch die Verkehrsstaus, die grellen Supermärkte und die Müllberge gehören“. Das könnte sinngemäß auch von Schellnhuber, Welzer oder Leggewie stammen. Great minds think alike. Und sie irren auch gemeinsam: Die größten und giftigsten Müllhalden gab es nicht in der Bundesrepublik, sondern im sozialistischen Arbeiterparadies DDR.

Gemeinsam ist ihnen auch die Belehrung von oben herab. Sieferle hat genau wie unsere Öko-Elite ein Ressentiment gegen die einfachen Leute, die von einem VW-Golf und einem Urlaub auf Mallorca träumen. „Die Massenzivilisation ist deshalb so unkultiviert (und merkt es nicht einmal), weil in ihr ein vulgärer Typus an der Herrschaft ist: der Massenmensch, für den Fastfood und Entertainmentkultur geschaffen sind und dessen Bedürfnissen sie exakt entsprechen.“

Das ist es auch, was an der jetzt erschienenen Schrift sofort stört: Die Verachtung für den „Kleinbürger“, die „nachdrängenden Parvenüs“, die „Reichen“, die „einfach nur reich gewordene kleine Leute seien“. Er spricht von CDU-Politikern, die „vor allem auf Landesebene“, den „Bratwurstdunst nicht ablegen können“. Sein Lieblingswort scheint „vulgär“ zu sein. Im Osten macht er Funktionäre aus, die „die Züge Walesa oder eines Kohl“ trügen: „Sie kommen aus dem kulturellen Nichts, und das sieht man ihnen auch an.“ Deshalb sei es durchaus verständlich, "wenn sich der deutsche intellektuelle Gesellschaftskritiker im Senior Room eines englischen College wohler fühlt als an einer der überlaufenen Hochschulen im eigenen Land.“

Da muss er an Hans Joachim Schellnhuber Freude gehabt haben, der den Titel "Commander of the British Empire" (CBE) erhielt, laut Potsdam Institut „überreicht vom britische Botschafter, Sir Peter Torry, stellvertretend für die britische Königin Elizabeth II.“ Und der Commander of the Empire träumt schon mal von einem Elitezirkel „bei dem die 100 bis 200 weltbesten Wissenschaftler einige Jahre in einem Kolleg zusammenarbeiten, und wenn diese die Lage als bedrohlich ansähen, „müssten sie schnellstmöglich eine neue Weltgesellschaft erfinden“.

Bänder der Sympathie, die rechts und links verbinden

Wie Sieferle vom hochmögenden Gutachter für die Bundesregierung zum Paria werden konnte, ist  zumindest in Ansätzen nachvollziehbar. Zwischen den WBGU-Bericht des Jahres 2011 und Sieferles posthumer Thesensammlung passt in vielfacher Hinsicht kein Blatt Papier, daran kann es eigentlich nicht liegen. Vielleicht aber daran, dass er sozusagen ein Kapitel zu viel geschrieben hat. Seinen apokalyptischen Furor hat er auch auf das Thema Zuwanderung und Multi-Kulturalismus angewandt. Das ist aus der Sicht eines Weltuntergangs-Propheten zwar zwangsläufig, widerspricht aber Paragraph 1 der deutschen Gesinnungsordnung. Und der heißt: Wer an diesem Punkt auf dem Gas bleibt, wechselt automatisch von der linken auf die rechte Spur und ist fortan als Geisterfahrer unterwegs.

Daran liegt wohl auch dieser ganze verdruckste Umgang mit der Sieferle-Schrift. Er offenbart unfreiwillig Bänder der Sympathie, die Deutschlands elitäre Zirkel von ganz rechts und ganz links miteinander verbinden. Die Natur als geistiger Bezugspunkt, das Unbehagen an der Moderne, die Zurückweisung des Fortschritts, das Misstrauen gegen die Technik und die Kaufleute gehören seit der Romantik zum gemeinsamen Liedgut der entsprechenden Kreise.

Dazu gehört traditionell auch Amerika als Reich des Bösen und Trivialen, so auch bei Sieferle. An die Stelle der Kulturlandschaft sei der „postanthropomorphe Raum“ getreten, und dessen Betrachtung „so aufregend wie die Betrachtung einer amerikanischen Fernsehserie und so überraschend wie der Geschmack eines EG-Apfels“. Alles, was er indes für Ronald Reagan übrig hat, ist die Formulierung „Illiterater Schauspieler“. Hier könnte man nun ganz sachlich einwenden: Amerikanische Fernsehserien sind bisweilen deutlich anspruchsvoller als deutsche. EG-Äpfel schmecken nicht unbedingt schlechter als die von der biodynamischen deutschen Scholle. Und Ronald Reagan, war immerhin derjenige Präsident der USA, der die Sowjetunion friedlich niederrüstete und die Voraussetzung für die deutsche Wiedervereinigung schuf. Aber auch das passt Sieferle nicht.

Die deutsche Wiedervereinigung, da ist er ganz bei Oskar Lafontaine, ist irgendwie keine gute Idee gewesen. Getreu dem Motto „ich gehe jetzt pinkeln, aber aus anderen Gründen“, führt er dafür aber ökologische Gründe an: „Die Grünen etwa, die als Partei des Umweltschutzes angetreten waren, beteiligten sich dennoch an der Forderung nach einer massiven Umverteilung von West nach Ost, obwohl sie wissen müssen, dass mit dem Import westlichen Lebensstandards auch neue spezifisch westliche Umweltbelastungen auftreten würden“. Und weiter: „Hier ist offenbar die Vorstellung, ein soziales Gefälle würde festgeschrieben, unerträglicher als die Einsicht, dass mit wachsendem Konsum auch der Druck auf die Umwelt wächst“. Und dann die schlichte Behauptung: „Sie möchten noch einmal 16 Millionen Menschen auf ein materielles Niveau heben, von dem man weiß, dass es nicht verallgemeinerungsfähig ist“.

Geschichts-Verdrehung erster Klasse

Wer ist "man"? Und was "weiß" man? Dahinter steckt Geschichts-Verdrehung erster Klasse, denn ausgerechnet die westliche Ich-Gesellschaft heilte im Zeitraffertempo die ökologischen Verheerungen des sozialistischen Biotops namens DDR. Dabei hätte die nach Ansicht der Ideologen eigentlich ein ökologisches Paradies sein müssen: Keine Flüge nach Mallorca, keine Kiwis aus Neuseeland, eingeschränkter Individualverkehr, kein McDonalds, Konsumverzicht allenthalben. Doch heraus kam eine giganti­sche Sondermülldeponie. Man kann heute in der Elbe wieder schwimmen und in Bitterfeld und Leuna durchatmen.

Hier scheint ein wieder aufgewärmtes Idealbild der Kapitalismuskritik aus den 70er Jahren auf, das Harald Welzer und Claus Leggewie in ihrem Buch „Das Ende der Welt“ grob gesagt so formulieren: Schluss mit dem Wirtschaftswachstum, dem anzuhängen allemal nur „infantil“ sei. Zitat Harald Welzer: „Das zivilisatorische Niveau kann nur stabil bleiben, wenn wir unseren Material- und Energieverbrauch radikal reduzieren. Ansonsten geraten unsere Gesellschaften zunehmend unter Stress. Die Übernutzung der Ressourcen lässt sich auf Dauer nicht aufrecht erhalten.“ Und Hans Joachim Schellnhuber ist sich ebenfalls sicher: „Es ist nicht die Armut, die die Umwelt zerstört. Es ist der Reichtum.“ Also bitte alle schön arm bleiben. „Finis Germania“, „Selbstverbrennung“ und „Das Ende der Welt“ sind da in vollkommenem Einklang.

Es geht auch gar nicht um die Menschen und ihre Lebensverhältnisse, die wurden von höherer Stelle nämlich längst abgeschrieben. Sieferle: „Bislang glauben Sie noch, es seien grundsätzlich nur Nivellierungen nach oben möglich; vielleicht wird sie eine Wirklichkeit, die nur noch Nivellierungen nach unten gestattet, schließlich eines besseren belehren?“ Bei Schellnhuber klingt das so: „Das Luther-Jubiläum 2017 wäre ein guter Zeitpunkt, um zu fragen: Braucht nicht auch die evangelische Kirche einen neuen Fortschrittsbegriff, der eher die Bewahrung der Schöpfung in den Vordergrund rückt als die immerwährende Expansion der fleißigen, unermüdlich schaffenden Menschen über die Erde. Vielleicht finden sie Erfüllung in der Arbeit - aber kein Glück.“ Sieferle spricht von einem „Sog ins Nichts, sobald die Illusionen des Fortschritts geplatzt sind“.

Angesichts vermeintlicher Klarheit über den Marsch in den Weltuntergang geistert durch die einschlägigen Debatten immer wieder die historienschwere Floskel: "Später kann niemand sagen, er habe nichts gewusst". Der gewagten Assoziation von „Umweltkrise“ und „Klimakatastrophe“ zu den Verdrängungsmechanismen in der Nazizeit kann sich auch Sieferle nicht entziehen. „Die Geschichte des 18. und 19. Jahrhunderts ist dann die eines totalen Scheiterns, das im 20. Jahrhundert offenbar wurde: Moralisch vom Weltkrieg bis zu Ausschwitz, technisch-ökonomisch in der Umweltkrise des ausgehenden Jahrhunderts.“ Eine besondere Pointe möge darin liegen, „daß für ‚Ausschwitz’ (im Gegensatz zur Umweltkrise) ein 'Täter' identifiziert werden kann, der nicht identisch mit der ‘Menschheit‘ selbst ist: Der Deutsche.“

Auch für den früheren amerikanischen Vizepräsidenten Al Gore ist „die Evidenz einer ökologischen Kristallnacht so klar wie das Klirren der zerberstenden Scheiben im Berlin“. Für James Hansen, Klimaforscher und Schellnhubers geschätztes amerikanisches Kassandra-Pendant, stellt sich mit Blick auf kalbende Gletscher die Frage: „Können diese krachenden Eismassen als eine Kristallnacht dienen, die uns aufweckt?“ Angesichts eines mit Kohle beladenen Güterzuges fühlte er sich zu der Bemerkung veranlasst: „Wenn wir es nicht schaffen, den Bau neuer Kohlekraftwerke zu verhindern, dann sind dies Todeszüge – nicht weniger grausam als die Waggons, die ins Krematorium fuhren...“ (Dafür hat sich Hansen später entschuldigt).

Auch diese merkwürdigen Analogien sind also keineswegs ein Alleinstellungsmerkmal von Rolf Peter Sieferle, sondern im erlauchten Kreis der Öko-Internationale durchaus en vogue.

Foto: Fabian Nicolay

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Martin Landvoigt / 31.07.2017

Die berechtigte Kritik Sieferles trifft aber dann doch nicht vollends. Zwar mag man den dokumentierten Kulturpessimismus für überzogen halten und auf der Metaebene genau von jenem Virus infiziert, den Sieferle selbst - oftmals treffend - sezierte.  Auch soll ja sein Werk ‘Der unterirdische Wald: Energiekrise und industrielle Revolution’ die Nachhaltigkeitswelle befeuert und unterfüttert haben ... Aber Sieferle findet Dispens in seinem Amt als Historiker, der auch gewissen propagierten Irrtümern von Naturwissenschaftlern aufsitzen darf, ohne damit völlig seine analytische Kraft zu verlieren. Schellnhuber und andere Untergangsprotagonisten haben sich gerade einer fixen Idee verschrieben, die weit weniger kulturpessimistisch ist, sondern einen simplifizierenden und plakativen Deutungsfilm und Heilsbotschaft liefern, der natürlich im Absurden fußt. Sieferle hat dagegen einen geisteswissenschaftlichen Ansatz, der nach inneren Beweggründen forscht. Er, der sich mit den stürzenden Ikarus identifiziert, kann dennoch scharfgesichtige Beobachtungen treffen. Der Blick, an dem er den Leser teilhaben lässt, muss natürliche nicht unkritisch adaptiert werden, erweitert aber wesentlich den Horizont. Dies zu verkennen ist meine Kritik am Maxeiners Rezension. Die Methode der negativen Assoziation, die meine politischen Gegner ad nauseam iteriereren, bedarf keiner Nachahmer von den ‘Guten’.

Elke Jacobi / 31.07.2017

Wenn man sich Deutschland und die Welt so ansieht, hat man wirklich allen Grund, ein Misanthrop zu sein.

Rolf Menzen / 31.07.2017

War Sieferle nicht ursprünglich mal ein Linker?

Winfried Sautter / 31.07.2017

Eine exzellente Analyse. Sieferle ist zum Renegaten, Apostaten, Paria geworden, weil er die ideologische Schraube ein, zwei Umdrehungen zu weit nach rechts gedreht hat. Aber seine Grundhaltung ist in der Tat diejenige des misanthropischen, elitären, den Untergang daher raunenden Kulturpessimismus. Dass sich “Linke” heute auch zu solcher Welt- und Menschensicht herbeifinden können, liegt daran, dass ihre eigene Utopie, der Kommunismus, so krachend gescheitert ist. “Nachhaltigkeit” ist die Schrumpfversion dieser gescheiterten Utopie.  Ich habe Sieferles “Finis Germania” (warum eigentlich kein Genitiv für Germania; oder ist Finis der Genitiv, übersetzt also “Germania des Endes, der Grenze” o.ä.) angefangen zu lesen, es dann aber nach ein paar Dutzend Seiten weggeworfen - zu verschwurbelt. Nicht alles, was unverständlich daher kommt, ist auch schon gleich geistig anspruchsvoll.

Michael Genniges / 31.07.2017

Wort für Wort richtig, was Maxeiner schreibt, und doch wird er dem Büchlein Sieferles nicht gerecht. Zu einseitig ist sein Blick auf dessen Inhalt. Wie erklärt er es sich, dass Finis Germania von den Lesern ganz anders beurteilt wird, die okologisch apokalytische Seite gar nicht interessiert? Offensichtlich hat sich Sieferles Sicht auf Deutschland und die Welt in den letzten Jahren verändert, was in Finis Germania weniger zum Tragen kommt als in “Das Migrationsproblem”, wie schon andere Kommentatoren erwähnten. Finis Germania ist früher und über einen längeren Zeitraum (Jahre) entstanden. Typisch für den Blick der Leser auf das Buch ist z.B. der Text von Ludwig Witzani als Besprechung auf amazon, in der er zusammenfasst: “Alles in allem beschäftigt sich Sieferle also mit zwei parallelen Bewegungen, die sich in ihrer Struktur und Entstehung aufeinander beziehen: • der Implementierung des Auschwitz-Mythos als innerweltlicher Religion und seiner geschichtlichen Herleitung aus dem sogenannten „deutschen Sonderweg“ – motiviert als Versuch einer Immunisierung gegen die Widerlegung des Modernisierungsprojektes, wie sie schon von Horkheimer und Adorno in ihrer „Dialektik der Aufklärung“, angedacht wurde. • Der Heraufkunft und dem Triumph des universalistischen Relativismus als höchstes Stadium der hypertrophierten Egalität nach dem Untergang der klassischen Familie (mit dem Hinweis auf die größere Zukunftsfähigkeit asiatischer Modelle) • Im Extremfall mündet der universalistische Relativismus im allmählichen Aufgehen aller Völker in einer Art Gesamtmenschheit. Auch die Deutschen verschwinden in diesem atomisierten Milliardenkollektiv, nachdem sie sich von ihrem konkreten, für immer sündenbehafteten Nationalkörper befreit haben. Doch auch wenn sie verschwunden sind, bleibt die Erinnerung an die im Deutschen Namen begangenen Untaten als absolutes Negativum der quasireligiöse Bezugspunkt des universalistischen Relativismus gegenwärtig.” (Zitatende) An diesem Punkt verstärkt Finis Germania die in “Das Migrationsproblem” gelieferte konkrete Kritik der herrschenden politischen Kaste, von Sieferle auch konsequent als Nomenklatura erkannt. Wenn also Maxeiner Recht hat, was dann? Zweifellos haben sich sozialistische und ökoreligiöse Anschauungen tief in die Überzeugungswelt der Deutschen eingegraben. Keine Partei mit klaren Gegenpositionen. Einzelne Gegner finden sich bei der AfD (die immerhin gegen EEG und für Kernenergie im Programm eintritt, wobei es fraglich ist, ob die Mehrheit der aktuellen Mitglieder das so sieht) , z.T. wohl auch immer noch in der FDP und der CDU/CSU. Garnicht finden sie sich in der SPD, bei Grünen und Linken. Überall sind sie Minderheit. Ist es da nicht konsequent, alle Kräfte zu konzentrieren auf die Auseinandersetzung mit der islamischen Agression gegen Europa? Ist nicht eine Anti-Islam-Koalition gefordert, ganz so, wie Roosevelt und Churchill den Pakt mit Stalin schlossen? Müssen wir also mit Querfront leben? Wenn es uns nicht gelingt, die Migration zu stoppen und die Islamisierung zu verhindern, sind dann nicht alle anderen Fragen obsolet?

Eugen Karl / 31.07.2017

Das ist eine zutreffende Kritik an dem Werk, das in vielen Punkten ein echt grünes genannt werden kann. Wahrscheinlich hat der Verlag sich auch nicht zufällig für den grünen Umschlag entschieden. Fairerweise muß man allerdings auch sagen, daß diese Rezension nur Teilaspekte des Werkchens zum Thema macht und sich über andere nicht äußert. Man muß ja fragen, woher denn der Pessimismus bei Sieferle seine Beharrlichkeit nimmt, wo doch Typen wie Schellnhuber in Deutschland mittlerweise weitgehend den Diskurs bestimmen. Warum Untergang wähnen, wo doch der antikapitalistische Zug immer mehr an Fahrt gewinnt? Das wäre doch Morgenluft für den hier trefflich beschriebenen Kulturpessimisten. Ganz so ist es also auch wieder nicht, der Pessimismus, wenn auch mit der üblichen romantizistischen Dosis Technikfeindlichkeit (Heidegger, Jünger & Co.) und teilweise Antikapitalismus durchmischt, hängt doch wesentlich auch an anderen Drähten, nämlich denjenigen des destruktiven deutschen Selbstbildes - als gerade wieder des Kulturpessimismus’ der Deutschen in bezug auf sich selbst - und seinen Folgen. Und hier hat das Buch in der Tat den ein oder anderen Fingerzeig zu bieten, noch dazu elegant formuliert.

Hans-Ulrich Ohse / 31.07.2017

na gut, dass ich mich bei ihnen mal darüber informieren konnte, was dieser Sieferle sonst für einen kulturpessimistischen Blödsinn verfasst hat. Ich habe mir ihn schon als neuen Kritiker der linksideologischen Selbstauflösung und Masseneinwanderung verkaufen lassen. Ich kann dem Sieferle leider nicht mehr zurufen, beschreibt doch erst einmal was ihr antrefft und packt es nicht gleich in so eine monokausale Welterklärungs und Untergangsphilosophie.

Alexander Till / 31.07.2017

Also wirklich Herr Maxeiner, wenn Sie “die Natur als geistigen Bezugspunkt” nicht erkennen wollen, frag ich mich, ob denn nicht Sie der erste Unbefleckte sind

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